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GLEICHHEIT/4503: Nach Entscheidung der UN - Israel plant weitere Siedlungen in Palästina


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Nach Entscheidung der UN:
Israel plant weitere Siedlungen in Palästina

Von Bill Van Auken
4. Dezember 2012



Die rechte zionistische Regierung des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu hat die Genehmigung zum Bau von 3000 neuen Siedlerwohnungen im besetzten Ostjerusalem und im Westjordanland erteilt, weitere 1000 sollen schnellstmöglich genehmigt werden. Damit reagiert Netanjahu auf das Ergebnis der Abstimmung der UN-Vollversammlung vom Donnerstagabend, die Palästina den Status eines Beobachterstaates zuspricht.

Die Jerusalem Post schrieb am Freitag unter Berufung auf israelische Regierungsvertreter, durch die Aktion erhalte die seit langem geplante Ausweitung der Bautätigkeit in dem Gebiet, das als E-1 bekannt ist, grünes Licht. E-1 bildet einen zusammenhängenden Block israelischer Bauobjekte, der sich von Jerusalem bis nach Ma'aleh Adumin erstreckt, der drittgrößten israelischen Siedlung im besetzten Westjordanland.

Hiermit würden vollendete Tatsachen geschaffen, die alle Verhandlungen über eine "Zweistaatenlösung" zunichtemachen würden. Die Zweistaatenlösung sieht Israel und einen unabhängigen palästinensischen Staat in den Gebieten vor, die Israel seit dem Sechstagekrieg von 1967 besetzt hält Zum Einen wäre damit Jerusalem von den Palästinensergebieten im Westjordanland abgeschnitten, sodass die seit langem erhobene Forderung, Ost-Jerusalem zur Hauptstadt eines palästinensischen Staates zu machen, ad absurdum geführt würde. Zum Anderen würde das Westjordanland zu einem Flickwerk aus unzusammenhängenden Territorien werden, sodass jeder Versuch, sie als unabhängigen Staat darzustellen, zur Farce würde.

Washington lehnt das Projekt E-1 offiziell ab. Ein Sprecher des Weißen Hauses erklärte am Freitag, der neue Siedlungsplan sei "kontraproduktiv" und würde es "schwerer machen, direkte Verhandlungen über eine Zweistaatenlösung wieder aufzunehmen."

Die Reaktion der Obama-Regierung auf Israels provokantes und völkerrechtswidriges Vorgehen im besetzten Westjordanland fiel deutlich gemäßigter aus als ihre Kritik an der - größtenteils symbolischen - Entscheidung der UN, Palästina den Beobachterstatus zu verleihen.

Washington und Israel hatten zusammen mit nur sieben anderen Ländern - darunter Kanada, der Tschechischen Republik, Panama und vier südpazifischen Zwergstaaten, von denen drei Halbkolonien der USA sind - gegen die Resolution gestimmt, 138 hatten sie unterstützt, 41 hatten sich enthalten.

In der Abstimmung zeigte sich auf verzerrte, aber unverkennbare Weise, dass sich Washington durch seine räuberische und heuchlerische Nahostpolitik isoliert hat; außerdem zeigte sich die internationale Empörung gegenüber Israels Unterdrückung der Palästinenser, die von den USA unterstützt wird.

Nach dieser eindeutigen Niederlage der Haltung der USA gab die amerikanische UN-Botschafterin Susan Rice eine gereizte Stellungnahme ab: "Die unglückliche und kontraproduktive Resolution, die heute verabschiedet wurde, legt dem Friedensprozess weitere Steine in den Weg." Obwohl die Resolution von der großen Mehrheit der Mitgliedsstaaten unterstützt wurde, brandmarkte sie sie als "einseitig" - das heißt, sie wurde ohne Erlaubnis aus Washington und Tel Aviv verabschiedet.

Rice, Außenministerin Hillary Clinton und andere wichtige Vertreter der USA bezeichneten die Resolution als Ablenkung vom angeblichen Friedensprozess. Sie meinen damit die Verhandlungen zwischen Israel und der PLO unter Vermittlung der USA, die sich seit mehr als zwanzig Jahren hinziehen und es Israel nur ermöglicht haben, sich mehr Land anzueignen.

Im amerikanischen Kongress löste die Entscheidung der UN Forderungen nach Kollektivbestrafung aus; beide Parteien drohten im Repräsentantenhaus und im Senat, die gesamte Hilfe für die Palästinensergebiete einzustellen.

Die Abstimmung erfolgte genau 65 Jahre nachdem die Vereinten Nationen auf Betreiben Washingtons im Jahr 1947 Palästina geteilt hatten, das damals ein britisches Mandatsgebiet war. Gemäß diesem Plan sollte das Gebiet, das damals zu 65 Prozent von Arabern und zu 35 Prozent von Juden bewohnt wurde, in zwei Teile geteilt werden. 56 Prozent des Landes wurden als jüdischer Staat ausgewiesen, 43 Prozent als arabischer.

Nach mehreren Kriegen schrumpfte die Größe des arabischen Territoriums auf zweiundzwanzig Prozent des ursprünglichen Mandatsgebietes und bestand aus dem Gazastreifen und Westjordanland, zwischen denen es Verbindung gab. Im Sechstagekrieg von 1967 besetzte Israel diese Gebiete.

Die Bevölkerung von Ramallah, der Hauptstadt des Westjordanlandes, reagierte auf die UN-Abstimmung mit kleineren Feiern, aber viele Palästinenser stehen der Entscheidung offenbar skeptisch gegenüber. "Die Menschen hier wissen, dass sie immer noch unter israelischer Besatzung leben, wenn sie am Freitag aufstehen", berichtete Nadim Baba auf Al Dschasira aus Ramallah. "Sie kontrollieren zum Beispiel ihre Grenzen nicht selbst."

Die UN-Abstimmung wurde größtenteils als ein Versuch gesehen, das stark gesunkene Prestige von Mahmud Abbas, dem Chef der Palästinensischen Autonomiebehörde, zu verbessern. Abbas war während des israelischen Angriffs auf Gaza und des Waffenstillstands, der mit der Unterstützung von Ägypten ausgehandelt worden war, größtenteils in Bedeutungslosigkeit versunken. Er ging sogar so weit, zu behaupten, Israels mörderisches Vorgehen sei ein Versuch gewesen, sein Gesuch an die UN zum Scheitern zu bringen.

In einer Rede vor der UN-Vollversammlung vor der Abstimmung versprach Abbas, er wolle Israel nicht "die Legitimität absprechen", sondern die Legitimität eines palästinensischen Staates bekräftigen. Danach sprach er allerdings vom jüngsten Angriff Israels auf Gaza, bei dem 165 Palästinenser starben und viele hundert verwundet wurden.

"Soll der israelischen Regierung erlaubt sein, ihre aggressive Politik fortzusetzen und weiter Kriegsverbrechen zu begehen, weil sie denkt, sie stehe über dem Gesetz und könne nicht zur Verantwortung gezogen werden?" fragte er. "Der Moment ist gekommen, dass die Welt deutlich sagt: Genug mit Aggression, Siedlungsbau und Besatzung."

Die USA und Israel stehen der Aufwertung der palästinensischen Autonomiebehörde bei der UN so feindselig gegenüber, weil sie, oder eine palästinensische Nachfolgeregierung, damit die Möglichkeit hätten, Israel und seine Regierung vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Kriegsverbrechen zu belangen.

Die britische Regierung hat angeblich Versuche unternommen, die PLO unter Druck zu setzen. Sie sollte darauf verzichten, Hinweise darauf einzufügen, dass sie den Internationalen Gerichtshof anrufen werde. Die PLO hat sich zwar geweigert, diese erniedrigenden Bedingungen zu akzeptieren, aber ihre Sprecher haben trotzdem versichert, nicht unmittelbar die Absicht zu haben, vor den Internationalen Gerichtshof zu gehen. Großbritannien enthielt sich bei der Abstimmung. Frankreich, das mit Ja stimmte, versuchte ebenfalls, eine Garantieerklärung zu erpressen, dass der Internationale Gerichtshof nicht gegen Israel eingesetzt werde.

Die USA und ihre Verbündeten in Westeuropa sind sich einig, dass die israelische Besatzung, die zionistischen Siedlungsprojekte und die andauernden Angriffe auf die Palästinenser Kriegsverbrechen sind, unterstützen sie aber dennoch. Sie wollen sicherstellen, dass Israel weiterhin ungestraft handeln kann. Israel würde jeden Versuch, seine Kriegsverbrechen vor Gericht zu bringen, als "Terrorismus" bezeichnen.

Dass sich Abbas und die palästinensische Autonomiebehörde an die UN wenden, zeigt, dass das Projekt eines palästinensischen Staates in eine Sackgasse geraten ist, und dass der "Friedensprozess", den die USA seit zwanzig Jahren betreiben, nur ein Betrug am palästinensischen Volk ist.

Dieser Prozess begann offiziell 1993 mit dem Vertrag von Oslo. Sein Ziel war eine "Zweistaatenlösung." Sein einziger Erfolg war allerdings die Gründung eines völlig korrupten und diktatorischen Regimes unter Führung von Abbas im Westjordanland, das als Hilfspolizei der israelischen Besatzung auftritt. Abbas' Ziel, einen kleinen Staat auf einem Teil der zweiundzwanzig Prozent von Palästina zu schaffen, der außerhalb von Israels Grenzen vor 1967 liegt, hat nichts mit der Befreiung der Palästinenser zu tun. Vielmehr will er Reichtum für sich selbst, seine Familie und seine Freunde sichern, die durch USAID, die CIA und Verträge und Stipendien mit der Europäischen Union zu Multimillionären geworden sind.

Das Vorgehen Israels und der USA zeigt, dass sie selbst einen noch so kleinen Staat Palästina ausschließen. Die fortgesetzte Unterdrückung der Palästinenser und die rechte Sozial- und Wirtschaftspolitik der israelischen Regierung machen neue revolutionäre Umwälzungen in Palästina und Israel selbst unvermeidlich.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 04.12.2012
Nach Entscheidung der UN: Israel plant weitere Siedlungen in Palästina
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2012