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AUFBAU/380: Nelson Mandela - Verräter der ArbeiterInnenklasse?


aufbau Nr. 76, märz / april 2014
klassenkampf - frauenkampf - kommunismus

Nelson Mandela: Verräter der ArbeiterInnenklasse?



APARTHEID - Wie verlogen die Szenen am Begräbnis Mandelas letzten Dezember doch waren: Diverse westliche Regierungschefs und Machthabende dieser Welt hielten Trauerreden auf einen, den sie vor wenigen Jahrzehnten noch im Gefängnis haben wollten. Doch auf welcher Seite stand Mandela?


(agkkzh) Während StaatsführerInnen und VertreterInnen des Kapitalismus aus aller Welt Nelson Mandela glorifizieren, scheinen die Verbindungen Mandelas mit diesen KapitalistInnen unterzugehen. Denn im Namen des schwarzen Nationalismus ermöglichte die Regierung des Afrikanischen Nationalkongress (ANC) unter Mandela das Emporsteigen einer kleinen Klasse von schwarzen Eigentümern. Die - nun auch schwarzen - KapitalistInnen arbeiten mit dem internationalen Kapital zusammen und beuten die arbeitstätige Bevölkerung in Südafrika weiterhin aus.

Die Arbeitslosenquote liegt in Südafrika bei ca. 24%, das sind etwa 8 Prozentpunkte höher als nach dem Ende der Apartheid. Eine von vier Personen lebt von weniger als 1.25 $ am Tag. Millionen SüdafrikanerInnen leben in prekären Verhältnissen ohne sauberes Wasser, Strom oder sanitäre Einrichtungen.

Unterstützt von grosser internationaler Solidarität führte die unterdrückte Bevölkerung in Südafrika einen Befreiungskampf gegen die Apartheid. Nelson Mandela war die Symbolfigur des friedlichen und zugleich des bewaffneten Widerstandes gegen ein brutales und rassistisches System. Er war Mitglied des ANC und der Südafrikanischen Kommunistischen Partei (SACP) - letzteres wird in westlichen Medien gerne verschwiegen. Mandela gehörte zu einer Massenbewegung, welche unter brutalster Repression zu leiden hatte. Er selbst verbrachte 27 Jahre in verschiedenen Gefängnissen, viele seiner Weggefährten überlebten die Apartheid nicht.


Abkehr vom Klassenstandpunkt

Nachdem Mandela aus dem Gefängnis freikam, zeichnete sich ab, dass er immer mehr dem Diktat neoliberaler Politiker und Wirtschaftsbossen folgte. Bestes Beispiel ist die Freundschaft mit Harry Oppenheimer, dem wohl reichsten Südafrikaner und Minenbesitzer. Nach seiner Wahl zum Präsidenten im Jahre 1994, hielt er streikende ArbeiterInnen auf, weil sie mit ihrer Aktion ausländische Investitionen verhindern würden. Dieses Vermächtnis lebt bis heute im ANC weiter: Die Polizei erschoss im August 2012 etwa drei Dutzend streikende Minenarbeiter. Die Ausbeutung der ArbeiterInnenklasse nahm in Südafrika nicht ab, sondern die Anti-Apartheid-Bewegung des ANC entwickelte sich zur Bewegung zur Besitzstandswahrung von Partei- und Gewerkschaftsbonzen.


Heuchlerischer Westen und imperialistische Interessen

Nach der Unabhängigkeit von der britischen Herrschaft im Jahre 1948 etablierte die weisse Minderheit die Apartheid und wendete sich vom vereinigten Königreich als ehemalige Kolonialmacht ab und den USA zu. Der ANC wurde seinerseits durch die Sowjetunion und mit ihr verbündeten Staaten und Organisationen unterstützt. Solange der Ostblock seinen Einfluss auf den ANC geltend machen konnte, sass Mandela mit unzähligen MitstreiterInnen im Gefängnis. Der ANC galt als terroristische Organisation und Mandela figurierte bis 2008 auf der US-Terrorliste. Jahrzehnte standen die USA dem rassistischen Regime in Südafrika wohlwollend gegenüber. Es dauerte bis zum Niedergang des Ostblockes, bis die westlichen Staaten die Chance sahen, die Herrschaft der weissen Südafrikaner zu überwinden, ohne die kapitalistische Ausbeutung in Gefahr zu bringen. Offensichtlich zeigt sich hier denn auch, wie anpassungsfähig der imperialistische Kapitalismus ist: Als der ANC durch die Sowjetunion unterstützt wurde, stellte er eine reale Gefahr für die westlichen Mächte dar. In dieser Zeit stützten jene dieses abscheuliche, offen rassistische System der Apartheid mit grosser Immunität gegen Kritik. Als dieses nun nicht mehr aufrecht erhalten werden konnte und 1994 der ANC Regierungspartei wurde, schwenkte der imperialistische Westen selbstverständlich ein und inszenierte sich medienwirksam als Retter der schwarzen Bevölkerung. Doch dies war zumeist mehr Schein als Sein: Denn solange westliche Firmen jährlich Milliarden von Dollar aus dem südafrikanischen Bergbau pressen, spielt es für sie keine Rolle, ob nun ein offen rassistisches Gewaltverhältnis existiert oder 'Rassentrennung' als offiziell für beendet erklärt wird. Dass hierbei auch eine Figur wie Nelson Mandela instrumentalisiert werden kann, ist wahrscheinlich das Traurigste aber auch Lehrreichste bei diesem Begräbnis.

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Redaktion

Revolutionärer Aufbau Basel (rabs), Revolutionärer Aufbau Winterthur (raw), Gruppe politischer Widerstand Zürich (gpw), Gruppe Arbeitskampf Zürich (az), Arbeitsgruppe Antifa Basel (agafbs), Arbeitsgruppe Antifa Zürich (agafz), Arbeitsgruppe Klassenkampf Basel (agkkbs), Arbeitsgruppe Klassenkampf Zürich (agkkz), Arbeitskreis ArbeiterInnenkämpfe (akak), Arbeitskreis Frauenkampf (akfk), Frauen-Arbeitsgruppe (agf), Frauenkollektiv (fk), Rote Hilfe International (rhi), Arbeitsgruppe Jugend Zürich (agj)

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Quelle:
aufbau Nr. 76, märz / april 2014, Seite 13
HerausgeberInnen:
Revolutionärer Aufbau Zürich, Postfach 8663, 8036 Zürich
Revolutionärer Aufbau Basel, basel@aufbau.org
Revolutionärer Aufbau Winterthur, winterthur@aufbau.org
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. März 2014