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MARXISTISCHE BLÄTTER/578: Gewerkschaften auf dem Kriegspfad?


Marxistische Blätter Heft 5-14

Gewerkschaften auf dem Kriegspfad?

Von Anne Rieger



Waffenproduzenten und -händler sind im Profitrausch. Seit dem 8. August bombt die amerikanische Armee wieder im Irak und liefert Waffen in einen Krisenherd, den es ohne Bush's Irak-Kriege gar nicht gäbe. Einen Tag zuvor hat Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen bei seinem Auftreten in Kiew erklärt "Die Nato steht bereit, die Ukraine zu unterstützen." Israel bombardiert seit Wochen die Menschen in Gaza, Hamas-Raketen werden auf israelische Wohngebiete geschossen. Die Waffenproduzenten und -händler reiben sich die Hände, denn jede Munition, jede Bombe, jede Rakete kann nur einmal verwendet werden. Dann muss sie als "Wegwerfartikel" wieder ersetzt werden und bringt neuen Profit. So u. a. auch bei EADS, dem laut Handelsblatt siebtgrößten Rüstungskonzern der Welt, kontrolliert von Deutschland und Frankreich. Mit militärischen Produkten erwirtschaftete EADS 2011 laut "Defence News" knapp 16,10 Mrd. Dollar. Das entspricht knapp 24 Prozent Anteil am Gesamtumsatz.

Wie verhalten sich da Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter? Sind sie auf dem Kriegspfad, sind sie Mitläufer oder gibt es Protest und Widerstand in ihren Reihen? Auf dem Seminar des Friedensratschlags Anfang Mai, wurde der Frage nachgegangen.

Äußerungen einzelner GewerkschafterInnen, eifrig von den Leitmedien verbreitet, könnten die Sichtweise aufkommen lassen, die Gewerkschaften seien bereits "auf dem Kriegspfad". Tatsächlich jedoch lehnt die Gewerkschaftsbasis in ihrer großen Mehrheit den Krieg ab. Natürlich gibt es davon abweichende Meinungen, denn die Gewerkschaften sind kein monolithischer Block. Wesentlicher ist aber die Frage: besteht die Gefahr, dass die Gewerkschaften sich auf den Kriegspfad begeben könnten? Sehen wir eine solche Gefahr, ist die entscheidende Frage: Was können wir tun, damit die Gewerkschaften nicht auf den Kriegspfad geschoben werden oder in die Kriegspfadfalle tappen?


GewerkschafterInnen lehnen in ihrer großen Mehrheit Krieg ab

Ein großer Teil der Bevölkerung der Bundesrepublik spricht sich in aktuellen Umfragen gegen Kriege aus. Zwei Drittel der Befragten sprechen sich gegen von Kampfdrohnen aus, 61 Prozent gegen Rüstungsexporte. 78 Prozent der Deutschen sind dagegen, dass Deutschland in der Welt größeres militärisches Engagement zeigt; 63 Prozent sind dagegen, dass die Bundeswehr mehr Geld für ihre Aufgaben erhält - so das Meinungsforschungsinstitut TSN Emnit.[1] Noch deutlicher spiegeln das Gewerkschaftsbeschlüsse, Äußerungen und -handlungen wieder. Frieden und Abrüstung wird gefordert.

Im vergangenen Jahr erregten Initiativen gegen den Schulterschluss des damaligen DGB Bundesvorsitzenden Michael Sommer mit dem damaligen Verteidigungsminister de Maiziere Aufsehen. Nach dreißig Jahren war ein Verteidigungsminister zu Besuch beim DGB eingeladen. Vereinbart wurde eine engere Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Gewerkschaften. De Maiziere konnte unwidersprochen verkünden: "Die Bundeswehr versteht sich als ein Teil der Friedensbewegung".

Empörung und energische Proteste aus den Gewerkschaftsgliederungen war die Antwort. Herausragend war die Initiative "Wir widersprechen", die mit ihrer Unterschriftenliste viel Unterstützung erhielt. Der DGB sah sich gezwungen einen "Friedens- und sicherheitspolitischen Workshop" mitgliederoffen zu organisieren. Auslandseinsatzbefürworter wie Winfried Nachtweih waren geladen. Der Workshop sollte offensichtlich eine positive Stimmung im DGB und den Gewerkschaften zu den Interventionseinsätzen der Bundeswehr schaffen. Auch dagegen bildete sich Widerstand durch friedensbewegte GewerkschafterInnen. Antimilitaristische Positionen wurden deutlich und gewerkschaftsöffentlich. Stark kritisiert, musste sich Michael Sommer verbal zurück nehmen

Friedensbewegte GewerkschafterInnen blieben nicht still. Zahlreiche Widersprüche folgten auf den Versuch der DGB-Spitze die sicherheitspolitische Doktrin der Bundesregierung in den Gewerkschaften zu verankern. Beispielhaft sei hier aus dem Beschluss des DGB-Bundeskongresses 2014 zitiert:

- Der DGB tritt ein für eine allgemeine und weltweite kontrollierte Abrüstung, Verwirklichung des Friedens. Krieg kann und darf niemals ein Mittel der Politik sein - Nie wieder Krieg

- Der gesellschaftliche Einfluss des Militärs und der Rüstungsindustrie, vor allem in Bildungseinrichtungen, muss abgebaut werden - Bildung statt Rüstung

- Er stellt sich hinter die gemeinsame Erklärung der GEW und der Kultusministerkonferenz, die die Zukunftsaufgaben von Bildung und Erziehung durch die Sicherung von Frieden und Gewaltfreiheit geprägt sieht.

- Der DGB fordert: Friedensbildung statt Verharmlosung oder Idealisierung von Krieg und Waffentechnologie

- Er verurteilt die teils aggressive, teils verdeckte Werbung der Bundeswehr in der Öffentlichkeit und in den Bildungseinrichtungen für den Einsatz von Kriegswaffen und für den Soldat/innenberuf.

- Er fordert die Länder auf bestehende Kooperationsvereinbarungen mit der Bundeswehr zu kündigen

- Er fordert Hochschulen und Forschungseinrichtungen auf sich über Zivilklauseln auf die Forschung zu zivilen und friedlichen Zwecken zu verpflichten

- Er lehnt die Beteiligung der Bundeswehr an Einsätzen ab, die freie Handelswege, eine gesicherte Rohstoffversorgung sowie die Erschließung und den Zugang zu Bodenschätzen, Vertriebswegen und Märkten sichern.[2]

Der Gewerkschaftstag der GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) 2013 unterstützte darüber hinaus die Initiative "Lernen für den Frieden - Keine Rüstungsindustrie und kein Militär in Bildungseinrichtungen" und wirbt für die Unterschriftenliste.

Doch es bleibt nicht bei Beschlüssen. Seit 1957 ruft der DGB jährlich zu Aktionen am Antikriegstag auf und organisiert sie. Im Aufruf zum Antikriegstag 2013 hieß es:

- Nie wieder Krieg heißt für uns: Nie wieder darf von deutschem Boden Krieg ausgehen.

- Wir fordern die Bundeswehr auf ihre Werbung in den Schulen sofort zu beenden

- Zivile Produktion statt Rüstungsproduktion.[3]

Weitere Beispiele: Viele DGB- und Gewerkschaftsgliederungen beteiligen sich an den Ostermärschen. 2014 erklärte der Vorsitzenden des DGB Baden Württemberg, Nikolaus Landgraf: "Deutsche Außenpolitik muss von den Zielen Abrüstung, zivile Hilfen und fairer Handel geprägt sein, nicht von militärischen Interventionen".[4] Die Bezirkskonferenz DGB Baden-Württemberg beschloss: Der DGB soll die Kampagne 2014 für Frieden und Abrüstung aktiv umsetzen. Die Bezirkskonferenz Bayern beschloss: Der DGB sagt Nein zur militaristischer Tendenz im Koalitionsvertrag von SPD, CDU und CSU.

Die Personalrätin und Betriebsgruppen-Sprecherin Verdi an der Technischen Universität München, Renate Bayer, hat die Arbeitsgruppe "Friedliche Schule München" aufgebaut.

Aufgabe der IG Metall ist laut Satzung der Einsatz für Frieden, Abrüstung und Völkerverständigung. Auf beinahe jedem Gewerkschaftstag gab es Beschlüsse zur Rüstungskonversion, 2011 hieß es: Die Rüstungsausgaben müssen zu Gunsten sozialer, ökologischer und arbeitsmarkpolitische Aufgaben gesenkt werde. Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Rüstungsausgaben deutlich zu senken. Seit 1991 gibt es das Arbeitsprogramm Rüstungskonversion, seit 1998 Rüstungskonversionsansätze in der Metallwirtschaft.

Am Antikriegstag 2012 erklärte der Betriebsratsvorsitzende der Kieler HDW-Werft, Ernst-August Kiel: "Es wird dringend Zeit, die Debatte über Diversifikation und auch Konversion - also die Auffächerung des Sortiments und die Umwandlung von militärisch Nutzbarem in zivil Nutzbares - wieder auf- zunehmen. Das Thema liegt leider seit 1o bis 15 Jahren brach".[5]


Abweichende Meinungen aus dem Rüstungsbereich

Es gibt abweichende Meinungen vom Friedenswillen, aber sie sind nicht flächendeckend. Zu finden sind sie z. B. unter RüstungsarbeiterInnen, unter Beschäftigten in und an Truppenübungsplätzen, unter WissenschaftlerInnen mit Forschungsgelder von Rüstungskonzernen und unter Gewerkschaftsfunktionären, die sich als Arbeitsplatzinteressenvertreter verstehen. Dort gibt es Zustimmung zu Bau, Entwicklung und Verkauf von Rüstungsgütern und zum SoldatInnenberuf. Auch der Ruf nach einer "militärischen Luftfahrtstrategie"und dem "Bau von Drohnen in Deutschland"wurde jüngst von Jürgen Kerner, dem für die "Wehrtechnische" Branche zuständigen Vorstandsmitglieds der IG Metall, erhoben. 22 Betriebsratsvorsitzenden aus der Rüstungsindustrie hatten an Wirtschaftsminister Gabriel geschrieben, als dieser über die Beschränkung von Rüstungsexporten nachdachte. Das muss aber im zwiespältigen Denken der betroffenen Menschen nicht heißen, dass sie Kriege befürworten.

Ein Beispiel dafür ist Kerner. Er fordert einerseits ein tragfähiges Konzept, "das die Rüstungskapazitäten in Deutschland auf lange Sicht auslastet und profitabel macht". Gleichzeitig verlangt er, man müsse "überlegen, ob man die militärischen Standorte nicht mit zivilen Aufträgen auslasten kann". Von der Bundesregierung fordert er "staatliche Forschungs- und Entwicklungsgelder, damit Rüstungsfirmen vermehrt zivile Produkte herstellen können".[6]

Unter den Bedingungen von Massenarbeitslosigkeit und prekären Arbeitsverhältnissen sind die Aussagen geprägt von der Angst um die Arbeitsplätze der KollegInnen, nicht unbedingt von Kriegsgeilheit. Die widersprüchlichen Aussagen spiegeln das Dilemma aller RüstungsarbeiterInnen und -entwicklerInnen wieder. Mit brutaler Erpressung werden sie zu Geiseln der Rüstungsindustrie. Mit der Streichung von 8.000 Arbeitsplätzen drohte der Vorstandsvorsitzenden der Airbus Group Thomas Enders im vergangenen Jahr: "Wenn neue Aufträge im Verteidigungsbereich ausbleiben ... kann das nicht ohne Konsequenzen für Auslastung und Arbeitsplätze bleiben."[7]

Schon 2010 reagierte der Betriebsrat im Werk Manching auf das Auslaufen von Rüstungsaufträgen mit der Forderung nach Beschaffung einer weiteren Tranche des Eurofighters. Die IG Metall warb für "unser Zukunftsprojekt", den Einstieg in den Bau der Drohne "Talarion". Als die Stückzahl von Militärhubschraubern für den Hersteller EADS gesenkt werden sollte, "drohte" der Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Ingolstadt, Bernhard Stiedl: "Wir werden als IG Metall diesem Streichkonzert nicht tatenlos zusehen und deshalb dagegen mobilisieren und zu Aktionen aufrufen".[8]

Wie beschränkt die Handlungsmöglichkeiten der Betroffenen selbst sind, illustriert ein Zitat eines Betriebsrats auf der Tagung "Wehrtechnik und Arbeitsplätze" der IG Metall: "Hat ein Ingenieur die Wahl zwischen einem Job in einem Autokonzern oder in einem Rüstungsbetrieb, entscheidet er sich nicht unbedingt für letzteren".

Beschäftigte und Gewerkschaften sind aber in ihrer Mehrheit keine Rüstungslobbyisten sondern Geiseln der Rüstungsindustriellen und ihrer politischen VertreterInnen in Regierung und Parlament. Was leider nicht bedeutet, dass es in den Gewerkschaften nicht auch Befürworter der Auslandseinsätze und der Kriegsproduktion gibt: "Für Deutschland wäre es eine Katastrophe, wenn nach dem Stopp des Euro Hawk die Politik jetzt einen Komplettausstieg aus dem unbemannten Fliegen beschließen würde", wird Bernhard Stiedl, durch "Die Welt" zitiert.[9] Bemerkenswert ist, Leitmedien zitieren mit Freude Gewerkschafter, die sich für Rüstungsarbeitsplätze aussprechen. Fordert aber der IG Metall-Chef aus Bayern, Jürgen Wechsler, "Investitionen des Konzerns, um die rüstungslastige Struktur der Standorte zu verändern", halten die Medien still. Gewerkschaftsbeschlüsse und -handlungen zum Frieden werden kaum erwähnt oder veröffentlicht.

Ein organisierter Protest vor und in den Rüstungsbetrieben gegen die Mordswerkzeuge wäre wünschenswert. Wenn freilich wir Kommunistinnen, Gewerkschafterinnen, Friedensbewegung und Gesellschaft es nicht schaffen, der Rüstung Einhalt zu gebieten und die Rüstungskonversion in den Vordergrund zu stellen, halte ich es für falsch, dass wir uns die Hände abputzen und die Verantwortung den RüstungsarbeiterInnen zuschieben. Wir müssen sie als BündnispartnerInnen gewinnen. Und das ist eine schwere Aufgabe.


Besteht die Gefahr, dass die Gewerkschaften sich auf den Kriegspfad begeben könnten?

Der Druck der Rüstungskonzerne und der neoliberalen PolitikerInnen, die die globalen Märkte neu aufteilen wollen, nicht nur über wirtschaftliche Maßnahmen sondern über militärische Kriege, wird größer. Bundespräsident, Verteidigungsministerin, EU-Kommissionspräsident, die Böll Stiftung u. v. m. überziehen uns mit scheinbar militärnotwendiger Gehirnwäsche.

Dass sich Gewerkschaften dem Kriegsdruck gebeugt haben, haben wir 1914 erlebt. Die I. und II. Internationale hatten gegen Krieg votiert und noch wenige Tage vor Kriegsbeginn gab es Massenkundgebungen gegen den Krieg. Bei Kriegsbeginn indessen riefen die Gewerkschaften nicht zum Generalstreik auf. Die Vorbereitung des Kampfes um Rohstoffquellen und Einflussgebiete, das Wettrüsten war begleitet von chauvinistischer und militaristischer Propaganda der Herrschenden. Teile der deutschen Arbeiterbewegung wurden überzeugt, dass Russland der Angreifer sei der die deutsche Arbeit gefährde. Angst vor dem Zarismus wurde geschürt.

Speziell die Gewerkschaftsvertreter wurden eingebunden. Erstmals 24 Jahre nach Aufhebung der Sozialistengesetze wurden sie offiziell in den Gebäuden der obersten Militärbehörde empfangen und mit ihnen scheinbar auf Augenhöhe über soziale Maßnahmen verhandelt. Noch im gleichen Jahr besuchten Mitglieder der preußischen Regierung, des Militärs und des Reichskabinetts Gewerkschaftshäuser in Berlin.

Weder die Mehrheit der Arbeiterbewegung noch die Gewerkschaften hatten den Krieg gewollt. Trotzdem gelang es den Herrschenden sie einzubinden in Krieg und Mörderdienst und Kriegstod. Ist so etwas heute wieder möglich? Versuche dazu werden von herrschender Seite jedenfalls unternommen:

- Der Schulterschluss von de Maiziere und Sommer war der Versuch einer Einbindung. Aktiven friedensbewegten GewerkschafterInnen gelang es, ihnen in den Arm zu fallen.

- Die Angst um ihre Arbeitsplätze soll Rüstungsarbeiter, Wissenschaftler, Beschäftigte in Garnisonsstädten und SoldatInnen gefügig machen. Sie sollen die Fußtruppen stellen, die Operation "Hände weg von unseren Rüstungsprofiten" leitet jedoch der "Bundesverband der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie" (BDSV). Dort sind die 40 größten deutschen Rüstungsbetriebe vertreten.

- Erwerbslosen werden "Arbeitsplätze" als SoldatInnen im Auslandseinsatz angeboten.

- Hasspredigten gegen Menschen aus Ländern des Islam und gegen Putin begleiten uns. In Zeiten der Fußballweltmeisterschaft wurde enorm an nationalistischer Gehirnwäsche gearbeitet. In der REWE-Werbung hieß es: "Deutschland gegen Argentinien - die drehen wir durch den Wolf".[10] Je größer der Völkerhass umso größer der Profit.

- Die private Rüstungsindustrie ist ein ökonomischer Machtkomplex. Neben dem allgemeinen kapitalistischen Expansionsinteresse hat sie ein ökonomisches Eigeninteresse an verstärkter Rüstungsproduktion. Höchstprofite im Inland und beim Rüstungsexport winken. 11 Mrd. Dollar groß soll der Markt für militärische Drohnen sein. Es geht um die Kommandohöhen der Rüstungsindustrie in Europa. So planen Krauss-Maffei Wegemann und der französische Konkurrent Nexter einen gemeinsamen Rüstungskonzern mit 6,5 Mrd. Euro Umsatz.

- Militärpolitik ist im innersten Kern staatliche Souveränitätspolitik. Rüstungsexporte sind außenpolitisches Instrument der NATO- und EU-Staaten mittels dessen Einfluss auf politische Prozesse genommen wird, wie wir gerade im Wirtschaftsfeldzug gegen Russland beobachten.

Angesichts der nur beispielhaft aufgezählten Fakten, die Druck auf GewerkschafterInnen erzeugen, stellt sich die Frage, ob die Gefahr besteht, dass sich die Gewerkschaften auf den Kriegspfad begeben könnten.


Was wir tun können

Was können wir also tun, um zu verhindern, dass die Gewerkschaften auf den Kriegspfad geschoben werden oder in die Kriegspfadfalle tappen? Was muss unser strategischer Ansatz sein?

- Wir müssen protestierende und widerständige GewerkschafterInnen unterstützen und stärken.

- Den Gewerkschaftern in den Arm fallen, wenn sie wie Sommer unwidersprochen die Bundeswehr als einen Teil der Friedensbewegung rühmen lassen. Das war ein sehr positives Beispiel der Friedensarbeit.

- Kontakte mit friedensbewegten GewerkschafterInnen aufnehmen. Beispielhaft sei hier Katinka Poensgen genannt, die sich öffentlich gegen ihren Kollegen gestellt hat, der Rüstungsarbeitsplätze in Gefahr sieht, wenn die Drohnen nicht gebaut werden:"Geht es um die heilige Rüstungsindustrie schreien Politiker, die sonst locker zuschauen, wenn bei Schlecker Frauenarbeitsplätze verschwinden".[11]

- Für Rüstungskonversion werben. Andere Produkte und Berufe sind denkbar, lebenslanges Lernen ist heute ohnehin angesagt. Benötigt wird dazu ein Konversionsfonds der aus dem Rüstungshaushalt gespeist werden kann für Investitionen in soziale und umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen. Wir müssen verhindern, dass Menschen aus Angst um den Arbeitsplatz zu MitläuferInnen der Rüstungsbosse werden.

- Rüstungsexporte nach Russland sind verboten? Wir fordern ein generelles Exportverbot.

- Wir müssen auf die zunehmende Militarisierung der Innenpolitik hinweisen.

- Wir müssen mit GewerkschafterInnen friedenspolitisch arbeiten. Das bedeutet friedenspolitische Beschlüsse und Forderungen einbringen und aufnehmen, vervielfältigen und mit Aktionen vor Ort anreichern.

- Auf und vor örtlichen Konferenzen und Kongresse der Gewerkschaften Anträge einbringen, Flugblätter verteilen und/oder Unterschriften sammeln

- Die soziale Frage in den Mittelpunkt stellen. Der Verteidigungshaushalt ist mit 33 Mrd. Euro der Zweitgrößte nach Arbeit und Soziales.[12] Er ist mehr als doppelt so groß wie der für Bildung und Forschung, der erst an sechster Stelle folgt. Was könnte mit dem Steuergeld Sinnvolleres getan werden? Zum Beispiel mehr Geld für Pflege und/oder integrierte Ganztags- und Gesamtschulen, oder für Hartz-IV-EmpfängerInnen. Gegenüberstellungen dieser Art können überall vor Ort auf vor oder in Gewerkschaftsveranstaltungen oder Betrieben vorgenommen werden.

- Zusammenarbeit mit den Initiativen der Zivilschutzklauseln.

- Briefe an DGB- und Einzelgewerkschaftsvorsitzende auf allen Ebenen, mit dem Ersuchen, Flugblätter, Unterschriftensammlung und Aktionen zu unterstützen.

- Immunisieren gegen Hetze und Hass auf andere Völker.

Im übrigen bin ich der Meinung: Lasst uns das tausendmal gesagte immer wieder sagen: Nicht dass Karthago zerstört werden muss, aber dass Krieg Mord ist. Deswegen: Spart endlich bei der Rüstung. Wir brauchen Abrüstung und mehr Geld für Pflege und Schulen.

Der Artikel ist eine aktualisierte Fassung eines Vortrages, der am 6. Juli 2014 auf der Sommerakademie des Friedenratschlags in Nürnberg gehalten wurde.


Anne Rieger, Graz, ehemalige IGM-Bevollmächtigte und Mitherausgeberin der Marxistischen Blätter


Anmerkungen

1. Vergleiche: "71 Prozent gegen deutsche Auslandseinsätze", in: Neues Deutschland vom 25.6.2014

2. Die Beschlüsse des DGB-Bundeskongresses 2014 sind nachzulesen unter: www.dgb.de/-/a3I (6.8.2014)

3. Der Aufruf des DGB zum Antikriegstag ist nachzulesen unter:
http://www.dgb.de/themen/++co++e3b83848-e573-11e2-b470-00188b4dc422 (6.8.2014)

4. http://www.ag-friedensforschung.de/bewegung1/ostermarsch2014/dgb.html (6.8.2014)

5. http://www.dkp-online.de/uz/4517/s0403.htm (6.8.2014)

6. "Schützenhilfe von der IG Metall", in: Junge Welt vom 15. Juli 2014

7. http://de.reuters.com/article/companiesNews/id-DEBEE9AO04Y20131125 (6.8.2014)

8. "Arbeit schaffen durch mehr Waffen", in: Neues Deutschland vom 16. September 2014

9. http://www.welt.de/politik/deutschland/article116420318/Europa-soll-jetzt-eigene-Drohnen-bauen.html (6.8.2014)

10. http://www.links-gelenkt.de/2014/07/12/rewe-mit-nationalistischer-propaganda-zum-wm-finale-argentinien-durch-den-fleischwolf-drehen (6.8.2014)

11. http://www.ag-friedensforschung.de/science1/forschung.html (6.8.2014)

12. http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2012/41606458_kw47_sp_hh_verteidigung/210008 (6.8.2014)

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Quelle:
Marxistische Blätter, Heft 5-14, 52. Jahrgang, S. 13-18
Redaktion: Marxistische Blätter
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Februar 2015


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