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GLEICHHEIT/5088: Medwedew auf der Krim - Putin kündigt Truppenteilrückzug von ukrainischer Grenze an


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Medwedew auf der Krim
Putin kündigt Truppenteilrückzug von ukrainischer Grenze an

Von Chris Marsden
2. April 2014



Der Besuch des Premierministers Dmitri Medwedew am Montag auf der Krim war eine Zusicherung Moskaus, dass die Integration der Insel in Russland schnell voranschreiten werde. Russland gliederte die Krim am 21. März formal seinem Staatsgebiet an, nachdem am 16. März das Unabhängigkeitsreferendum stattgefunden hatte.

Medwedew versprach, so schnell wie möglich Geld in Bildung, Gesundheitsvorsorge und die Infrastruktur (Straßen, Eisenbahnen und Flughäfen) fließen zu lassen, sowie Gehälter und Renten zu erhöhen. Um die Entwicklung der Krim zu überwachen, wurde ein besonderes Regierungsministerium geschaffen.

In einer Fernsehübertragung sagte Medwedew, die russische Regierung werde eine spezielle Wirtschaftszone ins Leben rufen, um durch geringe Steuern einen Anreiz für Investitionen zu schaffen. Da die Krim hinsichtlich ihrer Wasser- und Elektrizitätsversorgung von der Ukraine anhängig ist, versprach Medwedew außerdem langfristig Lösungen zu erarbeiten. Er will die Krim an Russlands Energieversorgungsnetz anschließen und auch die Wasserfrage lösen; zusätzlich sollen neue Wasserreservoirs eingerichtet werden.

Medwedews Besuch sollte zeigen, dass die Angliederung der Krim an Russland dauerhaft sei, dass sie aber friedlich fortgesetzt werde. Gleichzeitig gab Russland bekannt, dass ein motorisiertes Infanteriebataillon aus Rostow am Don, nahe der östlichen Ukraine-Grenze, abgezogen worden sei. Es ist ein Versuch, die Spannungen mit den Vereinten Staaten abzubauen. Noch am Sonntag waren Gespräche in Paris zwischen den Außenministern Sergei Lawrow und John Kerry ergebnislos abgebrochen worden.

Später am Montag wurde aus Deutschland berichtet, dass der russische Präsident Wladimir Putin Kanzlerin Angela Merkel in einem Telefonat über einen "Teilabzug" von Truppen, die an der Grenze zur Ukraine stationiert waren, unterrichtet habe.

Kerry forderte, dass die russischen Einheiten auf die Positionen, die sie am 1. März eingenommen hatten, zurückgeführt werden müssten. Er pochte darauf, dies müsse die Vorbedingung für jegliche Deeskalation der Situation sein. Zu diesen Vorbedingungen gehöre auch die direkte Gesprächsaufnahme zwischen Kiew und Moskau, sowie die Anerkennung der ukrainischen Präsidentschaftswahlen, die für den 25. Mai anberaumt sind.

Lawrow entgegnete am Sonntag, die Ukraine solle eine föderative Republik werden und den Regionen im Westen und Osten, in welchen Russland Einfluss genießt, weitreichende Autonomie gewähren. Außerdem forderte er die Anerkennung des Russischen als zweiter Amtssprache und eine Garantie, dass die Ukraine nicht der Nato beitritt.

Die vom Westen eingesetzte ukrainische Regierung geißelte die Versprechen aufs Heftigste und nannte sie einen "Beleg für russische Aggression". Sie bezeichnete Medwedews Zusicherung an die Krim als eine "krude Verletzung" internationaler Regeln.

Das Thema dominiert schon seit Wochen die Weltmedien. Es ist Bestandteil einer koordinierten Kampagne zur Rechtfertigung der amerikanischen und europäischen Aggression gegen Russland. So wurden kaukasische Nachbarstaaten Russlands in die Nato aufgenommen und Nato-Truppen in Lettland, Litauen, Estland und Polen stationiert.

Kerry sprach davon, dass Russland ein Klima der "Furcht und Einschüchterung" erzeuge, wobei Lawrow erklärt hatte, die Truppen, die sich nahe der ukrainischen Grenzen befänden, führten dort ausschließlich Übungen durch. Lawrow sagte: "Wir haben absolut nicht die Absicht oder ein Interesse daran, die Grenzen zur Ukraine zu überschreiten."

Das russische Verteidigungsministerium hatte mitgeteilt, es lasse in den Süd- und Westdistrikten Russlands kurzfristig Militärübungen durchführen. Beteiligt seien 8.500 Soldaten der Artillerieeinheiten aus den Regionen Rostow am Don, Belgorod, Kursk und Tambow, die sich alle nahe der Grenze zur Ukraine befinden, sowie über 4.000 Fallschirmjäger, die in der Kursk-Region ein Luftkampftraining absolvieren.

General Philip Breedlove, ein hoher Nato-Oberbefehlshaber (Supreme Allied Commander Europe - SACEUR), erklärte, die russische Stärke nahe der ukrainischen Grenze sei "ziemlich, ziemlich ansehnlich und sehr, sehr bereit" und könne eine Bedrohung für die moldawische Region Pridnestrowien darstellen. In dieser separatistischen Region, auch als Transnistrien bekannt, wird überwiegend Russisch gesprochen.

Bestätigungen für die von Washington behaupteten massiven russischen Truppenbewegungen oder für die tatsächliche Anzahl der Beteiligten gab es nicht, aber dies hielt den vermeintlich liberalen Guardian nicht davon ab, zu verkünden: "Russland stellt Bedingungen für den Ukraine-Deal, während 40.000 Truppen an der Grenze aufmarschieren."

Schätzungen, die von US-Quellen zitiert wurden, reichten von 30.000 bis 80.000. Die Schätzung der Ukraine betrug vorige Woche 88.000, und der Nationale Sicherheitsrat schraubte die Zahl auf 100.000 herauf.

Das Wall Street Journal behauptete, die russischen Truppen kaschierten ihre Stellungen und nutzten Tarnungen, um nicht auf Fotos der amerikanischen Spionagesatelliten wahrgenommen zu werden.

"Man geht davon aus, dass in den vergangenen Tagen zusätzliche 50.000 Truppen in die Region verlegt wurden", berichtete das Murdoch-Medienunternehmen Fox News und zitierte "neue Einschätzungen der US-Geheimdienste", wonach "mehr Indizien als je zuvor dafür sprechen, dass Russland in den Osten der Ukraine einmarschieren könnte".

Der ukrainische Premierminister Arseni Jazenjuk seinerseits sagte Fox: "Es gibt eine große Möglichkeit, dass Russland einfallen und ukrainisches Territorium an sich reißen könnte."

Unklar bleibt, ob in den zitierten Zahlen die 22.000 Soldaten enthalten sind, die erwiesenermaßen auf der Krim stationiert sind. Doch die Vereinigten Staaten haben beim Zusammenpinseln ihrer Bedrohungskulisse höchster militärischer Aggression von Seiten Russlands ein Problem: Niemand kann einen Beweis für den behaupteten großen Truppenaufmarsch vorlegen.

In Wirklichkeit ist das Gegenteil der Fall.

Am 28. März schrieb der britische Daily Telegraph in sarkastischem Ton über die "Suche nach Putins unsichtbarer Armee".

Reporter Roland Oliphant schrieb aus Kursk, wo sich, wie Präsident Barack Obama am Freitag warnte, russische Truppen "entlang der Grenze konzentrieren". Er schrieb: "Die russische Invasionsarmee hat sich - wenn sie denn hier ist - hervorragend getarnt (...) Die einzigen russischen Waffen in dieser flachen Landschaft, die man im Umkreis von 200 Meilen entlang der Grenzregion sehen kann, sind deutlich ältere Semester: Sie ruhen auf Sockeln auf den Plätzen in den Städten. Die kriegshistorischen T-34 erinnern an eine der größten Panzerschlachten in der Geschichte, die 1943 hier in Kurs stattgefunden hatte. Sie sehen nicht so aus, als wollten sie von ihren Podesten rollen und sich westwärts Richtung Ukraine begeben."

Zwei Tage später veröffentlichte NBC News in einem Bericht noch schlagendere Beweise. Reporter Jim Maceda fand während einer Besichtigung der ukrainisch-russischen Grenze heraus, dass es "keine Anzeichen eines militärischen Aufmarsches" gab. Maceda und seine Kollegen Dmitri Solowjow und Alexei Gordienko reisten in einem Minivan 1.200 Meilen der Grenze entlang. Bei Sudscha, einer Kleinstadt in Kursk, "sahen wir keine Panzer, nicht einmal bewaffnete Mannschaftswagen".

"Wir fuhren etwa 500 Meilen entlang der Grenze (...), bis wir erstmals ein Zeichen militärischer Aktivität wahrnahmen", schreibt Maceda. Das waren zwei MI-24-Hubschrauber an einer Militärbasis und "einige schwere Laster (...), aber wo waren die Panzer und die Artillerie?"

"Wir fanden weitere Militärstützpunkte", fährt er fort, " aber die einzige Aktivität, die wir bemerkten, bestand in gewichtigem Latrinenputzen und in einer Gruppe von Wehrpflichtigen, die sich bei einem freundschaftlichen Ringkampf vergnügte. Nach tausend Meilen und achtzig Stunden Fahrt beendeten wir unsere Reise in Rostow am Don, wo die russisch-ukrainische Landgrenze in das Asowsche Meer mündet."

Als Reaktion auf Putins Gespräch mit Merkel sagten ukrainische Regierungsquellen CNN, dass die russischen Truppen "nicht zurückgezogen, sondern einfach weiter nördlich positioniert werden".

Wie ein ukrainischer Behördenvertreter gesagt habe, habe der Geheimdienst angegeben, dass "die russischen Truppen 'unverständliche Manöver entlang der ukrainischen Grenze abhalten' (...) Bei einer Kurzbesprechung am Montag sagte Ewgen Perebjinis, Sprecher des ukrainischen Außenministers, dass Russland Kiew nicht über die Absichten der Militäreinheiten in diesem Gebiet unterrichtet habe. 'In einigen Grenzdistrikten wurden die Truppen zurückgezogen, in anderen näherten sie sich der Grenze', sagte er. 'Diese Armeebewegungen bereiten uns Sorgen'."

Die Vereinigten Staaten und ihr Marionettenregime in der Ukraine wissen, dass sie lügen, ebenso wie die Medien. Es ist nicht unwichtig, dass Dmitri Tymtschuk, Chef des in Kiew ansässigen Zentrums für militärpolitische Information, gestern in einem Facebook-Eintrag mitteilte, die Zahl der russischen Truppen an der ukrainischen Grenze sei tatsächlich auf lediglich 10.000 reduziert worden. Tymtschuk ist kein Freund Russlands. Die Kyiv Post erklärte, er habe das Zentrum für militärpolitische Information begründet, um "russischen Propagandalügen über die Invasion des Kreml auf der ukrainischen Kriminsel entgegen zu treten".

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Quelle:
World Socialist Web Site, 02.04.2014
Medwedew auf der Krim
Putin kündigt Truppenteilrückzug von ukrainischer Grenze an
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. April 2014