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GLEICHHEIT/4790: Griechischer Premierminister Samaras in Washington


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Samaras in Washington

Von Christoph Dreier
13. August 2013



Am vergangenen Donnerstag traf der griechische Premierminister Andonis Samaras US-Präsident Barack Obama in Washington. Während Samaras den USA seine Vasallendienste anbot und um Investitionen bat, drängte Obama auf weitere Sozialkürzungen in Griechenland und lobte das Militär und die Geheimdienste des Landes.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz im Weißen Haus betonten beide Regierungschefs die enge Partnerschaft Griechenlands und der USA. Obama nutzte den Auftritt, um die brutalen Sozialkürzungen und Strukturreformen zu verteidigen, die griechische Arbeiter in bittere Armut gestürzt haben, und zu weiteren solchen Maßnahmen zu ermutigen.

Mehrfach betonte er die Notwendigkeit von Einsparungen. "Es ist wichtig, dass wir einen Plan für eine finanzielle Konsolidierung haben, um die Schulden bewältigen zu können", sagte der US-Präsident. "Allerdings ist es auch wichtig, Wachstum und Arbeitsplätze anzustreben."

Vokabeln wie "Wachstum" und "Schaffung von Arbeitsplätzen" dienen als Synonyme für Deregulierung, Lohnkürzung und die Verschlechterung von Arbeitsbedingungen. Obama selbst hat mit den gleichen Argumenten massive Lohnkürzungen in der US-Industrie durchgesetzt. Bei GM und Chrysler wurden die Löhne für Neueingestellte um bis zu 50 Prozent gekürzt.

Auf der Pressekonferenz erklärte Obama, wie wichtig "die starke bilaterale militärische und geheimdienstliche Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern" sei. Griechenland habe bereits geholfen, Terroranschläge zu verhindern, und könne "eine wichtige stabilisierende und partnerschaftliche Rolle spielen, wenn wir die Fragen im Nahen Osten und Nordafrika angehen".

Samaras versicherte dem Gastgeber seinerseits, er werde die Konsolidierung des Haushalts und die "Strukturreformen" weiter vorantreiben. Die klare Positionierung beider Staatschefs ist eine deutliche Warnung an die europäischen und amerikanischen Arbeiter. Die Regierungen sind bereit, die Interessen der Finanzelite gegen die eigenen Arbeiter und gegen fremde Nationen mit aller Gewalt durchzusetzen.

In Griechenland haben die sozialen Angriffe der Regierung, des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU bereits zu einer beispiellosen sozialen Katastrophe geführt. Die neusten Zahlen belegen, dass die Arbeitslosigkeit erneut gestiegen ist und mittlerweile bei 27,6 Prozent liegt. Unter Jugendlichen ist sie sogar auf 64,9 Prozent angewachsen. Laut Angaben von Hilfsorganisationen sind in den ärmsten Regionen des Landes 90 Prozent der Einwohner auf Lebensmittelspenden angewiesen.

Nun will die Regierung Samaras auf Geheiß der EU allein in diesem Jahr weitere 25.000 öffentlich Beschäftigte in eine Transfergesellschaft ausgliedern, aus der sie nach wenigen Monaten in die Arbeitslosigkeit entlassen werden. Diese Maßnahmen sind Teil der Zerstörung von insgesamt 150.000 öffentlichen Arbeitsplätzen bis 2015.

Neben der Haushaltskonsolidierung dienen diese Maßnahmen dazu, den Druck auf die Löhne zu erhöhen, die in den letzten Jahren bereits um bis zu 60 Prozent gesenkt wurden. Am Mittwoch traf sich Samaras in einem New Yorker Luxushotel mit hochrangigen Vertretern von 20 großen US-Investmentfirmen, unter ihnen der Chef von Dow Chemical, Andrew Liveris, und der Hedge Fund Manager John Paulson. Auf dem nicht öffentlichen Treffen bot Samaras den milliardenschweren Unternehmen die verelendeten griechischen Arbeiter als Investitionsmöglichkeit an.

Doch die Kürzungsmaßnahmen und Massenentlassungen treffen auf den massiven Widerstand der Arbeiter. In den letzten Wochen gab es in nahezu allen öffentlichen Bereichen Proteste. In dieser Woche streikten die Beschäftigten der Arbeitsämter. Ein unbefristeter Streik in der Luftfahrt wurde erst in letzter Minute von der Gewerkschaftsführung abgesagt.

Unter diesen Bedingungen stützt sich die griechische Regierung in wachsendem Maße auf diktatorische Maßnahmen, um die Kürzungen gegen die Bevölkerung durchzusetzen. Samaras hat in diesem Jahr bereits drei Mal streikende Arbeiter unter Kriegsrecht gestellt, mehrfach Polizisten gegen Streikposten eingesetzt und Demonstrationen verboten.

Am Donnerstag letzter Woche hat die Regierungsmehrheit im Parlament ein Gesetz verabschiedet, das Massenentlassungen im öffentlichen Dienst fortan ohne Parlamentsbeschluss per Ministerialdekret ermöglicht. Die Regierung kann einen Großteil ihrer sozialen Kürzungen nun ohne parlamentarische Abstimmung durchsetzen.

Unter diesen Umständen ist Obamas Lob für die "geheimdienstliche Zusammenarbeit" und das griechische Militär eine deutliche Warnung. Wie in Ägypten könnten die USA auch in Griechenland auf die Unterdrückung der wachsenden sozialen Opposition durch das Militär setzen.

Es gibt seit Langem feste Bande zwischen den Vereinigten Staaten und dem griechischen Militär. Im März 1947 hatte sich der amerikanische Präsident Harry S. Truman im Rahmen der nach ihm benannten Doktrin entschieden, auf Seiten der Regierungstruppen in den griechischen Bürgerkrieg einzugreifen, um eine Machtübernahme der stalinistisch geführten Demokratischen Armee Griechenlands (DSE) zu verhindern.

Angesichts anhaltender Massendemonstrationen und Proteste der griechischen Arbeiter unterstützten die NATO und die USA 1967 den Militärputsch und ermöglichten so die Obristen-Diktatur, die bis 1974 jede Opposition brutal unterdrückte und Regimegegner in Konzentrationslager sperrte. Seitdem blieb die griechische Armee nicht nur Hort der Reaktion, sondern hielt auch die engen Verbindungen zu den Vereinigten Staaten aufrecht.

Damals wie heute ist Griechenland von großer strategischer Bedeutung für die USA. Im Krieg gegen Libyen waren der griechische Flughafen Arexos nahe Patras und vor allem der Luftstützpunkt Souda Base auf der Insel Kreta von zentraler Bedeutung. Von ihnen starteten belgische, norwegische, französische und katarische Kampfflieger. Insbesondere Souda Base wäre neben Zypern auch für einen Krieg gegen Syrien bedeutsam.

Samaras bot den USA beim Treffen mit Obama in dieser Hinsicht seine Vasallendienste an. Gemeinsam mit den USA wolle seine Regierung "innere Unruhen in verschiedenen Ländern und auch das Problem des Terrorismus" angehen.

Schon vor dem Treffen hatte der griechische Premier gegenüber der Washington Post betont, dass Griechenland eine geopolitische Rolle als "Bastion der Stabilität" im Mittelmeerraum spielen könne. Von dieser Positionierung erhofft er sich US- und NATO-Unterstützung in der Auseinandersetzung mit der Türkei um die Förderrechte der Erdöl- und Gasvorkommen in der Ägäischen See.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 13.08.2013
Samaras in Washington
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. August 2013