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GLEICHHEIT/4057: Obama rechtfertigt öffentlich Mordanschläge mit Drohnen


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Obama rechtfertigt öffentlich Mordanschläge mit Drohnen

Von Bill Van Auken
3. Februar 2012


Präsident Obama verteidigte am Montag öffentlich die mörderischen Angriffe mit Drohnen, die die USA seit 2004 in Pakistan durchführen und die deutlich ausgeweitet wurden, als er Präsident wurde.

Im Allgemeinen äußert sich die US-Regierung nicht zu dem Drohnenkrieg. Er wird von der CIA geführt und als verdeckte Operation behandelt, obwohl die pakistanische Bevölkerung keinen Zweifel hegt, wer ihr Tod und Zerstörung bringt. Über Details der Kampagne wurde in der Presse schon ausführlich berichtet.

Regierungssprecher wiesen die Sorge zurück, dass Obamas Bemerkungen einen Bruch der Geheimhaltung darstellten. Sie betonten, sie seien kein Ausrutscher seitens des Präsidenten gewesen.

Tatsächlich gibt es Grund zu der Annahme, dass Obama auf der Suche nach einem geeigneten Forum war, um den Mordanschlägen mit Drohnen öffentlich seinen Segen zu erteilen. Zu der von Google gesponserten "online Bürgerversammlung", auf der er seine Bemerkungen machte, waren 130.000 Fragen von Teilnehmern eingesandt worden, von denen nur sechs ausgewählt wurden, darunter diejenige zu den Drohnen-Angriffen.

"Ich möchte klarstellen, dass die Drohnen eigentlich nicht viele zivile Opfer gekostet haben", sagte Obama in Beantwortung der Frage. "Die meisten waren sehr exakt, Präzisionsschläge gegen al-Qaida und ihre Anhänger."

Er fügte hinzu: "Dies ist eine gezielte Kampagne gegen Leute, die auf einer Liste aktiver Terroristen stehen, die versuchen, Amerikanern zu schaden, amerikanische Einrichtungen zu treffen, amerikanische Stützpunkte usw." Diese Tötungen seien "wohlüberlegt", argumentierte Obama. Die Fähigkeit, derartige "exakte Schläge" zu führen, fördere "Respekt für die Souveränität anderer Länder".

Diese Antwort des Präsidenten besteht völlig aus Lügen und Verdrehungen.

Tatsächlich sind in Pakistan, einem Land, mit dem die USA sich nicht im Krieg befinden, durch die unbemannten Predator-Drohnen fast 2.700 Menschen ums Leben gekommen. In einer neueren Studie kommt die Brookings Institution zu dem Schluss, dass die "Präzisionsmordanschläge", von denen Obama sprach, mit jedem bewaffneten Kämpfer gleichzeitig zehn Zivilisten töteten. Mit anderen Worten sind bei diesem üblen Krieg mit der Fernbedienung Tausende arme pakistanische Dorfbewohner, gleichermaßen Männer, Frauen und Kinder, abgeschlachtet worden.

Eine zurückhaltendere Schätzung des nicht kommerziellen Londoner Büros für investigativen Journalismus vom August letzten Jahres, die sich auf bestätigte Medienberichte stützt, zählte 168 Kinder, die bei Drohnenangriffen umgekommen sind. Keine "riesige Zahl" nach Obamas Maßstäben.

Die Behauptung, dass die CIA al-Qaida-Kämpfer im Visier habe, die alles daran setzen, amerikanische Ziele anzugreifen, sind ein weiteres Beispiel dafür, wie Washington eine angebliche terroristische Bedrohung nutzt, die amerikanische Bevölkerung durch Einschüchterung dazu zu bringen, eine kriminelle Aggression zu akzeptieren. Die große Mehrheit der bei den Drohnen-Angriffen getöteten bewaffneten Kämpfer sind einfache Kämpfer, die nicht darauf aus sind, Ziele in den USA anzugreifen, sondern die amerikanische Besatzungsarmee aus dem benachbarten Afghanistan zu vertreiben.

Warum verteidigt Obama dieses Tötungsprogramm jetzt öffentlich? Vielleicht soll so zusätzlicher Druck auf die pakistanische Regierung ausgeübt werden. Islamabad steckt mit diesen Angriffen unter einer Decke. Erst kürzlich wurde der CIA nach mehreren amerikanischen Provokationen und wegen der tiefen Feindschaft der pakistanischen Bevölkerung gegen diese Einsätze die Erlaubnis verweigert, Drohnen von Flugplätzen im Land zu starten.

Wesentlicher aber ist der innenpolitische Zweck von Obamas Bemerkungen. Sie sind Bestandteil einer umfassenderen Initiative der Regierung, die kriminellen Aktionen des amerikanischen Militär- und Geheimdienstapparats öffentlich zu billigen und so zu rechtfertigen und zu normalisieren.

Vergangenen Dezember unterzeichnete Obama den National Defense Authorization Act, der die illegale und nicht verfassungsmäßige Praxis für rechtens erklärte, Bürger und Nicht-Bürger gleichermaßen in unbeschränkte Militärhaft zu nehmen, ohne Anklage und Verurteilung, lediglich auf Anweisung des Weißen Hauses.

Daniel Klaidman berichtete vergangene Woche im Magazin Newsweek, dass die Obama-Regierung eine Rede von Justizminister Eric Holder vorbereite, in der dieser die Ermordung von Anwar al-Awlaki durch eine Drohne scheinjuristisch rechtfertigen solle. Der in Neu-Mexiko geborene US-Bürger Awlaki wurde vergangenen September im Jemen ermordet. Bestandteil davon wird sein, für den Präsidenten die Vollmacht zu beanspruchen, amerikanische Bürger ohne die Vorlage von Beweisen, geschweige denn ein Gerichtsurteil, exekutieren zu lassen.

Das sind Schritte, mit denen die Obama-Regierung an dem Gerüst für die Errichtung eines Polizeistaats arbeitet.

Obama muss dabei nicht fürchten, seine wirkliche "Basis" zu verprellen: die Wall Street, den Militär- und Geheimdienstkomplex und Teile der wohlhabenden Mittelschichten, die früher einmal zu den Liberalen oder gar "Linken" gezählt wurden, jetzt aber bereit sind, reaktionäre und repressive Maßnahmen zu akzeptieren, die weit über das hinausgehen, was selbst die Bush-Regierung je getan hat.

Die politische Umorientierung dieser Schichten hängt mit der beispiellosen gesellschaftlichen Kluft zusammen, die sie von der großen Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung trennt, und mit den zunehmenden Anzeichen eines Wiederauflebens des Klassenkampfs.

Die Verteidigung demokratischer Rechte und der Kampf gegen Krieg hängen untrennbar mit dem Kampf für soziale Gleichheit zusammen. Sie ist untrennbar verbunden mit der unabhängigen politischen Mobilisierung der Arbeiterklasse auf der Grundlage eines sozialistischen Programms.


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Quelle:
World Socialist Web Site, 03.02.2012
Obama rechtfertigt öffentlich Mordanschläge mit Drohnen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Februar 2012