Schattenblick →INFOPOOL →KUNST → FAKTEN

DOCUMENTA/005: Vielleicht Vermittlung und andere Programme (dOCUMENTA (13))


dOCUMENTA (13)

Vielleicht Vermittlung und andere Programme

Foto: Hendrik Stromberg

Javier Telléz Altrauds Cave, 20121 Installation, 1-Kanal-Digitalfilm-Projektion, Farbe, Ton In Auftrag gegeben und produziert von dOCUMENTA (13) und Galerie Peter Kilchmann, Zürich, mit Unterstützung des Berliner Künstlerprogramms des DAAD; Francois Pinault Foundation; Museo Tamayo, Mexiko; Gonzalo Parodi, Miami Zur Verfügung gestellt von Javier Téllez. Foto: Hendrik Stromberg

Das »Vielleicht« reflektiert die Tatsache, dass Wissen schwer zu formulieren und auf den Punkt zu bringen ist und dass Kunst und künstlerische Forschung oft jede Form von festgelegter Bedeutung zu vermeiden suchen. Das »Vielleicht« verweist, in einem positiven Sinn, auf das Fehlen von Gewissheit und allgemeinen Aussagen, die das Ganze repräsentieren. Es ist vielmehr ein Zeichen für ein aktives Überdenken, wie Wissen im Kontext von Kunst vorgestellt wird. Dieses Programm beschäftigt sich mit der Herausforderung, die Kunst für den Wunsch nach Stimmigkeit darstellt; es stellt unsere Sucht nach Worten infrage und will dazu anregen, innerhalb verschiedener Ideen und Logiken zu agieren. Es signalisiert die Unmöglichkeit, Kunst - oder irgendeine andere komplexe Form von Wissen - auf eine einzige Erklärung, Frage oder Thematik oder auf ein einziges Paradigma zu reduzieren.

Die Vielleicht Vermittlung und andere Programme der dOCUMENTA (13) umfassen besondere Aktivitäten für Kinder und Jugendliche, die auf der Erforschung von Materialien beruhen, Autorenlesungen, Untersuchungen zu der Publikationsreihe 100 Notizen - 100 Gedanken und Filmvorführungen, ebenso wie Kongresse, Vorträge und Seminare, die alle von der Idee des »Vielleicht« inspiriert sind. Während der hundert Tage der Ausstellung strebt dieses dichte öffentliche Veranstaltungsprogramm danach, zwischen den Kunstwerken und der Entstehung von Sprache und Wissen ein Gefühl der Gleichzeitigkeit herzustellen. Die verschiedenen Beiträge des Vortragsprogramms bieten Gelegenheiten, die Vielzahl der Logiken zu verstehen, die in Kunst, Literatur, Wissenschaft, Philosophie, Ökofeminismus und Aktivismus sowie in der Politik im Spiel sind.

Darüber hinaus reagiert dieses Programm auch darauf, wie Künstlerinnen und Künstler die Erforschung ihrer Arbeitsfelder definieren und wie sie die Aufmerksamkeit des Publikums darauf lenken, öffentliche Situationen zu entwerfen. Einige von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der dOCUMENTA (13) initiierte Begegnungen, Gespräche, performanceartige Situationen und Kunstwerke untersuchen und definieren unterschiedliche Formen der Auseinandersetzung mit dem Publikum. Dabei wird Wahrnehmung als aktiver Energiefluss verstanden, der während der hundert Tage der documenta wirkt. Viele dieser Aktivitäten beruhen auf einer intensiven und produktiven Zusammenarbeit zwischen den Künstlerinnen und Künstlern in der Ausstellung und solchen, die noch an Kunstakademien studieren. Präsenz ist ein wichtiger Faktor in all diesen Projekten, die den Betrachterinnen und Betrachtern in ihren Ausstellungsräumen die Möglichkeit zu persönlichen Begegnungen bieten.

Foto: Krzysztof Zielinski

Jessica Warboys
Sea Painting, Minack, 2012 (links)
Leinwand, Farbstoff, Maße variabel
Paegeant Roll, 2012 (rechts)
16-mm-Film übertragen auf HD, Farbe, Ton, ca. 10 Min.
Kamera: Ville Piippo; Ton: Morten Norbye Halvorsen;
Assistenten: Ieva Kabasinskaite
Alle Arbeiten courtesy die Künstlerin; Gaudel de Stampa, Paris
In Auftrag gegeben und produziert von der dOCUMENTA (13)
mit Unterstützung von Gaudel de Stampa, Paris
Foto: Krzysztof Zielinski

Es wäre ungenau, diese künstlerischen Arbeiten unter einer einzigen Überschrift zusammenzufassen. Sie haben jedoch eine performative Ausrichtung und versuchen, nicht nur ein Verständnis des Körpers im Verhältnis zum Kunstwerk und zum Raum zu fördern, sondern auch einen Übergang, eine kontinuierliche Bewegung auszulösen, von Kunstwerken zu Handlungen zu Bildern und zurück zu Worten. Auch wenn man unter all diesen Aktivitäten, die von den unterschiedlichen Kunstwerken angeregt werden, nicht nach gemeinsamen Themen suchen muss, teilen sie eine Reihe von Forschungsinteressen: den Charakter des öffentlichen Erscheinens, die Sprache des öffentlichen Handelns und die Präsenz, die sowohl für die Entstehung einer Gemeinschaft als auch für das Heraustreten des Individuellen erforderlich ist.

Was ist Denken? Oder ein Geschmack, der gegen sich selbst reagiert ist beispielsweise ein Philosophieseminar, das während der dOCUMENTA (13) an jedem Montagabend und Dienstagmorgen stattfindet; es wird im "Was/Wann"-Programmheft unter der Überschrift »Einige von Teilnehmerinnen und Teilnehmern der dOCUMENTA (13) initiierte Kunstwerke und Programme« aufgeführt und nicht unter »Kongresse, Vorträge, Seminare«. Der Philosoph Christoph Menke wurde eingeladen, als Teilnehmer der Ausstellung einen Beitrag zu entwickeln, und so wurde seine Aufgabe - den Verbindungslinien zwischen dem Sichtbaren und dem Sagbaren nachzugehen - zu seinem dOCUMENTA (13)-Beitrag.

Dies gilt auch für den Quantenphysiker Anton Zeilinger, dessen Forschungsarbeit im Fridericianum präsentiert wird, wodurch Besucherinnen und Besucher die Gelegenheit erhalten, mit seinem Forschungsteam über das Thema Quantenmechanik und ihren Beitrag zum Verständnis der Zeit und der Wirklichkeit zu sprechen. Auf dieser Idee beruht auch die Einladung, das Restaurant Dschingis Khan am Ende der Karlsaue zu besuchen, wo während der Ausstellung die Möglichkeit besteht, einen Schriftsteller oder eine Schriftstellerin anzutreffen. Die lange Liste aktivierter Projekte der dOCUMENTA (13) entspricht den zahlreichen Versuchen von Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die Verhaltensregeln in einer Kunstausstellung neu zu definieren.

Foto: Jaqueline Godany

Anton Zeilinger
dOCUMENTA (13) Berater
Foto: Jaqueline Godany

Unter »Kongresse, Vorträge, Seminare« präsentiert die dOCUMENTA (13) auch Die Künstlerkongresse: Ein Kongress. Diese Tagung untersucht während einer Woche im Juni den radikalen Wandel der Rolle des Künstlers in der Öffentlichkeit, der Stimme des Künstlers und der Art und Weise, wie Künstlerinnen und Künstler im Lauf der Geschichte Beziehungen zwischen ihrer Praxis, Diskursen und Formen des gesellschaftlichen und politischen Lebens hergestellt haben.

Kunstwerke schaffen einen Ort, eine Bühne, die gleichermaßen als Ort für öffentliche Aktivitäten und für andere Vorstellungen von Materie, Leben und Sprache fungiert. Auf dieser Bühne befindet sich eine weitere Bühne, ein Programm mit dem Titel AND ... AND ... AND, in dem Künstlerinnen und Künstler, auch schon vor der Eröffnung der dOCUMENTA (13) als Ausstellung, eine Reihe von Begegnungen und Veranstaltungen an verschiedenen Orten in aller Welt konzipiert haben, die die Möglichkeiten von Kunst im Zusammenhang mit zivilgesellschaftlichem Verhalten analysieren. Dieses Programm, das uns mit dem Unerwarteten konfrontiert, hat einen spontaneren Charakter als die offiziellen Programme und wird ständig online aktualisiert (www.andandand.org).

Kunst verändert die Zirkulation von Worten und beeinflusst ebenso die Sprache wie die Position von Körpern in einem gemeinsamen Raum. Die »Vielleicht Vermittlung und andere Programme« der dOCUMENTA (13) versucht nicht, die Arbeiten der Künstlerinnen und Künstler zu interpretieren, sondern thematisiert die vielfältigen Möglichkeiten, wie diese unser Denken verändern, während wir sie wahrnehmen. Die Ästhetik wird nicht von Politik oder Wissen vereinnahmt, sondern als Gelegenheit genutzt, um die Kehrseite des Bekannten - das »Vielleicht« - zu präsentieren, jene besondere Form der Untersuchung und der Forschung, die durch Kunst stattfindet.

Foto: Anders Sune Berg

Limited Art Project, 2011-12
360 Gemälde, Öl und Acryl auf Leinwand, Maße variabel
Courtesy Galleria Continua, San Gimignano - Beijing - Le Moulin;
Tang Contemporary Art, Beijing. In Auftrag gegeben und produziert
von dOCUMENTA (13) mit Unterstützung von Galleria Continua,
San Gimignano - Beijing - Le Moulin; Tang Contemporary Art, Beijing
Foto: Anders Sune Berg

Das Kunst-Akademien-Netzwerk wurde von der dOCUMENTA (13) und den Kunstakademien gegründet. Es schafft eine Studiensituation und zugleich den Raum für eine Zusammenarbeit, die darauf abzielt, eine erweiterte Präsenz für künstlerische Arbeiten herzustellen, die das Publikum kontinuierlich oder temporär einschließen.

Beteiligte Akademien sind ADERA - Les écoles supérieures d'art de Rhône-Alpes, École nationale supérieure des beaux-arts de Lyon, Kuvataideakatemia, Helsinki, Haute école d'art et de design - Genève (HEAD), Grad-CAM - Graduate School of Creative Arts and Media, Dublin, Kunsthochschule Mainz an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz, MaHKU, Utrecht School of Visual Art and Design, Malmö Art Academy, Lund University, NABA - Nuova Accademia di Belle Arti Milano, Kunstakademiet, Oslo, IUAV University of Venice, Faculty of Arts and Design, Göteborgs universitet, Fakultät für bildende, angewandte und darstellende Künste, University of Leeds, School of Fine Art, Kunstgeschichte und Kulturwissenschaften, The Slade School of Fine Art, University College London.

Eine Reihe von Stipendien bei der dOCUMENTA (13) sind durch folgende Institutionen ermöglicht worden: Colección Patricia Phelps de Cisneros, Erasmus Programme, Leonardo da Vinci Programme, Nature Addicts! Fund, Robert Bosch Stiftung, V-A-C Foundation und dem Goethe-Institut.

*

A - dTOURS

Da es keine Standard-Ausstellungsbesucher gibt, sollte es auch keine Standard-Führungen geben. Deshalb sind die begleiteten Besuche der dOCUMENTA (13) als »dTOURS«, als Umwege, angelegt.

Die dTOURS werden von ausgebildeten Mitarbeitern, den »Weltgewandten Begleiterinnen und Begleitern«, gestaltet; die meisten kommen aus Kassel, aus den verschiedensten Berufs- und Altersgruppen, und bringen ihr je eigenes Wissen mit. Zur Vorbereitung auf die dTOURS haben sie an der Schule für Weltgewandte Begleiterinnen und Begleiter teilgenommen, einer Reihe von sieben Seminaren, die von Januar bis Juni 2012 unter der Leitung von Jakob Schillinger an der Kunsthochschule Kassel stattfanden.

Jede dTOUR dauert zwei Stunden. Sie beginnt an einem bestimmten Ausstellungsort und widmet sich - aus der Perspektive der einzelnen Weltgewandten Begleiterinnen und Begleiter - den Kernthemen der dort gezeigten Werke. Ein Gärtner der Karlsaue zum Beispiel könnte eine dTOUR zu den vielen im Park ausgestellten Kunstwerken führen und so das Wissen der Kunst mit Einblicken in den Gartenbau verbinden. Täglich von 10 bis 20 Uhr; die letzte dTOUR beginnt um 18 Uhr. Buchung unter www.documenta.de

Foto: Roman Mensing

Guiseppe Penone
Idee di Pietra, Bronze und Stein, 2004/2010
Foto: Roman Mensing


dTOURS Tickets und Informationen

Kartenvorverkauf bei den dOCUMENTA (13)-Treffpunkten, per Telefon oder über die documenta-Website.

1.
Annäherungen an Realität und Zeit

2.
Wenn man reinkommt, sieht man schon, dass es mit Samen gefüllt ist

3.
Zeit vermessen, Raum kartieren, Sequenzen erzeugen

4.
Unterbrochene Objekte: Was bleibt von den Dingen?

5.
Bahnhöfe, Bewegungen, Bilder

Gruppen
(max. 15 Personen)
160 Euro plus Eintrittskarten

Einzelbesucher
11 Euro plus Eintrittskarten

Schulklassen
(max. 20 Personen)
100 Euro plus Eintrittskarten

6.
Sinn und Unsinn: Über die Geheimnisse der dOCUMENTA (13).
Eine Insider-dTOUR mit teilnehmenden Künstlern, Agenten
und dem Team zu ihren beliebtesten Kunstwerken
(nur für Einzelbesucherinnen und -besucher, nicht für Gruppen vorab buchbar)

7.
Multispezies dTOUR

8.
Zeitzeugen dTOUR

Gruppen
(max. 15 Personen)
240 Euro plus Eintrittskarten

Einzelbesucher
16 Euro plus Eintrittskarten

9.
Ausdauer dTOUR

Groups
(max. 15 persons)
800 Euro plus ticket

Individuals
55 Euro plus ticket

Foto: Krzysztof Zielinski

Quantum Now, 2012 Maße variabel Entwickelt an der Universität Wien durch Anton Zeilinger mit seinen
Studenten Robert Fickler, Christoph Schäff und Bernhard Wittmann
Unterstützung durch die Österreichische Akademie der Wissenschaften
und den Fonds zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung FWF
Präsentiert auf der dOCUMENTA (13) durch Anton Zeilinger zusammen
mit seinen StudentInnen und PostDocs
Courtesy Fakultät für Physik, Universität Wien
Foto: Krzysztof Zielinski

dOCUMENTA (13) BESUCHERSERVICE
Täglich, 9 - 18 Uhr
T: +49 (0)561 707 27 70
visitors@documenta.de
shop.documenta.de
www.documenta.de

dOCUMENTA (13) SHOPS
documenta-Halle
Friedrichsplatz
Hauptbahnhof
Orangerie

dTOURS Meeting points:
documenta-Halle
Friedrichsplatz
Hauptbahnhof
Orangerie

*

B - dMAPS

Die Ausstellungsorte der dOCUMENTA (13) sind weit über den Stadtraum Kassels verstreut. dMAPS ist ein digitales Instrument zur Orientierung, Interpretation und Partizipation an den geistigen und physischen Räumen, die von der dOCUMENTA (13) generiert werden. Intelligente Kartografie in Kombination mit Geolokalisierungstechnik wird den Besucherinnen und Besuchern an die Hand gegeben, um ihnen zu ermöglichen, ihre Position zu bestimmen, ihren Weg zu finden und die verschiedenen Bereiche der Ausstellung zu erleben. dMAPS bietet den Besucherinnen und Besuchern auch Kenntnisse zur Stadtgeschichte Kassels in der Nachkriegszeit, einer Zeit zwischen Zusammenbruch und Wiederaufbau, ebenso wie zur zeitgenössischen Kunst.

dMAPS beruht auf einigen der effektivsten Funktionsweisen von Anwendungen für Ausstellungen. Doch vermeidet es eine einfache Übertragung der Logik von Audio- und Multimediaführern auf mobile Instrumente. Statt Erklärungen zu den Kunstwerken zu liefern, operiert es als Mediaplayer, ermöglicht es den Besucherinnen und Besuchern zuzuhören und zu empfinden, eröffnet es unterschiedliche Sichtweisen auf ein engagiertes Wissen der Kunst in der dOCUMENTA (13). Zu den wichtigsten Besonderheiten zählen einminütige Statements der Künstlerinnen und Künstler, von ihnen ausgewählte Soundtracks und Audioführungen der Künstler durch die Hauptorte der Ausstellung.

dMAPS ist erhältlich für iOS von Apple und Android-Geräte über www.documenta.sparkasse.de/dMAPS, den iTunes Store und Google Play. Instrumente mit der dMAPS-Applikation sind erhältlich bei der dMAPS-Station neben dem Hauptkartenschalter am Friedrichsplatz.

dMAPS
Gerätemiete 3 Euro
Download kostenfrei

dMaps wurde herausgegeben von Nicola Setaria, in Zusammenarbeit mit Olivia Zwach und Terry Harding.
dMaps wurde von Leftloft gestaltet und von Linon Medien entwickelt.
dMAPS wurde in Zusammenarbeit mit der Sparkassen-Finanzgruppe produziert, ein Hauptsponsor der dOCUMENTA (13).

*

Quelle:
dOCUMENTA (13) - Pressemitteilung vom 6. Juni 2012
Friedrichsplatz 18, 34117 Kassel
Telefon: + 49 561 707270, Fax: + 49 561 7072739
E-Mail: press@documenta.de
Internet: www.documenta.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juni 2012