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GEGENWIND/733: "... mit der Sympathie eines Menschenfreundes" - Zum 200. Geburtstag von Theodor Storm


Gegenwind Nr. 348 - September 2017
Politik und Kultur in Schleswig-Holstein

Geschichte
"... mit der Sympathie eines Menschenfreundes"
Zum 200. Geburtstag von Theodor Storm

von Günther Stamer


Sofern der Leser in den 50er und 60er Jahren in Schleswig-Holstein die Schulbank gedrückt hat, führte im Deutschunterricht kein Weg an Theodor Storm vorbei. Sein Gedicht "Die Stadt" ("Am grauen Strand, am grauen Meer / Und seitab liegt die Stadt"), seine Novellen "Pole Poppenspäler" und "Der Schimmelreiter" waren als Teil des Literaturkanons "gesetzt". Der eine oder andere wird die zerfledderten gelben Reclam-Hefte vielleicht noch irgendwo liegen haben. Storm wurde uns als gutbürgerliche Kost, vor allem aber als "unpolitische Heimatkunst" angepriesen. Wenn wir ehrlich sind, hatte die Lektüre mit den dort geschilderten Konflikten im bürgerlichen nordfriesischen Milieu mit unserem wirklichen Leben überhaupt nichts zu tun. Da waren die exotischen Geschichten von Karl May (die mit unserem Leben ebenfalls nichts zu tun hatten) einfach spannender.


Später tauchte Theodor Storm dann mitunter wieder im Kinderzimmer auf. "Der kleine Häwelmann" und "Die Regentrude" waren von den Kindern als Gute-Nacht-Geschichten durchaus geschätzt und jenen Kindern, die Spaß am Gruseln hatten, konnte man "Bulemanns Haus" vorlesen.

Nun wird in Schleswig-Holstein und im bundesweiten bürgerlichen Feuilleton sein 200. Geburtstag gefeiert. In Husum in einer angesehenen alteingesessenen Familie geboren, studierte er von 1837-1842 in Kiel und Berlin Jura und wurde 1843 Rechtsanwalt in Husum. 1852 wurde seine Zulassung aufgehoben, weil er eine Protest-Petition an den dänischen Landeskommissar für Schleswig unterzeichnet hatte. Daraufhin ging er zunächst als Assessor im preußischen Staatsdienst nach Potsdam; ab 1856 war er Richter in Heiligenstadt. Ab 1864 wieder in Husum lebend, arbeitete er dort als Oberamtsrichter und Amtsgerichtsrat. Storm starb am 4. Juli 1888 in Hademarschen / Dithmarschen. In seiner Haltung zur Kirche blieb der "Heide" bis zu seinem Tode unbeugsam. Seinem Letzten Willen gemäß sprach an Storms Grab kein Geistlicher.

Bei Storm "... spielt das Geld eine geringere Rolle, dafür werden um so häufiger Blumen und Küsse ausgetauscht"

In diesem Artikel soll es schwerpunktmäßig darum gehen, zu hinterfragen, inwieweit das verbreitete Storm-Bild des "unpolitischen Heimatdichters", dessen Werk vor allem von Heimweh, nebliger Heide und Meeresrauschen, von Einsamkeit und Geisterspuk geprägt ist, Werk und Wirken Storms vollständig abbilden. Dass es bei Storm auch eine andere Seite gibt, soll an seinem "Alterswerk", der Novelle "Ein Doppelgänger", verdeutlicht werden.

Literaturhistorisch werden die Novellen Storms dem sogenannte "poetischen Realismus" zugeordnet. Seine Vertreter streben nach einer dichterischen Ausgestaltung der zumeist im bürgerlichen Milieu angesiedelten - zwischenmenschlichen Konflikte. Die Rolle des Dichters beschränkt sich dabei auf die Rolle eines illusionslosen Beobachters, Gefühle und Meinungen des Autors bleiben außen vor. Zu den Repräsentanten dieser Richtung in der deutschsprachigen Literatur gehören vor allem Theodor Fontane, Wilhelm Raabe, Adalbert Stifter, Friedrich Hebbel und Theodor Storm.

Ein Großteil von Storms über 50 Novellen spielen in Husum und Umgebung, spielen in der Kleinstadtenge, in der man, umgeben vom weiten Horizont der Marsch-, Geest- und Heidelandschaft, oft unter Wind durchstürmten Himmel die Nähe des Meeres spürt. Storms Freund Theodor Fontane spöttelte deshalb auch von der "Husumerei", der Storm Zeit seines Lebens in seinen Gedichten und Novellen fröhnte.

Zusammengenommen kann man den Großteil dieser Novellen durchaus auch als Puzzleteile eines großen "Romans" über die kaum wahrnehmbare aber doch vor sich gehende Erosion des kleinbürgerlichen Bürgertums in der "grauen Stadt am Meer" lesen. Den Schlusspunkt setzt Storm mit seinen Novellen "Bötjer Basch" und "Ein Doppelgänger". Sie unterscheiden sich insofern von Storms übrigem Novellenschaffen, als hier am Schicksal der "kleinen Leute" Anteil genommen wird und die kapitalistischen Produktionsverhältnisse wahrnehmbare Schatten auf die Bürgerwelt der Kleinstadt werfen. Beide Novellen gab Storm 1887 unter dem Sammeltitel "Bei kleinen Leuten" als Buch heraus.

Zur literaturhistorischen Einordnung des Werkes von Storm sei angemerkt: Seine Novellen verhalten sich zu den zur gleichen Zeit erschienenen "Gesellschaftsromanen eines Balzac oder Dickens wie Husum zu Paris oder London. In Balzacs Romanen herrscht eine lauernde Konkurrenz, wird viel Geld verdient und verloren. Storms Wirklichkeit hingegen ist eine vorindustrielle Provinzwelt, der er eine poetische Seite abgewinnen will. Bei ihm spielt das Geld eine geringere Rolle, dafür werden um so häufiger Blumen und Küsse ausgetauscht", schreibt der Germanist Georg Bollenbeck in seiner Storm-Biografie (Insel-Verlag, Frankfurt 1988).

"... der lieben Mitwelt zur Hetzjagd überlassen"

In seiner Novelle "Ein Doppelgänger" steht erstmals das Milieu eines Arbeiters im Zentrum der Handlung. Ein Jahr vor seinem Tod entstanden, schildert Storm darin das Schicksal des Proletariers John Hansen, der nach seiner Militärzeit Schwierigkeiten hat, Arbeit zu finden und sich Zu einem Raubüberfall überreden lässt. Dafür wird er zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach Verbüßung seiner Haftstrafe in der, Vollzugsanstalt Glückstadt - in seiner Heimatstadt daraufhin als "John Glückstadt" stigmatisiert - geht er schließlich in der Husumer Gesellschaft, die jede Resozialisierung verweigert, "vor die Hunde". "Nachdem dieser John von Rechtes wegen seine Strafe abgebüßt hatte, wurde er, wie gebräuchlich, der lieben Mitwelt zur Hetzjagd überlassen. Und sie hat ihn nun auch zu Tode gehetzt; denn sie ist ohne Erbarmen"; legt Storm einer Figur der Novelle sein bitteres Fazit in den Mund.

Ohne Zweifel wagt sich Storm hier an einen politisch brisanten Stoff, indem er ein Mitglied des Arbeitermilieus zum Protagonisten wählt und erstmals auch soziale Fragen in einer Novelle behandelt. Das Ende der Novelle wird einen Linken natürlich enttäuschen und zeigt die Begrenztheit der Stormschen sozialen Sicht. Denn für ihn liegt die "Lösung" nicht in der emanzipatorischen "Befreiung des Arbeiters" geschweige denn ihrer Klasse, sondern in deren "Verbürgerlichung" - angedeutet in der Novelle durch die Rahmenhandlung, in der die Tochter des Zuchthäuslers inmitten gutsituierter bürgerlicher Verhältnisse gezeigt wird - sie hat also den "Aufstieg" geschafft.

Die Novelle wird 1975 unter der Regie Ulf Miehes unter dem Titel "John Glückstadt" verfilmt und mit dem Bundesfilmpreis ausgezeichnet.

Husum um 1850

Die Novelle zeigt dem Leser am Beispiel Husum eine kleinstädtische geschlossene Gesellschaft in der Mitte des 19. Jahrhunderts. In Husum leben knapp 4.000 Einwohner. Die Glanzzeit der Stadt liegt weit zurück. Im 17. Jahrhundert hatte sich die mit Handelsprivilegien ausgestattete Küstenstadt zu einem bedeutenden Handelshafen als Waren-Umschlagsplatz vor allem nach Holland und England entwickelt. Der wirtschaftliche Niedergang beginnt im 18 Jahrhundert mit der Beschneidung der Handelsprivilegien und der übermächtigen Konkurrenz der holländischen Schiffe. Darüber hinaus Verlanden die Schiffszufahrtswege zum Hafen zunehmend - verhängnisvoll für die immer größer werden Schiffe mit größerem Tiefgang. Und sollte es mal längere Zeit regnen, ist die Stadt wegen der schlammigen Straßen für die Pferdefuhrwerke nicht mehr zu erreichen.

An der Spitze der städtischen Hierarchie stehen der Bürgermeister und die Honoratioren: Die Advokaten, Ärzte, Apotheker, Viehhändler und Verwaltungsbeamten, einschließlich der Polizeibeamten als Garanten der öffentlichen Ordnung. Auf der Stufe darunter befindet sich die Schicht der Handwerker. Die Masse der Bevölkerung besteht aus Tagelöhnern, Mägden und Knechten. Erste Industriebetriebe hatten sich angesiedelt: eine Kattundruckerei sowie Zuckersiedereien. Bei den bestehenden Besitz- und Lohnverhältnissen lebte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Großteil der Bevölkerung ständig an der Grenze der totalen Verarmung. "Die 'arbeitenden Armen' konnten sich noch so sehr anstrengen, sie kamen auf keinen grünen Zweig; eine Teuerung, ein Schicksalsschlag, und sie mussten sich an die Armenkasse wenden. Während Alte, Kranke und Kinder als 'würdige' Arme unterstützt wurden, wurden die Arbeitslosen zunehmend als 'unwürdig' angesehen. Über die Situation in Husum 1854 heißt es in einem Bericht des Armenkollegiums: Es sei 'seit einer Reihe von Jahren üblich gewesen, unbemittelten Hauseigenthümern in Zeiten der Noth auf ihren Besitz Vorschüsse' zu geben. Schließlich hätten diese oftmals den 'Werth der Hypotheken überstiegen' worauf die Armenkasse diese Häuser dann in Besitz genommen und als Armenwohnungen zur Verfügung gestellt haben. Die Stadt besaß zu diesem Zeitpunkt 42 'Armenhäuser' und bezeichnete die meisten als 'alt, baufällig, überhaupt nicht besonders fest und solide aufgeführt', weil 'für deren Unterhaltung nur das aller nothwendigste geschah. Daraufhin verkaufte die Stadt einen großen Teil dieser Wohnungen und baute stattdessen eine Armen-und Arbeitsanstalt." (Harm-Peer Zimmermann: Historische Anstrengungen gegen die Wohnungsnot. In: Kieler Blätter zur Volkskunde 24. Kiel 1992, S. 116).

Soweit zu einigen sozialpolitischen Fakten, vor deren Hintergrund die Novelle "Ein Doppelgänger" spielt.

Mit Storm "... eingehend über Demokratie und Sozialismus gesprochen"

Storm hat die zunehmenden sozialen Verwerfungen in "seiner Stadt" gespürt, und sie finden sich auch in seinen Novellen wieder - häufig dargestellt an Deformationen in den familiären Lebenswelten seiner Protagonisten. Der Leser, der zwischen den Zeilen zu lesen versteht, kann Storm somit als Seismografen dieser Prozesse sehen.

Das unmittelbar "Politische" lag Storm fern - wenn man einmal von seiner Jugendzeit absieht. Aktiv politisch eingegriffen hatte er dort im Rahmen der deutschen Einigungsbestrebungen als Teil der demokratischen 48er-Revolution. Der junge Storm hatte sich als Mitglied des Orga-Komitees beim "Volksfest der Nordfriesen" 1844 in Bredstedt engagiert und betätigte sich anschließend als Sänger und Dirigent in Husumer Männergesangsvereinen, deren Repertoire zu einem Großteil aus "patriotischen Liedern" bestand, obwohl er - wie er in einem Brief erklärte, sich "eigentlich für den sozialen Kampf mehr interessiere als für den Nationalismus." Auch wenn er sich nicht direkt an antidänischen Aktivitäten beteiligt hat, kann an seiner politischen Haltung kein Zweifel sein. Er hofft auf die Unabhängigkeit Schleswig-Holsteins von der dänischen Krone und vor allem auf eine demokratische Verfassung. Im Juni 1849 unterschreibt er eine Petition, die die Aufhebung der Personalunion vom dänischen König und den Herzogtümern fordert. "Nachdem unsere unglückliche Sache zu Ende war, hielt ich es für meine Pflicht, meine Mitbürger als Advokat nach Kräften gegen die dänischen Militair- und Civilbehörden zu vertreten und ich habe das denn auch mit voller Rücksichtslosigkeit getan", schreibt Storm rückblickend. Daraufhin wurde ihm von der dänischen Herrschaft die Advokatszulassung entzogen und Storm musste für über zehn Jahre ins preußische Exil gehen.

An seinen Sohn Hans hat Storm im Mai 1868, zwanzig Jahre nach der gescheiterten bürgerlichen Revolution geschrieben: "daß, wenn meine Poesie überhaupt einen Wert hat, auch die darin enthaltene Demokratie ihren Wert und ihre Wirksamkeit haben wird." Bestärkt wurde Storms demokratische Sichtweise durch die spätere Freundschaft mit Ferdinand Tönnies, dem ebenfalls in Husum aufgewachsenen Mitbegründer der deutschen Soziologie. Gerade die "soziale Frage" sei oft Gegenstand der Gespräche mit Storm gewesen, schreibt Tönnies und er habe mit ihm "eingehend über Demokratie und Sozialismus gesprochen" und zwar nicht obwohl, sondern gerade weil er (Tönnies) der Sozialdemokratie nahestand. Allerdings, so Tönnies, Storm verfolgte seine Ansichten "mit der Sympathie eines Menschenfreundes, der kein Politiker sein wollte." Einen Zugang zur stärker werdenden Arbeiterbewegung Ende des 19. Jahrhunderts fand Storm nicht. Humane bürgerliche Gesittung und Gesinnung blieben Storms moralische Maßstäbe. Zwar ahnte er wohl, dass diese sittlichen Normen angesichts der hereinbrechenden gesellschaftlichen Umwälzungen gefährdet waren - in die Zukunft weisende Überlegungen blieben ihm aber fremd.

Weit entfernt, Tönnies' Vorbild folgend, zum Parteigänger der Sozialdemokratie zu werden, bemüht sich der alte Storm - hier seinem alten literarischen Freund und Weggefährten Theodor Fontane ganz Nahe - in seinen späten Novellen um eine soziale Horizonterweiterung, die auch die arbeitenden Menschen in den Blick nimmt. Nicht von ungefähr sind in den beiden Novellen seines 1887 erschienen Buches "Bei kleinen Leuten" ("Bötjer Basch" und "Ein Doppelgänger") ein Böttchergeselle und ein Landarbeiter die Hauptfiguren.

Als Reaktion auf die Veröffentlichung der Landarbeiter-Novelle gründet der Direktor des Husumer Gymnasiums, Dr. Keck, 1887 mit ausdrücklicher Zustimmung Storms die "Storm-Stiftung zum Wohle der Arbeiter". Diese Stiftung hat bis zum Beginn es 1. Weltkrieges jährlich an Storms Geburtstag eine Geldsumme an einen bedürftigen Arbeiter vergeben.

Ein zutreffendes Resumee zum Novellenwerk Storms zog 1909 der marxistische Philosoph Georg Lukács in seinen Storm-Essay, betitelt: Bürgerlichkeit und l'art pour l'art. Darin heißt es u.a.: "In der Welt Storms ist die Poesie des Vergehens noch ganz unbewusst. Seine Bürgersleute schreiten noch sicher einher, fühlen sich und das bürgerliche Wesen ihres Daseins noch nicht als Problem. Und trifft sie auch einmal ein tragisches Schicksal, so hat es den Anschein, als handle es sich nur um das Schicksal eines einzelnen Menschen; die Erschütterung der Gesamtheit wird darin nicht erkennbar. Aber: Wider seinen Willen ist hier Storm modern. Etwas entschwindet und jemand blickt nach, und er lebt weiter und geht nicht daran zugrunde. Doch ewig lebt in ihm die Erinnerung: Etwas war da, etwas ging zugrunde, etwas hätte sein können, irgend einmal ..."

Der junge Advokat Theodor Storm ermittelt

Apropos Husum um 1850 Einem gewissen modischen Trend folgend - "Alte bedeutende Männer waren auch mal jung", wie dies z.B. der erfolgreiche aktuelle Film über den jungen Karl Marx demonstriert - gibt es jetzt auch eine Krimi-Reihe, die den jungen Storm zum "kriminalistischen Helden" hat.

Tilman Spreckelsen (im Hauptberuf Feuilleton-Redakteur der Frankfurter Allgemeinen) hat drei Storm-Krimis geschrieben, die uns in das Husum der Jahre 1843/44 zurück beamen. Da ist Theodor Storm 26 Jahre alt, ist nach erfolgreichem Jura-Studium ins heimatliche Husum zurückgekehrt und versucht als Advokat Fuß zu fassen. Wer allerdings in erster Linie am Genre "Krimi" interessiert ist, der sei gewarnt; Denn der Spannungs-und-Action-Faktor dieser Romane ist eher gering. Stattdessen werden dem Leser das Milieu Husums und Umgebung kurz vor der Schleswig-Holsteinischen "Erhebung" (1848) anschaulich vor Augen geführt, und der Autor lässt uns durch den Mund Storms immer mal wieder kleine Spukgeschichten erzählen. Denn Theodor Storm hatte zeitlebens ein besonderes Interesse für das Unheimliche und Gespenstige. Und zur Handlungszeit der Krimis hat er die in seiner Heimatregion mündlich überlieferten Spukgeschichten gesammelt und zu Papier gebracht.

Im ersten Storm-Krimi "Das Nordseegrab" geht es um den mysteriösen Untergang eines Frachtschiffes auf den Weg von Husum in die Neue Welt nach Boston, um Versicherungsbetrug und unbeglichenen Rechnungen der Honoratioren der Stadt gegenüber den Familien der ertrunkenen Seeleute. Dem junge Anwalt Theodor Storm und seinem geheimnisumwobenen Schreiber Peter Söt schlagen bei ihren Nachforschungen die ohnmächtige Wut armer Bauern entgegen und das arrogante Schweigen der Reichen.

Im zweiten Storm-Krimi "Der Nordseespuk" findet Peter Söt, der Schreiber und Freund des jungen Anwalts Theodor Storm nachts am Hafenbecken eine Leiche im Schlick; den ersten von mehreren Toten, die Husum in Angst versetzen. Alle Ermordeten hatten Kontakt zu einer Sekte, die vor über hundert Jahren auf der Insel Nordstrand ein Paradies auf Erden, einen Gottesstaat, errichten wollte und offensichtlich immer noch existiert.

Im dritten Storm-Krimi "Der Nordseeschwur" geht es um das großen Sängerfest 1844 in Bredstedt bei Husum. Der Rechtsanwalt Theodor Storm und sein Schreiber Peter Söt wissen, dass dort brisante politische Reden gehalten werden. Über die erbitterten Kontroversen zwischen Deutschen, Dänen und Friesen berichten Spitze] bis nach Kopenhagen, Wien und Berlin. Dann, mitten auf dem Fest, ein Mord.

(Tilman Spreckelsen, Das Nordseegrab / Der Nordseespuk / Der Nordseeschwur, Fischer Taschenbuch, je 9,99 Euro)


Literaturempfehlungen

Aus Anlass seines 200. Geburtstages ist in diesem Jahr reichlich Lesefutter von und über Theodor Storm erschienen. Sollten die Schullektüren mittlerweile entsorgt worden seien, so lauten meine Empfehlungen für etwaigen Neuanschaffungen:

• Die in diesem Artikel beschriebene Novelle "Ein Doppelgänger" gibt es in der Insel-Bücherei (Berlin 2017) in einer gebundenen und schön illustrierten Ausgabe für 16 Euro.

• Wer neben diesem Spätwerk weitere Storm-Novellen (so auch den Schimmelreiter) und vor allem auch seine Lyrik für sich neu entdecken will, ist zu "Theodor Storm. Das große Lesebuch" (Hg. Tilman Spreckelsen), 575 Seiten, erschienen als Fischer-Taschenbuch (12 Euro) zu raten.

• Für die kurzweilige Storm-Lektüre für unterwegs empfiehlt sich die taschenfreundliche Reclam-Ausgabe (Stuttgart 2017) "Storm zum Vergnügen" (zusammengestellt von Maren Ermisch und Heinrich Detering), in der die wenig bekannte "vergnügliche Seite" Storms in Gestalt von Satirischem und Spukgeschichten zur Geltung kommt. "Storms mündlichem Erzählen und Rezitieren, so hat Fontane in seinem Essay vermerkt, hätte der Salon abwechselnd mit Lachen und mit einem leisen Gruseln gelauscht - es wäre schön, wenn dieses Bändchen solche Wirkungen hätte", schreiben die Herausgeber*innen in ihrer Einleitung.


Storm-Veranstaltungen in Husum

Im Rahmen der Internationalen Jahrestagung der Storm-Gesellschaft in Husum, weithin bekannt als "Storm-Tagung" (7. bis 10. September 2017), die 2017 unter dem Thema "Storms Wissen" steht, findet die Premiere des Theaterstücks "STORM - das Meer - die Geister - DU" am 9. September 2017 im Schloss vor Husum statt (Premiere für die Öffentlichkeit: 10. September 2017; weitere sechs Termine sind geplant). Der Regisseur Frank Düwel inszeniert mit einem Theaterensemble aus lokalen Laiendarstellern und dem Schauspieler Wolfgang Häntsch ein ungewöhnliches Theater-Projekt, in dessen Mittelpunkt die Lyrik Storms steht.

Vom 23. September bis 1. Oktober 2017 finden in Husum die alljährlichen "Pole Poppenspäler Tage" statt. Dieses renommierten Figurentheaterfestival steht in der Tradition des Puppenspielers aus Storms Novelle "Pole Poppenspäler".

Auch bei den Husumer Filmtagen (28. September bis 4. Oktober 2017) - das zweitälteste Film-Festival Schleswig-Holsteins - wird Theodor Storm einen wichtigen Programmschwerpunkt darstellen.

Das Storm-Museum befindet sich in der Wasserreihe 31. Es ist das Haus, das der Dichter 1866-1880 bewohnt hat. Öffnungszeiten: Di bis Fr: 10-17 Uhr; Sa: 11-17 Uhr; So und Mo: 14-17 Uhr Eintrittspreise: Erwachsene: 3,50 / Gruppen ab zehn Personen 2,50, Kinder / Schüler / Studenten: 2,50, Familienkarte: 10 Euro (Zwei Erwachsene + Kinder bis 18 Jahre)

Auf den regelmäßigen Husumer Stadtführungen (noch bis zum 31. Oktober 2017), die von montags bis samstags um 14.30 Uhr stattfinden (Treffpunkt: vor der Tourist Information Husum, Historisches Rathaus, Großstraße 27), lernen die Gäste die Heimatstadt des Dichters sowie zahlreiche Gebäude und Orte in Husum kennen, die im Leben und in den Werken des Schriftstellers eine Rolle spielen.

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Quelle:
Gegenwind Nr. 348 - September 2017, Seite 22 - 26
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. September 2017

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