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MELDUNG/017: Kunstprojekt "Im:Heimat:Rausch" in Vorbereitung (Stadt Cuxhaven)


Pressemitteilung von Dienstag, 20. April 2010

"Im:Heimat:Rausch"

Medien-Künstler Michael Weisser bereitet ein Gesamtwerk über Cuxhaven vor und bittet um Mithilfe an seinem Projekt


Cuxhaven. Unter dem Titel "Im:Heimat:Rausch" arbeitet der in Bremen lebende Medienkünstler Michael Weisser seit Anfang dieses Jahres in seiner Geburtsstadt Cuxhaven. Weisser recherchiert und fotografiert und bereitet bereits heute eine Ausstellung vor, die im kommenden Jahr von April bis Juni im Schloss Ritzebüttel gezeigt wird.

"Als Keimzelle meiner Geburtsstadt Cuxhaven ist dieses Schloss der ideale Ort für eine künstlerische Installation, bei der ich der Frage nachgehe, inwieweit sich meine Kindheitserlebnisse am Deich, im Watt, im Meer, in Cuxhaven auf meine Wahrnehmung und damit prägend auf mein Leben ausgewirkt haben."

Weisser ist überzeugter Cuxhavener: "Diese Stadt an der Nordsee bietet das ursprüngliche und intensive Erlebnis der Natur am Meer. Hier riecht man die salzige See, fühlt den Wind, riecht Tang und Schlick und schaut in die Naturgewalten von Meereswellen und wilden Wolken am Himmel."

Im diesem Jahr versucht Michael Weisser seinen Erinnerungen nachzugehen, alte Bilder und Klänge neu zu beleben. Er wird auf der Bank auf dem Döser Seedeich sitzen, zur Kugelbake hinübersehen und die vorbeifahrenden Boote beobachten. Früher waren es knatternde Fischkutter, heute sind es zumeist lautlose Containerschiffe auf dem Weg nach Hamburg, die die Einfahrt zur Elbe suchen.

Am 18. Oktober 1948 wurde Michael Weisser in Cuxhaven geboren. Sechs Jahre lang lebte er in der Adolfstraße 5, rund 50 Meter vom Döser Seedeich entfernt. Sein Alltag als Kind der Nachkriegszeit war geprägt vom Spielen auf dem Deich und im Watt, im Rauschen des Windes und im Rauschen der Nordsee. Intensive Gerüche von Salzwasser und Tang, von Muscheln, Schnecken und Krebsen sind bis heute ebenso fest in seiner Erinnerung, wie das Graben nach Wattwürmern, die Jagd auf große Taschenkrebse und Expeditionen zu den scharfen Muschenbänken.

Weisser: "Meine Kindheit war geprägt vom Gang der Gezeiten, von Ebbe und Flut und allen Stadien dazwischen, wenn das Wasser wich und immer wieder einen neuen Grund mit neuen Bildern freigab - gestern wie heute ist es das gleiche, faszinierende Spiel. Wenn der typische Seegeruch aufkommt, diese salzige Mischung aus Sehnsucht und Verwesung, kommen die Erinnerungen: Der Deich im Blütenkleid des Sommers oder von Schneekrusten überzogen im eisigen Winterwind. Die Lebens-Gefahr in Form der grossen Hollandsturmflut, bei der ich mitten unter hunderten von Menschen nachts voller Angst im Sturm auf der Deichkrone stand, die See wenige Meter unter mir, das Notwendigste von meinen Eltern gepackt in drei zerschlissenen Koffern."

Der Künstler erinnert sich an die abendlichen Märchen des Fischkuttersteuermanns "Kuddel" Utermark. Bei ihm und seiner Frau Emma wohnte seine Familie als Flüchtlinge aus Berlin kommend ab 1948. "Der bärtige Onkel Utermark brachte mir von seinen Kutterfahrten große Seeschnecken mit und hielt sie an mein Ohr, damit ich im Rauschen die geheimnisvollen Geschichten der verschollenen Seeleute hören konnte. Und er erzählte mir mit rollenden Augen und tiefer Stimme Geschichten von Seejungfrauen, Räubern, Wracks, riesigen Kraken, gefährlichen Fischen und versunkenen Schätzen aus alter Zeit auf dem Boden der See."

All diese Erlebnisse an der Nordseee in Cuxhaven haben das künstlerische Schaffen von Weisser sichtbar bis heute geprägt. "Mein Grundthema ist das Rauschen, in dem man Muster, Strukturen und Bilder erkennen kann, in dem man Sinn und Sehnsucht sucht."

Das Werk des Künstlers, der sein Kunststudium in Köln mit dem Examen abgeschlossen hat, danach in Bonn und Marburg Kunstgeschichte studierte, dann über die Ästhetik der Alltagswelt eine Promotionsarbeit verfasste, viele kulturhistorische Fachbücher aber auch literarische Romane in den bekannten Verlagen von Suhrkamp und Heyne veröffentlichte, der 16 Jahre lang mit großem Erfolg World-Music produziert und tausende von Fotos an exotischen Orten unserer Welt gemacht hat... dieses multimediale Gesamtwerk hat unlängst einen würdigen Ort gefunden.

Das ZKM/Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe, hat als eine der weltweit größten und renommiertesten Institutionen der Medienkunst 2007 sein multimediales Gesamtwerk "als ein exemplarisches Beispiel für Computerkultur in Deutschland" (Prof. Dr. Weibl - Direktor des ZKM) übernommen, um es der Nachwelt für Forschung und Lehre zu erhalten und auszustellen.

Bald wird auch das Thema Cuxhaven in diesem bekannten Museum der Medienkunst vertreten sein. Cuxhaven als Heimat eines Künstlers, denn Michael Weisser geht es um seine Heimat als einen Ort des Rauschens: "Heimat ist für mich der Ort, an dem meine Wurzeln sind und es ist der Ort einer Sehnsucht nach dem Gefühl, an dem sich Herkunft und Zukunft zur Deckung kommen."

Im Rahmen der Projektvorbereitung hat Mike Weisser folgende Bitte an die Bewohner von Cuxhaven:

An die Bewohner von Cuxhaven!

Ich suche dringend Informationen über Richard Christian Joachim Friedrich (Kuddel) Utermark (Steuermann auf einem Fischkutter), geb. am 11.2.1892 in Hamburg und seine Frau Emma Anna Maria geb. Meyer, geb. am 7.3.1896 in Goldburg. Beide wohnten mit ihrem Sohn Günter Heinrich Karl Utermark (Kaufmann) in der Adolfstraße 5.

Weiterhin suche ich Fotos von der Cuxhavener Adolfstraße in der Zeit von 1940 bis 1970. Die Bilder kann man vertrauensvoll abgeben bei Mathias Weber, Fachbereich Kultur, Rathaus (Neubau), Rathausplatz 1, Zimmer 1.10. Die Bilder werden dort gescannt und der Eigentümer erhält sie zurück. Mike Weisser selbst ist unter der Telefonnummer 0421/3479466 für Rückfragen zu erreichen.


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Quelle:
Pressemitteilung von Dienstag, 20. April 2010
Kontaktdaten:
STADT CUXHAVEN
Büro des Oberbürgermeisters
Rathausplatz 1, 27472 Cuxhaven
Tel.: 04721/700665
Fax: 04721/700909
E-Mail: presse@cuxhaven.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. April 2010