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GEGENWIND/799: Gelbe und bunte Westen


Gegenwind Nr. 367 - April 2019
Politik und Kultur in Schleswig-Holstein & Hamburg

Gelbe und bunte Westen
Menschen nicht gegeneinander aufhetzen

von Klaus Peters


Viel ist es nicht, was unsere Mainstreammedien über die seit November in Frankreich aktive Gelbwestenbewegung berichteten. Mittlerweile sind die Unterstützer der Bewegung seitdem jeden Sonnabend auf den Straßen und Plätzen vertreten, um auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen.


Naturgemäß sind alle Regierungen, die herrschenden Parteien und die von ihnen vertretenen Konzerne, Verbände, Großinvestoren und Reiche gegen diese Bewegung. Sogar einige linke Organisationen haben sich diesen angeschlossen. In Ägypten ist der Verkauf gelber Warnwesten ausgesetzt worden.

Da kaum ausführlich berichtet wird und wenn, dann über Gewalt, sind die Forderungen der Gelbwesten wenig bekannt. Diese auf zweieinhalb Seiten veröffentlichten Forderungen sind einfach und grundsätzlich, sind eigentlich Forderungen von links stehenden Parteien und auf andere Länder übertragbar. Hier und da, wie zuletzt auf der Demonstration vom 19. Januar in Berlin "Gegen die industrielle Agrarpolitik" oder in Stuttgart bei einer Kundgebung gegen den Betrug und die Diskriminierung gegenüber Dieselfahrzeugbesitzern, wird Solidarität mit den engagierten französischen Bürgern und ihren Forderungen gezeigt.

Die französische Bewegung hat ihren Ursprung in der Erhöhung der Kraftstoffpreise und richtet sich vor allem gegen den Präsidenten der Republik. Die Forderungen sind auf die Bereiche Soziale Gerechtigkeit, Wirtschaftsdemokratie und Demokratisierung ausgeweitet worden.

Der Forderungskatalog beginnt mit Steuergerechtigkeit, einem Mindestlohn von 1300 Euro netto und der Aufhebung der Obdachlosigkeit. Die Mindestrente soll 1200 Euro betragen. Maximalgehälter sollen 15.000 Euro nicht übersteigen. Löhne, Gehälter und Renten sollen an die Preisentwicklung angepasst werden. Abgeordnete sollen nur einen Medianlohn erhalten, die lebenslange Gehaltszahlung für den Präsidenten soll entfallen. Kleine Geschäfte und die französische Industrie sollen geschützt werden. Es wird ein Ende der Austeritätspolitik gefordert. Steuerhinterziehung soll entschieden bekämpft werden. Die Regierung soll ausreichend Arbeitsplätze schaffen. Der Verkauf von Staatseigentum soll verboten werden. Gas- und Elektrizitätswerke sollen wieder in die öffentliche Hand überführt werden. Die Bewegung wendet sich gegen die Schließung von Einrichtungen der Daseinsvorsorge. Es sollen auch Mietobergrenzen festgelegt und mehr Sozialwohnungen geschaffen werden. Für die Kinderbetreuung werden Verbesserungen gefordert. Das Rentenalter soll auf 60 Jahre festgelegt werden.

Für den Umweltbereich wird gefordert, Mauteinnahmen nur für Straßen und Straßenverkehrssicherheit einzusetzen. Der Schienengüterverkehr soll gefördert werden. Schiffsdiesel und Kerosin sollen besteuert werden. Hinzukommen soll ein Masterplan zur ökologischen Sanierung von Wohnungen.

Der vorliegende Katalog enthält auch eine detaillierte Beschreibung für Volksentscheide. die in die Verfassung aufgenommen werden sollen.

Die Wahl der Abgeordneten soll nicht unmittelbar nach der Präsidentenwahl, sondern zwei Jahre später stattfinden. Der Forderungskatalog wird ausdrücklich als nicht vollständig bezeichnet.

Als erster Erfolg waren lediglich die Aussetzung der Steuererhöhungen für 6 Monate und Gesprächsangebote durch den Präsidenten. Inzwischen ist bekannt geworden, dass die Gelbwesten auch bei den nächsten Wahlen antreten wollen.

Die Organisatoren der neuen deutschen Sammlungsbewegung "Aufstehen" hatten für den 16. Februar anlässlich der "Sicherheitskonferenz" in München in allen Landeshauptstädten der Bundesrepublik zu einer Aktion "Bunte Westen" aufgerufen. Auch für eine Kundgebung in Kiel war mobilisiert worden. Über achtzig Interessierte und Aktivisten, darunter einige aus anderen Städten wie Neumünster und Lübeck sowie aus anderen Kreisen des Landes waren gekommen. In den Redebeiträgen ging es vor allem um Forderungen zur sozialen Gerechtigkeit und gegen die Militarisierungspolitik. Ein Redebeitrag endete mit dem Aufruf: "Menschen nicht gegeneinander aufhetzen". Weitere Aktionen sollen folgen.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- Zentrale Forderungen der Sammlungsbewegung "Aufstehen": "Gemeinwohl vor Profit". Dazu gehören "soziale Gerechtigkeit", eine "lebenswerte Umwelt" sowie "Frieden und Abrüstung".

- Proteste in Frankreich, Text: "König Macron, beendet seine Show, wir kämpfen".

- Nach zwei Kundgebungen erfolgte jeweils ein Demonstrationszug durch einen Teil der die Kieler Innenstadt.

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Quelle:
Gegenwind Nr. 367 - April 2019, Seite 47 - 48
Herausgeber: Gesellschaft für politische Bildung e.V.
Schweffelstr. 6, 24118 Kiel
Redaktion: Tel.: 0431/56 58 99, Fax: 0431/570 98 82
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. April 2019

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