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GLEICHHEIT/6202: China und Russland beschließen Maßnahmen gegen US-Raketenabwehrsysteme in Asien


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

China und Russland beschließen Maßnahmen gegen US-Raketenabwehrsysteme in Asien

Von Peter Symonds
16. Januar 2017


China und Russland haben sich auf nicht näher beschriebene "Gegenmaßnahmen" gegen die Pläne der USA geeinigt, in Südkorea ein hochmodernes Raketenabwehrsystem zu installieren. Die Stationierung des amerikanischen Terminal High Altitude Area Defense (THAAD)-Systems richtet sich zwar offiziell gegen Nordkorea, in Wirklichkeit ist es jedoch Teil eines wachsenden Netzwerks von amerikanischen Raketenabwehrsystemen in Asien, die der Vorbereitung auf einen Krieg gegen China und Russland dienen.

Nach einem Treffen unter gemeinsamem Vorsitz des russischen stellvertretenden Außenministers Igor Morgulow und seinem chinesischen Amtskollegen Kong Xuanyou veröffentlichten die beiden Länder eine gemeinsame Erklärung, in der es hieß, die Gegenmaßnahmen sollten "die Interessen von China und Russland und das strategische Gleichgewicht in der Region schützen."

Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums Lu Kang erklärte am Freitag, die Entscheidung der USA zur Stationierung des THAAD-Raketenabwehrsystems stelle eine "ernsthafte Gefahr für Chinas Sicherheitsinteressen" dar und schade dem strategischen Gleichgewicht in der Region. "China und andere Länder müssen ihre eigenen berechtigten Bedenken in Sicherheitsfragen anerkennen und die zur Wahrung unserer Sicherheitsinteressen notwendigen Maßnahmen ergreifen," erklärte er.

Auch der stellvertretende russische Verteidigungsminister Anatoli Antonow äußerte im Oktober Bedenken wegen "der anhaltenden Aufrüstung des pazifischen Segments des weltweiten Raketenabwehrsystems der USA und ihrer Verbündeten. Sie wird unweigerlich das etablierte strategische Gleichgewicht im asiatischen Pazifik und im Rest der Welt stören."

Antonow erklärte: "Die USA gehen mit der Stationierung des Raketensystems in Südkorea eindeutig über das Ziel hinaus, die 'Bedrohung durch Nordkorea' abzuwehren."

Moskau und Peking befürchten, dass die USA durch den ständigen Ausbau der amerikanischen Raketenabwehrsysteme die Grundlagen für einen verheerenden atomaren Erstschlag schaffen. Das THAAD und andere Raketenabwehrsysteme könnten in diesem Falle sämtliche Vergeltungsschläge von Russland oder China neutralisieren.

Der diesjährige US National Defense Authorisation Act hat den Umfang des amerikanischen Raketenabwehrprogramms durch einen Zusatzartikel zum National Missile Defense Act von 1999 deutlich ausgeweitet. Er fordert jetzt "robuste" Verteidigung gegen komplexe Bedrohungen statt Raketenabwehrmaßnahmen gegen eine "begrenzte" Bedrohung.

Die USA haben momentan eine THAAD-Batterie auf Guam stationiert, zwei dazugehörige Radarsysteme vom Typ X-Band befinden sich in Japan. Das Höhenabfangsystem ist Teil eines umfassenderen Netzwerks aus land- und schiffbasierten Kurzstrecken-Raketenabwehrsystemen.

Die Präsidentschaft von Trump, der eine deutliche Vergrößerung der amerikanischen Atomstreitkräfte und allgemein des Militärs fordert, wird die Spannungen in Asien und der Welt erhöhen. Trump hat bereits mit Handelskriegsmaßnahmen gegen China gedroht, dessen Landgewinnungsprojekte im Südchinesischen Meer verurteilt und Peking vorgeworfen, es zügele Nordkoreas Atom- und Raketenprogramm nicht ausreichend.

Trumps Außenminister Rex Tillerson ging in seiner Anhörung im Senat zur Bestätigung seiner Nominierung noch deutlich weiter und erklärte, die USA würden China den Zugang zu den beanspruchten Inseln im Südchinesischen Meer verwehren. Das bedeutet, dass amerikanische Kriegsschiffe und Flugzeuge chinesische Schiffe und Flugzeuge aufhalten würden und wäre eine kriegerische Handlung [1].

Gleichzeitig erhöhte Tillerson den Druck auf China und Nordkorea. Er erklärte, die USA dürften Pekings "leere Versprechen", Druck auf Pjöngjang auszuüben, nicht mehr länger hinnehmen. Seine Herangehensweise an Nordkorea bestünde aus einem langfristigen Plan auf der Grundlage weiterer Sanktionen und deren angemessener Umsetzung.

Auf die Frage, ob Washington "sekundäre Sanktionen" gegen chinesische Unternehmen in Betracht ziehe, die gegen bestehende Sanktionen gegen Nordkorea verstoßen, erklärte Tillerson: "Wenn China sich nicht an die Sanktionen der UN hält, ist es angemessen, dass die USA Sanktionen erwägen, um sie zur Zusammenarbeit zu zwingen."

Trump hat bereits angedeutet, dass Nordkorea nach seiner Amtsübernahme an erster Stelle seiner außenpolitischen Agenda stehen werde. Gleichzeitig halten vor allem in den amerikanischen Medien die Spekulationen an, Pjöngjang werde bald eine atomar bewaffnete Interkontinentalrakete zur Verfügung stehen.

Trump erklärte auf Twitter überschwänglich, Nordkorea werde keinen Probestart einer Interkontinentalrakete durchführen - eine beängstigende Drohung nicht nur gegen Pjöngjang, sondern auch gegen Peking. Weder Trump noch Tillerson haben angedeutet, wie sie China dazu zwingen wollen, einen nordkoreanischen Raketenstart zu verhindern, oder wie sie Pjöngjang zur Abrüstung zwingen wollen. Allerdings werden alle Strafmaßnahmen die ohnehin schon angespannte Lage noch mehr verschärfen.

Das russische Außenministerium erklärte am Freitag, die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel könnten mit "hoher Wahrscheinlichkeit zunehmen". Ohne Washington namentlich zu nennen, wurde die "kontraproduktive Haltung bestimmter Regierungen bei der Verringerung dieser Spannungen" kritisiert, außerdem deren "Beharren auf einem Wettrüsten in dieser Subregion und die Verstärkung militärischer Manöver".

Abgesehen von der Stationierung der THAAD-Batterie strukturieren die USA auch ihre Basen in Südkorea um und haben einen aggressiven Operationsplan namens OPLAN 5015 angenommen, der im Falle eines Kriegs mit Nordkorea Präventivschläge und die Ermordung der nordkoreanischen obersten Führung vorsieht. Dieses Jahr veranstalteten die USA und Südkorea ihre bisher größten gemeinsamen Militärübungen mit 300.000 südkoreanischen- und 17.000 amerikanischen Soldaten, die von hochmodernen Panzern und Artillerie, Luft- und Seestreitkräften unterstützt wurden.

China und Russland haben nicht erkennen lassen, mit welchen Gegenmaßnahmen sie auf die Installation des THAAD-Systems in Südkorea reagieren wollen. Die beiden Länder hatten im letzten Mai eine gemeinsame Raketenabwehrübung abgehalten, nachdem Washington und Seoul Diskussionen über die Stationierung einer Batterie aufgenommen hatten. Für Oktober diesen Jahres haben sie eine zweite Übung angekündigt.

Südkorea klagt, dass China "Vergeltungsmaßnahmen" wegen der Stationierung des THAAD ergreift. Seoul wies auf ein Verbot südkoreanischer Fernsehübertragungen und einiger Popsänger hin. China hat außerdem Ermittlungen gegen den südkoreanischen Einzelhandelskonzern Lotte aufgenommen, der in China Filialen betreibt.

Letzte Woche erklärte der südkoreanische Handelsminister Joo Hyung-hwan im Parlament, er wolle das Thema am Freitag bei einem Treffen mit chinesischen Regierungsvertretern über ein Freihandelsabkommen zur Sprache bringen.

Die Entschlossenheit der Trump-Regierung, China diplomatisch, wirtschaftlich und militärisch entgegenzutreten, u.a. in gefährlichen Krisenherden wie der koreanischen Halbinsel und dem Südchinesischen Meer, wird die Gefahr eines zunehmenden Wettrüstens in der Region und die Kriegsgefahr noch weiter verschärfen.


Anmerkung:
[1] http://www.wsws.org/de/articles/2017/01/14/pers-j14.html

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Quelle:
World Socialist Web Site, 16.01.2017
China und Russland beschließen Maßnahmen gegen US-Raketenabwehrsysteme in Asien
http://www.wsws.org/de/articles/2017/01/16/chru-j16.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Januar 2017

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