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GLEICHHEIT/3356: Chef-Folterer Bush prahlt mit Waterboarding


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Chef-Folterer Bush prahlt mit Waterboarding

Von Bill Van Auken
13. November 2010


In seinen Memoiren, die Ex-US-Präsident George W. Bush diese Woche veröffentlicht hat, prahlt er damit, der CIA persönlich den Befehl erteilt zu haben, Häftlinge mit Waterboarding zu foltern.

In dem Buch mit dem Titel "Entscheidungspunkte" erinnert sich Bush, dass er auf die Anfrage der CIA, ob sie Khalid Sheik Mohammed, einen angeblichen Anführer des Terroranschlags von 11. September, der Wasserfolter unterziehen solle, geantwortet habe: "Verdammt noch mal, ja!" Der Ex-Präsident erklärte, dass er die gleiche Entscheidung noch einmal treffen würde, um "Leben zu retten".

Diese Buchpassage ist ein noch ausdrücklicheres Eingeständnis als Bushs nebenbei gemachte Aussage in einer Rede vor einem Publikum von Geschäftsleuten in Grand Rapids, Michigan, im Juni. Damals sagte der Präsident: "Ja wir haben Khalid Sheikh Mohammed dem Waterboarding unterzogen. Ich würde es wieder tun, um Leben zu retten."

Die Behauptung, Verdächtige würden gefoltert, um "Leben zu retten", ist völlig willkürlich. In Wirklichkeit wurden Mohammed und andere dem Waterboarding und anderen Foltermethoden unterzogen, um Beweise zu finden, die den Irak mit dem 11. September in Verbindung bringen sollten. Es musste eine Rechtfertigung für einen Krieg her, den die Regierung im Sinne der strategischen Interessen der USA führen wollte.

In einem Land, dass sich an Gesetzen, internationalen Verträgen und demokratischen Prinzipien orientiert, würde ein solches Eingeständnis einen Aufschrei der Öffentlichkeit und eine intensive Debatte hervorrufen und zur Verhaftung und Anklage von George W. Bush führen.

In den Vereinigten Staaten von Amerika des Jahres 2010 wurde das Prahlen des ehemaligen Präsidenten mit seinem Folterbefehl an Untergebene im politischen Establishment und den Medien mit einem hörbaren Gähnen der Gleichgültigkeit beantwortet.

Die Nachricht von Bushs Prahlerei mit seinem Folterbefehl wurde zuerst von der New York Times in einem Satz in einem politischen Online-Blog veröffentlicht. In ihrer gedruckten Ausgabe wurde die Sache im neunten Absatz einer Buchbesprechung auf ihren Kulturseiten vergraben.

In der Besprechung wird Bush lediglich mit den Worten zitiert: "Wenn ich das Waterboarding hoher al-Qaida-Führer nicht angeordnet hätte, hätte ich ein größeres Risiko tragen müssen, dass unser Land hätte angegriffen werden können." Den Gepflogenheiten der Times entsprechend, kam das Wort "Folter" nicht vor.

Die Washington Post brachte am Donnerstag einen Artikel über Bushs Aussage zum Waterboarding. In dem Buch, berichtet die Zeitung Bush mache "klar, dass er die Anwendung dieser Zwangsmaßnahme persönlich billigte", die, wie die Post zugibt, "von vielen internationalen Rechtsexperten als verbotene Folter eingestuft wird". In dem Artikel der Post heißt es, dass Bush in dem Buch die Behauptung "bekräftigt", dass Waterboarding keine "Folter" sei.

In den übrigen Medien zog die Bestätigung des ehemaligen US-Präsidenten, persönlich Folter angeordnet zu haben, wesentlich weniger Aufmerksamkeit auf sich, als seine Klage, wie "tief getroffen" er sich gefühlt habe, als der Rapper Kanye West im nationalen Fernsehen wegen der Reaktion seiner Regierung auf Hurricane Katrina erklärte, dass "George Bush sich nicht um schwarze Menschen kümmert".

Die Obama-Regierung und die Demokratische Kongressführung haben auf das Bekenntnis von Bush noch nicht reagiert.

Am Freitag wurde ein hoher Beamter des Außenministeriums bei einem Treffen des UN-Menschenrechtsrats in Genf von Journalisten nach den Berichten über Bushs Memoiren gefragt.

"Ich denke, dass die Obama-Regierung Waterboarding nach dem Gesetz und der Konvention gegen Folter, der wir verpflichtet sind, als Folter betrachtet... Sie gehört nicht zu unserem Arsenal", erklärte der Beamte Harold Koh.

Weiter behauptete er, dass "Untersuchungen im Gange seien", um festzustellen, ob jemand für die Praxis zur Rechenschaft gezogen werden müsse. Unter der Regierung von Präsident Obama "ist ein neues Blatt aufgeschlagen worden", betonte Koh.

Dies ist eine offensichtliche Lüge, mit der die internationale Empörung über die Folterpraxis der USA besänftigt werden soll. Es ist "keine neue Seite aufgeschlagen" worden. Vielmehr hat die Obama-Regierung die Verbrechen der Bush-Ära systematisch abgedeckt und die kriminelle Politik und die Methoden ihrer Vorgängerin weitergeführt.

Obamas Justizminister hat signalisiert, dass Untersuchungen über Folter in der Bush-Ära strikt darauf begrenzt sein würden, ob irgendwelche CIA-Agenten über die in den Folter-Memos des Justizministeriums dargelegten Methoden hinausgegangen seien. Selbst diese begrenzten Untersuchungen haben zu nichts geführt, weil der mächtige amerikanische Geheimdienstapparat ihnen mit unverhüllter Feindschaft begegnet.

Infolge von Bushs Befehl wurde Khalid Sheikh Mohammed 183 mal der Wasserfolter unterzogen. Ein anderer angeblicher al-Qaida-Führer, Abu Zubayda, 83 mal. Die CIA gibt an, auch einen dritten Gefangenen, Abd al-Rahim al-Nashiri, mit dieser Methode behandelt zu haben. 2005 wurde bekannt, dass Videoaufnehmen der Verhöre dieser Gefangenen vernichtet wurden, um offensichtliche Beweise für Folter aus der Welt zu schaffen.

Diese Technik und andere noch grausamere, wurden von der CIA und anderen militärischen Verhörspezialisten in zahllosen Verhören angewandt - von Bagram in Afghanistan über Abu Ghraib im Irak bis zu den zahlreichen so genannten Schwarzen Löchern des amerikanischen Geheimdienstes in aller Welt.

Bushs Memoiren bestätigen noch einmal, dass diese Verbrechen nicht einfach von ein paar übereifrigen CIA Ermittlern oder schwarzen Schafen unter den Armeeangehörigen zu verantworten sind, sondern auf das direkte Betreiben des Präsidenten der Vereinigten Staaten zurückgingen.

Waterboarding erzeugt das Gefühl des Ertrinkens, indem der Gefangene auf ein Brett geschnallt und Wasser durch ein Tuch über seinen Mund und seine Nase gegossen wird. Das kann zum Tode führen und hat es auch schon. Seit dem spanisch-amerikanischen Krieg hat das amerikanische Militär Waterboarding als Kriegsverbrechen behandelt. Es hat sowohl Feinde, wie auch in mehreren Fällen eigene Soldaten wegen dieser Form der Folter angeklagt und verurteilt. Das State Department hat ausländische Regierungen regelmäßig der Folter beschuldigt, wenn es ihnen diese barbarische Behandlungsmethode nachweisen konnte

Aber im Rahmen des "Kriegs gegen den Terror" der Bush-Regierung wurden Waterboarding und eine ganze Litanei anderer Methoden wie Isolationshaft, das Einsperren von Gefangenen in Kisten voller Insekten und das Aufhängen von Gefangenen an der Decke nicht mehr Folter genannt, sondern "verschärfte Verhörtechniken". Dieser Ausdruck ist eine praktisch wörtliche Übersetzung des Begriffs Verschärfte Vernehmung, den die deutsche Gestapo vor sechzig Jahren benutzte. Auch das war ein bürokratischer Euphemismus für Folter.

Die amerikanischen Medien schlossen sich dieser Methode, Folter terminologisch wegzudefinieren, flugs an.

Eine Studie des Joan Shorenstein Center der Harvard University über Presse, Politik und Regierung vom letzten Sommer fand heraus, dass die führenden amerikanischen Zeitungen Waterboarding siebzig Jahre lang als Folter bezeichnet hatten, aber plötzlich eine Kehrtwende vollzogen, als bekannt wurde, dass amerikanische Verhörspezialisten diese Methode gegen Terrorverdächtige anwandten.

Die Studie stellte eine "plötzlich deutlich veränderte Charakterisierung von Waterboarding" fest. In nur zwei von 143 Artikeln in der New York Times nach 2003, die sich mit Waterboarding befassten, kam z.B. das Wort "Folter" vor, und nur in einem Artikel von 63 im Wall Street Journal.

New York Times Herausgeber Bill Keller wies die Studie als "tendenziös" zurück und erklärte, Waterboarding als "Folter" zu bezeichnen, würde bedeuten, "in einer politischen Auseinandersetzung Partei zu ergreifen".

Letztes Jahr wurde bekannt, dass die Führung de Demokratischen Partei wiederholt über den Einsatz von Waterboarding und anderen "verschärften Verhörmethoden" informiert wurde, aber nichts tat, um gegen diese Methoden vorzugehen, oder sie vor der amerikanischen Bevölkerung zu entlarven. Eine der ersten führenden Politikerinnen der Demokraten, die über diese Foltermethode informiert wurde, war die Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi, damals Gruppensprecherin ihrer Partei im Geheimdienstausschuss.

Wenn Bush keine Hemmungen verspürt, sich der Folter zu brüsten, dann deswegen, weil er weiß, dass er und sein innerer Kreis von Komplizen - Vize Präsident Dick Cheney, Nationale Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, CIA Direktor George Tenet, Justizminister John Ashcroft und andere - nicht die einzigen sind, die involviert sind. Praktisch das ganze politische Establishment steckt mit drin: der Kongress, die Demokratische Partei, die Gerichte und die Medien.

Der Ex-Präsident ist auch zuversichtlich, in der Frage der Folter Straffreiheit zu genießen, weil die gegenwärtige Regierung seine Politik praktisch nahtlos fortsetzt.

Obamas Chefberater im Weißen Haus für den Kampf gegen den Terror ist John Brennan, ein früherer hoher CIA-Beamter. Er verteidigte früher öffentlich die "verschärften Verhörtechniken" sowie die Praxis der "außerordentlichen Überstellungen" des Dienstes, bei denen Menschen entführt und in Drittländer überstellt wurden, wo sie verhört und gefoltert wurden.

Die Obama-Regierung hat verschiedentlich das Justizministerium veranlasst, in Gerichtsverfahren einzugreifen, um Klagen gegen außerordentliche Überstellungen, Folter und das Ausspähen der eigenen Bevölkerung zu sabotieren. Dabei berief sie sich auf den weitreichenden Grundsatz des "Schutzes von Staatsgeheimnissen", der die Exekutive in allen Fragen, die nach ihrer eigenen Aussage die "nationale Sicherheit" berühren, praktisch über das Gesetz stellt.

Sie hat das Gefangenenlager Guantánamo Bay auf Kuba nicht geschlossen und stellt weiterhin Angeklagte vor militärische Sondergerichte, deren Verfahren sie vor ordentlichen Gerichten nicht durchbekommen würde, weil die Angeklagten unter Folter verhört wurden.

Und das Weiße Haus unter Obama geht sogar noch weiter, als die Vorgängerregierung, wenn sie amerikanische Staatsbürger auf die Mordliste der CIA setzt, damit sie von Todesschwadronen oder Drohnenraketen getötet werden, ohne jemals vor Gericht gestellt oder verurteilt worden zu sein.

Die Konvention der Vereinten Nationen gegen Folter, die von Präsident Ronald Reagan vor 26 Jahren unterzeichnet wurde, macht Folter nach amerikanischem Recht zu einem Verbrechen. Sie trifft auf alle zu, die entweder direkt an Folter beteiligt oder Komplizen waren.

Der Vertrag weist klar alle amerikanischen Rechtfertigungen für "verschärfte Verhörmethoden" zurück, wenn es heißt: "Außergewöhnliche Umstände gleich welcher Art, sei es Krieg oder Kriegsgefahr, innenpolitische Instabilität oder ein sonstiger öffentlicher Notstand, dürfen nicht als Rechtfertigung für Folter geltend gemacht werden."

Der Vertrag verpflichtet Regierungen Folterer entweder vor Gericht zu stellen, oder sie an ein Land auszuliefern, das das tun will.

Bushs Memoiren sind ein ausreichender Anfangsverdacht, dass er der Folter schuldig ist, was auch vorher schon hinlänglich bekannt war. Dass die Obama-Regierung ihn und andere in Waterboarding und andere Foltermethoden verwickelte Personen nicht verhaftet, macht sie ebenfalls zu Komplizen von Folter.

Diese Komplizenschaft und Gleichgültigkeit gegenüber dem Verbrechen der Folter erfasst alle Teile der herrschenden amerikanischen Elite, ihre Regierung, ihre Parteien und ihre Medien. Das ist symptomatisch für die weitgehende Erosion demokratischer Verhältnisse und demokratischer Rechte in den Vereinigten Staaten. Ursache sind zehn Jahre ununterbrochener imperialistischer Aggressionskriege und eine beispiellose soziale Ungleichheit zu Hause.

Die Verantwortlichen für diese Verbrechen zur Verantwortung zu ziehen, ist eine wichtige politische Aufgabe. Es ist notwendig, die politische Atmosphäre vom Gestank der Folter und unprovozierten Kriege zu reinigen, und unter Bedingungen einer beispiellosen Krise des amerikanischen Kapitalismus zu verhindern, dass die gleichen Methoden gegen die Arbeiterklasse in den USA selbst gewendet werden

Nur die Arbeiterklasse kann die Täter zur Verantwortung ziehen. Dafür muss sie ihre politische Stärke unabhängig gegen die Obama-Regierung, die Republikaner und das Profitsystem mobilisieren, welches die Quelle von Militarismus und Kriegsverbrechen ist.


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Quelle:
World Socialist Web Site, 13.11.2010
Chef-Folterer Bush prahlt mit Waterboarding
http://www.wsws.org/de/2010/nov2010/bush-n13.shtml
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. November 2010