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GLEICHHEIT/5154: Obamas Besuch in Europa - Absprachen gegen Russland


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Obamas Besuch in Europa:
Absprachen gegen Russland

Von Patrick Martin
4. Juni 2014



Präsident Barack Obama brach am Montagabend zu einer viertägigen Reise nach Europa auf. Dort will er die Kampagne gegen Russland intensivieren, die im Februar mit dem von den USA unterstützten und von Faschisten angeführten Putsch in der Ukraine begann. Auf der Reise wird er unter anderem zum ersten Mal Petro O. Poroschenko persönlich treffen, den Milliarden schweren Oligarchen, der am 7. Juni als neuer Präsident der Ukraine vereidigt wird.

Am Dienstag trifft Obama in Warschau den polnischen Präsidenten Bronislaw Komorowski und Ministerpräsident Donald Tusk. Dann folgt ein Treffen mit einer Gruppe osteuropäischer Regierungsvertreter aus Bulgarien, Kroatien, der Tschechischen Republik, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Rumänien und der Slowakei. Am darauffolgenden Tag ist ein Vier-Augen-Gespräch mit Poroschenko geplant.

Der amerikanische Präsident wird auch mit in Polen stationierten US-Piloten zusammentreffen und eine öffentliche Rede zum 25. Jahrestag der ersten Wahlen nach dem Zusammenbruch des stalinistischen Regimes in Polen halten.

Presseberichten ist zu entnehmen, dass Obama mit Poroschenko direkte amerikanische Militärhilfe für die Ukraine besprechen will, um das Regime in Kiew in seinem Kampf zur Unterdrückung von Oppositionsgruppen in der Ostukraine zu unterstützen, die überwiegend von Russisch sprechenden Menschen bewohnt wird, und der ultrarechten nationalistischen Regierung der Ukraine feindselig gesonnen sind.

Bisher liefert Washington nur "nicht-tödliche" Ausrüstung, darunter Militärverpflegung. Es könnte allerdings die im östlichen Drittel das Landes weitgehend boykottierten Präsidentschaftswahlen vom 25. Mai als Vorwand nutzen, seine Intervention in der Ukraine zu verschärfen und Waffen und Munition zu liefern und militärische Ausbildung zu organisieren.

Der stellvertretende US-Verteidigungsminister Derek Chollet war schon am Montag in Kiew, um vorbereitende Gespräche mit ukrainischen Regierungsvertretern zu führen. Seine Aufgabe ist die Erstellung einer detaillierten Einkaufsliste für das ukrainische Militär, die Obama bei seinem Treffen mit Poroschenko am Mittwoch zur Unterzeichnung vorgelegt werden könnte.

Obamas stellvertretender Sicherheitsberater Ben Rhodes sagte der Presse: "Wir bewundern das Volk der Ukraine dafür, dass es Poroschenko in großer Zahl zum Präsidenten gewählt hat. Wir bewundern seine Entschlossenheit zum Dialog und dass er einen positiven Weg zum Abbau von Spannungen für die Ukraine eingeschlagen hat."

Poroschenkos "Dialog" umfasst den Einsatz von gepanzerten Fahrzeugen, Artillerie und Bombardierungen aus der Luft, um "Spannungen" mit der Bevölkerung der Ostukraine "zu verringern", indem er möglichst viele Menschen dort tötet. In Slawjansk zum Beispiel, einem Zentrum der Opposition gegen das rechte Regime in Kiew, haben Regierungskräfte wahllos mit Granaten in Wohngebiete gefeuert. Nach internationalem Recht handelt es sich dabei um Kriegsverbrechen.

Im Bezirk Lugansk, dem östlichsten Teil des Landes, flackerten erneut Kämpfe auf, als 500 Aufständische Kiew freundliche Kräfte entlang der russischen Grenze angriffen. Ein Sprecher des amtierenden Präsidenten Alexander Turtschinow behauptete, dass ukrainische Grenztruppen von Separatisten angegriffen worden seien, die versucht hätten, die Grenze zu öffnen, um Nachschub und Verstärkungen zu erhalten.

Ein Sprecher der prorussischen Kämpfer sagte, sie kämpften nicht gegen Grenztruppen, sondern gegen die ukrainische Nationalgarde, die hauptsächlich aus Neonazischlägern vom Rechten Sektor und der Swoboda Partei besteht. Berichte von beiden Seiten ergaben ein Bild heftiger Kämpfe und hoher Verluste.

Obamas Europareise wird dann am Mittwochabend in Brüssel mit einem Treffen der G-7 fortgesetzt, d.h. mit den Staats- und Regierungschefs der USA, Kanadas, Deutschlands, Großbritanniens, Frankreichs, Italiens und Japans. Die G-7 wurden wiederbelebt, um Russland auszuschließen, das diesen Monat ein Gipfeltreffen der G-8 in Sotchi am Schwarzen Meer ausrichten sollte.

Die USA werden das G-7 Treffen nutzen, um ihre europäischen Verbündeten unter Druck zu setzen. Diese zögern, weitgehende Wirtschaftssanktionen gegen Russland zu verhängen, weil sie die Auswirkungen auf ihre eigenen Volkswirtschaften fürchten. Deutschland ist zum Beispiel zu einem Drittel von russischen Gaslieferungen abhängig, während Großbritannien auf die Kapitalzuflüsse von russischen Milliardären zur Stützung der Londoner Finanzmärkte angewiesen ist.

Ein wichtiges Ziel der USA auf dem G-7 Treffen ist es, wieder eine Atmosphäre der Konfrontation zu schaffen, nachdem Russland nach der Präsidentschaftswahl in der Ukraine am 25. Mai beträchtliche Zugeständnisse gemacht hatte. Es erkannte die Wahl Poroschenkos an, zog seine Truppen von der ukrainischen Grenze zurück und bot der Ukraine bei den Verhandlungen über die Bedingungen russischer Gasexporte bessere Bedingungen an. Ein "hoher Vertreter der Obama-Regierung" sagte der New York Times: "Was wir nicht wollen, ist, dass sich alle beruhigt zurücklehnen nach dem Motto 'die Wahl ist gut gelaufen, jetzt ist alles gut'."

Die Nationale Sicherheitsberaterin Susan Rice brüstete sich in der Interviewsendung "This Week" auf ABC am Sonntagmorgen mit der Rolle der USA beim Anheizen der Spannungen um die Ukraine. "Die Vereinigten Staaten haben ihre europäischen Partner mobilisiert, um Russland wegen seiner Aktivitäten in der Ukraine zu isolieren und unter Druck zu setzen", sagte sie. "Eine solche Führung kann nur die stärkste Macht der Welt geben."

Das Putin-Regime wird diese Entwicklung durch diplomatische Manöver im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu kontern versuchen. Außenminister Sergei Lawrow erklärte, Russland werde am Montag einen Resolutionsentwurf vorlegen, der ein Ende der Gewalt fordern und die Schaffung von humanitären Korridoren in der Ostukraine vorschlagen werde, um Zivilisten zu ermöglichen, die Kampfgebiete zu verlassen.

Er beklagte, die Westmächte hätten Moskau versichert, dass die Präsidentschaftswahl vom 25. Mai den Weg für eine friedliche Entwicklung bereiten werde, aber "alles läuft genau in die gegenteilige Richtung." Er fuhr fort: "Jeden Tag sterben Menschen. Friedliche Zivilisten leiden mehr und mehr. Armee, Luftwaffe und schwere Waffen werden immer noch gegen sie eingesetzt."

Am Freitag werden Obama, Putin, der britische Premierminister David Cameron und der französische Präsident Francois Hollande an den Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie im Zweiten Weltkrieg teilnehmen. Cameron und Hollande haben Gespräche mit Putin während seines Besuchs vereinbart, aber das Weiße Haus teilte mit, dass es keine Pläne für einen amerikanisch-russischen Gipfel gebe.

Das D-Day Gedenken müsste den imperialistischen Mächten eher unangenehm sein, weil sie 1944 mit der Sowjetunion gegen Nazi-Deutschland verbündet waren, aber jetzt, siebzig Jahre später, mit Neonazi-Elementen in der Ukraine zusammenarbeiten, um Russland einzukreisen und zu destabilisieren.

Als amerikanische, britische und kanadische Truppen im Juni 1944 die Strände in der Normandie stürmten, säuberte die Rote Armee die letzten Widerstandsnester der Nazis in der Ukraine, befreite im April Odessa, nahm Sewastopol, den großen Hafen auf der Krim, im Mai nach einer langen Belagerung und eröffnete im Juni eine neue Front in Weißrussland. Gleichzeitig vernichteten Hitler-freundliche ukrainische Nationalisten - die politischen Vorfahren des Rechten Sektors und Swobodas - unter dem Schutz der zurückweichenden Wehrmacht die letzten Reste der polnischen Bevölkerung Ostgaliziens und Wolhyniens (der heutigen Westukraine).

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Quelle:
World Socialist Web Site, 04.06.2014
Obamas Besuch in Europa: Absprachen gegen Russland
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juni 2014