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GLEICHHEIT/3327: Hunderte Tote bei Cholera-Epidemie in Haiti


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Hunderte Tote bei Cholera-Epidemie in Haiti

Von einem Reporter
27. Oktober 2010


Hunderte Menschen sind in Haiti an der Cholera gestorben, die in einer ländlichen Gegend nördlich der Hauptstadt Port-au-Prince ausbrach. Das gaben Regierungssprecher und Mitarbeiter von Hilfsdiensten am Freitag bekannt. Es ist der schlimmste Ausbruch der Krankheit seit dem verheerenden Erdbeben vom letzten Januar, bei dem 250.000 Menschen ums Leben kamen und weitere 1,5 Millionen obdachlos wurden.

Cholera ist eine bakterielle Infektion, die durch den Kontakt mit kontaminiertem Wasser übertragen wird. Sie verursacht schweren Durchfall und Erbrechen, was innerhalb weniger Stunden zu Austrocknung und Tod führen kann. Es ist eine Erkrankung, die immer mit extremer Armut verbunden ist, da sie sich normalerweise durch einfache Rehydrierung mit Hilfe eines salz- und zuckerhaltigem Serums effektiv behandeln lässt.

Sobald die Krankheit ausbricht, kann sie exponentiell durch den Kontakt mit dem Kot der infizierten Personen verbreitet werden. Es wird befürchtet, dass sich die Cholera zu einer schweren Epidemie entwickeln könnte, wenn sie die überfüllten Zeltstädte der Flüchtlingslager in Port-au-Prince erreicht, wo mehr als eine Million Menschen unter den Bedingungen extremer hygienischer Verhältnisse leben, mit wenig oder keinen sanitären Einrichtungen und kaum Zugang zu sauberem Wasser.

Der Leiter des Gesundheitsministeriums, Gabriel Thimothe, sagte, Labortests hätten bestätigt, dass es sich bei der Krankheit um Cholera handelt. Es gab an, am schlimmsten betroffenen seien die Gebiete Douin, Marchand Dessalines und Saint-Marc, alle im Artibonite-Tal gelegen und ungefähr 74 Kilometer in nördlicher Richtung von der Hauptstadt entfernt. Er erzählte Reportern, dass die lokalen Krankenhäuser "überfordert" und Kinder und ältere Menschen am stärksten betroffen seien.

Medizinische Mitarbeiter des St.-Nikolaus-Krankenhauses in der Küstenstadt Saint-Marc erzählten von schrecklichen Szenen mit Hunderten von dehydrierte Patienten, die auf Decken auf einem Parkplatz lagen, mit Infusionen in ihren Armen und auf weitere Behandlung wartend.

Doktor Jean-Pierre-Louis Robert sagte der französischen Nachrichtenagentur AFP: "Wir sind mit einem Ausbruch von Durchfall konfrontiert, der bei Patienten jeden Alters schnell zum Tod führt. Das hat mit der Wasserqualität in den betroffenen Gemeinden zu tun." Ein Mitarbeiter von einer Hilfsorganisation, der das Krankenhaus besuchte, erzählte CNN: "Es ist schrecklich. Die Menschen haben große Angst."

Der Ausbruch begann am Dienstag in der Region entlang des unteren Teils des Artibonite-Flusses. Während die Gegend nur in geringem Maße durch das Erdbeben zerstört wurde, flohen tausende Flüchtlinge aus dem Beben in diese Region, wo sie entweder in Zelten leben oder bei Verwandten unterkamen. Dazu kommt, dass vor kurzem der Artibonite-Fluss in Folge schwerer Regenfälle über die Ufer trat und die Region überflutete.

Es gab widersprüchliche Berichte von Patienten, die überlebt haben, darüber, wie sie sich angesteckt hatten. Einige sagten, sie hätten Wasser aus einem öffentlichen Kanal getrunken, einige aus dem Artibonite-Fluss selbst, andere haben Wasser aus Flaschen benutzt, das aus einer verunreinigten Quelle gekommen sein könnte.

Trotz der bitteren Armut Haitis hat es jahrzehntelang keine Berichte über eine Cholera-Epidemie gegeben. Aber seit dem Erdbeben, das einen Großteil der sowieso schon unzureichenden Infrastruktur des Landes zerstört und 1,5 Millionen Menschen zurückgelassen hat, die in Zelten leben, gab es mehrfach Cholera Warnungen.

Der Präsident von Food for the Poor, Robin Mahfood, äußerte dem Nachrichtendienst Reuters gegenüber: "Seit dem Erdbeben haben wir so etwas befürchtet."

Claude Surena von der Medical Association Haitis sagte: "Es besteht die Befürchtung, dass die Krankheit sich von einem Ort zum nächsten bewegen könnte, und dass sie mehr Menschen anstecken oder von einer Region auf eine andere übergreifen könnte."

Präsident René Préval sagte, seine Regierung habe Maßnahmen eingeleitet, die die Ausbreitung der Krankheit verhindern sollen. Es gab Forderungen zur Errichtung eines "Cordon sanitaire" - im Grunde eine Quarantäne - rund um das Artibonite Tal.

Es war nicht klar, wie das Regime die Menschen davon abhalten würde, sich aus der Region zu entfernen, wo die Krankheit derzeit grassiert, besonders in der Zeit vor der landesweiten Wahl am 28. November, bei der sich erwartungsgemäß viele Menschen an ihren früheren Heimatort begeben werden, um dort zu wählen.

In Presseberichten hieß es am Freitag, dass neue Cholerafälle auf der Insel La Gonâve und in der Stadt Archaie, die näher an der Hauptstadt liegt, sowie in der Stadt Croix-des-Bouquet gemeldet worden sind.

Der haitianische Gesundheitsminister Alex Larsen verkündete am Freitag, dass Tests der Weltgesundheitsorganisation bestätigt hätten, dass "es sich bei dem Choleraausbruch um den 01-Stamm handelt, der der lebensgefährlichste ist und weltweit für die meisten Ausbrüche verantwortlich ist."

Das amerikanische Rote Kreuz gab eine besorgte Erklärung heraus, in der es feststellt: "Es handelt sich nicht um eine direkt von dem Erdbeben am 12. Januar betroffene Region, aber wir sind besorgt über die Geschwindigkeit, mit der sich der Ausbruch ausgebreitet hat."

Die schlechten Bedingungen in Port-au-Prince werden durch die Ereignisse vom letzten Wochenende verdeutlicht, als schwere Regenfälle Schlammlawinen auslösten, die mindestens zwölf Menschen töteten, darunter acht aus einem am westlichen Rand der Hauptstadt gelegenen Viertel.


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Quelle:
World Socialist Web Site, 27.10.2010
Hunderte Tote bei Cholera-Epidemie in Haiti
http://www.wsws.org/de/2010/okt2010/chol-o27.shtml
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Oktober 2010