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GLEICHHEIT/3234: Israelisch-palästinensische Gespräche - Teil der US-Kriegsvorbereitungen gegen den Iran


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Israelisch-palästinensische Gespräche:
Teil der US-Kriegsvorbereitungen gegen den Iran

Von Chris Marsden und Jean Shaoul
28. August 2010


Das Nahost-Quartett aus Vereinigten Staaten, Vereinten Nationen, der Europäischen Union und Russland kündigte am vergangenen Freitag für den 2. September in Washington Gespräche an. US-Außenministerin Hillary Clinton bestätigte, dass der israelische Premierminister Benjamin Nethanjahu und der Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, ihre Teilnahme zugesagt hätten.

Das Treffen ist das Ergebnis massiven Drucks der USA auf das palästinensische Regime, damit es sich an dem diplomatischen Schmierentheater beteiligt. Das Quartett bot Abbas die passende Tarnung mit einem Verweis auf eine umfassende Regelung zur Beendigung der israelischen Besatzung, die innerhalb eines Jahres zur "Entstehung eines unabhängigen, demokratischen und lebensfähigen palästinensischen Staates" führen werde. Abbas brauchte das, um eine Wiederaufnahme der Gespräche zu rechtfertigen, die nach der Invasion des Gazastreifens durch Israel 2008 eingestellt worden waren.

Erheblich näher an der Wahrheit lag Nethanjahu, der in der Lage war, Clintons Verhandlungsaufruf "ohne jegliche Vorbedingungen" - Israels Schlüsselforderung - zu verkünden. Sie gibt Israel einen Freibrief, den Landraub in Ost-Jerusalem und auf der Westbank durch sein Siedlungsprogramm fortzusetzen.

Die Palästinenser verweigerten zunächst jegliche Gespräche, bis Israel sich bereit erkläre, die Siedlungsprogramme auf der Westbank und in Ost-Jerusalem einzustellen. Im März jedoch kündigte Israel Pläne zum Bau von 1600 neuen Unterkünften an und wies die US-Forderungen nach einem Stopp des Siedlungsbaus in aller Form zurück.

Die USA erreichten die Wiederaufnahme von "Annäherungsgesprächen" (keine direkten Verhandlungen), indem sie den Palästinensern zunächst versprachen, dass es zwei Jahre lang keine weiteren Arbeiten an dem Ramat-Shlomo-Projekt gegen werde. Doch Nethanjahu war nur zu einem zehnmonatigen Moratorium des Siedlungsbaus bereit, das nie eingehalten wurde und Ende September ausläuft.

Am Tag nach der Ankündigung der Gespräche erklärte Nethajahu seine Absicht, das Moratorium zum Siedlungsbau zu beenden. Saeb Erekat, der palästinensische Chefunterhändler, warnte daraufhin, dass "wir nicht in der Lage sein werden, die Gespräche fortzuführen, wenn die israelische Regierung sich entschließt, am 26. September neue Ausschreibungen anzukündigen."

Während die meisten informierten Kommentatoren der Region feststellen, dass es keine Veränderungen gegeben hat, die Gespräche rechtfertigen würden, und dass sie nur abgehalten werden, um die USA zu besänftigen, hält sich die Mehrheit der Regimes im Nahen Osten bedeckt.

Den USA dienen die Verhandlungen dazu, ihrer Rolle als "ehrlicher Makler" im israelisch-palästinensischen Konflikt Glaubwürdigkeit zu verleihen. Aber für Washingtons arabische Verbündete ist es genauso wichtig, diesen Schein aufrecht zu erhalten, denn sie brauchen eine öffentliche Rechtfertigung für die Zusammenarbeit im Falle von US-Aggressionen gegen den Iran - bis hin zum möglichen Militärschlag.

Amerikanische Spitzenbeamte haben vergangenen Monat wiederholt Drohungen gegen Teheran ausgestoßen. Präsident Obama warnte davor, dass "alle Optionen offen seien", wenn der Iran sein Nuklearprogramm nicht aufgebe. In einem Bericht des Bipartisan Policy Center (BPC) heißt es, dass "die Glaubwürdigkeit der USA... ernsthaft in Frage gestellt würde, wenn man Teheran trotz wiederholter Warnungen erlaube, die Nuklearschwelle zu überschreiten" und dass die USA sich auf "außergewöhnliche Aktionen" vorbereiten müssten, in deren Mittelpunkt "sichtbare, glaubhafte Vorbereitungen auf eine militärische Option" stehen müssten.

Israel spricht sich seit langem für einen Militärschlag gegen den Iran aus, aber es gibt intensive Manöver, um sich die geheime Unterstützung und sogar die aktive Beteiligung arabischer Regimes zu sichern, die sich vor allem auf das Angebot massiver Waffengeschäfte konzentrieren.

Die USA haben ein 60-Millionen-Dollar-Waffengeschäft über zehn Jahre mit Saudi-Arabien abgeschlossen, das die Lieferung von 84 F-15-Jets neuester Bauart mit bordeigenen Zielsystemen umfasst, ähnlichen denen, die 2003 von den USA zur Zerstörung des irakischen Radar- und Raketensystems eingesetzt wurden.

Das Geschäft umfasst etwa 70 UH-60 Black-Hawk-Hubschrauber und bis zu 60 Longbow-Apache-Angriffshubschrauber, plus Flugsimulatoren, Ersatzteile und langfristige Nachlieferungen für die Flugzeuge und Hubschrauber. Schon Anfang dieses Jahres gab es einen 177-Millionen-Dollar-Deal, der die saudische Nationalgarde mit 2.742 Panzerabwehrraketen versorgte.

Dies ist eines der größten Waffengeschäfte aller Zeiten und der erste größere Waffenlieferungsvertrag mit Saudi-Arabien seit 1992. Angaben des Pentagon zufolge ist er Teil der Anstrengungen, "den Iran abzuschrecken und al-Qaida im Yemen entgegenzuarbeiten."

US-Verteidigungsbeamte haben angekündigt, dass verschiedene Vereinbarungen mit anderen Verbündeten im Golf in Vorbereitung seien. Letztes Jahr stimmten die USA einem 220-Millionen-Dollar-Deal mit Jordanien über die Lieferung von mehr als 80 modernen Raketenabschussvorrichtungen und einem 338-Millionen-Dollar-Vertrag für 1.808 Javelin-Panzerabwehrraketen und 162 Abschussrampen mit Nachtsichtgeräten zu.

Mit den Vereinigten Arabischen Emiraten haben die USA eine 290-Millionen-Dollar-Vereinbarung unterzeichnet für 1.600 lasergelenkte "Smart" Bomben, 800 Ein-Tonnen-Bomben und 400 Bunker brechenden Bomben - ein Geschäft, das man damit rechtfertigte, man rüste den Golfstaat "gegen die Bedrohung aus dem Iran" auf.

Anfang dieses Jahres kündigte die Obama-Administration den Verkauf von 24 F-16-Kampfjets zum Preis von 3,2 Milliarden US-Dollar an Ägypten an, um das Land - in den Worten des Pentagon - "zu einem wertvolleren Verbündeten im Nahen Osten" zu machen. Ägypten wird vier Batterien hochentwickelter maritimer Harpoon-Block-II-Marschflugkörper, vier schnelle Raketenträgerschiffe "zur besseren Verteidigung des Suez-Kanals" und 450 Hellfire-Panzerabwehrraketen erhalten.

Ägypten kontrolliert die Ölversorgung und die Passage von Kriegsschiffen durch den Suezkanal. Global Research schrieb im vergangen Juni: "Ägypten, so hieß es, erlaubte einem israelischen und 11 US-Schiffen die Passage durch den Suez-Kanal... und wollte damit offenbar ein Zeichen gegenüber dem Iran setzen."

Darüber hinaus haben die USA die libanesische Regierung gegen die Hisbollah und die Fatah-geführte Autonomiebehörde bewaffnet, um den Rivalen der Fatah, die Hamas, zu schwächen. Sowohl die Hisbollah, als auch die Hamas werden von Teheran unterstützt und könnten im Fall eines israelischen oder amerikanischen Angriffs auf den Iran eine zweite Front eröffnen.

Parallel dazu wurden Anstrengungen unternommen, durch das Angebot verschiedener Anreize bis hin zu einem endgültigen Friedensschluss mit Israel einen Keil zwischen Syrien und den Iran zu treiben.

Die Waffenverkäufe unter Obama sind eine Fortsetzung und Ausweitung der von der Bush-Administration entworfenen Strategie, die Spannungen zwischen den sunnitischen Moslemstaaten und dem schiitischen Iran anzuheizen. In einem Bericht an den Kongress, argumentierte das Pentagon, dass Waffenlieferungen an arabische Staaten "Teil von Washingtons Bemühungen seien, die gemäßigte Achse im Nahen Osten zu unterstützen und den Iran abzuschrecken."

Ein ranghoher US-Beamter sagte gegenüber Ha'aretz: "Wir glauben, dass es viele Situationen gibt, in denen die iranische Bedrohung uns verpflichtet, die Fähigkeiten der Staaten in der Region zur Selbstverteidigung zu stärken."

Israel hat gegen den Waffenhandel formellen Protest eingelegt und damit die Zusage des Pentagon erwirkt, man wolle "das militärische Gleichgewicht in der Region nicht verändern". Im Übrigen sei der Kongress ermächtigt, Lieferungen zu verhindern, die Israels militärische Überlegenheit unterminieren könnten.

In Wahrheit werden die F-15-Bomber für die Saudis nicht mit Langstreckenwaffensystemen und anderen Waffen ausgerüstet sein - mit Rücksicht auf Israels beharrliche Forderung nach militärischer Überlegenheit in der Region. Die USA bieten Tel Aviv 20 F-35-Bomber, das als Joint-Strike-Fighter bekannte ausgeklügeltste Fluggerät mit Stealth-Technologie an, die Israel erlauben werden, Radarerkennung und Flugabwehrfeuer zu unterlaufen und ihm einen wichtigen Vorteil verschaffen, falls Russland den Iran mit S-300-Flugabwehrraketen ausgerüstet hat, wie letzte Woche von Teheran behauptet wurde.

Außerdem stärkt Washington Israels Abwehr, indem es die gemeinsame Entwicklung des Arrow-3-Abfangjägers durch Boeing und Israel Aerospace Industries zum Preis von 100 Millionen US-Dollar finanziert und weitere 205 Millionen für Israels Iron-Dome-Raketenabwehrsystem zur Verfügung stellt. Ziel ist es, Israel mit einem Schutzschild gegen Raketen auszurüsten, falls es zu einem Vergeltungsschlag durch den Iran oder andere kommen sollte.

Israels verdeckte Beziehungen zu Saudi-Arabien strafen seine offiziellen Proteste Lügen. Am 12. Juli zitierte die Londoner Times einen Beamten des US-Verteidigungsministeriums, der bekannt gegeben hatte, Riad habe israelischen Bombern erlaubt, sein Gebiet zu überfliegen, um die Atomanlagen des Iran zu bombardieren und habe sogar "Tests durchgeführt, um sicherzugehen, dass die eigenen Düsenjäger nicht lahmgelegt und die eigene Raketenabwehr nicht aktiviert werden."

"All dies ist mit der Zustimmung des (US) Außenministeriums geschehen", sagte der Beamte.

Dies sind die politischen Realitäten, die der Ankündigung von "Friedensgesprächen" zwischen Israel und der Palästinenserbehörde zugrunde liegen. Sie sind wenig mehr als ein Deckmantel für immer weiter ausufernde Kriegsvorbereitungen.

Die Moskau Times vom 17. August drückte die Sorgen eines der Hauptrivalen der USA wegen dieser Entwicklungen aus. Sie schrieb: "Die politische Situation in der Region und besonders Israels von den USA unterstützte Außenpolitik können zu neuen lokalen bewaffneten Konflikten führen und es besteht gegenwärtig jede Möglichkeit, dass sie sich zu einem regionalen Krieg ausweiten, in den viele Länder mit hineingezogen werden."


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Quelle:
World Socialist Web Site, 28.08.2010
Israelisch-palästinensische Gespräche:
Teil der US-Kriegsvorbereitungen gegen den Iran
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. August 2010