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GEFANGENEN INFO/081: Ausgabe 344, Januar 2009


Gefangenen Info

Hervorgegangen aus dem Angehörigen Info. Das Angehörigen Info entstand im Hungerstreik der politischen Gefangenen 1989.

Nr. 344, Januar 2009


Inhaltsverzeichnis

Vorwort
Interview mit der neuen
Redaktion des Gefangenen Info

Schwerpunkt: Das mg-Verfahren

Linke Politik verteidigen! Einführung zum Thema mg-Verfahren
Zusammenfassung des Aktionstages "Feuer und Flamme der Repression"
Grußwort von Ex-Gefangenen im mg-Verfahren zum Aktionstag

Inland

Kontroverse um Christian Klars Freilassung?
Presseerklärungen der Roten Hilfe zur Freilassung von Christian Klar
Prozessdelegation zum Stammheim-Verfahren
Freiheit für Mustafa Atalay in der Kirche gefordert!
Ende des Oury-Jalloh-Prozesses
Das Feuer erlischt nicht Paolo Neri Ausstellungen in der BRD

International

Alexis Grigoropoulos. Presente! Zwischenstand der Festnahmen in Griechenland
Mexikanische Polizei foltert und ermordet 24 Gefängnisinsassen
Bericht zum 7. Internationalen Symposium gegen Isolation
Ein Politisches Dokument der PC p-m
Schreibt unseren Gefangenen!
Gedicht von Mustafa Atalay Es lebe die Freiheit

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Liebe Leserinnen und Leser!

Der bisherige Herausgeber GNN-Verlag hat mit der Freilassung von Christian Klar die Herausgabe des Gefangenen Infos mit der 343. Ausgabe im Dezember 2008 eingestellt.

Trotz der Absichten der ehemaligen Herausgeber, die Zeitung Gefangenen Info zu den Archiven zu verbannen, ist uns die Umstrukturierung des Zeitungskonzeptes - was inhaltliche Gliederung und Vertrieb der Zeitung betrifft - weitestgehend gelungen, wodurch das Gefangenen Info weiterhin ihre Leserinnen und Leser in- und außerhalb der Mauern erreichen wird. Somit setzen wir die Kontinuität jener Zeitung fort, die seit dem Hungerstreik der politischen Gefangenen 1989 existiert und ein wichtiges Bindeglied zwischen den Kämpfen innerhalb und außerhalb der Mauern darstellt.

Für die Weiterführung des Gefangenen Infos sehen wir viele Gründe. Allein die Tatsache, dass die Bewegung in ihrem Kampf für eine Gesellschaft frei von Ausbeutung und Unterdrückung immer der Repression des kapitalistischen Systems ausgesetzt sein wird, spricht für eine Zeitung, die für sich den Anspruch formuliert, die Kämpfe drinnen und draußen zu verbinden. Eine Bewegung darf ihre Gefangenen nicht vergessen, da sonst die Repressionsorgane ihr Ziel, politische Menschen mundtot zu machen, erreicht hätten. Das werden wir nicht zulassen!

Unser Beitrag ist es, die Verbindung von Gefangenen und der Bewegung draußen zu stärken und uns nicht spalten zu lassen! Das Info muss weiterhin die Funktion erfüllen, die Solidarität voranzutreiben. Deshalb ist das Info in diesem Kampf unser Medium, mit dem wir versuchen, Repression drinnen sowie draußen zu thematisieren, den Kampf der Gefangenen zu unterstützen, ihren Alltag hinter Mauern publik zu machen und ihnen eine Informationsquelle zu bieten.

Menschen, die weggesperrt werden, muss die Möglichkeit gegeben werden, am Leben draußen teilzunehmen. Und wir, als Menschen außerhalb der Mauern, müssen uns die Möglichkeiten schaffen, an ihrem Leben teilzunehmen. Alles andere würde bedeuten, dass die Herrschenden ihr Ziel der Isolation durch Wegsperren erreicht hätten! Dem muss sich entschieden entgegengestellt werden!

In den letzten 20 Jahren war das Info immer wieder Ziel von staatlichen Angriffen gewesen, welche 30mal versuchten, die Zeitung mundtot zu machen. Die Tatsache, dass sich sofort eine neue Redaktion gefunden hat, die das Projekt weiterführt, spricht dabei für sich!

Um unsere Leserinnen und Leser auf dem aktuellen Stand halten zu können, werden wir unser Bestes geben, das monatliche Erscheinen weiterhin zu gewährleisten. Der internationale Charakter und die themenübergreifenden Berichte werden natürlich beibehalten! In der aktuellen Ausgabe bildet der Prozess gegen die militante gruppe (mg) unseren thematischen Schwerpunkt. Ausschlaggebend dafür sind neben dem bundesweiten Aktionstag am 13.12. vor allem auch die Bedeutung und die politische Tragweite des Verfahrens.

Wichtig sind uns eure Kritik und Anregungen, die uns helfen, das Info zu verbessern. Insbesondere freuen wir uns über die Briefe aus den Knästen, von denen wir hoffen, dass sie uns weiterhin zahlreich erreichen werden.

In diesem Sinne:
Drinnen und Draußen - EIN KAMPF!

Die Redaktion


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Interview mit der neuen Redaktion des Gefangenen Infos

Geführt mit Wolfgang Lettow für die neue Redaktion des Gefangenen Infos; entnommen aus der Tageszeitung junge Welt

Seit fast 20 Jahren informierte das Gefangenen Info über die Situation der politischen Gefangenen in der Bundesrepublik. Mit der Freilassung von Christian Klar im nächsten Monat, sollte das Magazin vorerst eingestellt werden. Warum?

Seit seiner Entstehung im Hungerstreik der Gefangenen aus RAF und Widerstand im Frühjahr 1989 wurde das Info, zunächst als Hungerstreik Info, dann als Angehörigen Info und seit einigen Jahren als Gefangenen Info im GNN-Verlag verlegt. Redaktion, Verlag und Info haben in den 90er Jahren rund 30 Versuche der Bundesanwaltschaft überstanden, die Zeitung durch Verfahren mundtot zu machen. Das ist nicht gelungen.

Da die Herausgeberin Christiane Schneider seit Anfang 2008 als Mitglied der Linkspartei im Hamburger Landesparlament als Abgeordnete tätig ist, ist die Verlagsarbeit deswegen weitgehend eingestellt worden. Mit der Redaktion ist vereinbart worden, dass das Info bis zur Freilassung von Christian Klar im Verlag fortgeführt und danach eingestellt wird.

Warum will die neue Redaktion das Magazin weiterführen?

Da das Gefangenen Info bald 20 Jahre existiert und für viele Menschen eine wichtige Quelle der Information darstellt, wird es vom Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen und seinen FreundInnen getragen. Eine neue Ausgabe wird es zum zweiten Januarwochenende geben, an den Tagen also, wo zahlreiche Menschen der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gedenken und ihren Kampf für eine kommunistische Gesellschaft weiterführen. Vor allem politischen und sozialen Weggesperrten ist es wichtig, da sie auf Grund ihrer Haftsituation von vielen Informationsquellen abgeschnitten sind.

Wir danken vor allem den Gefangenen, die sich für das Weiterbestehen des Infos öffentlich einsetzten. Ebenso danken wir allen Leserinnen und Lesern in der BRD, in Europa und den USA, für ihre Treue. Das Info wird zukünftig weiterhin alle 4 Wochen erscheinen. Digital ist es weiterhin unter
www.political-prisoners.net einsehbar.

Während in den 1970er und 80er Jahren starke Solidaritätsbewegungen mit den politischen Gefangenen existierten, spielt das Thema bis auf die letzten RAF-Gefangenen heutzutage in der politischen Linken offenbar kaum mehr eine Rolle. Worin liegen die Gründe?

Die Frage ist nicht einfach und ich kann sie nur fragmentarisch beantworten.

Wir sind alle mit einer sehr starken Repression konfrontiert. Kopfmässig ist uns zwar bewusst, dass Unterdrückung uns abhalten und abschrecken soll, da die Herrschenden für ihre Kriege nach Außen im Innern dafür Friedhofsruhe benötigen.

Die Widerstandsbekämpfung im Innern wird also immer weiter ausgebaut und verschärft, um die deutschen Kriegseinsätze - es sind rund 9000 Bundeswehrsoldaten derzeit auf dem Balkan, in Afrika, im Nahen Osten und in Zentralasien im Einsatz - abzusichern. Nach dieser Analyse müsste unser Umgang mit der Repression ein offensiver sein: Dem ist aber leider häufig nicht so!

Genossinnen und Genossen meiden Prozesse, da sie Angst vor der Erfassung haben. Oder lehnen Kontakt mit verhafteten GefährtInnen wegen der Erfassung ab, d.h. schreiben und besuchen sie nicht und lassen sie damit alleine. Was ist für die Weggesperrten in solchen Situationen wichtig?

Unsere Solidarität! Die Frage für uns ist doch die: Wie können wir unsere Verbundenheit mit den Eingekerkerten zeigen, die erst einmal durch die Klassenjustiz bestimmt ist. Wie können wir diese Situation für uns alle umdrehen, um unsere Vorstellungen durchzusetzen? Wichtig ist, uns nicht von den Repressionsorganen abschrecken und bestimmen zu lassen, sondern von unserem Bedürfnis nach Solidarität auszugehen.

"Wenn sich die militante Linke aneignet, was der Imperialismus in seinen Niederlagen immer wieder erfahren mußte: Dass seine Macht dort endet, wo seine Gewalt nicht mehr abschreckt, hat sie das ganze Geheimnis seiner scheinbaren Unbesiegbarkeit aufgelöst."
(Aus der Hungerstreikerklärung der Gefangenen der RAF von 1981)

Wolfgang Lettow für die neue Redaktion des Gefangenen Infos.


Post an das Gefangenen Info:
GNN-Verlag
Neuer Kamp 25
20357 Hamburg


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Schwerpunkt

Linke Politik verteidigen!

Einführung zum Thema mg-Verfahren

Mit diesem Text soll ein kleiner Überblick über den aktuell vor dem Berliner Kammergericht laufenden Paragraph 129-Prozess (Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung) gegen drei Berliner Aktivisten aus der linken Szene geliefert werden. Die drei bzw. weitere Personen werden konkret der Mitgliedschaft in der militanten gruppe (mg) angeklagt bzw. als Beschuldigte verdächtigt.

Wer ist die militante gruppe (mg)?

Die mg hat sich 2001 erstmals in Wort und Tat in die politische Arena begeben. Im Sommer 2001 war die Debatte um die sog. Entschädigung von ehemaligen ZwangsarbeiterInnen während des Nazi-Faschismus in vollem Gange. Die mg unternahm in dieser emotionalisierten Debatte um NS-Verbrechen und deren Relativierung einen Anschlag auf die Mercedes-Benz-Niederlassung in Berlin und versandte scharfe Patronen an den Personenkreis der sog. Entschädigungsstiftung. In den folgenden Jahren brachte sich die mg inhaltlich und praktisch in viele aktuelle Themen ein, die weit über den Bereich der Linken virulent waren. So z.B. durch militante Angriffe auf Einrichtungen der 'Sozialtechnokratie' wie Sozialämter und Pilotprojekte der sog. Jobcenter oder verantwortlicher Behörden staatlicher Abschiebepolitik wie des Bundesgrenzschutzes bzw. der Bundespolizei. Die jeweiligen Taten wurden durch Anschlagserklärungen inhaltlich begründet und veröffentlicht. Insgesamt werden der mg 24 militante Aktionen zugeschrieben.

Insbesondere ist die mg durch die Initiative einer Militanz-Debatte in der Szene-Öffentlichkeit aufgetreten. Diese seit 2001 begonnene Diskussion um Wege und Mittel militanter Politik sollte zu einem intensivierten Austausch klandestiner Gruppenstrukturen beitragen, um entweder über den inhaltlichen Positionsabgleich oder eine direkte Vernetzung eine koordinierte Vorgehensweise auf einer konzeptionellen Grundlage zu ermöglichen. Diese Militanz-Debatte ist, um es vorsichtig zu sagen, noch ergebnisoffen und dümpelt seit geraumer Zeit nur noch vor sich hin.

Die mg hat als Selbstcharakterisierung in einem Gruppenportrait geschrieben, dass sie sich als einen sozialrevolutionären und antiimperialistischen Zusammenhang betrachtet, der sich ideologisch auf einer kommunistischen Grundlage bewegt. Dabei orientiert sich die mg hauptsächlich an den links- und rätekommunistischen Strömungen, die sich Anfang der 20er Jahre innerhalb und außerhalb der Formierung der III. Kommunistischen Internationalen (KomIntern) herausgebildet haben und der ab Mitte der 20er Jahre einsetzenden 'Stalinisierung' entgegenwirken wollten.

Die mg-Verfahren

Bereits wenige Wochen nach dem ersten militanten Anschlag der mg nahm die Bundesanwaltschaft (BAW) die Ermittlungen gegen die militante gruppe auf. Das erste mg-Ermittlungsverfahren richtete sich gegen linke Aktivisten aus der Gefangenen-Initiative "Libertad!". Das Bundeskriminalamt (BKA) und die BAW gingen bis kurz vor Prozesseröffnung gegen Axel, Flori und Olli davon aus, dass es sich bei dieser Personengruppe um den 'Ursprungskern' der militanten gruppe handelt. Bereits vor diesem Verfahren wurden diese linken Aktivisten über Jahre von den staatlichen Stellen überwacht. Da sie sich in den 80er Jahren u.a. in antiimperialistischen Zusammenhängen politisch engagierten, waren sie für die bundesdeutschen 'Sicherheitsbehörden' von Beginn an von einem erhöhten Interesse. Im Jahr 2003 kamen zwei weitere mg-Verfahren hinzu. Einmal gegen einen Sohn eines ehemals beschuldigten Libertad-Angehörigen und einmal gegen eine Person, die in den 80er Jahren u.a. in der militanten feministischen Gruppierung 'Die Amazonen' mitgewirkt haben soll. 2006 erfolgte dann das vierte mg-Verfahren gegen einen Personenkreis, der u.a. im akademischen Milieu tätig ist. Diese Ermittlungen führten dazu, dass über Teile dieser Personen die drei jetzt in Berlin Angeklagten ins Visier der Verfolgungsbehörden gerieten. Vor Prozessauftakt des aktuellen Verfahrens erfolgte eine Abtrennung der vier linken Wissenschaftler von den drei vor dem Berliner Kammergericht stehenden Genossen. Die ersten drei mg-Verfahren sind inzwischen sang- und klanglos in sich zusammengefallen und mussten eingestellt werden. Das aufgesplitterte vierte mg-Verfahren läuft nach wie vor. Des Weiteren ist kurz vor Prozessauftakt ein weiteres mg-Verfahren gegen eine Einzelperson angestrengt worden. Ob es dafür ein separates Aktenzeichen gibt und es sich somit um das sechste (!) mg-Verfahren handelt, oder ob es zu dem vierten Verfahren hinzugerechnet wird, ist bislang nicht bekannt.

Politischer Hintergrund des mg-Prozesses

Zur Erinnerung: In den frühen Morgenstunden wurden Axel, Florian und Olli auf einer Brandenburgischen Landstrasse in der Nähe der Stadt Brandenburg an der Havel, die für ihr ehemaliges großes Stahlwerk bekannt ist, durch ein "Mobiles Einsatz Kommando" (MEK) des Landeskriminalamtes (LKA) Berlin unsanft abgegriffen. Sie sollen durch das MEK-Observationsteam dabei beobachtet worden sein, wie sie Brandsätze unter drei Bundeswehr-LKWs auf einem Gelände des deutschen Rüstungskonzerns MAN abgelegt haben. Der Zugriff erfolgte aufgrund einer Direktive des BKA, das mit dem MEK in ständiger Verbindung stand und über die Entwicklungen in der Nacht in nicht näher definierten 'regelmäßigen Abständen' unterrichtet wurde.

Zeitlich leicht verzögert, wurde der Berliner Soziologe Andrej Holm zu Hause festgenommen und wie die drei anderen zum Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof (BGH) nach Karlsruhe mit einem Hubschrauber sowjetischen Typs ausgeflogen. In Karlsruhe bekamen die vier Festgenommenen den Haftbefehl, in dem ihnen die Mitgliedschaft in einer (damals noch) "terroristischen Vereinigung" nach Paragraph 129a vorgeworfen wurde, in die Hand gedrückt. Für die drei in Brandenburg Aufgegriffenen stand eine mehrmonatige Untersuchungshaft an. Der Haftbefehl gegen Andrej musste wegen offensichtlicher Unbegründetheit und öffentlichem Druck letztlich nach mehreren Wochen aufgehoben werden. Die 'drei Brandenburger' erhielten nach einer Haftprüfung Ende November 2007 Haftverschonung, da im Kontext der staatlichen Verfolgung gegen vermeintliche Personenzusammenhänge der militanten gruppe nicht mehr von einer 'terroristischen', sondern 'nur' noch von einer sog. 'kriminellen' Vereinigung nach Paragraph 129 die Rede ist. Da die Haftbefehle nach Paragraph 129a ausgestellt waren, war die Entlassung aus der Untersuchungshaft nur die logische Folge.

Nach einer EU-Angleichung der sog. Anti-Terrorparagrafen vor einigen Jahren, sind die Bestimmungen für das Vorliegen des 'Straftatbestands' Paragraph 129a etwas enger gefasst worden. Danach muss das subjektive und objektive Tatbestandsmerkmal zusammenkommen, um von einer 'terroristischen Vereinigung' sprechen zu können. In dem BGH-Haftprüfungsbeschluss, in dem die mg als kriminelle und nicht terroristische Vereinigung eingestuft wurde, ist u.a. darauf verwiesen worden, dass die mg-AktivistInnen zwar über das subjektive Motiv verfügen, als RevolutionärInnen eine grundsätzliche gesellschaftliche Veränderung in der BRD und darüber hinaus erwirken zu wollen, allerdings sind die objektiven Voraussetzungen der Gruppierung mit den bisher angewandten Methoden und Mittel nicht gegeben, diesen Anspruch auch nur annähernd zu erfüllen.

Der Paragraph 129-Prozess in Berlin

Seit dem 25. September 2008 läuft der Prozess gegen Axel, Florian und Olli vor dem Berliner Kammergericht, das mit den Oberlandesgerichten (OLG) in anderen Bundesländern vergleichbar ist. Dieses Gericht ist für Staatsschutzprozesse nach Paragraph 129ff. in der Regel zuständig. Allerdings war vor Prozessauftakt nicht ganz geklärt, ob dieser Prozess nach der Herunterstufung von Paragraph 129a auf Paragraph 129 überhaupt vor dem Berliner Kammergericht stattfinden kann und eine diesbezügliche Zuständigkeit gegeben ist. Die Verwunderung war bei den Prozessbeteiligten nicht groß, dass aufgrund der 'besonderen Bedeutung' der inkriminierten mg dieser Prozess vor dem Kammergericht eingeläutet wurde. Bei einer anderen Entscheidung hätte das Verfahren an ein Brandenburger Landgericht abgegeben werden müssen. Das hätte eine zeitlich unabsehbare Verzögerung des Prozessauftaktes bedeutet.

Bisher sind 16 Verhandlungstage absolviert worden, weitere 9 stehen bislang bis Mitte Februar aus. In der Beweisaufnahme werden bis zum jetzigen Zeitpunkt ZeugInnen angehört, die vom Strafsenat des Kammergerichts geladen worden sind. In der Regel handelt es sich um BeamtInnen von BKA und LKA, die entweder am Schreibtisch mit dem Fall mg betraut sind bzw. vertraut sein wollen oder um aktenkundig gewordene MEK-Kräfte, die bei Observationen und dem Zugriff dabei waren. Diese treten in einer Art Karnevalskostüm in den ZeugInnenstand, damit ihr optisches Berufsgeheimnis gewahrt bleibt.

Es sind von den VerteidigerInnen bereits mehrere Befangenenheitsanträge gestellt worden, da die Verteidigerrechte aufgrund der elastisch interpretierbaren 'Aussagegenehmigung' von BeamtInnen massiv beschnitten werden. Diese Aussagegenehmigungen machen es den AnwältInnen nahezu unmöglich, entlastende Ausführungen von den BeamtInnen zu erhalten. Alle diesbezüglichen Fragen werden in der Regel mit dem Hinweis, dass 'eine Antwort nicht von der Aussagegenehmigung gedeckt sei', abgeblockt.

Eine anwaltliche Eingabe war bislang u.a. aufzuklären, ob es sich bei der mg um einen in sich geschlossenen, homogenen Block handelt oder eher um einen Dachverband, unter dem verschiedene Teilgruppen mit einer relativen Autonomie agieren. In dem Aktenbestand gibt es dazu von Seiten des BKA und der BAW unterschiedliche Deutungsmuster. Es ist möglicherweise interessant, wie sich die Klassenjustiz die interne Struktur einer klandestinen Organisierung vorstellt.

Nach den Weihnachtsferien wird der Prozess in eine neue Phase eintreten. Dann werden vor allem Beweisanträge von der Seite der VerteidigerInnen mit entsprechenden ZeugInnenvorladungen erwartet. Vermutlich im Frühjahr wird der Prozess zu Ende gehen. Dabei ist mit einer Verurteilung nach Paragraph 129 zu rechnen, d.h. dass den Angeklagten mehrjährige Haftstrafen drohen. Die einzelnen Details der Prozesstage werden regelmäßig und zeitnah von der Prozessbeobachtungsgruppe auf die Homepage des Einstellungsbündnisses gestellt. (Endlich einmal eine Gelegenheit, diesen FreundInnen und GenossInnen herzlich zu danken!)

Die Solidarität mit den Angeklagten

Die Anfänge der Solidaritätsarbeit der insgesamt sieben Beschuldigten dieses spezifischen mg-Verfahrens waren aufgrund der Heterogenität der Beteiligten kompliziert. Eine klare Linie konnte anfangs kaum entwickelt werden. Es galt einige Eckpunkte zu bestimmen, an denen sich die politische Unterstützung orientieren konnte. Auch das gelang erst Monate nach der Haftverschonung der 'drei Brandenburger'. Einerseits verständigten sich das Einstellungsbündnis mit den dann später auch Angeklagten über den inhaltlichen Aufhänger Anti-Militarismus, da dies wegen des vorgeworfenen Anklagepunktes der versuchten Sabotage von NATO-Kriegsgerät nahe lag. Andererseits war klar, dass das mg-Verfahren nicht losgelöst von den eingeleiteten und später in sich zusammengefallenen Paragraph 129a-Verfahren im Kontext der Repressionswelle gegen den Anti-G8-Widerstand im Sommer 2007 betrachtet werden konnte. Des Weiteren ist im Verlauf der Soliarbeit von einzelnen Beteiligten deutlich gemacht worden, dass der Staatsschutzangriff nicht auf eine 'kritische Wissenschaft' abzielt, sondern ganz konkret gegen ein kontinuierlich arbeitende klandestine Struktur, nämlich die militante gruppe und mit ihr gegen linke Politik, gerichtet ist. Teile des solidarischen Umfeldes stellen dies seitdem stärker in den Vordergrund und verteidigen damit linke Politik insgesamt, insbesondere aber auch das mg-Projekt.

Darüber hinaus machte ein Teil der Angeklagten auf Veranstaltungen im Rahmen einer Infotour durch die BRD zum mg-Prozess deutlich, dass sie sich als Teil der revolutionären Linken verstehen und sich von der mg weder distanzieren noch zu ihr bekennen werden. Auch außerhalb des Einstellungsbündnisses entfalteten sich viele Initiativen. U.a. wurde auf einer Veranstaltung unter dem Motto 'Kriegsgerät interessiert uns brennend' die Legitimität antimilitaristischer Sabotage hervorgehoben. In einer Broschüre unter dem Titel 'Noch so ein Sieg und wir verlieren den Krieg. Die Schlacht von Asculum und das Berliner mg-Verfahren' wurde der Versuch unternommen, Teile der bisherigen Soliarbeit und der Anwaltstätigkeit einer kritischen Zwischenbilanz zu unterziehen. Z.B. wurde kritisiert, dass die 'revolutionäre Identität der mg' durch die tendenzielle 'Verniedlichung' der Gruppenpolitik, um darüber möglicherweise das Vereinigungsdelikt vom Tisch zu bekommen, ignoriert wurde.

Bemerkenswert ist in letzter Zeit vor allem die internationalistische Solidarität, die die Prozessbeteiligten erfahren. So engagiert sich vor allem die Rote Hilfe International mit ihren Sektionen in diesem Prozess. Grußbotschaften gab es u.a. auch von den Gefangenen der PC p-m (politisch-militärische Kommunistische Partei Italien). Der sich international ausgeweitete Aktionstag am 13.12.2008 kann ebenfalls als ein ermutigendes Signal einer internationalistischen Klassensolidarität gewertet werden.

Das geknüpfte solidarische Band wird also aufzunehmen und zu verstärken sein!

Redaktion


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Schwerpunkt

Zusammenfassung des Aktionstages "Feuer und Flamme der Repression" am 13.12.08

Für den 13.12.2008 hatten verschiedene linke Gruppen zu einem dezentralen Aktionstag gegen Repression aufgerufen. Anlass ist der momentan laufende Prozess gegen Axel, Florian und Olli, denen neben versuchter Brandstiftung, die Mitgliedschaft in der militanten gruppe (mg) vorgeworfen wird. Der Aktionstag sollte die Solidarität mit den Angeklagten ausdrücken und ein Zeichen gegen die zunehmende Repression gegen linke AktivistInnen setzen. In einigen Städten in der BRD und auch international fanden verschiedene Aktionen wie Demonstrationen, Veranstaltungen und Plakat- bzw. Transpiaktionen statt. Im Folgenden ein kurzer Überblick dazu:

Berlin:
Den Auftakt zum Aktionstag bildete eine Demonstration in Berlin-Kreuzberg am 12.12.2008. Etwa 1500 Leute beteiligten sich an der Demonstration, die am Abend durch die Straßen von Kreuzberg zog. Die Stimmung war recht kämpferisch und das Tempo ziemlich schnell, wodurch die Leute am Lautsprecherwagen Probleme hatten mit der Demonstration Schritt zu halten. Allerdings wurde die Demonstration durch das schnelle Tempo auch dynamischer. Vom Lautsprecherwagen wurden mehrere Redebeiträge gehalten, unter anderem von einigen ehemaligen Gefangenen aus dem mg-Verfahren, von der Antifaschistischen Revolutionären Aktion Berlin, dem Berliner Mumia-Bündnis, zwei Beiträge von griechischen AktivistInnen zur Situation in Griechenland und eine Rede zur Notwendigkeit von antimilitaristischen Aktionen unter dem Titel: "Was in Deutschland brennt, kann in Afghanistan keinen Schaden anrichten".

Die Demonstration verließ kurzzeitig die angemeldete Route. Gegen 21 Uhr erreichte die Demo den Heinrichplatz und wurde nach zwei Redebeiträgen beendet.

Im Anschluss an die Demo gab es den Versuch eine Spontandemo durchzuführen - diese wurde allerdings nach einigen hundert Metern von der Polizei gestoppt. Es folgten einige Platzverweise. Laut dem Berliner Ermittlungsausschuss, hat es insgesamt eine Festnahme sowie fünf Personalienfeststellungen gegeben.

In der Nacht zum Samstag wurden die Schaufenster einer Bankfiliale mit einem Brandsatz beworfen sowie das Schaufenster einer anderen Bank mit Steinen beworfen. Außerdem brannte ein Papiercontainer auf der Kreuzung Reichenberger-/Manteuffelstraße und ein Porsche.

Am 16.12. wurde in Treptow ein Polizeirevier mit Steinen und Farbflaschen attackiert. Desweiteren gab es auf der Free Mumia-Demonstration am 13. Dezember mehrere Transparente und Schilder mit Bezug zum mg-Prozess.

Bremen:
Die geplante Antirepressionsdemo wurde von den Behörden verboten. Begründet wurde das Verbot mit drohenden Ausschreitungen linker Gruppen. Trotz Verbot und Vorkontrollen trafen sich am Samstag gegen 14.30 Uhr etwa 300 Personen in der Bremer Innenstadt, um gegen staatliche Repression zu demonstrieren. Die Demonstration wurde von der Polizei gestoppt und es wurden zeitweilig 150 Demonstranten eingekesselt, sowie 170 anschließend bis Mitternacht "in Gewahrsam" genommen.

Hamburg:
In Hamburg fand am 13. Dezember eine Demonstration zu Menschenrechten und Antirepression statt, die von der Karawane und dem Bündnis gegen imperialistische Aggression organisiert wurde.

Dort gab es einen Antirepressionsblock, der vom Hamburger Solidaritätsbündnis gegen Unterdrückung organisiert wurde und an dem sich etwa 300 KommunistInnen und AnarchistInnen beteiligten. Desweiteren gab es am 11. Dezember im Centro Sociale eine Veranstaltung zum Prozess.

Magdeburg:
Im Magdeburger Stadtteil Stadtfeld Ost fand am 13. Dezember eine Spontandemo statt, an der sich ca. 30 AktivistInnen beteiligten. Es wurde gesprüht und Farbe auf das ehemals besetzte Haus "Ulrike" geworfen. Außerdem kam es zum Einsatz von Bengalos und Knallkörpern.

In der Nacht vom 12. auf den 13. Dezember wurde zudem eine große Werbetafel mit einem Plakat der Antirepressionsorganisation Rote Hilfe International beklebt. Am 14.12. wurde eine Sabotageaktion gegen Bundeswehrfahrzeuge durchgeführt, bei der Reifen zerstochen, Schlösser verklebt und Parolen gesprüht wurden.

Frankfurt: In Frankfurt störten 40 AntimilitaristInnen am 13. Dezember eine Veranstaltung, die sich für die Besatzung Afghanistans aussprach. Die Aktion fand im Zusammenhang des Aktionstages gegen Repression statt.

Göttingen: An zwei Autobahnbrücken der A7 wurden zwei Transparente mit der Aufschrift "Es gibt zu viele Bundeswehrfahrzeuge" und "Bundeswehr wegtreten!" aufgehängt. Desweiteren wurden in der Göttinger Innenstadt massenhaft Flugblätter verteilt.

Lüneburg: In Lüneburg wurde im Infocafe Anne und Arthur im Rahmen des Aktionstages der Film "Wir sind alle Terroristen" gezeigt.

Stuttgart: In der Stuttgarter Innenstadt wurden ein Plakat aufgehängt und ein Wandbild der Roten Hilfe International gesprüht.

Neuseeland: AktivistInnen haben am 13. Dezember ein Transparent vor der deutschen Botschaft in Wellington aufgehängt und einen Aufruf verfasst.

Schweiz: In Zürich gab es im Rahmen des Aktionstages eine Veranstaltung am 11. Dezember. Dabei gab es eine Live-Schaltung zu einem Ex-Gefangenen im mg-Verfahren.

Österreich: In Wien beteiligten sich am 12. Dezember ca 170 - 200 Menschen an einer Demonstration. Nach der Demo gab es eine Spontandemo mit ungefähr 70 Personen.

Belgien: In Brüssel wurde auf ein Gebäude der Vertretung des deutschen Chemie-Konzernes Bayer folgendes gesprüht: "SOLIDARITÉ AVEC LE INCULPES DU PROCES MG BERLIN" (Solidarität mit den Betroffenen des mg-Verfahrens in Berlin).

P.S. Auch wurde der Aktionstag in verschiedenen bürgerliche Medien registriert.
Quelle: http://www.einstellung.so36.net


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Grußwort von Ex-Gefangenen im mg-Verfahren zum Aktionstag

Liebe GenossInnen und FreundInnen,

wir möchten als einige Ex-Gefangene aus dem mg-Verfahren den InitiatorInnen und TeilnehmerInnen des internationalen Aktionstages gegen staatliche Repression und Überwachung für ihr Engagement herzlich danken. Diese Initiative ist ein Ergebnis unserer monatelangen Informations- und Mobilisierungstour zum mg-Verfahren durch die gesamte Republik und einige angrenzende Länder. Wir wurden vielfach aufgefordert, einen dezentralen Aktionstag vorzuschlagen, an dem sich solidarische GenossInnen und FreundInnen vor Ort einbringen können. In einem halben Dutzend BRD-Städten sowie in Zürich und Wien wird es zum mg-Verfahren und darüber hinaus Veranstaltungen, Demonstrationen und weitere eigenständige Beiträge geben. Das motiviert hoffentlich nicht nur uns, über die Begleitung des Paragraph 129-Prozesses vor dem Berliner Kammergericht hinaus die Initiative zu behalten! Dass wir weiterhin mobilisiert zu bleiben haben, zeigt nicht erst der Staatsmord an Alexis in Athen!

Wir wurden als vermeintliche Angehörige der militanten gruppe (mg) wegen der Mitgliedschaft in einer sog. kriminellen Vereinigung nach Paragraph 129 angeklagt und sitzen uns seit dem 25. September dieses Jahres unsere Gesäßhälften im Sicherheitssaal des Berliner Landgerichts breit. Die mg ist seit 2001 eine der Gruppierungen aus der revolutionären Linken, die sich kontinuierlich und aktiv in einen Debattenprozess um die Organisierung militanter Politik und die Verknüpfung mit anderen Widerstandsbereichen in der BRD eingebracht hat. Von ihrer ideologischen Grundorientierung her sieht sie sich als einen sozialrevolutionär-antiimperialistischen Zusammenhang, der sich u.a. auf linkskommunistische Strömungen innerhalb der kommunistischen Bewegung stützt. Die Texte der mg sind über die Homepage des Berliner Einstellungsbündnisses einzusehen.

Das Verfahren gegen uns als vermeintliche mg-Mitglieder ist für den Aktionstag zwar der inhaltliche Aufhänger, aber es ist ganz in unserem Sinne dieses in den Kontext zu stellen, in den es gehört. Wir sehen uns seit dem G8-Gipfel in Heiligendamm mit einer Kette von staatlichen Repressionsschlägen konfrontiert. Mehrere Verfahren nach dem Gummiparagrafen 129a wurden eingeleitet, Tausende Menschen wurden aktenkundig und sind auf unbestimmte Zeit im Visier der Repressionsorgane der BRD. Dabei blieb bisher zu sehr im Hintergrund, das weiterhin die organisierte migrantische Linke im Fokus von BKA und Bundesanwaltschaft steht. Der aktuell laufende Prozess im traditionsbeladenen Bunker von Stuttgart-Stammheim gegen angebliche Führungskader der DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) ist nur ein Beleg dafür. Wir solidarisieren uns mit den fünf im Stammheimer Bunker Angeklagten, von denen zwei aufgrund der Isolationshaft schwerwiegende gesundheitliche Folgen davongetragen haben. Für einen der Angeklagten, für Mustafa Atalay, läuft eine Freilassungskampagne, die es zu unterstützen gilt!

Auch im internationalen Rahmen läuft die Repressionsmaschine. Seit Jahren ist die Initiative des Aufbaues einer Roten Hilfe International Ziel von Staatsschutzangriffen. So in Belgien und der Schweiz. In Belgien wurden u.a. ehemalige langjährige Gefangene, die sich in den 80er Jahren in der Stadtguerilla Kämpfende Kommunistische Zellen (CCC) organisierten, mit neuen Verfahren überzogen. In Italien befinden sich seit Monaten Mitglieder der Kommunistischen Partei politisch-militärisch, der PC p-m vor Gericht. Die PC p-m hat ihre organisatorischen Ursprünge in einer der Tradtionslinien der Roten Brigaden.

Die gefangenen Genossen aus der PC p-m haben uns in einer Grußbotschaft zu unserem Verfahrensauftakt geschrieben, dass der revolutionäre Prozess unter schlechten, aber häufigen Umständen durch Gerichtssäle und Knäste führt. Sie haben recht. Du hast deine politische Identität weder beim Betreten der Schleuse zum Gericht noch hinter der Knasttür abzugeben. Was so verdammt einfach daher gesagt klingt, ist umso schwerer Tag für Tag aufrechtzuerhalten. Wir wissen, wovon wir reden. Aber vergegenwärtigen wir uns ein paar Banalitäten: Politisches Engagement für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung, d.h. in unserem Verständnis 'Für den Kommunismus', das den vorgezeichneten Pfad der Gesetze der Klassenjustiz verlässt, wird den schlagenden Arm der Repressionsorgane zu spüren bekommen. Ohne zynisch wirken zu wollen, die Klassenjustiz hat nur dann ihre Aufgabe erfüllt, wenn sie die Ordnung von Ausbeutung und Unterdrückung zu schützen weiß.

Was haben wir dem entgegenzusetzen? Einiges und vieles, was auszubauen ist.

Zunächst müssen wir verstehen, dass Anti-Repressionsarbeit kein Spartenprogramm unserer Aktivität sein darf. Wir denken, dass wir in der kommenden Zeit mit regelmäßigen Schüben staatlicher Gewalt zu rechnen haben werden. Daraus folgt, dass wir den aktiven Repressionsschutz direkt in unsere Politik als revolutionäre Linke aufnehmen müssen. Angeklagte und Gefangene aus unseren Reihen haben wir auch nicht in erster Linie als passive Opfer zu betrachten, die wir hauptsächlich als karikativen Sonderfall anzusehen haben. Gegenteilig. Geben wir ihnen den Raum, um sich als politisches Subjekt besser behaupten zu können. Dazu gehört u.a. eine Verteidigung der politischen und organisatorischen Hintergründe derjenigen, die Staatsschutzverfahren an der Backe haben oder bereits eingeknastet sind. Nein, keine uneingeschränkte Solidarität zu wem auch immer fordern wir hier ein.

Wir sprechen uns dafür aus u.a. Projekte wie die Rote Hilfe International zu unterstützen, die sich den Aufbau einer internationalistischen Klassensolidarität zum erklärten Ziel setzt; eine Initiative politischer Antirepressionsarbeit mit dem Kampf gegen Kapitalismus und Imperialismus zu verbinden. Viele, viele solidarische GenossInnen und FreundInnen würden wir an dieser Stelle unmittelbar danken wollen. Allein der Platz reicht innerhalb eines kleinen Redebeitrages nicht aus. Stellvertretend wollen wir uns an den Schweizer öko-anarchistischen Gefangenen Marco Camenesch wenden, der uns für den Aktiontag eine kämpferische Grußbotschaft zukommen ließ: Hey, lass uns zusammen unsere vielfältigen Waffen der Solidarität weiter schmieden!!

Freiheit für alle politischen und sozialen Gefangenen!
Freiheit für Mustafa Atalay!
Internationale Klassensolidarität aufbauen - Kapitalismus zerschlagen!

Einige Ex-Gefangene aus dem mg-Verfahren


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Christian Klar ist endlich frei

Nach 26 Jahren und 1 Monat ist Christian endlich auf freien Fuß. Die Redaktion wünscht Christian alles Gute.

Wir veröffentlichen dazu zwei Stellungnahmen von dem Gefangenen Thomas Meyer-Falk und der Roten Hilfe. Zur Roten Hilfe ist noch zu sagen, dass wir den Begriff "Morde" lieber durch die Bezeichnung Tötung ersetzt hätten.

Christian Klar war zwar von den Gefangenen der RAF mit 26 Jahren am längsten ohne Unterbrechung inhaftiert, aber Brigitte Mohnhaupt war neben den 24 Jahren auch schon in den siebziger Jahren über 4 Jahre eingeknastet gewesen. Weggeschlossen war sie also insgesamt über 28 Jahre.

Redaktion


Willkommensgruß

Wer Christian einen finanziellen Willkommensgruß schicken will, kann ab sofort bis Ende Februar 2009 einen Beitrag mit Angabe des Verwendungszweck "Willkommen" überweisen an:

Unser Konto: Sparkasse Mainz
Kontoinhaber: Freiheit jetzt!
Kontonummer: 10 17 12 56 99
Bankleitzahl: 550 501 20


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Kontroverse um Christian Klars Freilassung?

Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte entschieden nach 26 Jahren Freiheitsentzug, das ehemalige Mitglied der RAF, Christian Klar zum 03.01.2009 auf Bewährung aus dem Strafvollzug zu entlassen.

Die meisten Jahre seiner Haftzeit verbrachte Klar hier in der JVA Bruchsal. In der Öffentlichkeit wurde über die Entscheidung des OLG Stuttgart heftig diskutiert, kaum ein Blatt oder Sender der nicht die Stimme des "Volkes" (Einsperren für immer...) zu Wort kommen ließ.

Jedenfalls meinte nun auch der 1. Sprecher der Gefangenenvertretung, Herr Peter L. sich im Lokalblatt von Bruchsal (Bruchsaler Rundschau/ Badische Neueste Nachrichten) mit einem Leserbrief zu Wort melden zu müssen. Bei der Gefangenenvertretung handelt es sich um das von den Inhaftierten der JVA Bruchsal gewählte Gremium gemäß Paragraph 160 Strafvollzugsgesetz. Diesem soll es ermöglicht werden, an der "Verantwortung für Angelegenheiten von gemeinsamen Interesse teilzunehmen", wie es im Gesetz heißt. Sich also um Probleme des Speiseplans, der Einkaufsliste und ähnliche Dinge kümmern. Manche sprechen von einer Alibieinrichtung, denn mit rechtlich einklagbaren Rechten wie bspw. die Personalvertretung, ist die GV nicht ausgestattet.

In der Ausgabe vom 06.12.08 wurde ein Leserbrief des besagten 1. Sprechers abgedruckt. Nach der freundlichen Einleitung, wonach man die Freilassung des Herrn Klar durchaus begrüße, folgt eine Generalabrechnung mit dem angeblich wenig sozialen Verhalten des Herrn Klar während der Haft. So bemängelt Herr L., daß sich Christian Klar nicht um weniger intelligente oder sozial Schwächere unter den Gefangenen gekümmert habe. Vielmehr erfahre er eine Privilegierung, da er nach ein bisschen Tisch-Tennis spielen vor Jahren und einigen Jahren Erfüllen der Arbeitspflicht, nun ohne langjähriges abgestuftes Lockerungsprogramm entlassen werde, wo es doch Mitgefangene gebe die viel weniger schlimme Dinge angestellt hätten als Herr Klar und immer noch, mitunter auch viel länger als die 26 Jahre des Christian Klar, inhaftiert seien.

Ob der (ebenfalls zu lebenslanger Haft verurteilte) Herr L. sich selbst damit gemeint haben könnte sei dahin gestellt, jedenfalls haben sich mir gegenüber mehrere Mitglieder der GV dahingehend geäußert, der Leserbrief sei so nicht mit ihnen abgesprochen worden und werde auch nicht von ihnen gebilligt.

Die Lokalzeitung freilich nahm den Leserbrief zum Anlass, in der selben Ausgabe auf der "Politik"-Seite einen längeren Artikel zu veröffentlichen, in welchem der Leserbrief referiert wird unter der Überschrift: Gefangene kritisieren Klars Freilassung.

Die Stuttgarter Nachrichten übernahmen eine Kurzmeldung, selbst bis in die Bild-Zeitung soll es Peter L. damit geschafft haben. Der Leserbrief hat so einen "Geruch", daß hier jemand seine persönliche Animosität gegen einen Mitgefangenen ausagierte; denn der Kern seines Leserbriefes zielt durchaus in eine richtige Richtung. L. moniert, daß die Bundesjustizministerin Zypries habe verlauten lassen, Herr Klar sei wie jeder andere Häftling behandelt worden. Was so selbstverständlich nicht stimmt, schon angefangen bei den jahrelangen Sonderhaftbedingungen! Oder der Verfolgungseifer des bad.-württem. Justizminister Professor Dr. Goll, was die Verweigerung von Vollzugslockerungen betrifft.

Zutreffend ist, daß Langstrafer so gut wie nie ohne vorherigen umfangreiches und langjähriges Lockerungsprogramm in Freiheit entlassen werden; in diesem Punkt wurde Herr Klar tatsächlich nicht wie jeder andere Gefangene behandelt (hierüber empörte sich Herr L. ganz besonders). Aber das ist doch schön für Herrn Klar - und alle anderen Gefangenen! Können letztere doch nun auf den (laut Bundesjustizministerin) "Normalfall" Christian Klar Bezug nehmen und eine Gleichbehandlung einfordern!

Die angesprochenen Artikel:

http://wap.bild.de/BILD/news/vermischtes/2008/12/06/christian-klar/mithaeftlinge-beschweren-sich-ueber-rafterrorist.html
http://www.sueddeutsche.de/politik/845/450566/text/
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,594750,00.html
http://www.newstin.de/rel/de/de-010-002190844


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Thomas Meyer-Falk

Seit 1996 wegen Bankraubes zur Finanzierung legaler und illegaler linker politischer Projekte in Haft. Er wurde zu 16 Jahren und 9 Monaten verurteilt.

Thomas Meyer-Falk
c/o JVA Bruchsal, Zelle 3113
Schönbornstrasse 32
D-76646 Bruchsal

Soliseiten für Thomas Meyer-Falk:
http://www.freedom-for-thomas.de/
http://www.freedomforthomas.wordpress.com/


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Die Rote Hilfe begrüßt die Freilassung von Christian Klar

weitere Infos über die Rote Hilfe: www.rote-hilfe.de

Am heutigen Freitag, den 19.12.2008, wurde Christian Klar nach mehr als 26 Jahren Haft aus der Justizvollzugsanstalt Bruchsal entlassen. Er war nach jahrelanger Suche am 16. November 1982 festgenommen und seitdem "unter Verschluss" gehalten worden. 1992 wurde er unter anderem wegen angeblicher Beteiligung an den Morden an Generalbundesanwalt Siegfried Buback, an Bankier Jürgen Ponto und an Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt, die aus sechs lebenslangen Einzelfreiheitsstrafen und so genannten zeitigen Freiheitsstrafen von 15, 14 und zwölf Jahren gebildet worden war.

Die Rote Hilfe hat seit vielen Jahren die längst überfällige Freilassung der verbliebenen Gefangenen aus der "Rote Armee Fraktion" (RAF) gefordert. Dass diese Forderung nicht durchsetzbar war, zeigt nicht nur eine Niederlage der Solidaritätsbewegung. Es offenbart auch die Tatsache, dass der Umgang mit den Gefangenen aus der RAF bis zum heutigen Tag, mehr als zehn Jahre nach ihrer Selbstauflösung, von einem staatlichen Rachebedürfnis geprägt ist. Insbesondere Christian Klar ist als Symbolfigur für den Aufbruch der Stadtguerillagruppen in den 1970er Jahren abgestraft worden; er war länger inhaftiert als irgendein anderer Gefangener aus der RAF.

Die rechtsstaatlichen Sonderbehandlungen, die den ehemaligen und vermeintlichen Mitgliedern der Roten Armee Fraktion zuteil wurden, dämpfen die Freude allerdings erheblich. Gekaufte KronzeugInnen, verschwundene, unter Verschluss gehaltene oder vernichtete Beweise und Dokumente, ausgehebelte VerteidigerInnenrechte und Sondergesetze machten und machen diese Verfahren zur offensichtlichen Farce. Der Terrorparagraph 129a erübrigte in den meisten Fällen jeden individuellen Tatnachweis.

Allen Mitgliedern der RAF wurden regelmäßig sämtliche, während ihrer Mitgliedschaft begangene Taten zur Last gelegt. Den auf dem Gewaltmonopol beruhenden bürgerlichen Rechtsstaat wurmte es besonders, dass einige Angeklagte, darunter Christian Klar, nicht zu justizgefälligen Reuebekundungen bereit waren. Erst letztes Jahr war Christian aufgrund antikapitalistischer Bekundungen auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz von Bundespräsident Köhler die Unterschrift unter ein so genanntes Gnadengesuch verweigert worden.

Die Rote Hilfe, nicht nur der Bundesvorstand, sondern alle Ortgruppen, Gremien und Mitglieder, wünschen Christian Klar einen guten Start ins Leben außerhalb der Knäste. Bedanken möchten wir uns bei seinem Anwalt Dr. Schneider für die unermüdliche Arbeit, die er geleistet hat, und bei all jenen, die sich jahrelang für die Freilassungsforderung eingesetzt haben und dabei sehr solidarisch miteinander umgegangen sind.

Der Kampf gegen die politische Justiz und für die Freiheit der politischen Gefangenen ist aber keineswegs überflüssig geworden. So sitzt mit Birgit Hogefeld ein weiteres Mitglied der RAF im Gefängnis, in Stammheim findet zurzeit ein absurdes 129b-Verfahren gegen türkische Exil-Linke statt und in Berlin müssen sich aktuell drei Genossen wegen einer vermuteten Mitgliedschaft in der "militanten gruppe" verantworten. Unsere Solidarität bleibt unteilbar: Angeklagt sind wenige, gemeint sind wir alle!

Die Rote Hilfe e.V. fordert auch weiterhin: Weg mit den
Gesinnungsparagraphen 129a und 129b!

Freiheit für alle politischen Gefangenen!

Mathias Krause für den Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.


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18.3. Tag der Politischen Gefangenen

Auf nach Berlin zur bundesweiten Demo am Samstag, den 21. März 2009 aus Solidarität mit den Angeklagten im mg-Verfahren und allen politischen Gefangenen weltweit.


Internationale Konferenz "Widerstand und Solidarität" am 22. März 2009 in Berlin

Nähere Ankündigungen folgen.

Berliner 18.3. Vorbereitungskreis
www.political-prisoners.net


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Kurzmeldungen:

Düsseldorf:
Der Paragraph 129b Prozess wegen vermeintlicher "Mitgliedschaft in der DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front)" gegen den am 08. April 2007 verhafteten Faruk Ereren beginnt am 15. Januar 2009 vor dem Düsseldorfer OLG. Ihm wird angelastet, seit 1994 der obersten Führungsriege der DHKP-C anzugehören und Mitglied des Zentralkomitees der Organisation zu sein. Ihm werden "Mord, Mordversuch, Rädelsführerschaft sowie mehrere Sprengstoffanschläge" zur Last gelegt. Der Prozess ist vorerst bis Juni 2009 terminiert.

Düsseldorf:
Am 08. und 09. Dezember 2008 fand vor dem Düsseldorfer OLG ein Paragraph 129a Prozess gegen die in Athen lebende Journalistin Heike Schrader wegen vermeintlicher "Mitgliedschaft in der DHKP-C" statt. Der Prozess endete nach zwei Verhandlungstagen mit einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten Haft auf drei Jahre. Der Prozess wurde von ProzessbeobachterInnen verschiedener Organisationen mitverfolgt. Darüber hinaus wurde in verschiedenen Erklärungen die Abschaffung der Paragraphen 129a und b gefordert.

Stuttgart:
Am 15. Januar 2009 beginnt in Stuttgart-Stammheim ein Paragraph 129a Prozess gegen Thomas K., dem die Mitgliedschaft in den Revolutionären Zellen (RZ) vorgeworfen wird. Darüber hinaus wird Thomas K. von der Bundesanwaltschaft eine führende Rolle in den RZ zugeschrieben. Er soll an der Verfassung einiger programmatischer Texte der RZ maßgeblich beteiligt gewesen sein. Thomas K. war im Dezember 1987 abgetaucht und hat sich im Dezember 2006 freiwillig den Behörden gestellt. Im Juli 2007 erschien die Anklageschrift.

Nordrhein-Westfalen:
Nach dem landesweiten Repressionsschlag in NRW am 05. November 2008, wobei es zu den Verhaftungen von Nurhan Erdem (Foto), Cengiz Oban und Ahmet Istanbullu kam, steht in Kürze ein weiteres Paragraph 129b Verfahren in Düsseldorf an. Den drei Betroffenen wird vorgeworfen, für die DHKP-C Spendengelder gesammelt zu haben und für die Organisation als Gebietsverantwortliche tätig gewesen zu sein.


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Inland

Wir dokumentieren den Aufruf vom Komitee gegen die Paragraphen 129:

Auf Montag, den 26. Januar 2009, mobilisieren wir auf eine Delegation zum Prozess in Stuttgart-Stammheim, um uns mit den Gefangenen solidarisch zu zeigen.

Im November 2006 wurden bei bundesweiten Razzien 59 Wohnungen und Vereinsräume durchsucht und teilweise verwüstet. Basierend auf dem Vorwurf der "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland" (Paragraph 129b) wurden Mustafa Atalay, Ahmet D. Yüksel, Hasan Subasi, Devrim Güler und Ilhan Demirtas verhaftet. Sie sollen Mitglieder in der DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) sein, welche in der Türkei aktiv ist und seit 2002 auf den so genannten Anti-Terror-Listen der EU steht.

Der Prozess läuft seit dem 17. März 2008 in Stuttgart-Stammheim und ist der erste Paragraph 129b-Prozess, der sich gegen mehrere Linke richtet. Mit diesem Prozess soll ein Präzedenzfall für den Paragraphen 129b geschaffen werden, dessen Ausgang für alle weiteren Verfahren nach diesem Paragraphen richtungweisend sein wird und den Weg für die Kriminalisierung weiterer Strukturen ebnen wird. Trotz oder gerade wegen der Bedeutung und politischen Brisanz wird der Prozess von einem medialen Schweigen begleitet. Es wird versucht, ihn mit allen Skandalen auf rechtlicher wie auf menschlicher Ebene hinter geschlossenen Türen bis zu einer Verurteilung fortzuführen.

Mit der Prozessdelegation am Montag, den 26. Januar 2009, wollen wir dieses Schweigen ein Stück durchbrechen. Daher rufen wir dazu auf sich mit den Gefangenen solidarisch zu zeigen und sich an der Prozessdelegation zu beteiligen, um die Mauern der Isolation und des Schweigens zu brechen.

Freiheit für Mustafa Atalay, Ahmet D. Yüksel, Hasan Subasi, Devrim Güler und Ilhan Demirtas!

Hoch die Internationale Solidarität!

Treffen für die Prozessbeobachtung:
Montag, den 26. Januar 2009, 9:00 Uhr
JVA Stuttgart Stammheim
Asperger Str. 49
70439 Stuttgart

Komitee gegen die Paragraphen 129
Für Fragen: kontakt@no129.info



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Paragraph 129b Verfahren in Stuttgart-Stammheim

Aufruf zur Prozessbeobachtung
Aktion in Hamburger Kirche für die Freilassung von Mustafa Atalay

Heilig Abend gegen 23 Uhr anlässlich der Christmesse der Predigt der Bischöfin Maria Jepsen im Hamburger Michel, der einer der Hauptkirchen dieser Stadt ist. Eine handvoll Menschen verlassen ihre Plätze, gehen zum Altar, bemächtigen sich des Mikrofons und fordern öffentlich die Freilassung des haftunfähigen Mustafa Atalay.

Weiterhin möge sich die Bischöfin für Mustafa Atalay einsetzen. Sie und ein weiterer Geistlicher weigerten sich Stellung zu nehmen und wollten ihren Gottesdienst weiterführen.

Die DemonstrantInnen liessen sich aber nicht abwimmeln und hielten eine kurze Rede zu Mustafa Atalay! Danach überreichten sie Jepsen Hintergrundmaterial einschließlich diverser Gutachten zu Mustafa und verteilten eine Resolution, mit der Aufforderung seiner Freilassung. Danach gab es sogar unerwartet Beifall von den KirchenbesucherInnen.

Wären mehr InterventionistInnen anwesend gewesen, hätte mensch länger bleiben können.

Die DemonstrantInnen verließen unbehelligt die Kirche.

Diese Erklärung wurde verteilt:

"Mustafa Atalay ist einer der fünf Angeklagten im Paragraph 129b-Prozess vor dem Oberlandesgericht Stuttgart. "Ich bin ein Journalist und ein Sozialist - kein Terrorist" hat er auf den Anklagevorwurf der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung erwidert.

Mustafa Atalay ist 52 Jahre alt und lebt seit 2000 in Deutschland als politischer Flüchtling. Er befindet sich seit November 2006 ununterbrochen in Untersuchungshaft. Die meiste Zeit davon war er isoliert untergebracht und er hat strenge Sonderhaftbedingungen.

Mustafa Atalay ist schwer herzkrank. 2006 erlitt er einen Infarkt. Ihm mussten drei Bypässe gelegt werden. Seine Festnahme erfolgte aus einer Rehabilitationsklinik heraus. Zwei Bypässe sind wieder verstopft. Während der Haft waren am Herzen weitere Eingriffe nötig. Wegen der Herz-Kreislaufprobleme und anderer Erkrankungen erhält er täglich 8 bis 10 Medikamente.

Mustafa Atalay war über 15 Jahre im Gefängnis in der Türkei. Er wurde schwer gefoltert und hat bleibende körperliche Schäden erlitten. Ein vom Gericht bestellter Gutachter hat das Vorliegen eines posttraumatischen Belastungssyndroms festgestellt.

Mustafa Atalay muss sofort aus der Haft entlassen werden!"

Mehr als hundert Menschen und Gruppen, darunter aber auch Prominente, wie die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke (Die Linke) und der Schriftsteller Peter O. Chotjewitz, haben diesen Solidaritätsaufruf für die sofortige Freilassung von Mustafa Atalay unterzeichnet. Gemeinsam mit Ahmet Düzgün Yüksel, Ilahn Demirtas, Devrim Güler und Hasan Subasi wird Mustafa vom Staatschutzsenat in Stuttgart-Stammheim vorgeworfen, Spenden zur Finanzierung des bewaffneten Kampfes der Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) in der Türkei gesammelt zu haben und somit Mitglied einer »ausländischen terroristischen Vereinigung« zu sein. Erstmalig kommt damit in Deutschland der Paragraph 129b (»Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland«) gegen die politische Linke zur Anwendung.

Devrim Güler, einer der 5 Gefangenen aus dem Stuttgarter 129b-Verfahren zu Mustafas Gesundheitszustand:

"So mache ich mir ernsthafte Sorgen um Mustafa, der täglich 9-10 Tabletten einnehmen muss. Seine Gesichtsfarbe nimmt während der Verhandlung solch einen grauschwärzlichen Ton an, dass man es mit der Angst zu tun bekommt. Dennoch versucht er sich, soweit es ihm möglich ist, nichts anmerken zu lassen und sich tapfer zu halten."

Da trotz der Solidarität das zuständige Gericht bisher Mustafa nicht freigelassen hat, hielten es die Menschen für notwendig öffentlich im Michel zu intervenieren, um mehr Druck auszuüben.

Reaktionen

Durch diese Aktion konnte auch das Schweigen der bürgerlichen Zeitungen durchbrochen werden: Die Hamburger Morgenpost berichtete am 27.12.2008 in einem Artikel davon: Bischöfin Jepsen nahm "den Vorfall in ihrer Predigt auf und versprach das Anliegen an die zuständige Behörden weiterzuleiten".

Auch gab es dazu Veröffentlichungen in der Onlinezeitung www.scharf-links.de und bei Indymedia, sowie weitere Unterschriften.

Die Solidaritätserklärung kann per E-Mail unterstützt werden:
hamburg@political-prisoners.net

Für Informationen bezüglich der Freilassungskampagne für Mustafa Atalay:
www.no129.info
www.political-prisoners.net


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Ende des Oury-Jalloh-Prozesses:

Institutioneller Rassismus und organisierte Verantwortungslosigkeit

Am Montag, dem 8. Dezember, wurden vom Dessauer Landgericht die beiden angeklagten Polizisten freigesprochen. Der Vorsitzende Richter Steinhoff erklärte, es hätte keinen rechtsstaatlichen Prozess gegeben, der Prozess sei eine Farce gewesen, da Polizeizeugen im Prozess viele widersprüchliche Aussagen gemacht haben und logen.

Am 7. Januar 2005 verbrannte Oury Jalloh qualvoll in der Zelle Nr. 5 im Dessauer Polizeigewahrsam, in der knapp drei Jahre zuvor Mario Bichtermann, ein Obdachloser, starb. Oury Jalloh war verhaftet worden, weil er Frauen belästigt haben soll. Die Polizeidirektion verbreitete die Behauptung des Dienstgruppenleiters (DGL) Schubert, er habe sich selbst angezündet, nachdem er verhaftet worden war, er sei betrunken gewesen und habe zudem Marihuana und Kokain konsumiert. Es wurde der Eindruck erweckt, dass Oury Jalloh sterben wollte. Obendrein bediente sich die Polizeidirektion der rassistischen Klischees, dass alle Schwarzen mit Drogen dealten und sie besonders triebhaft seien. Obwohl nicht einmal eine Anzeige erstattet worden war, galt und gilt für Oury Jalloh die Unschuldsvermutung nicht, üble Nachrede und Verunglimpfung des Todesopfers sind erlaubt. Der rassistische Unterton war, Oury Jalloh sei ein Wirtschaftsflüchtling, der das Asylrecht missbrauche und abgeschoben gehöre - und obendrein noch obiges tue, selbst schuld.

Dieses rassistische Verhalten wurde nicht geahndet, das Innenministerium übernahm die abenteuerliche Behauptung des DGL Schubert. Der DGL ist für den Gewahrsamsbereich verantwortlich. Unter Schuberts Verantwortung war bereits Mario Bichtermann gestorben. Die Aufgabe der Staatsanwaltschaft ist es, bevor sie eine Anklageschrift verfasst, Ermittlungen anzustellen. Aber in diesem Fall legte sie einen Zeitablauf zugrunde, der nur auf DGL Schuberts Aussage beruhte. In diesem Prozess basierte die Anklage auf Aussagen des Hauptangeklagten.

Das Landgericht Dessau folgte diesem Konstrukt. Im Prozess konnten die Polizisten ungestraft lügen und ihre Aussagen mit Hilfe des Justiziars der Polizeidirektion Dessau absprechen. Die Aufgabe eines Justiziars ist es, darauf zu achten, dass in seinem Aufgabenbereich keine Rechtsbrüche passieren. Die Aufgabe eines Richters ist es, einen rechtsstaatlichen Prozess zu führen, Zeugen zu vernehmen und Falschaussagen zu unterbinden. In diesem Prozess wurde nur ein einziger Polizist als Zeuge vereidigt, bei einem weigerte sich der Richter Steinhoff, ihn als Zeugen zu vereidigen. Außerdem behinderte er die Befragung der Zeugen durch die Nebenklage.

Diese wissentlichen Pflichtverletzungen aller Beteiligten machten einen rechtsstaatlichen Prozess unmöglich. Der Verdacht liegt nahe, dass dieser Prozess geführt wurde, um die Polizei rein zu waschen.

Während im Landgericht der Freispruch für die angeklagten Polizisten verkündet wurde, griff die Polizei die Demonstration der Initiative "In Gedenken an Oury Jalloh" vor der Polizeidirektion Dessau an, kesselte sie ein und drohte die Demonstration aufzulösen. ProzessbeobachterInnen, die davon erfuhren, verlangten eine Unterbrechung des Prozesses und zeigten ihre Trauer und ihre Wut über das Urteil. Dies wurde später von der Presse als "Tumulte" und "Emotionen" abqualifiziert. Ein Aktivist wurde brutal im Gerichtssaal verhaftet. Vor dem Landgericht wurde die Demonstration nochmals angegriffen.

Konsequenzen:

Der Rechtsstaat hat sowohl im Prozess um den Tod von Laye-Alama Condé (gestorben am selben Tag in Bremen durch gewaltsame Verabreichung von Brechmitteln) als auch im Prozess um den Tod von Oury Jalloh versagt. Dies ist nur die Spitze der Rechtlosigkeit. Seit 1993 starben durch deutsche Polizisten 128 Menschen. Keiner der tatbeteiligten Polizisten ist zu mehr als 1 Jahr auf Bewährung verurteilt worden. Wir fordern eine unabhängige Kommission, die den Tod von Oury Jalloh untersucht. Dies kann aber nur der Anfang einer Aufarbeitung der Polizeigewalt in der BRD sein. Des Weiteren müssen Kontrollstellen für Polizeigewalt, die unabhängig von den Innenministerien sind, in den Bundesländern eingerichtet werden. Der permanente sog. Polizeiskandal in Sachsen-Anhalt ist kein isoliertes Phänomen, sondern zeigt, dass der Rechtsstaat weder bei Polizeigewalt noch bei Gewalt von Nazis gegen Unbequeme, MigrantInnen und AsylbewerberInnen funktioniert.

Oury Jalloh - das war Mord!
Gegen Polizeigewalt und Rassismus!

http://www.ludwigstrasse37.de


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Wir haben in dieser Zeitschrift schon mehrere Photos von Mosaiken aus Marmor von Paolo Neri, die Gefangene aus der RAF zeigen, abgebildet.

Paolo wird in März mit seinen Werken hierher kommen:

- In Hamburg im Rahmen des 18. März von Sonntag, den 15.3. bis Mittwoch, den 18.3:

Centro Sociale
Sternstraße 2
Backsteingebäude Ecke Neuer Kamp, U-Bahn
Feldstraße
20357 Hamburg

- In Bremen von Donnerstag, den 19.3. bis Sonntag, den 22.3:

Galerie Cornelius Hertz
Richard Wagner Straße 22
28209 Bremen

Daten für Berlin und Stuttgart folgen!


DAS FEUER ERLISCHT NICHT - Präsentation einer Ausstellung

Der Titel stammt aus einem Gedicht, das Pablo Neruda anlässlich des Todes der Genossin Tina Modotti geschrieben hat. Ich habe mich entschieden, diesen Satz zu übernehmen für das Werk, das ich am fertigstellen bin. Es besteht aus acht Mosaiken aus Marmor, wovon sieben bereits beendet sind, das achte zu Sigurd Debus ist in Bearbeitung. Die Portraits repräsentieren militante, deutsche Angehörige der RAF und des Widerstandes, welche in den Gefängnissen der Bundesrepublik Deutschland gestorben sind.

Ich habe die Absicht, diese Ausstellung in Europa zu zeigen, vor allem aber in Deutschland. Ich denke, dass ich nicht erklären muss, dass dieses Werk nicht verkäuflich ist.

Walter Benjamin bemerkt in seinem Werk "Der Autor als Produzent", dass ein Kunstwerk zusammen mit der richtigen politischen Tendenz auch jede andere künstlerische Qualität beinhalten soll. Dem Künstler, der für das Proletariat eintritt, stellt sich die Frage nach dem richtigen politischen Inhalt als auch die Frage der künstlerischen Qualität. Die Tendenz eines Werkes kann im politischen Sinne nur richtig sein, wenn es auch richtig ist aus dem künstlerischen Blickwinkel.

Es wäre wünschenswert, wenn die Ausstellungsräume dem Betrachter eine Distanz von mindestens fünf Metern zum Bild ermöglichen könnten. Die Masse der Mosaike variiert ungefähr zwischen fünfzig und hundert Kilo.

Bilder im Internet:

http://www.bibliotecamarxista.org/manifesti.htm
unter mosaici artistici


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International

Zwischenstand der Festnahmen in Griechenland

246, davon 66 im Knast plus 50 MigrantInnen und Flüchtlinge, die sofort zu 18 Monate ohne Bewährung verurteilt worden sind und unter der Gefahr der Abschiebung stehen.

Die Verhaftungen fanden in folgenden Städten statt:

Thessaloniki:
21 Festnahmen,
davon 3 Minderjährige

Kozani:
34 Festnahmen

Ptolemaida:
7 Festnahmen

Larissa:
25 Festnahmen
nach dem "Antiterrorgesetz"

Patras:
21 Festnahmen,
davon 9 Minderjährige.

Chania:
6 Festnahmen

Iraklio:
22 Festnahmen, darunter
11 Eltern und 7 Minderjährige

Volos:
6 Festnahmen
darunter 5 Minderjährige

Rethimno:
1 Festnahme

Kavala:
2 Festnahmen

Kastoria:
1 Minderjärige

Zakynthos:
6 Festnahmen,
davon 5 Minderjärige

Rhodos :
18 Festnahmen

Quelle:
Athen, Indymedia, Dezember 2008


Alexis Grigoropoulos. Presente!

Für autonome Bewegungen und den antikapitalistischen Flächenbrand

Am Samstag, den 6. Dezember wurde der 15jährige Alexis Grigoropoulos von einem Polizisten in Athen erschossen. Die Erschießung von Alexis fand statt vor dem Hintergrund zahlreicher politischer Auseinandersetzungen. Der größte Teil der griechischen Gefangenen befand sich bis vor kurzem in einem Hungerstreik für bessere Haftbedingungen, an den Universitäten des Landes brodelt die Unruhe und am Mittwoch beginnt ein schon länger angesetzter Generalstreik gegen die Politik der Regierung.

Ein Ort wo viele solcher Kämpfe zusammentreffen, ist der Athener Stadtteil Exarchia. Als ein Streifenwagen der Polizei dort am Samstag mit Steinen beworfen wurde, hat ein Beamter seine Pistole gezogen und dreimal geschossen. Eine Kugel traf Alexis in die Brust, er starb noch auf dem Weg ins Krankenhaus. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Polizisten, der abgedrückt hat, Totschlag vor. Er selbst sagt, es waren Warnschüsse. Wir sagen es war Mord!

In ganz Griechenland ist es daraufhin zu Protesten gekommen. Universitäten wurden verbarrikadiert, Verkehrswege blockiert und mehrere große Demonstrationen fanden statt. In fast allen Landesteilen Griechenlands bleiben die Schulen aus Protest gegen die Ermordung von Alexis geschlossen. Innenminister Prokopis Pavlopoulos und sein Stellvertreter haben ihren Rücktritt angeboten, aber Ministerpräsident Konstantinos Karamanlis lehnte ab. Der Protest geht weiter, entwickelt sich zur Revolte und deren findet sich auch in anderen europäischen Städten wieder. In London und Berlin wurden Botschaften besetzt und in vielen Städten gibt es Solidaritätsdemonstrationen.

In Athen wurde auf uns alle geschossen!

Wir sind wütend und bestürzt über die Schüsse in Athen. Wir sehen darin keinen Einzelfall und auch kein Überreagieren eines einzelnen Beamten, sondern einen roten Faden der Repression, welcher von Genua über Göteborg nach Athen reicht. Der Einsatz von Schusswaffen gegen Demonstrant_ innen ist kein Einzelfall. Wir erinnern uns z.B. an die G8/ASEM Demonstration, während der ein Polizist in Hamburg seine Pistole zog. Vom Hamburger Innensenator gab es für diese letzte Maßnahme unmittelbar vor dem Schuss volle Rückendeckung: Der Polizist habe gemäß seiner Einsatzvorschriften gehandelt. Der SPD reichte selbst das nicht: Sie fordert mehr "Härte gegen linke Straftäter" und hetzt gegen politische Bewegungen. Dieser Zynismus hat seine blutige Entsprechung in Exarchia gefunden.

Die Schüsse auf Alexis sind Ausdruck und Spitze einer europaweit zunehmenden Repressionsspirale, die zunehmend mehr Tote fordert. Unter dem Stichwort der Inneren Sicherheit werden Gesetze verschärft und die Überwachung totalisiert. Werden Flüchtlinge an den Außengrenzen in den Tod getrieben, werden vermeintliche Dealer mittels Brechmitteln ermordet, wird auf diejenigen, die diese Verhältnisse angreifen, scharf geschossen.

Alexis war nicht unschuldig. Er war schuldig für ein besseres Leben eingetreten zu sein. Er ist wie wir ein "Rebell ohne Grund", weil die kapitalistische Wirklichkeit uns Grund genug zur Auflehnung und Revolte ist. Weil wir die Rationalität und vermeintliche Sachlichkeit der heimgekehrten Cohn-Bendits und Joschka Fischers verachten. Einen Frieden mit einem System, das weltweit Armut, Krieg und Ausbeutung exportiert. Wir lehnen uns auf, weil wir ein Leben leben wollen, das diesen Namen verdient.

Alexis ist unser Freund und Weggefährte. Er ist nicht verschwunden, sondern anwesend. In unseren Kämpfen, unserem Begehren, der Explosion unserer Wut. Sein Name hallt, wie die Schüsse, die ihn getötet haben, von den Wänden der Städte. Man hört seine Schritte in den Straßen. Sie erzählen von unserem und seinem Trotz nicht klein beizugeben. Dem Mut und der Notwendigkeit dem vermeintlich Unabänderlichen zu widersprechen und ein für allemal in Richtung einer gerechteren Welt in Bewegung zu geraten. Einer Welt die Unterdrückung und Ausbeutung, Sexismus und Rassismus nicht als gegeben hinnimmt, sondern die den Aufstand probt. Einem Alltag, der sich von Kapitalismus und Lohnarbeit befreit. Der jeden Tag aufs neue die falschen Wahrheiten und Normen, die wir vorfinden, in Frage stellt.

Regierung stürzen!

Wir sind an der Seite der hungerstreikenden Gefangenen in Griechenland, der kämpfenden Student_innen, der Streikenden in den Fabriken, Büros und Läden. Wir sind auf der Straße mit den Autonomen in Exarchia und den Schüler_innen, die ihre Schulen besetzen. Wir sind an der Seite aller dieser Menschen, weil unsere Sehnsucht nach Veränderung sich auf der Straße trifft. Weil die Welt ein Dorf ist und wir mittendrin. Weil Regierung stürzen auf griechisch das selbe meint. Wir die selbe Sprache sprechen, die gleichen Lieder mögen und das Glas bei den hohen Tönen splittert.

Hören wir nicht mehr auf zu schreien!

NO JUSTICE - NO PEACE!
CAPITALISM KILLS!

Autonome aus Hamburg


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Baja California Sur:

Massaker nach Niederschlagung von Gefängnisaufständen

- Direkte Solidarität mit Chiapas -

Gefangenenaufstände sind regelmässige mediale Randnotizen. Man sieht tätowierte, wild gestikulierende Männer auf dem Dach und anschliessend Horden von Polizisten, die der Situation wieder Herr werden. So auch in Baja California Sur. Genauer hingeschaut zeigen sich typische Ereignisse aus der Vorhölle der Globalisierung.

Am Tag der Menschenrechte, dem 10. Dezember 2008, publizierte die Menschenrechtsstelle des Bundesstaates Baja California (Halbinsel nahe der Grenze zur USA) ganze 22 "Empfehlungen" im Zusammenhang mit den Gefängnisaufständen im Knast La Mesa vom 14. und 17. September. Die staatlichen Menschenrechtsbüros sind in Mexiko normalerweise zahnlose Papiertiger (zugegeben, die Schweiz besitzt nicht mal eine solche Behörde). Doch unter diesen Empfehlungen befindet sich eine an das lokale Parlament, um einen politischen Prozess gegen den Polizeiminister, Daniel de la Rosa Anaya, zu eröffnen, eine andere fordert von Justizministerium die Eröffnung einer Untersuchung und das Zitieren des Polizeichefs als Angeklagter, eine dritte fordert eine öffentliche Entschuldigung des Gouverneurs José Guadalupe Osuna Millán gegenüber den Familien der Insassen des Gefängnisses. Was geschah denn, dass die staatliche Menschenrechtsbehörde scharf schiesst gegen ihre Mitesser am Buffet der Macht?

Mexiko wird von einer Welle von Ressentiments gegenüber Verbrecher überzogen. Die täglich zunehmende Opferzahl im von der Regierung Calderón tölpelhaft und einseitig militärische geführten "Kampf gegen die Drogenmafia" (Geldwäsche ist beispielsweise kein Thema, niemand wird verurteilt, Gesetze dagegen gibt es kaum, der neue Innenminister verteidigte der Geldwäsche verdächtigte Firmen) ist eine Geschichte. Aber noch mehr beschäftigt Fernsehsender und Presse die Entführungen. Denn dieser lukrative Geschäftsbereich des "Hampa" genannten kriminellen Untergrunds nimmt entweder zu oder wird mindestens stärker beleuchtet. Betroffen sind naturgemäss Familien aus der Oberschicht, die Lösegeldforderungen begleichen können. Des Öfteren dauern die Entführungen endlos lange und enden gar mit dem Tod der Opfer, was die verzweifelten Angehörigen dann medienwirksam den Behörden vorwerfen.

Inzwischen hängt in fast jedem Dorf Mexikos ein grosses Transparent mit dem Bild einer Ratte oder eines vermummten Kriminellen und den markigen Worten, dass hier mit "Ratten" kurzer Prozess gemacht werde. Eine Strassenecke weiter macht die Grüne Partei Mexikos (ein konservativer, korrupter Familienbetrieb, der mit der PRI verbandelt ist) Propaganda für ihre Forderung nach der Einführung der Todesstrafe für Entführer. Die Todesstrafe wird täglich in Feuilleton und Fernsehen diskutiert, wobei die grosse Parlamentskammer Mexikos in einem Anflug von Vernunft die Diskussion darüber am Dienstag abgelehnt hatte. Gleichentags wurden aber im Senat im Fast-track-Verfahren weitere Menschenrechtsverletzungen durchgedrückt: Das "Allgemeine Gesetz zum System der öffentlichen Sicherheit" beinhaltet die verfassungswidrige Militarisierung von Polizeistrukturen und die Überwachung der Mobiltelefongespräche. Die sozialdemokratische PRD bedauerte vergeblich, dass sie den Gesetzesentwurf "erst vor 10 Minuten" erhalten habe und deshalb eine tiefere Diskussion wolle. Innerhalb einer Tagessession wurde diskutiert und abgesegnet, fertig lustig. Die Verbrechensbekämpfung heiligt alle Mittel.

In diesem Setting des "manufacturing consent" ist auch die Aufstandsbekämpfung im Knast von La Mesa zu sehen: Francisco Javier Sánchez Corona, der Ombudsmann der Menschenrechtsbehörde von Baja California, konstatiert, dass "nur" die Ermordung von 24 Insassen nachweisbar sei, denn an diesen Leichen wurde eine Autopsie durchgeführt. Aber es habe eine unbekannte Anzahl von toten Insassen, die nicht identifiziert werden konnten, da sie verbrannt wurden. Wobei 10 Säcke mit Knochen sichergestellt wurden. Die Autopsie der nicht verbrannten Leichen ergab, dass 18 der 24 Insassen vorsätzlich mit Schüssen getötet wurden (11 in den Kopf, sechs in den Oberkörper). Zudem ist in den meisten Fällen die Ballistik eindeutig: Die Schüsse durchqueren die Körper von oben nach unten, was mit den Zeugenaussagen korrespondiert, dass die bundesstaatliche Präventivpolizei (PEP) aus dem Helikopter auf die aufständischen Gefangenen schoss.

Der erste Gefangenenaufstand fand seinen Anfang, als der Kommandant Jorge Eduardo González Montero mit Hilfe von zwei Schliessern 23 Insassen folterte, um herauszufinden, wem eine Portion Marihuana und ein Handy gehöre. Bei dieser Folter wurde der Insasse Israel Blanco Márquez zu Tode geprügelt. Aus Anlass dieses Mordes rebellierten die Häftlinge im Block Nr. 5 tags darauf, am 14. November. Und am 17. November folgten ihrem Beispiel die Frauen aus dem Block 7, die auf das Dach kletterten, um Essen, medizinische Versorgung und Wasser zu fordern. Darauf wurden die Gefangenen mit Tränengas und Schlägen von Hundertschaften der Polizei angegriffen. Die aufständischen Häftlinge ergaben sich schliesslich. Anschliessend begann die Schiesserei. Eine unvorstellbare Safari aus dem Helikopter auf Insassen, die sich in einem letzten Aufbäumen gegen die Unmenschlichkeit gewehrt hatten. Die Ausgrenzung, Entrechtung, Entmenschlichung und letztlich Vernichtung der Globalisierungsverlierer erreicht Niveaus, die erschaudern lassen.


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Kurzmeldungen:

Israel/ Palästina:
Ahmad Sa'adat, der Generalsekretär der PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas), wurde Ende Dezember 2008 von einem israelischen Militärgericht zu 30 Jahren Haft verurteilt. Er wurde als Kopf der Organisation ausgemacht, die die Verantwortung für verschiedene Aktionen zu tragen hat. 2006 wurde Sa'adat von israelischen Soldaten aus dem palästinensischen Gefängnis in Jericho in ein israelisches Gefängnis verschleppt und wartete seither auf seinen Prozess.

Kolumbien:
Die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) haben in einer Erklärung die einseitige Freilassung von sechs ihrer Gefangenen angekündigt. Wie die Alternative Nachrichtenagentur Neues Kolumbien (ANNCOL) unter Berufung auf eine Mitteilung der Guerilla meldet, befinden sich unter den Gefangenen drei Polizisten, ein Soldat und zwei Zivilpersonen. Bei letzteren handelt es sich um den früheren Gouverneur Alan Jara und den Ex-Abgeordneten Sigifredo López.

Türkei:
Der DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) Gefangene Ercan Kartal wurde durch das Istanbuler Schwurgericht Nr. 14 wegen "der Ermordung von Özdemir Sabanci, Nilgün Hasefe und Haluk Görgün" und wegen "dem Anschlagsversuch gegen Kenan Evren", den Juntachef des Putsches vom 12. September 1980 und 7. Premierminister der Türkei, erneut zu erschwerter, lebenslanger Haft verurteilt. Kartal befindet sich seit 1996 im Gefängnis und ist seit 2000 der Isolationshaft ausgesetzt.

Spanien/Baskenland:
Nachdem Mitte November Mikel Garikoitz Aspiazu verhaftet wurde, kam es Anfang Dezember zu drei weiteren Verhaftungen von mutmaßlichen Mitgliedern der ETA. Bereits wenige Tage zuvor wurden 14 RepräsentantInnen der baskischen Linken Abertzale bei einer Razzia verhaftet. Ihnen wird vorgeworfen, mit der ETA kollaboriert zu haben, eine terroristische Vereinigung gegründet zu haben, sowie vorantreibende Kräfte innerhalb der verbotenen Kommunistischen Partei der baskischen Territorien (EHAK) zu sein.


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International

Erster Teil des Berichts vom
7. internationalen Symposium gegen Isolation
von der Roten Hilfe OG Magdeburg & dem Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen

Seit dem Jahr 2002 findet das Internationale Symposium gegen Isolation jährlich im Zeitraum des 19. bis 22. Dezember statt. Anlass ist das Massaker im Jahre 2000 in den türkischen Knästen. Am Morgen des 19. Dezember stürmten zeitgleich 8500 schwer bewaffnete Soldaten und Gendarmen 20 Gefängnisse in der Türkei. Diese Operation mit dem zynischen Namen "Rückkehr ins Leben" kostete 28 revolutionären Gefangenen das Leben. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich 1150 politische Gefangene in 48 Knästen im Hungerstreik, 300 von ihnen bereits im Todesfasten. Die Handlanger des türkischen Staates waren bewaffnet mit Präzisionsgewehren, Nachtsichtgeräten, Flammenwerfern, Panzern, Hubschraubern, Nerven-, Rauch- und Gasbomben, Bulldozern, Baggern, Vorschlaghämmern, Schweiß- und Bohrmaschinen. Über 20.000 Tränengas-, Nerven-, Rauch- und Pfefferbomben wurden in die Gefängnisse geworfen. Mehrere hundert revolutionäre Gefangene wurden schwerverletzt ins Krankenhaus eingeliefert, 34 von ihnen gelten bis heute als offiziell "Verschwundene". Die GenossInnen leisteten einen vehementen Widerstand gegen die Angreifer, so dass in manche Gefängnisse erst nach 2 bis 3 Tagen vorgedrungen werden konnte. Ihnen und ihrem bewundernswerten Kampf und Mut gilt unsere ganze Solidarität. Dieses Massaker ist nicht das Einzige, welches der türkische Staat verübte, um die Kampfkraft der revolutionären Gefangenen auf brutalste Weise zu brechen und die Einführung der F-Typ Gefängnisse entgegen des entschlossenen Widerstandes der Gefangenen und der revolutionären Bewegung außerhalb der Gefängnisse durchzusetzen. Bereits in den Jahren zuvor verübte der Staatsapparat der Türkei Massaker u.a. in den Gefängnissen von Ulucanlar, Ümraniye, Diyerbakir und Buca, bei denen 28 Gefangene ermordet wurden.

Gleichzeitig sehen sich die revolutionäre Bewegung und die zahlreichen Kollektive von Familienangehörigen der Gefangenen einer massiven Repression des türkischen Staates ausgesetzt.

F-Typ Gefängnisse sind ein deutsches Exportprodukt, welches bereits in den 70er Jahren - nachdem es an den Gefangenen aus der RAF erprobt wurde - durch Deutschland an Österreich, Spanien, Peru, Chile, Italien und Uruguay exportiert wurde. Ziel dieser Isolationshaft und Foltermethode ist es, die Identität von Gefangenen zu brechen und ihre Widerstandskraft zu zersetzen. International als "weiße Folter" bekannt, verstößt es gegen die UN-Menschenrechtskommission, da die Gefangenen durch den Entzug jeglicher Sinnenswahrnehmung in eine lebensbedrohliche Situation kommen können.

Das Jahr 2000 - das Jahr der Gefängnismassaker in der Türkei - stellt auch eine neue Etappe des Todesfastenwiderstandes der revolutionären Gefangenen in der Türkei dar, welcher sich gegen die Isolationshaft im allgemeinen und im speziellen gegen die F-Typ Gefängnisse richtete. Am 20. Oktober 2000 treten hunderte revolutionäre Gefangene der DHKP-C, TKP-ML und TKIP in einen unbefristeten Hungerstreik, denen sich hundert weitere revolutionäre Gefangene aus anderen Organisationen anschließen werden. Am 28. Mai 2002 beendeten fast alle Organisationen das Todesfasten. Die Gefangenen der DHKP-C setzten den Todesfastenwiderstand fort, da die Forderungen der Abschaffung der F-Typ Gefängnisse nicht erreicht wurden. "Es kann sein, dass euch unsere Methoden nicht gefallen, dann leistet mit anderen Mitteln Widerstand. Zeigt uns eure Alternativen. Wenn wir eine Alternative finden, können wir es gemeinsam beurteilen." Am 22. Januar 2007 endete der Todesfastenwiderstand, nachdem das Justizministerium den Erlass 45/1 veröffentlicht hatte. In dieser Phase verloren 122 Menschen das Leben und über 600 Menschen wurden durch die Zwangsernährungsfolter schwer krank.

In diesem Jahr kamen vom 19. bis zum 22. Dezember fortschrittliche und revolutionäre Kräfte aus unterschiedlichen Ländern und Organisationen in Wien (Österreich) zusammen, um diesem Massaker zu gedenken und gleichzeitig nach Perspektiven im gemeinsamen Kampf gegen Imperialismus und Repression zu debattieren. Es gab zahlreiche Beiträge, die zum einen die allgemeine Situation der unterdrückten Klasse in den jeweiligen Ländern, den internationalen Charakter der Repression (Antiterrorgesetze) und die sich ebenfalls verschärfende Situation der politischen Gefangenen reflektierten und nach Lösungsansätzen suchten.

Im Folgenden dokumentieren wir, soweit es uns aus sprachlichen Gründen möglich ist, die Beiträge aus den verschiedenen Ländern. Wir haben sie zusammengefasst und stellen sie euch in 2 Teilen zur Verfügung. Viel Spaß beim lesen und lernen!

1.Tag / Freitag, 19. Dezember 2008

Am ersten Tag sprachen verschiedene Vertreter zum Schwerpunkt Migrationspolitik und der Situation der Asylsuchenden in den so genannten Gastländern.

Offensichtlich ist, dass die Migrationspolitik der EU mit der Sicherheitspolitik - dem so genannten Kampf gegen den Terrorismus - verbunden ist. Nach außen drückt sich dies in den verschärften Einwanderungsbestimmungen und der militärischen Abschottung der EU nach außen ("Festung Europa") aus.

Nach innen sind Menschen mit Migrationshintergrund mit einer sich verschärfenden Repression konfrontiert (Rasterfahndung, Abschiebehaft, Polizeikontrollen auf den Straßen und Bahnhöfen usw.). Zunehmend werden Flüchtlinge und MigrantInnen nicht als politische Flüchtlinge anerkannt, sondern als Problem der Inneren Sicherheit dargestellt. Vor allem muslimische Menschen werden mit einer zunehmender Repression in den so genannten Gastländern konfrontiert. Ein Sprecher der Anatolischen Föderation machte auf die zunehmende politische Repression gegen Menschen aus der Türkei aufmerksam, besonders in Deutschland und Frankreich.

Historisch gesehen ist die Migrationspolitik schon immer an außenpolitischen Interessen gekoppelt. Ein Beispiel ist, dass zu Zeiten des Kalten Krieges (bis 89) Flüchtlinge aus den osteuropäischen Ländern keine Probleme in der Aufnahme des jeweiligen Gastlandes hatten. Im Gegenteil: Es wurde (aus rein propagandistischen Interessen) begrüßt. Gleichzeitig hatten es türkische Menschen nach dem Militärputsch 1980 sehr schwer einen Antrag auf Asyl genehmigt zu kriegen. Seit 1990 ist eine Angleichung der repressiven Migrationspolitik auf EU-Ebene zu beobachten.

Auch heute haben die repressiven Einwanderungsbestimmungen zur Folge, dass viele MigrantInnen in die Illegalität gedrängt werden. Heute umso mehr, da die Anerkennung des Aufenthaltsrechts auf legalem Wege immer unwahrscheinlicher wird. Circa 8,6 % der Menschen in der EU, also ca. 41 Mio. Menschen, haben einen Migrationshintergrund. Ca. 26 Mio. von ihnen besitzen keine EU-Staatsbürgerschaft, ca. 10 Mio. haben einen illegalen Status in der EU.

2.Tag / Samstag, 20 Dezember 2008

Der 2. Tag wurde mit einer Gedenkminute an alle gefallenen GenossInnen begonnen.

I. Wie können wir unsere Grundrechte und Freiheiten verteidigen?
Die Darlegung von Befreiungskampf und politischem Aktivismus als Terrorismus

Schottland: Ein Vertreter der "Scottish Campaign against Criminalizing Communities"
Die Antiterrorgesetze und die Schwarzen Listen werden weltweit seit dem 11. September 2001 durch die Europäische Union und die USA durchgesetzt. Jedoch gab es solche Antiterrorgesetze schon vor dem 11. September. Man denke nur an die KommunistInnenverfolgung (z.B. 1956 KPD Verbot und Notstandsgesetze in Deutschland usw.).

Der 11. September beschleunigte vielmehr die Verschärfung der weltweiten Antiterrorgesetze. Durch sie wird weltweit das legitime Recht auf Selbstverteidigung und das Recht auf Widerstand abgeschafft und jeglicher Widerstand gegen imperialistische Kriege und Besatzungen als terroristisch eingestuft und kriminalisiert.

In der EU und auf der ganzen Welt werden Gruppen und Organisationen durch die so genannten "Schwarzen Listen" verboten. Sie werden weltweit benutzt, was sich anhand der Kriminalisierungen im Baskenland, in Griechenland, Dänemark, Deutschland, Türkei, Palästina... nachweisen lässt. Dabei ist festzuhalten, dass die überwiegende Mehrheit der kriminalisierten Gruppen revolutionäre / nationale Befreiungsorganisationen sind (ETA, DHKP-C....).

Die Kriminalisierung betrifft auch Exilstrukturen nationaler Befreiungskämpfe. Es wird versucht ihnen den "Al Quaida"-Stempel aufzudrücken. Aber auch Solidaritätsstrukturen sehen sich einer immer verschärfenden Repression ausgesetzt. So wird auch zunehmend passive Unterstützung kriminalisiert.

Die Antiterrorgesetze kriminalisieren neben linken und fortschrittlichen Gruppen auch MigrantInnen, die politisches Asyl beantragen und aus bestimmten Krisenregionen stammen. So werden Angehörige bestimmter Gemeinden kollektiv als terroristisch und verbrecherisch eingestuft. Beispiel hierfür ist die Tatsache, dass im Zeitraum 1992 - 1996 Großbritannien nur 2 % der kolumbianischen Asylanträge als AsylbewerberInnen anerkannt hat. Ähnlich verhält es sich mit AsylbewerberInnen aus Palästina, Indien, der Türkei und Kurdistan. Dabei werden nicht nur Mitgliedschaften in der entsprechend als terroristisch eingestuften Gruppe oder Organisation geahndet, sondern auch Unterstützungshandlungen. Ein Beispiel: Die AsylantragstellerInnen werden gefragt, ob sie in ihrer Gemeinde als terroristisch definierte Gruppen / Organisationen unterstützen (z.B. die PKK). Wenn sie bejahen, wird ihr Antrag wegen Unterstützung von Terrorismus abgelehnt, wenn sie verneinen wird argumentiert, dass sie dann ja keiner politischen Verfolgung unterliegen könnten und folglich wird der Asylantrag nicht anerkannt.

Allein im Jahre 2003 wurden 71.000 Menschen in Großbritannien als potenzielle Terroristen auf der Straße polizeilich durchsucht. Dies betraf zum größten Teil MigrantInnen - vor allem mit muslimischem Hintergrund.

Die Gesetze sind ein Angriff auf die internationale Solidarität. Als das müssen sie begriffen und bekämpft werden.

Dänemark: Ein Vertreter von "Opror"
"Opror" was übersetzt "Aufruhr" heißt, besteht seit dem Jahre 2004 und zählt 700 Mitglieder. Ziel dieser Organisation ist es unter anderem die Terrorgesetze anzugreifen, um die internationale Solidarität sowie die Legitimität der Befreiungskämpfe zu verteidigen. So werden Befreiungsbewegungen finanziell unterstützt. Es wurden im Jahre 2006 öffentlich 100.000 Kronen für die PFLP und die FARC gesammelt und gespendet. Bezweckt wurde hiermit die Terrorgesetze als diskriminierende Politik herauszufordern und eine öffentliche Debatte anzustoßen. Die Debatte über die Widerstandsfrage gewinnt in Dänemark an Bedeutung vor dem Hintergrund, dass es während des 2ten Weltkrieges in Dänemark bewaffnete Partisanengruppen gab, die zu dieser Zeit schon als terroristisch diffamiert wurden. Im Frühjahr 2009 wird gegen "Opror" mit aller Wahrscheinlichkeit die Anklage erhoben. Die Frage ist, ob das Verfahren ihrerseits überhaupt anerkannt werden kann, denn es ist ein "illegitimes" Verfahren. Die Gruppe "Fighters and Lovers" wurde wegen ähnlicher Unterstützungsaktionen (Drucken von PFLP und FARC T-Shirts, deren Erlös gespendet wurde) zu Gefängnisstrafen von 6 Monaten und 60 Tagen verurteilt.

Gemeinsam mit demokratischen Organisationen wollen sie gegen die Terrorgesetzgebungen vorgehen. Die Basis ist ganz simpel: Wenn alle anderen Mittel zu demokratischeren und sozialeren Verhältnissen nichts bringen, ist es legitim zu den Waffen zu greifen. Und alle anderen haben das recht dies zu unterstützen - weltweit!

Deutschland: Eine Vertreterin des 'Komitees gegen die Paragraphen 129' ging auf die Verfolgung von Revolutionären mittels der "Anti-Terror-Paragrafen" 129ff ein. Dabei benannte sie den Paragraph 129b-Prozess in Stuttgart-Stammheim, bei dem fünf Revolutionäre wegen der Mitgliedschaft in der DHKP-C angeklagt sind, und den Paragraph 129-Prozess in Berlin gegen drei Revolutionäre, denen die Mitgliedschaft in der militanten Gruppe (mg) vorgeworfen wird.

Österreich: Angeklagter Tierrechtsaktivist
Nach einer brachialen Hausdurchsuchung am 21. Mai 2008 wurde er durch 35 maskierte Bullen mit vorgehaltener Waffe als angeblicher Anführer einer kriminellen Organisation ohne konkrete Beweise verhaftet und inhaftiert. Es folgte die Durchsuchung von weiteren 27 Wohnungen und Büros auf ähnliche Weise. Es wurde die komplette Infrastruktur (Computer, CDs usw.) beschlagnahmt, welche bis heute bei den Bullen liegt.

Er ist aktiv in der Tierrechtsbewegung, welche ein militantes Vorgehen gegen die Entrechtung von Tieren befürwortet. Die Tierrechtsbewegung erzielte durch ihre Handlungen erheblichen Sachschaden (z.B. gegen den Vertrieb von Pelzmänteln). Nach verschiedenen Aktionen wurden die Staatsschutzorgane aktiviert und viele AktivistInnen überwacht. Es bildete sich eine Sonderkommission aus 35 Personen, welche die Überwachung von Konten und Personen durchführte.

1,5 Jahre lang lief die Überwachung von großen Personenkreisen mittels Paragraph 278a (kriminelle Vereinigung). Dieser Paragraph gibt, wie die Paragraph 129 in der BRD, weit reichende Ermittlungsbefugnisse und wird gegen politisch Aktive eingesetzt.

Es wurde von ihm ein 39 tägiger Hungerstreik gemacht, weil zunächst keine Gründe für die Inhaftierung genannt wurden. Es gab eine starke Solidaritätsbewegung, fast tägliche Demonstrationen. Nach 104 Tagen mussten er und 10 Andere aufgrund des politischen Drucks und der Solidarität aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Der Prozess steht jedoch noch aus (Mindeststrafe 5 Jahre).

Die Art und Weise der Hausdurchsuchungen wurde von der höchsten gerichtlichen Instanz als gesetzlich korrekt gedeckt.

In Österreich wird gegen eine Organisation nach dem Paragraphen 278a unter anderem dann ermittelt, wenn ein Sachschaden von mind. 3000 Euro vorliegt. Dabei muss die Organisation nicht mit Namen auftreten. Die Tierrechtsbewegung wird kriminalisiert, weil sie ihre Ziele konsequent verfolgt, welche dem status quo und den wirtschaftlichen wie politischen Interessen entgegensteht. Eine Mitgliedschaft nach dem Paragraph 278a besteht, wenn es nach der Polizei geht (bis dato gibt es hierzu in Österreich kein rechtskräftiges Urteil), wenn man die Ziele einer "kriminellen Organisation" unterstützt (z.B. Flugblätter, Internet etc.). Die Polizeiarbeit wird durch die Gerichte, inklusive der höchsten Instanzen, gedeckt.

Der zweite Teil des Berichts folgt in der Februar Ausgabe des Gefangenen Infos!

Rote Hilfe Ortsgruppe Magdeburg & Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen


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International

Zur Dokumentation:
Der Kapitalismus ist die Katastrophe.
Der revolutionäre Weg ist legitim, notwendig, möglich!
Ein Politisches Dokument der PC p-m

Seit einigen Monaten ist der weltweite Kapitalismus in die schwerste Krisenphase seit jener von 1929 eingetreten. Trotz des theatralischen Gefuchtels aller Eierköpfe der Wirtschaft, die deklamieren "es ist nicht das Ende des Kapitalismus", ist der aktuelle Einbruch zumindest eine Totenmesse der Illusion des Finanzierungsgesetzes (1). Es ist die Illusion, mit dem Finanzierungsgesetz die heftigen kapitalistischen Gegensätze zu lösen, die in der wirklichen Krise aufeinander treffen, nämlich in der kapitalistischen Überproduktionskrise, die das Kapital seit den 1970er Jahren bedrängt. Der illusorische Finanzhebel, das heißt die künstliche Konstruktion, die den realen wirtschaftlichen Schranken ausweicht und sie vor sich herschiebt, indem sie sich von der zukünftigen noch nicht erwirtschafteten Produktionen nährt und damit eben Schulden anhäuft, zerbricht in tausend Stücke.
Das Kartenhaus ist eingestürzt, die brutale Wirklichkeit ist wieder da. Neben der enormen Zerstörung von "papiernem" Reichtum und einer dramatischen und realen Verarmung des gesamten Weltproletariats ist auch die Hintertüre der Finanzmärkte zur Verwertung des überschüssigen Kapitals (das im Produktionskreislauf nicht mehr profitabel neu investiert werden kann, aber gerade durch die Überproduktionskrise weiter anwächst) am Ende. Es ist der klarste Beweis, dass das Kapital nicht ewig ist, sondern dazu bestimmt ist, mit jeder Wende in eine immer tiefere Spirale zu fallen. Eine Spirale, welche die tragische Wirklichkeit von Verarmung, Hunger, Zerstörungen und Krieg herstellt, aber auch wieder die proletarische Revolution, die Zerstörung der Macht der Bourgeoisie - der Klasse der Blutsauger und KriegstreiberInnen - und den Aufbau eines neuen sozialen Systems, nämlich des Sozialismus, als Perspektive und Notwendigkeit in den Vordergrund stellt.
In diesem Kontext sind die in Italien eingetretenen Veränderungen sehr wichtig: Die Bourgeoisie konnte sich mit einer starken Regierung ausstatten. Eine Regierung mit einer viel geschlosseneren Mehrheit als die vorhergehende und die eine absolute Neuigkeit vorweisen kann, nämlich die Ausstossung der letzten Reste der Linken, ReformistInnen und RevisionistInnen aus dem Parlament, wo nur noch zwei grosse bürgerliche Parteien der Rechten und der Mitte vertreten sind.
Es sind zwei Lager mit völlig übereinstimmenden programmatischen Inhalten, mit dem einzigen Unterschied, dass es sich um zwei verschiedene Seilschaften in der Auseinandersetzung um die Machtausübung handelt. Fakt ist: heute ist es der italienischen Bourgeoisie gelungen, sich mit einer starken Regierung und einem Parlament mit rein unterstützender Funktion auszurüsten!
Selbstverständlich beweinen gerade wir diese institutionelle Vereinfachung überhaupt nicht, im Gegenteil, denn gerade sie kann den Klassencharakter der Institutionen und des Staates besser erkennbar machen und die Befreiung der Massenbewegungen von der ewigen Illusion des Regierungswechsels eher ermöglichen.
Eines der Terrains, worauf sich die Offensive der Bourgeoisie entwickelt, ist der Knotenpunkt der Behandlung von Sicherheit und Immigration. Das Terrain lässt sowohl die militaristischrepressive Eskalierung zu als auch die systematische Klassenspaltung und Hetze im Volk.
Ein System, das sich immer stärker ins eigene asoziale Wesen verstrickt, hat keine andere Wahl als den Versuch, die Volksmassen in den eigenen Sumpf zu treiben: individualistische Kaltherzigkeit, Konkurrenzgeist und Unterdrückung, imperialistischer Nationalismus und Rassismus, heuchlerisches Spiessbürgertum, usw.
"Die Sicherheit ist der höchste gesellschaftliche Begriff der bürgerlichen Gesellschaft, der Begriff der Polizei, dass die ganze Gesellschaft nur da ist, um jedem ihrer Glieder die Erhaltung seiner Person, seiner Rechte und seines Eigentums zu garantieren." (Marx, "Zur Judenfrage, MEW 1, 365f")
Im Gegenteil, die Bourgeoisie nährt Angst und Unsicherheit noch mehr, um Volkssektoren zu gruppieren und sie als Manövriermasse zu benutzen!
Die Wahrheit ist: - Immigration ist derzeitig die allgemeine Gesetzmässigkeits- und Lebensform für den Kapitalismus: zyklisch wiederholt er die Zerstörung ganzer Gebiete und Länder und löst damit diese Migrationswellen aus (manchmal, wie heute, als regelrechte Deportierungen).
Oder haben wir die Tragödie der italienischen Immigration vergessen?
Die jüngste von den MörderInnen des Finanzgrosskapitals beabsichtigte und verursachte weltweite Landwirtschafts- und Ernährungskrise ist der x-te Ausdruck dieser kapitalistischen sozialen Gewalt, die vor allem an den Rändern der imperialistischen Überausbeutung zahllose Massen zermalmt und überrollt.
Die Migrationsströme werden nicht nur unabwendbar sondern auch noch von den Zuhältern der internationalen Netzwerke organisiert. Und sei es in China oder in Europa, schliesslich bestehen sie aus den am schärfsten ausgebeuteten Schichten der ArbeiterInnenklasse.
Das System erledigt die klassischen "zwei Fliegen mit einem Schlag": es erhöht sowohl die Profite als auch das Gift der Konkurrenz im Proletariat.
Darum, aber auch aus weiteren Gründen, muss die Frage der Immigration als Bestandteil der Klassenfrage aufgefasst werden: sie gehört zum Kräfteverhältnis zwischen Kapital und Proletariat. Heute mehr denn je, wir haben gegen die rassistische/ national-imperialistische Verderbnis eine einzige Losung: "ProletarierInnen aller Länder vereinigt euch!"
- Kriminalität und Sicherheit.
Der Diskurs ist analog, denn Kriminalität ist ein unvermeidliches Ergebnis des Elends und der Hoffnungslosigkeit der Lebensbedingungen der Klasse; und das unabwendbar entstehende Erzeugnis einer Gesellschaft, die auf dem legalisierten Verbrechen gründet: auf der privaten Aneignung des Produktes der gesellschaftlichen Arbeit und auf wiederholt und fortgesetzt begangenem Diebstahl, Raub und Mord zum Nachteil der arbeitenden Klasse und der gesellschaftlichen Arbeit insgesamt.
Tatsächlich springt heute mehr denn je in die Augen, dass nur die Verbrechen aus dem Volke streng stigmatisiert und verfolgt werden, während für die Kriminalität der herrschenden Klasse die Straflosigkeit garantiert ist und gesetzgeberische und institutionelle Freibriefe ausgestellt werden (z. B. als "Steuerparadiese.").
Jedenfalls wird kein Problem durch die Verschärfung seiner Ursachen gelöst! Gerade das tut der Kapitalismus durch die allgemeine Verbreitung von gesellschaftlicher Verderbtheit, Bedürftigkeit und Unterdrückung. Dass Lösungen durch hyperrepressive Systeme reine Wunschvorstellungen sind, belegen uns die beiden Giganten China und USA: sie können trotz ihrer repressiven Brutalität keinerlei Erfolge verbuchen!
Was heute noch schwerer wiegt, ist diese umfassende Strategie der Kriminalisierung ganzer Bevölkerungsschichten des Proletariats.
Sei es die historische gegen einige Gebiete des italienischen Südens, sei es jene gegen ImmigrantInnen: diese Strategie mobilisiert in reaktionärem Sinn ganze Volkssektoren (die denen von der Lega Nord, Leghisti - Norditalien, Tessin -, den NazifaschistInnen und anderen finsteren Gestalten hinterherlaufen) und hält den präventiven Druck gerade gegenüber den Situationen aufrecht, wo die schärfsten Klassengegensätze und Leiden der Klasse bestehen. Was klar in Kampanien der Fall ist, wo in Hülle und Fülle und unangebracht mit der Anklage "Camorra" um sich geworfen wird.
Und wenn es einmal wahr ist, geht es genau um das Gegenteil: Die camorristische Bourgeoisie ist Teil des Problems und das Problem ist der kapitalistische Machtblock, der seit Jahrzehnten das Gebiet plündert und die Bevölkerung vergiftet.
Die andere Kriminalisierungskeule ist, natürlich, die "terroristische", deren Schläge wir insbesondere gegen ArbeiterInnenzusammenhänge erlebten, wie in der Val di Susa und in Vicenza. Es ist "Die Superwaffe", aber sie läuft die Gefahr, an der bourgeoisen Schamlosigkeit selbst stumpf zu werden, wenn z. B. der ehrenwerte Abgeordnete Fini sagt, die Verbrennung eines kolonial-rassistischen Lumpens wie die Fahne Israels sei schwerwiegender und terroristischer als der in Verona verübte faschistische Schlägertruppmord!
Oder die Bilanz 2007 in derselben Gegend: Während der palästinensische "Terrorismus" etwa zwanzig Todesopfer unter den Besatzern gefordert hat (Militärs und Siedler), ermordete der "Antiterrorismus" der israelischen "Demokratie" ungefähr 500 Menschen (Kämpfer, Zivile, Kinder.).
Sobald dann der proletarische revolutionäre Kampf ins Spiel kommt, entfesselt der Staat seine ganze Feuerkraft. So kommt es im Fall unseres Prozesses, der unvermeidlich zu einem Moment des allgemeinen Interesses in der Klassenauseinandersetzung geworden ist, soweit, dass beide Waffen eingesetzt werden: Terrorismus und Kriminalität.
Der ersten entspricht die Tatsache des Klassenkrieges und dessen Geschichte bis zur Offensichtlichkeit in diesem Gerichtssaal: das gemeinsame Auftreten von VertreterInnen des bürgerlichen und imperialistischen Staates mit VertreterInnen der Bourgeoisie und ihren nazifaschistischen Handlangern. Was eine beträchtliche Bandbreite an MandantInnen, PlanerInnen und Ausführenden des wirklichen historischen Terrorismus heisst, nämlich jener der herrschenden Klasse gegen die proletarischen Massen und ihre revolutionären Bewegungen.
Aber in den letzten Anhörungen erdreistete sich die Staatsanwältin sogar, das Hirngespinst des Drogenhandels heraufzubeschwören. Sie ließ sich zu Spekulationen über normale Bekanntschaften von jenen hinreißen, die (wie einige von uns) viele Jahre ihres Lebens im Knast verbracht haben. Die revolutionäre Bewegung des Proletariats hat sich schon immer zur eigenen Praxis bekannt - darunter zur proletarischen Enteignung des grossen gesellschaftlichen Räubers, des Kapitals, als legitimer Akt der Wiederaneignung - und genauso lehnt sie jene Praktiken ab, die, aus reiner Gier und Verachtung der Volksmassen, Elend und Selbstzerstörung verbreiten.
Als wäre eine Revolution mit verrohten und "gedopten" Massen machbar! Sollen sie uns doch eher erklären, wohin denn die Fäden des internationalen Grosshandels führen, und wessen Freunde, oder besser Lakaien, die Drogen-Regimes von Kolumbien, Afghanistan, der Türkei, des Kosovo, usw. denn sind?!
Die Geschichte lehrt, dass diese Infamie mit der kolonialen Aggression gegen China (die geflissentlich totgeschwiegenen "Opiumkriege" 1850/60) vom englischen Imperialismus (und Weiteren, in dessen Fahrwasser) erfunden und auf industriellem Massstab organisiert wurde.
Denn es entspricht voll und ganz den Interessen des Kapitals (im Gegensatz zur Revolution), dass die Massen verroht und "gedopt" sind. Wer kriminalisiert denn hier wen?!
So viele Gegensätze in unseren Reihen auch bestehen mögen, wir müssen uns bewusst sein, dass die Einheit der Klasse immer ein anzustrebendes Ziel ist. Ohne sie sind wir einfach Arbeitskraft, Manövriermasse; mit ihr haben wir die Kraft für jeden Vorstoß, wird jede Zukunft möglich.
Das wirtschaftlich-soziale Elend ist brutal und verursacht wiederum weiteres menschliches Elend. Das sollten "wir" ItalienerInnen doch nur zu gut wissen, da wir dieselbe Emigrationstragödie erlebt haben, wie sie heute andersfarbige Massen erleiden. Heute sind wir soweit gekommen, dass Unternehmer arabische oder rumänische arbeitende Menschen angreifen und manchmal ermorden, weil sie ein Minimum an Achtung und ihren Hungerlohn einfordern!
Wir müssen sehr gut aufpassen, denn sie treiben uns in diesen Tunnel des sozialen Obskurantismus und der Verrohung, an dessen Ende uns eine ebenso tragische Finsternis erwartet: der imperialistische Krieg!
Diese Vergiftung und Manipulierung der Massen ist die kulturell-soziale Vorarbeit zur immer stärker aufkommenden Tendenz des Kapitalismus: er produziert und benötigt Krieg.
Und in der heutigen Krise sehen wir das in aller Unverschämtheit:
"Leere die Kornkammern, fülle die Arsenale!"
Während weltweit ein regelrechtes Landwirtschafts- und Ernährungserdbeben (in dem ganze Bevölkerungen ausgehungert und in die Armut getrieben werden) verursacht wird, werden Militärausgaben und Truppenaufstellungen explosionsartig vermehrt (mit den verschiedensten und fiesesten Vorwänden).
"Der Wolf, der Wolf" schreien sie, wie beim Iran wegen dessen angeblichen Absichten, sich die Atombombe zu beschaffen, während diese Radaubrüder sie nicht nur schon haben, sondern sogar noch neue und tödlichere (wegen ihrer Einsatzfähigkeit) herstellen.
Die Liste wäre lang, aber hervorgehoben werden muss, dass der wirtschaftliche und soziale Horizont schon mit Krieg gesättigt ist; und dass Krieg zur entscheidenden Waffe dieses Scheißsystems geworden ist, um die von ihm selbst verursachten Probleme zu lösen und um zu überleben. Darum sprechen wir von Repression als "innere Front" des imperialistischen Krieges; oder auch von "innerem Krieg".
Daher sind die tödlichen Arbeitsunfälle wegen unzureichenden Sicherheitsmaßnahmen und die vielen Toten der Immigration oder des Elends ebenfalls Leichen des von der Bourgeoisie verursachten sozialen Krieges, den sie überall führt, um die Ausbeutung des Proletariats - auch als Kanonenfutter im innerimperialistischen Krieg zur Aufteilung der Welt - weiter voranzutreiben.

Perspektive?

Heute hat sich, mitten in der neuen Wende bei der Vertiefung der Kapitalüberproduktionskrise, in Italien eine neue interessante Phase eröffnet. Überraschend, unerwartet. Nämlich durch die schallende Ohrfeige für die "reformistische Linke". Was eine sehr positive Sache ist: die sollen sich schleunigst schleichen, diese BetrügerInnen, diese Profis der Klassenunterwerfung, dieses buchstäblich "trojanische Pferd" der Bourgeoisie in der arbeitenden Klasse. Heute sind die parlamentarischen Parteien eindeutig bürgerliche Parteien. Sie sind "das Geschäftskomitee der Bourgeoisie" (Marx). Das Klassenwesen des Staates kommt immer klarer zum Vorschein.
"Auf die eigenen Kräfte zählen" (Mao), so schwach und gespalten diese auch sind, mit dieser Bewusstheit und einer angemessenen Strategie - und der Kommunistischen Partei als deren Trägerin -, können sich die ArbeiterInnenklasse und das Proletariat in eine mächtige Armee verwandeln.
Klar, der Weg ist lang und holprig.
Das Wesentliche ist, die strategischen Ziele nicht aus den Augen zu verlieren.
Die Ziele, welche die verschiedenen Fronten des Kampfes und die partiellen Klasseninteressen vereinen und auf ihre grundlegenden Ursachen zurückführen können. Und alle Auseinandersetzungen dieser Klassengesellschaft sind auf die Existenz an sich des Kapitalismus und des Imperialismus zurückzuführen.
Der revolutionäre Prozess kann nur als konkreter und auf den Umsturz des bürgerlichen Staates zusteuernder Prozess begriffen werden, als wesentliche Voraussetzung für den Anstoss zum sozialistischen Umbruch. Wesentlich ist das Verständnis, dass wir Berge überwinden können, die uns heute unerreichbar scheinen, nämlich durch die Entwicklung unserer Kräfte in Richtung vollständige Autonomie und ideologische und strategische Bestimmung der Klasse.
Die Geschichte hat es schon bewiesen: Es ist möglich! Und notwendig!
Gerade darum wird uns hier und heute der Prozess gemacht. Als Garant der Freiheit der AusbeuterInnen verfolgt der Staat durch diesen Prozess erneut das illusorische Ziel zu beweisen, dass ihr System unveränderlich und die einzige Ordnung jene der UnterdrückerInnen und KriegstreiberInnen ist. Als verkürzten Ausdruck davon haben wir den präzisen Willen der Anklage, aber auch des Gerichts, mit allen Mitteln zu verhindern, dass wir uns politisch ausdrücken, erst recht nicht kollektiv. Für diese bürgerliche Justiz ist es inakzeptabel, dass revolutionäre KommunistInnen sich als Angeklagte eines politischen Prozesses politisch verteidigen können. Und das ist gut so.
Denn es ist der klarste Beweis der Schwäche ihres Systems. Dieselbe Schwäche und Orientierungslosigkeit, die sie jetzt an den Tag legen angesichts einer katastrophalen Krise, die von ihrem eigenen ach so vergötterten System verursacht worden ist. Dieselbe Schwäche, die sie verängstigt dazu bringt, unter die schützenden Flügeln des Staates zu rennen und von einem Tag auf den anderen ihre angeblichen Prinzipien des Liberalismus in den Abfallkübel zu werfen, womit sie nicht nur ihre regelrechte Ignoranz über die Gesetzmässigkeiten und die Funktionsweise aufzeigen, sondern auch die ganze explosive Zerbrechlichkeit und Haltlosigkeit ihres Systems.
Ein solches Desaster, eine solche Katastrophe eröffnet unerbittlich eine neue Möglichkeit zur sozialen Revolution.
Tatsächlich tauchen in verschiedenen Kampfsituationen Tendenzen zur Klassenautonomie und zur Selbstverteidigung gegen die Eskalation der Aggressivität, der Repression und der faschistischen Schlägertrupps auf. Es wird schlicht zum lebenswichtigen, sich aufdrängenden Problem, ist aber gleichzeitig die Chance zur Entwicklung und zu fortgeschritteneren Inhalten. Ein aktuelles Beispiel sind die Streiks und Boykotte der ArbeiterInnen in den Häfen der USA gegen die Verschiffung von Waffen und Truppen für die imperialistischen Fronten. Eine sehr mutige Kampfform, die als solche Übergang auf das Terrain der Illegalität ist, und schon immer ein Kennzeichen für Momente einer bedeutenden Reifung der Klasse war.
Die Aufgabe besteht heute darin, diese embryonalen Widerstands- und Reifungsmomente dialektisch zu begreifen und sie mit den ideologisch-politisch-strategischen Inhalten zu verbinden, mit denen der Aufbau des revolutionären Prozesses vorankommen wird.

GEGEN DEN IMPERIALISMUS - GEFÄNGNIS DER VÖLKER

REBELLION IST BERECHTIGT

SELBSTORGANISIERUNG - INTERNATIONALISTISCHE KLASSENEINHEIT

AUFBAU DER POLITISCH-MILITÄRISCHEN KOMMUNISTISCHEN PARTEI (PC p-m)

Die Militanten für den Aufbau der PC p-m
Bortolato, Davanzo, Latino, Sisi
29.11.08

Fussnote: (1) La finanziaria wird ein Gesetz genannt, das als Antwort auf die Einführung des Euro die Staatsverschuldung regeln und letztlich limitieren sollte (A.d.Ü).


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Schreibt unseren Gefangenen!

Hier werden wir vierteljährlich die Adressen der politischen Gefangenen in der BRD veröffentlichen, da die Gefangenen auf Besuche und solidarische Post angewiesen sind. Darüber hinaus versuchen wir, auch immer die aktuellen Adressen aller politischen Gefangenen außerhalb der BRD zu veröffentlichen. Die Adressen sind in aktualisierter Form auch auf unserer Webseite zu finden: www.political-prisoners.net

A. Düzgün Yüksel
JVA Stuttgart Stammheim
Asperger Str. 60
70439 Stuttgart

Ahmet Istanbullu
JVA Wuppertal
Simonshöfchen 26
42327 Wuppertal

Andrea Neff
Bnr: 746/07/2
Justizvollzugsanstalt für Frauen in Berlin
Arkonastr. 56
13189 Berlin

Birgit Hogefeld
Obere Kreuzäckerstr. 4
60435 Frankfurt

Cengiz Oban
JVA Bochum
Krümmede 3
44791 Bochum

Christian Sümmermann
Bnr: 441/08/5
JVA Plötzensee
Lehrter Str. 61
10557 Berlin

Devrim Güler
JVA Stuttgart Stammheim
Asperger Str. 60
70439 Stuttgart

Faruk Ereren
JVA Wuppertal
Simonshöfchen 26
42327 Wuppertal

Gabriel Pombo da Silva
JVA Aachen
Krefelder Str. 251
52070 Aachen

Hasan Subasi
JVA Stuttgart Stammheim
Asperger Str. 60
70439 Stuttgart

Ilhan Demirtas
JVA Stuttgart Stammheim
Asperger Str. 60
70439 Stuttgart

Ilhan Yelkuvan
JVA Fuhlsbüttel
Haus 2
Suhrenkamp 92
22335 Hamburg

Jose Fernandenz Delgado
JVA Rheinbach
Aachener Str. 47
53359 Rheinbach

Lukas Winkler
JVA Ebrach
Marktplatz 1
96157 Erbach

Mustafa Atalay
JVA Stuttgart Stammheim
Asperger Str. 60
70439 Stuttgart

Natalja Liebich
JVA Aichach
Postfach 1380
86544 Aichach

Nurhan Erdem
JVA Köln
Rochusstraße 350
50827 Köln

Rainer Dittrich
JVA Lübeck
Marliring 41
23566 Lübeck

Stephanie Träger
JVA München
Am Neudeck 10
81541 München

Sven Mauer
JVA München-Stadelheim
Stadelheimerstr. 12
81549 München

Thomas Meyer-Falk
JVA Bruchsal, Z. 3117
Schönbornstraße 32
76646 Bruchsal

Werner Braeuner
JVA Sehnde
Schnedebruch 8
31319 Sehnde


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Es lebe die Freiheit

Schlösser, Sultanate
gehen nieder.
Es lebe die Freiheit!
Es lebe die Freiheit!
Mit Parolen fließen die
Massen ins Meer der
Freiheit,
Tyranneien gehen nieder,
Diktaturen gehen nieder,
Es lebe die Freiheit!
Es lebe die Freiheit!
Mit Parolen und flatternden
Fahnen,
strömen die Massen auf die
Plätze,
Es lebe die Freiheit!
Es lebe die Freiheit!

Mustafa Atalay
21.07.08


Mustafa Atalay befindet sich seit über 24 Monaten in Isolationshaft. Er wurde knapp 3 Wochen nach einer Herzoperation verhaftet und ihm werden lebenswichtige, weitergehende medizinische Behandlungen verweigert. Momentan läuft ein Paragraph 129b-Prozess gegen ihn und vier weitere Angeklagte, denen die Mitgliedschaft in der DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) vorgeworfen wird.

Neben einer Kampagne gegen diesen Skandal-Prozess wurde eine weitere Kampagne für die Freilassung von Mustafa Atalay begonnen. Informationen bezüglich seiner Freilassungskampagne können bei uns angefordert werden:

GNN-Verlag
Neuer Kamp 25
20357 Hamburg

Alle Informationen sind auch übers Internet abrufbar unter:
www.no129.info
www.political-prisoners.


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Wut und Trauer zu Widerstand!

Wir wollen eine bessere Welt | Helft uns. Wir sind eure Kinder | Die sogenannten "übliche Verdächtigen" | Wir haben Träume - tötet nicht unsere Träume | Wir haben Kraft - stoppt nicht unsere Kraft | Erinnert euch | Irgendwann seid auch ihr jung gewesen | Jetzt rennt ihr hinter dem Geld her, seid nur interessiert an Äußerlichkeiten, seid dick geworden und satt | Ihr habt vergessen | Wir haben gehofft dass ihr uns verteidigt | Wir haben gehofft dass ihr euch interessieren würdet, das wir einmal stolz auf euch sein könnten. Umsonst | Eure Leben sind gefälscht, ihr habt die Köpfe hängen gelassen, die Hosen ausgezogen und wartet auf den Tag wo ihr sterben werdet | Ihr habt keine Fantasie, ihr verliebt euch nicht. Ihr seid nicht kreativ | Das einzige was ihr tut, ist kaufen und verkaufen | Überall Materie, nirgends Liebe, nirgends Wahrheit.

Wo sind die Eltern?
Wo sind die KünstlerInnen?
Warum kommen sie nicht raus?
Kommt mit, helft uns:
Die Kinder!

Ein Offener Brief von Alexis FreundInnen

Alexis.Presente!


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IMPRESSUM

Gefangenen Info
Januar 2009, Nr. 344

Das Gefangenen Info ist aus dem Angehörigen Info hervorgegangen,
welches im Hungerstreik der politischen Gefangenen 1989 entstand.

HerausgeberInnen:
Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen und FreundInnen

Redaktionsanschrift:
GNN-Verlag, Neuer Kamp 25, 20359 Hamburg
Telefon: 040-43188820, Fax: 040-43188821
E-Mail: inforedaktion@political-prisoners.net
Internet: www.political-prisoners.net

Bestellungen: Einzelpreis: 1,50 Euro . Ein Jahresabonnement kostet 29,90 Euro (Förderabo 33,20 Euro), Buchläden, Infoläden und sonstige Weiterverkäufer erhalten bei Bestellungen ab 3 Stück 30% Rabatt. Bei Bestellungen erhalten Sie eine Rechnung bzw. ein Formular für eine Einzugsvollmacht, die Sie uns bitte zurückschicken.

Eigentumsvorbehalt: Nach diesem Eigentumsvorbehalt ist die Zeitung solange Eigentum des Absenders, bis es den Gefangenen ausgehändigt worden ist. "Zur-Habe-Nahme" ist keine Aushändigung im Sinne des Vorbehalts. Wird das Info den Gefangenen nicht persönlich ausgehändigt, ist es dem Absender mit dem Grund der Nichtaushändigung zurückzuschicken.


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Quelle:
Gefangenen Info Nr. 344, Januar 2009
GNN-Verlag, Neuer Kamp 25, 20 20359 Hamburg
Telefon: 040-43188820, Fax: 040-43188821
E-Mail: inforedaktion@political-prisoners.net
Internet: www.political-prisoners.net


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Februar 2009