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GEHEIM/274: 25 Jahre "Geheim" - Michael Opperskalski über die Entstehung des Magazins - Teil 2


GEHEIM Nr. 2/2010 - 20. Juli 2010

25 Jahre GEHEIM (Teil 2)
Im Fadenkreuz der Dienste

GEHEIM-Mitgründer Michael Opperskalski blickt auf vergangene und zukünftige Operationen


GEHEIM war von Beginn an - so das Nachrichtenmagazin Der Spiegel - das "Enthüllungsblatt aus Köln". Mit dem Erscheinen der Nullnummer von GEHEIM 1985 entstand auch das gespannte Verhältnis zwischen den Machern der Zeitschrift und dem bundesdeutschen Inlandsgeheimdienst namens "Bundesamt für Verfassungsschutz" (BfV) und seinen politischen Agentenführern. Kurz nach dem Bekanntwerden der Existenz von GEHEIM drohte der christdemokratische Staatssekretär im Bundesinnenministerium Spranger mit dem Verbot der kritischen Zeitschrift. Das führte zu einer ersten Anfrage der Fraktion "Die GRÜNEN" im Bundestag. Diese wollte wissen: "Wie ist die Ankündigung der Bundesregierung ... die Publikationstätigkeit der nachrichtendienstkritischen Zeitschrift GEHEIM müsse weiter beobachtet werden vor einer etwaigen Verbotsentscheidung, seither durch welche Dienststelle und in welcher Weise umgesetzt worden?"

1989 beantwortete die schwarzgelbe Regierung per Drucksache 11/4294 eine Anfrage der GRÜNEN-Politikerin Schilling: "Wie in der Antwort auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Krey im Deutschen Bundestag am 28. Februar 1985 dargelegt wurde, sind die verantwortlichen Redakteure des Magazins 'GEHEIM' in der Vergangenheit als Mitarbeiter kommunistisch orientierter Publikationen bekannt geworden. Für die Beobachtung entsprechender linksextremistischer Bestrebungen ist das Bundesamt für Verfassungsschutz zuständig; es hat diese gesetzliche Aufgabe auch weiterhin zu erfüllen." Des weiteren stellt die Bundesregierung fest: "Soweit Fragen darauf zielen, ob und ggf. welche operative Maßnahmen des Verfassungsschutzes durchgeführt worden sind, muss eine Beantwortung aus Geheimhaltungsgründen unterbleiben."

Hinter diesen vorgeblichen Gründen der Geheimhaltung verstecken sich seitdem das BfV und die entsprechenden Landesämter, wenn es ihnen darum geht, ihre "operativen Maßnahmen", also die Bespitzelung der Redakteure und ihres Umfeldes durch menschliche Quellen und technische Mittel, geheim zu halten. Der Auslandsgeheimdienst BND (Bundesnachrichtendienst) darf an dieser Stelle auch genannt werden. Wegen der internationalen Kontakte des GEHEIM-Gründers Michael Opperskalski und des englischsprachigen Schwestermagazins "Top Secret" überwachten auch die Pullacher Schlapphüte die Aktivitäten des Kölner Journalisten und seiner Kollegen.

Solange die Archive der Dienste verschlossen bleiben und es keinen "Bundesbeauftragten für die BfV-, MAD-, BND-Akten" gibt, der Interessierten ihre Akten zugänglich macht, ist es nicht möglich, konkrete Angaben über das Ausmaß geheimdienstlicher Überwachung zu machen. Die folgende Aufzählung kann lediglich einen groben Rahmen abstecken.


Eine nicht ganz vollständige Aufzählung

1988, 1990 und 1991 entging Michael Opperskalski nur knapp Anschlägen, die mit der CIA kooperierende Dienste und Gruppen auf den Philippinen, in Namibia und in Zimbabwe gegen ihn verübt beziehungsweise geplant hatten; bundesdeutsche Dienste hatten dabei informationelle Beihilfe geleistet. Auf den Philippinen war das ausführende Organ eine marodierende "Vigilante"-Gruppe, in Namibia und Zimbabwe der südafrikanische militärische Apartheid-Geheimdienst DMI.

1992 beschäftigte sich die United States Information Agency (USIA) sehr intensiv mit dem Journalisten. Im Internet definiert sie sich jetzt als "eine unabhängige, außenpolitische Agentur, die die US-Außenpolitik und nationale Interessen unterstützt." Der Rückblick auf ihr Bestehen 1953-1999 im Dienste des US-Außenministeriums trägt den signifikanten Untertitel: "Telling America's Story to The World". Tatsache ist jedoch, dass die USIA immer wieder von US-Geheimdiensten instrumentalisiert wurden und werden, insbesondere hinsichtlich der Verbreitung organisierter Desinformationskampagnen. Im Juni 1992 verfasste diese US-Regierungsbehörde einen Bericht für das Repräsentantenhaus, der sich mit den "Soviet Active Measures in the 'Post-Cold-War' Era 1988-1991" befasste. Namentlich aufgeführt und mit einem eigenen Kapitel versehen (!) sind GEHEIM, "Top Secret" (so lautet der Titel des englischsprachigen Schwestermagazins von GEHEIM) und ihr Gründer Opperskalski. Angaben über weitere Redaktionsmitglieder und Autoren fehlen. Den anonymen Verfassern der offiziellen US-Publikation ist es besonders wichtig, die Bedeutung des Naming Names, also das Entlarven von Agenten der CIA und anderer US-Dienste, sowie dessen Aussagekraft zu relativieren. Als Kronzeugen führen sie einen Überläufer des tschechoslowakischen Dienstes an, der 1980 in einer Anhörung vor dem US-Kongress behauptete, beim Naming Names handele es sich um eine sowjetische "Desinformationstechnik". Ein weiterer Punkt, der die US-Amerikaner besonders schmerzte, waren die Veröffentlichungen in "Top Secret" über die Experimente mit dem AIDS-Virus in US-Militärlabors. Die unbekannten Autoren des US-Berichts mutmaßen, GEHEIM habe die AIDS-Stories von "Top Secret" nicht übernommen, weil die "AIDS desinformation story" bei der europäischen Leserschaft weniger Glaubwürdigkeit besäße als in Afrika. Besondere Beachtung schenken die US-Autoren dem publizistischen Widerhall, den "Top Secret"-Artikel 1991 in Namibia gefunden hatten. Damals gelang es Opperskalski, zu zeigen, wie us-amerikanische und südafrikanische 'Apartheid'-Dienste versuchten, die ersten freien Wahlen im ehemaligen "Deutsch-Süd-West" zu beeinflussen. Dem Bericht der USIA lässt sich weiter entnehmen, dass die unbenannten Autoren auch Opperskalskis Buchpublikationen über die CIA in Mittelamerika, Iran, Westeuropa und in der Dritten Welt im Blick gehabt haben. Nach einer kurzen Unterbrechung, bedingt durch die Reorganisation von GEHEIM und "Top Secret", erscheinen beide Magazine im Herbst 1992 wieder. Der US-Report schließt das Kapitel GEHEIM und "Top Secret" mit den Worten: "Es wird interessant sein, den Inhalt von Geheim [kursiv i. Original, die Red.) und zukünftiger Themen im Licht seiner finanziellen Reorganisation zu untersuchen."

1992 erschien im Washingtoner "National Intelligence Book Center" das Buch "The Reader's Guide to Intelligence Periodicals" von Hayden B. Peake, dem von Insidern engste Beziehungen zur US-Geheimdienstgemeinde nachgesagt werden. Der Autor stellt umfassend das englische "Top Secret" (das Schwestermagazin von GEHEIM) vor, GEHEIM erscheint nur am Rande. Inhaltlich deckt sich seine Darstellung mit dem USIA-Report. Unterschiede ergeben sich in der Fokussierung auf einige Details. Peake gibt beispielsweise den Mordversuch der CIA auf den Philippinen gegen Opperskalski wieder, sowie er in "Top Secret" veröffentlicht worden war. Des weiteren konstatiert er: "TOP SECRET [sic] schreibt negativ über andere westliche Dienste, wie zum Beispiel den Mossad. Es ist überschwänglich mit dem kubanischen DGI und über den 'alten' [sic] KGB schreibt es überhaupt nichts Kritisches." Erneut muss ein Überläufer herhalten, diesmal ein Russe, der die Spekulationen um eine mögliche "Moscow-Connection" untermauern soll. Peake meint hierzu: "Falls es so ist, dann könnte das neue russische Regime bedeuten, dass Veränderungen auf T[op] S[ecret] zukommen."

Im Mai 2003 legte dann ein gewisser Herbert Romerstein nach. In einem längeren Artikel unter der Titelzeile "Cuba gehört zur Achse des Bösen" behauptet der Mann, GEHEIM sei Teil eines internationalen Netzwerkes, dessen Existenz belege, dass Cuba in den so genannten "internationalen Terrorismus" verwickelt sei und eben deshalb zur "Achse des Bösen" gezählt werden müsse: "Sogar in Deutschland gegen Unterstützer Cubas durch propagandistische Hilfestellung für die Unterstützung von Terroristen." Und er nennt explizit GEHEIM, das seit Beginn der 90er Jahre einen "deutlichen cubanischen Geschmack" habe. Als Beispiele für die angebliche "propagandistische Unterstützung für Terroristen" durch GEHEIM führt er Artikel zur Verteidigung der 5 widerrechtlich in den USA eingesperrten cubanischen Patrioten oder zur Verteidigung des irakischen Volkes sowie eine nicht existente publizistische "Verteidigung der Abteilung von Al-Qaida auf den Philippinen, Abu Sayaf" an. Der Mann ist nicht irgendein durchgeknallter Wirrkopf, sondern zählt zu den geheimdienstlich angebundenen, prominenteren Propagandisten der Neokonservativen in den USA, war jahrelang als Berater oder Gutachter für diverse Senats- und Kongressausschüsse sowie die staatliche Agentur USIA tätig. Der Geruch, der aus dem plumpen Desinformationsartikel Romersteins entweicht, ist beißend, stinkend: er unterstreicht die Forderung geheimdienstlich angebundener neokonservativer Kreise in den USA nach verstärkten Destabilisierungskampagnen gegen Cuba sowie die Verfolgung kritischer Personen wie der GEHEIM-Redakteure als "Terroristen" - Guantánamo lässt grüßen...


Auch im Fadenkreuz bundesdeutscher Dienste

Zeitlich parallel zu den Publikationen in den USA gingen in Deutschland diverse Aktivitäten gegen GEHEIM-Autoren von der Bühne.

Im Oktober 1991 hatte der damalige BfV-Präsident Eckart Werthebach im Zuge einer operativen Maßnahme behauptet, in der Zeitschrift würden "zahlreiche 'Linksextremisten'" mitarbeiten. Die Maßnahme richtete sich gegen Dr. Thilo Weichert. Der Jurist kandidierte für das Amt des Landesbeauftragten für den Datenschutz in Brandenburg. Später stellte ein Gericht fest, dass das BfV rechtswidrig ein Dossier über Weichert weitergegeben hatte. Die Bundesregierung wollte 1992 nicht darauf antworten, worauf ihre Erkenntnisse über die "zahlreichen 'Linksextremisten'" in GEHEIM herrührten. Diesmal zog sie nicht "Geheimhaltungsgründe" für ihre unzureichende Antwort heran, sondern zur Abwechslung "Rechtsgründe".

1993 starben unter zweifelhaften Umständen der RAF-Aktivist Wolfgang Grams und der GSG9-Beamte Newrzella bei einer BKA-Operation in Bad Kleinen. Ende 1993 reagierte GEHEIM mit einer Sonderausgabe auf die Ereignisse. Zu den Autoren zählte auch der Polizist und grüne Bundestagsabgeordnete Manfred Such.

Die Retourkutsche kam im nächsten Jahr - direkt mehrmals.

Am Dienstag, den 8. November 1994, um 07:00 Uhr, drang ein BKA-Kommando in Michael Opperskalskis Wohnung und Büroräume ein. Der Grund für die Untersuchung lautete: "Stasi-Verdacht". Die Bundesanwaltschaft verdächtigte den Journalisten, in den 80er Jahren für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) sowie den kubanischen Geheimdienst gearbeitet zu haben. Während die Durchsuchung andauerte, brachten BKA-Beamte den GEHEIM-Redakteur in die Außenstelle nach Meckenheim. Opperskalski berichtete am 23. November 1994 im Interview mit der belgischen Wochenzeitung "Solidaire" von dem Verhör:

"So sagte man mir, ein mir niemals namentlich genannter ehemaliger Offizier des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) hätte ausgesagt, dass ich als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) für das MfS gearbeitet hätte und zwar aufgrund meiner hervorragenden Kontakte in Afrika und Lateinamerika als Perspektivagent. Zudem sei ich im Auftrag des MfS verantwortlich für 'Desinformation' gewesen, um westlichen Geheimdiensten und Interessen zu schaden. Diese 'Desinformation' hätte ich über die Magazine GEHEIM und Top Secret sowie andere Medien lanciert. Für all diese Tätigkeit hätte ich vom MfS dann die stolze Summe von DM 2000 alle drei Monate bekommen. Ich hätte mich regelmäßig in der Hauptstadt der DDR, Berlin, mit 'meinem Führungsoffizier' getroffen und sei im MfS unter dem Code-Namen 'ABRAHAM' gelaufen. Allerdings, so gab es selbst der Denunziant beim BKA in seinem offiziellen Verhör zu, hätte ich niemals irgendetwas unterschrieben, das meine angebliche Agententätigkeit 'beweisen' könnte. Mir wurden auch keinerlei Dokumente oder andere 'Beweise' für die aus der Luft gegriffenen Anschuldigungen vorgelegt, die einzig und allein auf den denunziatorischen und konstruierten Aussagen eines angeblich existierenden ehemaligen Offiziers des MfS basieren!"

Beim BKA setzte man daher auf psychischen Druck, um den Journalisten zu entsprechenden Aussagen zu verleiten. Opperskalski erinnert sich: "Zunächst sagte man mir, man hätte nur einige Fragen und ich könne nach deren Beantwortung nach Hause gehen. Am Abend wurde ich jedoch vorläufig festgenommen und in das Polizeigefängnis nach Bonn gesperrt, da ich nicht die Aussagen gemacht hatte, die der Staatsanwalt und die verhörenden Beamte des BKA wohl hören wollten."

Währenddessen ging die Durchsuchungsaktion weiter. "Die haben ziemlich viel Material mitgenommen, bezeichnenderweise kaum Material, das man in Beziehung mit dem Tatvorwurf bringen konnte, hauptsächlich jedoch Material, das mit meiner journalistischen und politischen Arbeit in Verbindung steht: Adressenkarteien, Kopien von auf meinem Computer abgespeicherten Dateien, Notizzettel, Fotografien von internationalen Konferenzen, Computerdisketten, Zeitungsartikel und Flugblätter, Informationen über Korea, Südafrika, Kuba, Angola..."

Schon damals vermutete Opperskalski, dass der "Stasi-Verdacht" nur als Vorwand diente: "Meine journalistische Tätigkeit ist nicht nur den Geheimdiensten der BRD, sondern des gesamten imperialistischen Lagers ein Dorn im Auge. Beide Magazine, GEHEIM und Top Secret, (...) beschäftigen sich mit imperialistischen Destabilisierungen und Strategien, bei denen die Geheimdienste eine nicht zu unterschätzende Schlüsselrolle spielen." Konkret meint der Journalist: "So enthüllten wir die Destabilisierungsstrategien des Apartheid-Regimes im Wahlkampf 1989 gegen die Befreiungsbewegung SWAPO, wir veröffentlichten Komplotte und Hintergründe von Mordanschlägen gegen den ANC oder das CIA-Netz auf den Philippinen, das als Rückgrat im Kampf gegen die revolutionäre Bewegung dieses Landes zu sehen ist."

Kurz vor der BKA-Aktion gegen ihn hatte Opperskalski eine Warnung von einem gut informierten und strategisch platzierten Informanten erhalten: CIA und südafrikanischer Geheimdienst hätten die "Operation Skorpion" gestartet, die zum Ziel hatte, ihn - neben anderen Journalisten sowie politischen Aktivisten, die sich am Kampf gegen das südafrikanische Apartheid-Regime aktiv beteiligt hatten - zu diskreditieren - oder wie auch immer - kaltzustellen.


Ein Verdacht liegt auf der Hand

Mit Blick auf die oben genannten US-Quellen fällt auf, wie der Verdacht der Bundesanwaltschaft den Bewertungen und Spekulationen von USIA und Peake folgt. Die Frage ist, ob die Anklagebehörde und ihr zuarbeitende deutsche Dienste sich von der CIA fernsteuern ließen oder eigenständig handelten.

Unmittelbar nach Bekanntwerden der Verhaftung fanden weltweit Protestaktionen vor deutschen Vertretungen statt. Zahlreiche Solidaritätserklärungen gingen bei Opperskalski ein. Wochen später erhielt Michael Opperskalski die beschlagnahmten Unterlagen wieder. Die Bundesanwaltschaft konnte ihren Verdacht nicht erhärten. Bleibt also nach wie vor die Frage, ob die CIA ihre bundesdeutschen "Partnerdienste" bei den Aktionen gegen Opperskalski "anleitete". Nur eine Öffnung aller Geheimdienstarchive könnte hier Klarheit schaffen.

Trotz des Fehlschlages bei der Diffamierung von GEHEIM ließen die bundesdeutschen Dienste nicht locker und versuchten ihre Scharte anderweitig auszuwetzen.

Im Spätsommer 1994 inszenierte der BND in Kooperation mit dem bayerischen LKA und spanischer Helfer den Münchner "Plutoniumschmuggel". Aus den Widersprüchen um diesen Schlag gegen die "Atommafia" - der rechtzeitig vor der Bundestagswahl erfolgt war - entsprang der Bundestagsuntersuchungsausschuss "Plutonium". Die Bundestagsgruppe der PDS engagierte den ehemaligen GEHEIM-Redakteur Hans-Peter Bordien als ihren Berater. 1995 stufte der Sicherheitsbeauftragte des Bundestages ihn nach erfolgter "Sicherheitsüberprüfung" als "Sicherheitsrisiko" ein. Der Grund: seine Tätigkeit in GEHEIM.

1995 erfolgt die Nennung der Zeitschrift im "Verfassungsschutzbericht 1994". Sie sei "linksextremistisch", heißt es dort. Die Wochenpost (27.7.1995), die FAZ (28.7.1995) und die rechtsextreme Junge Freiheit (28.7.1995) reagieren mit entsprechenden Kampagnen auf die Verlautbarung der Schlapphüte aus Köln. Ins Fadenkreuz der Medienkampagne geriet der grüne Politiker Manfred Such wegen seines Beitrages in der "Bad Kleinen"-Ausgabe. Der Abgeordnete saß damals für die GRÜNEN in der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK), die die Geheimdienste überwachen soll.

1996 geriet dann der GEHEIM-Redakteur Rolf Gössner in die Schlagzeilen. Der Rechtsanwalt und Berater der GRÜNEN im niedersächsischen Landtag hatte beim BfV um Auskunft über seine Akte nachgefragt. Aus der Antwort ergab sich, dass der Geheimdienst Gössner seit einem Vierteljahrhundert beobachtete. Die Spione lasteten ihm an, dass Artikel von ihm in "linksextremistischen" oder "linksextremistisch beeinflussten" Zeitschriften erschienen seien. GEHEIM stand dort neben den "Blättern für deutsche und internationale Politik" und "Demokratie und Recht". Neben Gössners Publikationen habe das BfV auch weitere "personenbezogene Daten" über den Polizei- und Geheimdienstkritiker gespeichert, hieß es weiter. Gegen Gössners Bespitzelung protestierten unter anderem zahlreiche Schriftsteller, von Carl Amery über Lew Kopelew und Erasmus Schöfer bis hin zu Gerhard Zwerenz. Der Verband Deutscher Schriftsteller forderte die Einstellung der Überwachung und die Offenlegung aller gespeicherten Daten. 1997 stellte die Fraktion von Bündnis9O/Die GRÜNEN hierzu eine Anfrage an die Bundesregierung. Die schwarzgelbe Exekutive antwortete wie gewohnt ausweichend. So hieß es unter anderem, die Erhebung von personenbezogenen Daten durch den Verfassungsschutz behindere nicht die "Ausübung der beruflichen Tätigkeit durch den Betroffenen."

Im "Verfassungsschutzbericht 1995", der 1996 erschien, hatten die anonymen Autoren GEHEIM nicht erwähnt. Nach der Berichterstattung über Rolf Gössners Bespitzelung tauchte die Zeitschrift erwartungsgemäß in der Ausgabe des Jahres 1997 auf.

Seitdem fanden keine offenen Maßnahmen gegen die Zeitschrift oder ihre Redakteure statt. Erst 2002 fällt der Name GEHEIM wieder bei der Antwort der rotgrünen Bundesregierung auf eine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion. Demnach rechnet das Bundesministerium des Innern GEHEIM weiterhin zum Teil des "linksextremistischen Spektrums".

In jüngerer Vergangenheit häufen sich Verleumdungskampagnen gegen GEHEIM-Redakteur Opperskalski, aber auch Ingo Niebel und die Zeitschrift im Allgemeinen in linken Kreisen (vgl. dazu auch: GEHEIM, Nr. 2/02). Dort wird zum Beispiel einmal behauptet, Opperskalski arbeite für den "Verfassungsschutz", ein anderes Mal plappern andere dummdreist, sein eigentlicher Auftraggeber sei der britische Geheimdienst: ähnlich erging es ebenfalls Ingo Niebel, wieder andere posaunen in die Welt, GEHEIM werde vom BND finanziert und gesteuert.

Sehr deutliche Indizien weisen darauf hin, dass es eben jener Inlandsgeheimdienst ist, der diese Gerüchte in die Welt setzte, um die GEHEIM-Redakteure und ihr Magazin zu diskreditieren. In eine ähnliche Richtung zielte vor geraumer Zeit die Behauptung, Opperskalski arbeite für den britischen Geheimdienst. Als eigentliche Quellen hierfür lassen sich dabei sowohl der südafrikanische militärische Apartheid-Geheimdienst DMI als auch der türkische MIT nachweisen. Dass die tatsächlichen Urheber jedoch im CIA-Hauptquartier in Langley sitzen könnten, lässt sich lediglich annehmen. Das Ziel dieser Diffamierungskampagnen liegt ganz offensichtlich auf der Hand. Die Redakteure von GEHEIM sollen gezielt diskreditiert werden, um sie für den Fall erneuter, direkter Repressionen notwendiger Solidarität zu berauben und sie - als Sahnehäubchen auf dem Kaffee - bereits jetzt unglaubwürdig zu machen.

Das gezielte Streuen von zersetzend wirkenden Desinformationen ist ein alter Hut aus dem Arsenal geheimdienstlicher "dirty tricks" (schmutziger Tricks). Leider gelingt es dabei den Diensten allzu oft, mit relativ bescheidenen Mitteln ein vergleichsweise bedeutenderes Ergebnis zu erzielen, vor allem, wenn jene Kräfte, die sich gegen die Methoden von Geheimdiensten, imperialistischer Strategen und der zunehmenden Barbarei der so genannten Neuen Weltordnung wehren wollen, gewollt oder ungewollt auf solche Desinformationen hereinfallen und damit allen Spaltungsversuchen der Widerstandsfront Tür und Tor öffnen. Auf diese Weise besteht die Gefahr, dass sich linke und demokratische Kräfte selber zerlegen, noch bevor sie angefangen haben, sich organisiert und einheitlich zu wehren. Vor der Gefahr raffiniert gestreuter Desinformation sind auch prominente linke Kitiker nicht gefeiht. Diese Aussage wird zum Beispiel im "Fall GEHEIM und seiner Macher" durch bekannte Linke wie Hans Heinz Holz, Klaus Steiniger oder Irene Lang belegt, die - sei es aus Selbstüberschätzung, politischen Grabenkämpfen oder sonst wie gearteten Hinterzimmerintrigen - die geheimdienstlichen Desinformationsspitzen gegen unser Magazin und seine Redakteure übernahmen und eifrig weiterplappern. Die Steine, die sie werfen, fallen jedoch auf sie zurück.


Ein weiteres Szenario wird fabriziert...

Seit dem berühmt/berüchtigten 11. September 2001 mit seinen Anschlägen auf das World Trade Center sowie das Pentagon wird ganz offensichtlich in den Kellern einiger Dienste daran gearbeitet, GEHEIM und seine Redakteure in die "Achse des Bösen" einzugliedern. Das Feindbild wird immer klarer: GEHEIM, Opperskalski und Niebel wären "Terroristenfreunde". Öffentlich wurde dieses strategische Konzept mit dem bereits erwähnten Artikel von Herrn Romerstein, in dem er behauptete, GEHEIM würde Al-Qaida und Abu Sayaf auf den Philippinen unterstützen. Wir wissen, dass seither versucht wird, die Unterstützung Opperskalskis für den legitimen Widerstandskampf des palästinensischen, libanesischen und irakischen Volkes zu kriminalisieren und den GEHEIM-Redakteur u.a. wegen seinen langjährigen Kontakten in die Region "in die Terroristenecke" zu stellen und zu kriminalisieren. Gleiches gilt für Ingo Niebel, dessen Arbeitsschwerpunkte Lateinamerika - hier besonders die ALBA-Staaten - sowie die Unabhängigkeitsbestrebungen des baskischen Volkes sind. Es gibt sowohl Indizien als auch Beweise dafür, das verschiedene Dienste beiden Redakteuren so genannte "terroristische Verbindungen" "nachzuweisen" versuchen und es deshalb immer wieder umfangreiche operative Maßnahmen gibt, ihre internationalen Kontakte zu durchleuchten, auszuspähen oder Desinformationskampagnen vorzubereiten bzw. durchzuführen. Am Drehbuch wird also fleißig gearbeitet. Das letzte Kapitel solcher Art von Büchern ist bekannt: die Kriminalisierung mit allen möglichen Folgen; andere schrecken auch vor gezielten Liquidierungen nicht zurück. Gehört die Besprechung des Niebel-Buches "Das Baskenland" immerhin in der Zeitschrift "Internationale Politik" (Juli/August-Ausgabe des Jahres 2010), herausgegeben vom Think-Tank des BRD-Außenministeriums "Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik" in dieses Konzept? Dort wird dem GEHEIM-Redakteur Ingo Niebel faktisch eine Nähe zur baskischen Untergrundorganisation ETA unterstellt. ...


... und weitere operative Maßnahmen?

Über die operativen Maßnahmen können die GEHEIM-Redakteure nur Spekulationen anstellen. Hier und da tauchen technische Probleme bei der Kommunikation per Post, Handy und Telefon auf, die vermuten lassen, dass "jemand" die Bedienungsanleitung seines IMSI-Catchers noch nicht richtig verstanden haben könnte. Erhärtet werden solche Spekulationen jedoch durch eine nachgewiesene Abhöraktion im unmittelbaren Umfeld der GEHEIM-Redakteure. Gespenster sieht die Redaktion trotzdem nicht und bereitet sich in aller Ruhe und mit der nötigen Umsicht auf die nächsten Ausgaben vor - in der Gewissheit, dass eines Tages auch die Archive von BND, BfV und MAD in Camp Nikolaus, der Merianstraße 100 und dem Heeresamt in Köln für interessierte Bürgerinnen und Bürger offen stehen werden.


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Quelle:
GEHEIM Nr. 2/2010, 20. Juli 2010, Seite 5-8
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GEHEIM erscheint viermal im Jahr.
Einzelheft: 4,30 Euro
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. August 2010