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GEGENWIND/475: Schleswig-Holstein - Alles sicher, Verfassungsschutzbericht 2010 vorgelegt


Gegenwind Nr. 273 - Juni 2011
Politik und Kultur in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern

REPRESSION
Alles sicher
Verfassungsschutzbericht 2010 vorgelegt

Von Reinhard Pohl


Der Verfassungsschutzbericht 2010 kann erneut keine Gefahr für die Verfassung aufzeigen - und damit auch die Notwendigkeit der Existenz des Landesamtes für Verfassungsschutz nicht erklären. Der Bericht versucht das so gut es geht zu kaschieren - mit langen Beschreibungen von Gefahren, die für Schleswig-Holstein nicht relevant sind.


Der Bericht unterteilt sich wie immer in "rechts", "links" und "ausländisch". Das wird vermutlich so gemacht, weil es immer so gemacht wurde, erklären kann es niemand. Unter "rechts" und "links" werden Deutsche verstanden, unter "ausländisch" werden Rechte und Linke zusammengefasst.

Unter "Rechts" konstatiert der Verfassungsschutz, dass es kaum noch Unterschiede zwischen NPD und "freien Nationalisten" gibt. Diese haben die Partei weitgehend übernommen, allerdings können sie nur wenig organisieren. So wurden geplante Aufmärsche durch Blockaden gestoppt, wie im März 2010 in Lübeck, oder kamen wie im August 2010 in Neumünster gar nicht erst zustande. Zu Anschlägen und Gewalttaten geht der Verfassungsschutz davon aus, dass diese im Wesentlichen an einzelnen Personen hängen, die so etwas organisieren oder eben nicht.

Unter "Links" berichtet der Verfassungsschutz vor allem über Aktionen gegen eben diese Nazi-Aufmärsche und gegen Castor-Transporte. Als undogmatische Organisationen stehen Avanti ("führend" in der Szene) und die "Rote Hilfe" ("geringe Aktivitäten") unter Beobachtung. Hier warnt der Verfassungsschutz die Organisationen, Parteien und Kirchengemeinde öffentlich vor einer Zusammenarbeit zur Verhinderung des Nazi-Aufmarsches in Lübeck: Die Grenzen zwischen gewaltfreien Blockaden und Straftaten wären fließend, es gäbe bei Avanti keine Distanzierung von Gewalt - in der Verhinderung eines Nazi-Aufmarsches sieht der Verfassungsschutz offensichtlich keinen Wert für die Verfassung. Ebenso moniert er ein "aggressives Vorgehen" der Linken gegen den Nazi-Aufmarsch in Neumünster.

Demonstrationen gegen "Hartz IV", gegen Kürzungen im Landeshaushalt ("Gerecht geht anders" und "Wir zahlen nicht für Eure Krise") werden vom Verfassungsschutz gleichfalls unter "Linksextremismus" verbucht.

Beim "Ausländerextremismus" geht es vor allem um den Islamismus (der Bundespräsident rechnet den Islam zu Deutschland, der Verfassungsschutz tut das nicht) und um die PKK. Zum Islamismus wird sehr lang und ausführlich die Lage in der Welt dargestellt, um dann zu konstatieren, dass das mit Schleswig-Holstein wenig bis gar nichts zu tun hat. Hier gibt es nur die "Milli Görüs"-Bewegung mit ihrer neuen Moschee in Rendsburg. Bei den Islamisten oder der tschetschenischen NKSB gibt es laut Verfassungsschutz in Schleswig-Holstein nur einzelne Personen, die Material verteilen oder Geld sammeln.

Die PKK wird weitgehend mit der "Deutsch-kurdischen Gesellschaft" in Kiel identifiziert und deren Aktivitäten aufgezählt. Ansonsten wird hier auf die Zusammenarbeit mit der "Linken" hingewiesen, womit vor allem die Landtagsfraktion gemeint ist. In diesem Zusammenhang wird auch erwähnt, dass sich der SSW mit der türkischen Abgeordneten Sebahat Tuncel getroffen hat, die der (in der Türkei inzwischen verbotenen) DTP angehörte.

Ich habe mich mit Sebahat Tuncel übrigens auch getroffen. Falls das jemanden interessiert.


Der Verfassungsschutzbericht 2010 lässt sich auf der Seite "www.schleswig-holstein.de" runterladen.
(Kiel 2011, 172 Seiten, ungefähr 3 MB)


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Quelle:
Gegenwind Nr. 273 - Juni 2011, S. 49
Herausgeber: Gesellschaft für politische Bildung e.V.
Schweffelstr. 6, 24118 Kiel
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juni 2011