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KAZ/142: Sie wollen nur Dein Bestes - Dein Geld, Deine Gesundheit, Dein Leben!


KAZ - Kommunistische Arbeiterzeitung, Nr. 329, Dezember 2009
Proletarier aller Länder und unterdrückte Völker vereinigt euch!

Sie wollen nur Dein Bestes: Dein Geld, Deine Gesundheit, Dein Leben!


"Wahlen und ihr Ergebnis sind auch ein Ausdruck des Klassenbewusstseins..., schrieben wir in unserem Wahlflugblatt und in der KAZ 328 vor der Bundestagswahl am 27. September 2009.

Was hat der 27. September zum Klassenbewusstsein in Deutschland gezeigt?


Das Klassenbewusstsein der Kapitalistenklasse ist ungebrochen

Die deutschen Großkapitalisten wollen die anhaltende Krise mit möglichst wenig Schaden überstehen und dann möglichst schnell die in der Krise verlorenen Milliarden zurückholen.

1. Von der Arbeiterklasse, denn nur die produziert Wert, in Deutschland und anderswo.
2. Von den Zwischenschichten, von kleinen Selbständigen bis zu kleineren Kapitalisten.
3. Von Konkurrenten, die in der Krise Schwäche zeigen, ob hier oder im Ausland.

Das deutsche Großkapital, ca. 100 Familien, mit Familienclans und engerem Hofstaat vielleicht 8.000 Personen, das wären 0,01% der Bevölkerung, kennt seine Klasseninteressen. Sie stellen die Spitzenmannschaft, die ihr in ihrem Staatsapparat dienen darf, neu auf und zwar mit Zug noch weiter nach Rechts: "Bürgerblock" Schwarz-Gelb.

Sie können das tun, weil in der Arbeiterklasse, und der gesamten produzierenden Mehrheit der Bevölkerung, noch immer zu wenige Menschen Klarheit über die eigene Lage als Klasse haben. Deshalb kann diese verschwindend kleine Minderheit noch weiter herrschen, und statt wesentliche Zugeständnisse an die Arbeiterklasse zu machen, sogar noch frech mehr und immer mehr von ihr fordern.

Die von den Großen abhängigen mittleren und kleinen Kapitalisten erhoffen sich in der Krise die Rettung von denen, die die Macht haben, und ziehen das Kleinbürgertum mit sich nach rechts. Bei den Grünen werden die letzten Schamgrenzen überschritten, wenn es darum geht, sich Liebkind beim Großkapital zu machen: Nach rechts buckeln, nach links treten. Die FDP überlässt das linksliberale Geschwätz der SPD und den Grünen und profiliert sich nach rechts Außen in Konkurrenz zur CSU und zum rechten Flügel der CDU. Es gibt da eine Tradition. Wir erinnern uns noch an die FDP als Sammelbecken von führenden Altnazis (Naumann-Gruppe, Achenbach-Affäre) mit Leuten wie Zoglmann, die Strauß rechts überholten.(1)

Mit dem Code 18 sind auch für diese Rechtsradikalen im feinen Anzug, auch im Gedenken an Möllemann selig, nicht Prozente der Wählerstimmen, sondern die Initialen ihres Idols Adolf Hitler (A als Buchstabe Nr.1 und H als Nr.8 im Alphabet) gemeint.

Die CDU kann sich mit diesen Partnern profillos wie ihre geschickte Frontfrau in der Grauzone des Unbestimmten bewegen, ohne klar zu sagen, wem sie bei Verschärfung der Krise an den Kragen will, nämlich uns.


Bewährte Mittel gegen Klassenbewusstsein der Arbeiterklasse

Dem Großkapital lag daran, bis zum 27. September eine lockere Ferienstimmung zu verbreiten. Die SPD-Wahlkampfführung hat es dabei unterstützt. Sie stützt sich dabei auf soziale Schichten in der Arbeiterklasse, die sich am Kleinbürgertum orientieren. Für ihre politische Leitlinie gilt immer noch, was Lenin vor fast einem Jahrhundert über diese "Arbeiteraristokratie" und den Opportunismus in der Arbeiterklasse schrieb: Zusammenarbeit der Klassen, Misstrauen dem Proletariat, Vertrauen der Bourgeoisie gegenüber.

Der anwachsende klassenbewusstere Teil des Proletariats hat die Ferienstimmung durch Aktionen und Nachrichtenverbreitung heftig gestört, wo wir als Klasse das mit den uns heute zur Verfügung stehenden Mitteln konnten: Große und kleine Demos, Veranstaltungen, Proteste, Kriseninfos und Schulungen, mit einer Vielzahl von Aktivitäten wurde ein großer Teil der trotz Watte-Wahlkampf der Herrschenden nicht eingeschläferten arbeitenden Bevölkerung erreicht.

Den Kräfteverhältnissen entsprechend gelang es aber der herrschenden Klasse, das Ruhegebot zur Krise in den Medien fast vollständig aufrecht zu erhalten. Nur die Financial Times Deutschland berichtete einmal kurz (sozusagen "unter uns Großkapitalisten"), dass es eine Absprache gab, vor dem 27. September keine Massenentlassungen bekannt zu machen. (FTD 24.8.09)(2)

Die bürgerliche Presse ließ dann sogar noch in der letzten Vierteljahresstatistik vor der Wahl die Auftragseingänge für die Industrie steigen. Also doch der Aufschwung?

Wir zitieren wieder das Organ des Großkapitals, die Financial Times Deutschland: "Aus dem Inland verbuchte die Industrie im Juli ein Auftragsplus von atemberaubenden 10,3%. Der Grund sei vor allem eine Bestellung von Kampfwagen und anderer Militärausrüstung, erklärte das statistische Bundesamt" (FTD 8.9.09). Es ging um 405 Schützenpanzer "Puma" für 3,4 Mrd. Euro, und Militärhubschrauber sowie Schienenfahrzeuge der Bahn, über deren Anschaffung längst entschieden war, und deren Bestellung eben im Juli vor der September-Wahl in die Statistik gebucht wurde. So werden "objektive Nachrichten" gemacht in der bürgerlichen Pressefreiheit.

Massenentlassungen wurden vor der Wahl, wie verabredet, vom Großkapital nicht bekannt gegeben, im Gegenteil, den Kolleginnen und Kollegen besonders von Opel, Karstadt und Quelle wurde Hoffnung auf Erhalt der Arbeitsplätze gemacht.


Die Messen sind gesungen, jetzt geht das Kapital zur Sache

Gleich am 29. September, zwei Tage nach der Wahl, erklärte der Siemens Finanzvorstand Käser den Investoren, dass man eine lange Durststrecke, bis 2012, erwartet. In den wichtigen Sparten Antriebstechnik und Industrieautomation erwartet man erst im Laufe des Jahres 2011 eine Erholung der Nachfrage. Stellenabbau im großen Stil ist geplant. (FTD 30.9.09). Zwei Wochen nach der Wahl kündigt die LBBW Stuttgart 2500 Entlassungen an, von 10.000 Angestellten derzeit insgesamt. (KA news). Am 7. Oktober war Leese, der Chef des Stahlriesen Salzgitter dran: Aus seiner Sicht wird es lange dauern, bis sich die Stahlindustrie von dieser Krise erholt (FTD 8.8.09). Die FTD vom 9. September 2009: Absatz von Daimler LKW 2009 bis August ist halbiert gegenüber Januar bis August 2008. Anfang Oktober meldet die EU-Kommissarin Kroes Einspruch gegen den Opel-Sanierungsplan an. Wieder einmal kommt dem Porsche-Piech Clan, der ein enormes Interesse am Verschwinden des Konkurrenten Opel hat, die "Politik" zu Hilfe(3).

Am 20. Oktober meldet die Presse das Ende für das Versandhaus Quelle.

21. Oktober: "Quelle reißt Partnerfirmen mit. Post baut Hunderte Stellen ab." (FTD 21.10)
"Postchef Appel sagt, eine Trendwende in der Wirtschaft sei nicht abzusehen." (FTD 22.10)

Dann legt Daimler das 3. Quartal vor. "Die Absatz und Umsatzeinbrüche sind nach wie vor enorm" sagt ein Banker. Daimler-Chef Zetsche will noch 2009 4 Mrd. Euro einsparen (FTD 28.10). Dann: 3. Quartalsbericht bei BASF, dem Welt-Chemieriesen: "Wir stecken in einem ganz, ganz tiefen Loch", sagt BASF-Chef Hambrecht. Für 2009 wird ein starker Umsatz- und Ergebnisrückgang erwartet (FTD 30.10). Im November wurde es nicht besser: Raffineriesterben erwartet: Überkapazitäten bis zu 30% (FTD 9.11). 3. Quartal des Welt-Versicherungsriesen: "Allianz kämpft im Kerngeschäft" (FTD 10.11). Dann: Bayern LB: Unerwarteter neuer Verlust von 1 Mrd. Euro (FTD 11.11). Weiter: "Staatshilfe verpufft bei HRE" - Wieandt, der neue Chef der Groß-Pleitenbank, die bald 100 Mrd. Euro an Bürgschaften und Kapitalhilfen aus Steuergeldern schon geschluckt hat: "Wir sind bei Weitem nicht am Ziel" (FTD 12.11).

Tags darauf konkretisiert der Daimler Finanzchef Übber die Pläne seines Chefs Zetsche, siehe oben: Bis Ende dieses Jahres sollen nicht 4, sondern 5 Mrd. Euro eingespart werden. Die Kürzungen sollen 2010 in gleichem Ausmaß weitergehen (FTD 13/14/15.11, S.1). 10 Mrd., also 10.000 Millionen Euro Einsparung bei Daimler, das ist nicht nur die Kriegserklärung an die Daimler-Kollegen, das wird Wellen schlagen! ThyssenKrupp, FTD 16.11: Verschuldung und Rekordverlust bedrohen Bonität des Konzerns.

Auch in den wesentlichen Exportmärkten der BRD-Unternehmen wird nach Exportrückgängen von bisher schon 20-50% zunehmende Arbeitslosigkeit gemeldet - das wird den deutschen Export nicht beflügeln. Von der gesamten Wirtschaftsleistung (gemessen am Bruttoinlandsprodukt, BIP, das die tatsächliche Wertschöpfung allerdings nur verzerrt wiedergibt) in Deutschland von rd. 2.492 Mrd. Euro im Jahr 2008 gingen 994 Mrd. Euro in den Export, also ziemlich genau 40%. (Statistisches Jahrbuch 2009, im Internet unter destatis, Publikationen). 75% dieses Exports geht in andere europäische Länder, wo die Wirtschaftskrise ebenso wenig vorbei ist wie hier. Hauptexportland für Deutschland ist Frankreich, wo nicht nur die Erwerbslosigkeit ansteigt. Die FTD dazu am 16.11: Enttäuschende Entwicklung der Anlageinvestitionen, die im 3. Quartal sogar stärker sanken als zuvor.

Ca. 10% des Exports gehen in die USA. Seit Beginn der Krise 2007 verdoppelte sich dort die offizielle Arbeitslosigkeit von 7,2 Millionen auf 15,1 Millionen und steigt weiter. (Die USA hat 306 Mio. Einwohner, Deutschland 82 Mio.). Der Ex-Chef der Weltbank und US-Präsidentenberater Joseph Stiglitz: "Wenn sich in den kommenden Monaten keine echte Erholung abzeichnet, brauchen wir ein weiteres Hilfspaket." (FTD 19.10).

Das einzige größere Land mit solidem Wachstum ist China, wohin 2008 ganze 3,4% der deutschen Exporte gingen. Selbst eine deftige Steigerung der China-Exporte wird also nicht reichen, um die deutsche Wirtschaft aus der Krise zu bringen.

Warum wir diese Einzelheiten schreiben? "Das 'dicke Ende' steht uns noch bevor" hatten wir im Wahlflugblatt geschrieben. Die Belege dafür bringen wir jetzt nicht, um zu zeigen, dass wir recht hatten, sondern weil es zeigt, wie wichtig es ist, sich selbst ein Bild zu machen. Der bürgerlichen Presse, ob offen reaktionär oder linksliberal, ist nicht zu trauen.

Selbst bei Statistikbildern muss man zweimal hinschauen: Die FTD brachte am 10. November auf S.14 zwei Grafiken: Die erste zeigt den Stand der deutschen Industrieproduktion des letzten Monats gegenüber dem Vorjahresmonat, also vom September 2009 im Vergleich zu September 2008. Der Titel hieß (haha!) "Auferstanden aus Ruinen" und sollte wohl den flüchtigen Leser dazu verleiten zu glauben, dass die Krise vorbei sei. Gezeigt wurde zwar eine aufsteigende Linie, die aber nur bedeutete, dass die deutsche Industrieproduktion nicht mehr 22% unter der Vorjahresproduktion lag, wie im April, sondern dass im September 2009 (dem Wahlmonat) "nur" 12,8% weniger produziert wurde als im September 2008.

Das Gleiche war auf der zweiten Grafik zu sehen: Die deutschen Exporte lagen nicht mehr um 25% unter dem Vorjahresmonat wie im April, sondern im September 2009 "nur noch" 18,8% unter dem September 2008. Soviel zur Pressefreiheit der Milliardäre.


Bewusstsein der Arbeiterklasse

So zeigte sich das Bewusstsein der Arbeitenden zur Wahl: Einige 100.000 (Wir bezahlen Eure Krise nicht!) störten die Pressefreiheit der Milliardäre.

Von 62,2 Millionen Wahlberechtigten gingen 44,0 Millionen zur Wahl. 18,2 Millionen, fast jeder Dritte Wahlberechtigte, viele aus dem Gebiet der DDR, haben sich entpolitisieren lassen und das Feld den Mächtigen überlassen. (s. Statistik des Bundeswahlleiters). Gerne ganz vergessen werden die Millionen Kollegen ohne deutschen Pass, Migrantinnen und Migranten und deren Kinder, denen unter anderem das Wahlrecht vorenthalten wird.

6,3 Millionen Wähler, hauptsächlich aus den Zwischenschichten von Zahnwälten und Jungmanagern, glaubten noch an das Märchen von der Selbstregulierung des Marktes und an eine baldige Steuersenkung vor allem für die eigene Sozialgruppe oder wollen sich einfach auf Kosten der Arbeiterklasse sanieren, und deshalb wählten sie FDP. Nachdem CDU, SPD und auch die Grünen die neoliberalen Posaunen wegsteckten und die Flöten der "sozialen Marktwirtschaft" aus der Mottenkiste holten, durfte die FDP allein den Restmüll aus der neoliberalen Ecke aufsammeln. Sie bekam 1.180.000 Stimmen von früheren CDU-Wählern und 540.000 von SPD-Wählern (Schätzung Stimmenwanderung nach FTD vom 28.9.09).

Die Parteien der "neuen sozialen Marktwirtschaft", hatten es mangels Glaubwürdigkeit schwer. Die CDU hat noch 11,83 Millionen Wähler, und musste der FDP 1.180.000 Stimmen abgeben. Die ebenfalls zunehmend unglaubwürdige CSU brachte es auf 2,83 Mio. Wähler.

Die Union bekam dafür 890.000 demoralisierte SPD-Wähler, Kleinbürger und solche, die es werden wollen, verlor aber 890.000 ebenfalls Demoralisierte, die gar nicht mehr wählten.

Insgesamt haben die Parteien, die jetzt die Regierung bilden, weniger Wähler als bei der letzten Bundestagswahl 2005. Sie wurden von etwa einem Drittel der Wahlberechtigten gewählt - ganze 33% der erwachsenen deutschen Staatsbürger stehen also hinter der Regierung Merkel 2. Das kann man auch als Hoffnungsschimmer werten.

Die offen faschistischen politischen Schutztruppen des Großkapitals, NPD, Republikaner und DVU wurden bis zur Verschärfung der Krise in die Reserve geschickt. Dort rüsten sie ihre Schlägerbanden auf, vor allem unter dem Titel "Freie Kameradschaften".

Am meisten gebeutelt hat es in der Bundestagswahl 2009 die SPD, die als Opfer ihrer eigenen "Reform"-Propaganda und mit ihren Steinbrück-Milliarden für die Banken die fortschrittlicheren (im Vergleich zur FDP!) Kleinbürger, aber auch empörte von ihr selbst desorientierte Arbeiter, an die Grünen verloren hat (890.000), die demoralisierten an CDU (noch mal 890.000) und FDP (540.000), und die klassenbewussteren an die PdL (1.220.000). Sie hat es noch auf genau 10 Mio. Wähler gebracht. Die größten Verluste musste die SPD von Wählern hinnehmen, die nicht mehr zur Wahl gingen. Hiermit dürfte die SPD den größten Beitrag zu Schwarz-Gelb beigetragen haben: 1.860.000 Wähler, die lieber gar nicht als Steinmeier/Müntefering wählten, und eine Partei, die das Wort "Reform" zum Begriff für das Einstampfen von sozialen Absicherungen machte unter dem Namen ihrer Parteigrößen Hartz und Riester, und um der Schande noch die Beleidigung draufzusetzen, Sarrazin.

Die Partei die Linke hat jetzt 5,2 Millionen Wähler. Sie gewann im Wesentlichen die 1,2 Millionen Wähler, die vorher SPD gewählt hatten. Das ist gut!

Aber insgesamt hat diese Wahl einen Ruck nach rechts gebracht und den "Bürgerblock" ans Ruder gebracht. Zudem sind die Grünen, die einmal Sprachrohr des demokratischen Kleinbürgertums waren, nach rechts gedriftet. Das zeigt sich in den Koalitionen mit der CDU in Hamburg und nun im Saarland. Und es zeigt sich daran, dass diese Partei, die einstmals für bürgerlichen Pazifismus stand, nun prozentual den stärksten Anteil an "Bellizisten" aufweist (s. auch UZ vom 20.11.), die in Afghanistan bleiben möchten.


Widerspruch der PdL

Die Wähler der PdL finden eine Partei vor, die mit sich selbst im Widerspruch ist: Einerseits ist da der Glaube an Keynesianismus, an Lafontaine und seinen Wirtschaftsberater und früheren Finanzstaatssekretär Flassbeck, der seitdem von den Höhen der UNO-Entwicklungsorganisation UNCTAD eine bessere Wirtschaftspolitik fordert, wohlgemerkt, ohne den Großkapitalisten weh zu tun. Sie wollen die SPD der 70er Jahre, ohne zu sehen, dass Keynesianismus Rüstung heißt, und auch in den 70er Jahren Rüstung hieß. Dazu unten mehr.

Die Wähler wollen die Rüstung nicht. Sie sehen und unterstützen die starken Kräfte des Antimilitarismus in der PdL, wie sie sich in einer der 3 Hauptparolen - Raus aus Afghanistan - zeigen.


Warum ist Keynesianismus gleichbedeutend mit Rüstungspolitik?

Mit Keynesianismus werden Regierungsprogramme gekennzeichnet, bei denen es darum geht, den Ausfall der Nachfrage in der Krise durch Staatsaufträge auszugleichen.

Der Staat bestellt nach dieser Theorie, egal was, bei einem Kapitalisten. Der bestellt Maschinen und beschäftigt Arbeiter. Die, und die Arbeiter im Maschinenbau, kaufen Konsumgüter, so dass insgesamt mehr Nachfrage entsteht, als der Staat ausgibt.

Weil es angeblich egal ist, was der Staat bestellt, begeistert diese Theorie immer wieder Sozialdemokraten und andere bürgerliche "Reformer".

Linke Reformer träumen vom Staat, der in der Krise endlich die vernachlässigten Sozialinvestitionen nachholt, also z.B. Krankenhäuser und Schulen baut. Das tut er sogar manchmal, wo diese am Zerfallen sind, wie im Moment. Aber, und deshalb bleiben die Träume der Reformer immer wieder Schäume, der Staat bleibt natürlich, auch wenn er die "Keynes-Theorie" anwendet, Staat der herrschenden Klasse, des Großkapitals.

Aber ist nicht auch das Großkapital an Bildung und Gesundheit für seine Arbeiter interessiert?

Sozialdemokraten vergessen gern, dass das Großkapital als herrschende Klasse durchaus halbe Generationen ohne jede Bildung lassen kann.

Als Großkapital ist es Monopolkapital, es strebt nach Vorherrschaft, selbst wenn die Mittel mal "demokratisch", "fair" oder "solide kaufmännisch" sein sollten statt wie gewöhnlich reaktionär und brutal zu sein: Es ist ihm z.B. in der Bildungsfrage zweitrangig, ob die Mittelständler ausreichend gut ausgebildete Schüler bekommen, solange genug für ihn da sind.

Gesunde Arbeiter für Daimler und Siemens finden sich auch, wenn das Gesundheitssystem in der BRD kaputt ist. Notfalls gibt es noch "unverbrauchte Kräfte" woanders auf der Erde.

Monopolkapitalismus ist auch immer Imperialismus, weil er auf Verbesserung seiner Stellung auf den Weltmärkten dringen muss. Da sind aber schon andere. Gegen die hilft nicht nur bessere Technik z.B. mit neuen Windrädern und Erdwärmepumpen.

Wer da glaubt, der deutsche Imperialismus mit seinen technischen Superprodukten braucht sich keinen Respekt mit einer immer stärkeren Militärmacht verschaffen, sollte einen Aufnahmeantrag bei den Grünen stellen, im Ortsverein von Josef Fischer, dem Außenminister der deutschen Balkankriege des 21. Jahrhunderts.


Lockruf Arbeitsplätze für die Rüstung

Der Aufstieg des auf dem Weltmarkt zu spät gekommenen und deshalb besonders aggressiven deutschen Imperialismus hatte von Anfang an natürlich unmittelbar mit Aufrüstung zu tun. Bereits im Kaiserreich um 1900 herum gab es Lockrufe in die damals noch revolutionäre SPD hinein, bei der Ablehnung des Flottenbaus die Arbeitsplätze nicht zu vergessen. Das wurde zunächst von der Führung der damals noch revolutionären SPD zurückgewiesen (siehe KAZ 323). Auch nach 1918 hieß die Antwort auf Krisen, ob 1923 oder 1930, Aufrüstungsprogramm. Darauf folgte der Aufschwung bis Februar 1943. Aber sogar nach Stalingrad legte die Rüstung der deutschen Monopolherrn noch mal zu bis zum absoluten Höhepunkt im September 1944.

Nach 1945 wurde Westdeutschland zunächst hauptsächlich als Stahllieferant in die Korea-Kriegsrüstung der USA einbezogen, was eine wesentlich stärkere Auswirkung auf das sog. Wirtschaftswunder hatte als der "Marshallplan" (siehe KAZ 323).

Ab 1956 konnte die remilitarisierte BRD schrittweise ein eigenes Rüstungspotential aufbauen, wobei allerdings die USA bestimmte technologische Kernbereiche der Atomrüstung, der Elektronik sowie der Luft- und Raumfahrt monopolisierten. Trotzdem hatte der enorme Bedarf der USA, die nach 1945 stärkste imperialistische Macht geworden war, eine Sogwirkung, die zum Aufschwung in weiten Teilen Westeuropas führte, und eben auch zum Wiederaufstieg des deutschen Imperialismus. Als Aasgeier der weltweiten offenen und geheimen Kriege der USA feierte Westdeutschland sein "Wirtschaftswunder".

Die Krise Mitte der 70er Jahre wurde mit dem Ausbau einer eigenen deutschen konventionellen Rüstungsindustrie "bewältigt", unter den Aufrüstungsministern Georg Leber und Helmut Schmidt. Von den 350 Mrd. DM Steigerung der Staatsverschuldung von 1970 bis 1980 von 100 Mrd. DM auf 450 Mrd. DM wurden mindestens 250 Mrd. DM in die Rüstung gepumpt. Der deutsche Imperialismus hatte die Schwäche des US-Imperialismus, die durch den Vietnamkrieg verursacht war, benutzt, um sich etwas unabhängiger zu machen. Das war die SPD der 70er Jahre, die die Hochrüstung des Imperialismus und die Entwaffnung der Arbeiterklasse durch Notstandsgesetze betrieb hinter einer Nebelwand von Keynesianischem Krisenbewältigungszauber und Mitbestimmungsversprechen.

Der deutsche Imperialismus war und bleibt der Aasgeier, der von der Ausbeutung der Welt durch die großen Imperialisten, voran die USA, am meisten indirekt profitiert.

Aber heute wird doch in Schulen und Infrastruktur investiert?

Zu vergleichen sind die wenigen Milliarden nötigster Investitionen in Infrastruktur mit den vielen Milliarden der jetzt beschleunigten Rüstungsprogramme.

Ziel dieser Rüstungsprogramme ist es, aus der Bundeswehr eine weltweit einsetzbare imperialistische Armee zu machen, die sich innerhalb Europas mit den Armeen Großbritanniens und Frankreichs vergleichen kann.

Auf Basis dieser Strategie sind bestellt die eingangs erwähnten Puma-Panzer für 3,4 Mrd. Euro, der Transportpanzer Boxer für 1,4 Mrd. Euro ("Schnelle Verfügbarkeit bei out-of-area-Einsätzen wird durch die Lufttransportfähigkeit im Airbus A400M garantiert", heißt es auf der website von Krauss-Maffei Wegmann, einer Gesellschaft die zu 49% Siemens gehört), das Militärsatellitenprojekt für Spionage (SAR Lupe) und Kommunikation (Sat-ComBw) und vor allem das erwähnte Airbus-Transportflugzeug A400M (FTD 24.9.09). Bei dem Transportflugzeug gibt es immer wieder Schwierigkeiten. (FTD 14.10.09) Es geht um ein 20 Mrd. Projekt für Airbus. An der Muttergesellschaft EADS ist Daimler und ein verbündetes Konsortium aus Allianz-Gruppe, Banken und anderen Investoren mit 22,5% beteiligt, im "Gleichgewicht" mit den 22,5% von französischen staatlichen und privaten Investoren und deren Bündnispartnern.(4) Damit die Europäer es sich zweimal überlegen, einen Rüstungsblock gegen die USA aufzubauen, lockt das US-Verteidigungsministerium immer wieder mit möglichen Bestellungen für den A400M bis in Höhe von 100 Mrd. US $.

So können die deutschen Großkapitalisten auf höherem Niveau die alte Schaukelpolitik zwischen zwei Zielgrößen weitertreiben: Welt-Schwergewicht Europa mit Frankreich gegen die USA, oder alternativ weiter Juniorpartner der USA. Das Ziel ist letztlich wieder die Unterordnung des französischen Imperialismus unter die deutsche Hegemonie in Europa, um gegen die schwächer werdenden USA aus der Rolle des Juniorpartners heraus zu kommen und auf "gleicher Augenhöhe" zu stehen.

Bei den Schwierigkeiten, in die auch die deutsche und französische Regierung verwickelt sind, geht es letztlich um die imperialistische Kernfrage, ob man mit oder gegen den US-Imperialismus aufrüsten soll.


PdL: Antimilitarismus und sozialistische Perspektive oder Keynes, Rüstung, Europa?

Die Vertreter der PdL müssen sich also vor allem messen lassen an ihrem Verhalten zum Militarismus.

Die SPD fährt seit der verlorenen Wahl offen die Politik der Integration der PdL in das System des bürgerlichen Parlamentarismus. Damit versuchen SPD-Politiker der Preisklasse Hartz 2009, die Wowereits und Platzecks, wieder Ansehen beim Großkapital zu gewinnen mit Aussicht auf die wirklich dicken Posten. Gerhard Schröder hat es vorgemacht mit der Integration der Grünen in den deutschen Imperialismus. Von den Grünen kamen ja viele aus der linken Bewegung, und hatten sich einst Antimilitarismus auf die Fahnen geschrieben.

Als Eintrittsgeld für Koalitionsfähigkeit und damit Aussicht auf jede Menge Posten verlangt die SPD im Namen des Großkapitals von der PdL Abschwören in 4 Punkten:

1. Die Aufgabe des Ziels des Sozialismus: Sozialismus als Traum darf sein, aber nicht als reale Staatsmacht. Durchgesetzt wird das in Form der bedingungslosen Ablehnung der DDR als Staat: Die PdL darf in einer Koalition mit der SPD vielleicht noch etwas Gutes über Radeberger Bier sagen, aber nicht über das Recht des Staates DDR zur Verteidigung seiner Grenzen mit bewaffneten Kräften und zur Verteidigung seiner Verfassung mit Hilfe einer Verfassungsschutzorganisation. Beispiel Niedersachsen, Christel Wegner.

2. Als nächstes wird gefordert die positive Einstellung zur EU. Wie sollte sonst der deutsche Imperialismus zur Vorherrschaft in Europa kommen?

3. Für eine Koalition mit der PdL auf Bundesebene ist für die SPD-Junghartze bzw. für den deutschen Imperialismus unverzichtbar die positive Einstellung zur NATO, andernfalls wäre die oben erwähnte Schaukelpolitik als Grundstrategie des imperialistischen Wiederaufstiegs nicht möglich. Afghanistan ruft. Ramelow wackelt: "Im Streit um den Afghanistan-Einsatz kommen Teile der Linken der SPD entgegen. Ein sofortiger Truppenabzug wäre 'eine Flucht wie damals aus Vietnam', sagt der Bundestagsfraktions-Vize Ramelow." (Spiegel online 3.10.2009)

4. Von der PdL, will sie Regierungsposten, wird eine Haushaltsdisziplin angemahnt, siehe Berlin, die auf Bundesebene auf eine Fortführung der Agenda 2010 hinausläuft. Damit wären wir beim obengenannten Peter Hartz, dessen Name und Schande zum Symbol der Schröder-Agenda geworden ist. Und bei Sarrazin, der vor seinem Posten bei der Bundesbank, Finanzsenator in Berlin war, und sich dort mit Einkaufsvorschlägen zur Hungerkur für Hartz IV-Empfänger hervortat.

Der Druck auf die PdL wird spürbar auch in den Reihen der dem Marxismus verpflichteten Linken. Gerade in der Frage der Stellung zur EU, zu einer europäischen Linkspartei wird der Lockruf des Imperialismus hörbar. Aber auch in anderen Fragen wie der jetzt wieder aus der Klamottenkiste geholten "Wirtschaftsdemokratie" oder im Liebäugeln mit dem Keynesianismus entfaltet das Kapital seine ideologische Sogkraft.

Gänzlich aus dem Blickfeld geraten ist in diesen Kreisen die tatsächliche Entwicklung, die uns bevorsteht, wenn mit verschärfter Krise und wachsender Erwerbslosigkeit die Einnahmen des Staates wegbrechen, wenn die Widersprüche zwischen den Imperialisten offen aufbrechen, die jetzt noch hinter einem Schleier von Schulden und Geldvermehrung verdeckt sind.

Die Plünderung der Sozialkassen steht, mehr oder weniger gut versteckt, im Regierungsprogramm. Damit ist der Weg zu einer Politik im Stil Brünings, des konservativen Reichskanzlers 1930-1932 vorgezeichnet. Brüning setzte den sozialen Kahlschlag zur Sanierung der Staatsfinanzen mit Hilfe von Notverordnungen durch, für die er keine parlamentarische Mehrheit mehr brauchte, und bereitete so der offenen Diktatur den Weg.

Wir sagen "Notverordnungen" nicht, weil wir von der Wiederholung der Geschichte ausgehen, sondern damit eine Wiederholung unbedingt verhindert wird.

Wenn die Kürzungen kommen, wenn die "Notverordnungen" heute in Form von "Reform-" oder "Anpassungsgesetzen" oder sonstigen in Wort-Watte verpackten Granaten sich jagen werden, wenn dann der Widerstand wächst, und wenn dann die Herren ihre Vorbereitungen treffen für Krieg und Bürgerkrieg, wenn dieses Szenario sich realisieren sollte, wehe uns und der deutschen Arbeiterklasse, wenn sich bis dann die kommunistischen Kräfte nicht gesammelt, ihr Profil geschärft und Masseneinfluss gewonnen haben.

Nutzen wir die nächste Zeit, um Aktionen des Klassenkampfs am Arbeitsplatz und auf der Straße zu unterstützen,

- die das Klassenbewusstsein fördern,
- die die Klassenversöhnung aufdecken
- um uns daran zu schulen, dabei zu sammeln und um wieder anzugreifen mit einer starken Partei auf kommunistischer Grundlage.


ANMERKUNGEN

(1) Nachzulesen z.B. bei Norbert Frei: Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit. dtv, München 1999 ISBN 342330720X insbes. über Achenbach. In google books lesbar. - Kap. 3: Die Naumann-Affäre und die Alliierten 1953, S. 361ff.

(2) Wir berichteten in KAZ 328, S. 32 unter dem Titel: "Kahlschlag kommt nach der Wahl".

(3) s. KAZ 328. S. 28, "Kampf der Großkapitalisten um die Hebel des Staatsapparats".

(4) Die European Aeronautic Defence and Spare Company (EADS) ist Europas größter Luft-, Raumfahrt- und Rüstungskonzern. Mit einem Umsatz von 43,3 Milliarden Euro (Stand 2008) ist EADS nach Boeing das zweitgrößte Luft- und Raumfahrtunternehmen der Welt. Nach dem Stand vom 31. März 2009 baut sich die Aktionärsstruktur der EADS N.V. wie folgt auf[13]:

- 50,49% - vertragliche Partnerschaft der Hauptaktionäre:

- 22,50% - Dasa AG
[66,67% - Daimler Luft- und Raumfahrt Holding AG (DLRH) zu 99,90% Daimler AG
33,33% Konsortium von privaten und öffentlichen Investoren(**)]

- 22,50% - SOGEADE
[60,00% - Sogepa (französische Staatsholdinggesellschaft)
40,00% - Désirade zu 100,00% Lagardère
5,49% - SEPI
(spanische Staatsholding)

- 49,51% - frei handelbare Aktien (Streubesitz)


(**) Konsortium von privaten und öffentlichen Investoren vom 9. Februar 2007:
von sieben privaten Investoren
- je 10,00% für Allianz, Commerzbank, Credit Suisse, Deutsche Bank und Goldman Sachs
- je 5,00% für Morgan Stanley und Sal. Oppenheim
und acht öffentlichen Investoren
- 13,00% KfW Bankengruppe
- 10,00% HGV Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsverwaltung
- 5,00% Hannoversche Beteiligungsgesellschaft
- 3,50% Bayerische Landesbodenkreditanstalt
- 2,50% Landesbank Baden-Württemberg
- 2,50% Landeskreditbank Baden-Württemberg
- 2,00% Bremer Investitions-Gesellschaft
- 1,50% LfA Förderbank Bayern


*


Quelle:
KAZ - Kommunistische Arbeiterzeitung, Nr. 329, Dezember 2009, S. 4-9
Herausgeber und Verlag: Gruppe Kommunistische Arbeiterzeitung,
Selbstverlag
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KAZ erscheint viermal jährlich.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Januar 2010