Gegenwind Nr. 364, Januar 2019
Politik und Kultur in Schleswig-Holstein & Hamburg
Weitreichende Militarisierung der EU
von Klaus Peters
Die beiden langjährigen Mitarbeiter der Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. in Tübingen, Claudia Haydt, Soziologin, dort Referentin und Jürgen Wagner, Politologe, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IMI, haben mit dem Buch "Die Militarisierung der EU", eine umfassende Analyse und Bilanz eines lange nicht öffentlich diskutierten Kernzieles der Machteliten der EU vorgelegt. Beide Autoren sind auch Verfasser weiterer Fachpublikation. Von Jürgen Wagner erschien zuletzt: "NATO-Aufmarsch gegen Russland".
Die Aufforderung des bei den EU-Eliten scheinbar nicht besonders
beliebten amtierenden US-amerikanischen Präsident, Donald Trump, ihre
nationalen Rüstungsetats zu erhöhen, war auch Anlass einer neuen
politischen Diskussion über den Ausbau einer europäischen Rüstungs-
und Militarisierungspolitik. Hinzu kam allerdings die
Brexit-Entscheidung, die nicht nur das politische Gewicht Frankreichs
und Deutschlands erhöht, sondern offensichtlich gleichzeitig auch
Ängste in Bezug auf Einheit und militärische Stärke auslöste.
Großbritannien hatte sich gemäß der Analyse der Autoren bisher eher
gegen eine gemeinsame Militarisierung der EU gestellt. Insbesondere
Deutschland, Frankreich und Vertreter der EU hatten die bestehenden
Verträge aber schon lange im Sinne einer engen Zusammenarbeit im
Rüstungsbereich und einer gemeinsamen auch geopolitisch ausgerichteten
Militärstrategie ausgelegt, wie insbesondere auch aus
Vertragsbestimmungen abgeleiteten Schlüsseldokumenten zur Gemeinsamen
Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) oder zu PESCO (Ständige
Strukturierte Zusammenarbeit), hervorgeht. Diese Politik ist auch im
Rahmen der unter neoliberalen Vorzeichen betriebenen Erweiterung der
EU deutlich geworden. Dabei sollten und sollen die NATO-Ziele, die
bekanntlich, zumindest von einigen NATO-Staaten schon eigenmächtig
weit ausgelegt worden sind, prinzipiell nicht angetastet werden. Auch
die nationalen Rüstungsanstrengungen sollen bislang weiter
vorangetrieben werden. Aufrüstung wird, wie Claudia Haydt und Jürgen
Wagner feststellen, schon länger sowohl national als europäisch mit
dem Ziel der Vereinheitlichung und Rationalisierung verbrämt.
Besonders in Deutschland kam das auch gern von den Mainstreammedien
vorgebrachte Argument zum Tragen, Systeme seien veraltet und nur
teilweise einsatzbereit (trotz bereits wieder gestiegener
Rüstungsetats).
Die Autoren plädieren, insbesondere auch gegenüber der Friedens- und Antikriegsbewegung, dafür, sich nicht nur auf die USA (und NATO) zu kaprizieren. Schließlich sollte das links orientierte politische Spektrum sich und gegenüber der Öffentlichkeit deutlich klar machen, dass die Militarisierungs- und Aufrüstungs-Debatte auch deshalb keine untergeordnete Rolle spiele, weil alle im Militärbereich eingesetzten Ressourcen an anderer Stelle fehlen.
Claudia Haydt; Jürgen Wagner: Die Militarisierung der EU, Der (un)
aufhaltsame Weg Europas zur militärischen Großmacht, 304 Seiten, 2018,
edition berolina, 14,99 Euro
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Quelle:
Gegenwind Nr. 364, Januar 2019, Seite 52
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Januar 2019
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