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SOZIALISTISCHE ZEITUNG/1412: Europäisches Treffen von Basisgewerkschaften


SoZ - Sozialistische Zeitung Nr. 6 - Juni 2010
Friede den Hütten - Krieg den Palästen!

Europäisches Treffen von Basisgewerkschaften


Viele reden von der notwendigen europäischen Zusammenarbeit der Gewerkschaften, es gibt ja auch die jeweiligen europäischen Gewerkschaftsapparate, in Brüssel angesiedelt sind und zumeist gut gepolsterte Ruhesitze für nationale Aussteige darstellen. Ausgehend aber von den internen Konflikten in den jeweiligen Nationalstaaten gibt es natürlich ein reales praktisches Bedürfnis nach Austausch, Begegnung und gemeinsamer Aktion auf europäischer Ebene.

Die französischen Basisgewerkschaften SUD-Solidaires versuchen seit einigen Jahren, ein solches europäisches Basisnetzwerk lebendig werden zu lassen, nicht um eine neue große Föderation zu bilden in Konkurrenz zu den Apparaten des Europäischen Gewerkschaftsbunds (EGB), sondern als eine basisnahe Infrastruktur, die sich koordiniert und handlungsfähig ist. Beteiligen kann sich jede Gewerkschaft oder jedes gewerkschaftliche Kollektiv, das dasselbe Bedürfnis nach transnationaler europäischer Zusammenarbeit und gemeinsamer Handlungsfähigkeit empfindet.

Diese europäischen Treffen fanden bisher in größeren Abständen statt, im Bahn- und im Erziehungsbereich gibt es auch eine Zusammenarbeit auf Branchenebene.

Das erste Treffen fand in Paris im Jahr 2002 statt, danach in Barcelona und Mailand, dann wieder in Paris. Das letzte Treffen fand am 10./11.April 2010 wiederum in Paris statt. Träger des bisherigen Netzwerks sind vor allem Basisgewerkschaften aus Italien, Spanien und Frankreich. Beim diesjährigen Treffen wurde anlässlich der Herausforderungen, die die Wirtschaftskrise für die Lohnabhängigen darstellt, ein Pariser Appell verfasst, der die gemeinsame Orientierung ausdrücken soll (in Auszügen).


Wir werden eure Krise nicht bezahlen!

Die Krise markiert das absolute Scheitern der neoliberalen Ideologie und der Politiken, die dem Markt das Schicksal der Menschheit übertragen wollten. Komisch war es schon, im letzten Jahr alle die zu sehen, wie unsere Regierenden, als grosse Verehrer der freien Konkurrenz bekannt, wie sie sich eiligst in Apostel für den eingreifenden Staat verwandelten. Aber die gewünschte Staatsintervention sollte nur dazu dienen, die privaten Interessen zu retten nach dem Motto: die Verluste zu sozialisieren, die Profite zu privatisieren.

Tausende von Milliarden von öffentlichen Geldern, unser Geld wurde ausgegeben, ohne zu diskutieren, um Banken und Aktionäre zu retten, während es gleichzeitig unmöglich ist, den geringsten Cent zu finden, um die sozialen Bedürfnisse zu befriedigen.

Aber das ist nicht alles. Die Finanzkrise hat auch die Realökonomie erfasst, die Rezession kommt mit seinen Folgen von Entlassungen. Die Unternehmen und die Regierungen sind wohl entschlossen, die Angriffe gegen die sozialen Rechte der Lohnabhängigen fortzusetzen, vor allem bei der sozialen Absicherung und bei den Arbeiterrechten. Ihr Ziel ist es, die Lohnabhängigen die Krise zahlen zu lassen, indem in jedem Land die «nationale Einheit» beschworen wird, um so die bitteren Pillen besser zu schlucken. Gewerkschafter, wir müssen die internationale Solidarität aller Arbeitenden aufbauen, um ihnen entgegenzutreten.

Unternehmen und Aktionäre haben sich mit Dividenden versorgt, mit Steuergeschenken aller Art, mit verrückt hohen Abfindungen, mit Vermögen und Besitz, der das normale Verstehen überschreitet. Sie sollen die Krise bezahlen. Wir müssen ihnen unsere soziale Forderungen aufzwingen. Mehr als je zuvor steht die soziale Mobilisierung auf der Tagesordnung.

Um das kapitalistische System zu retten, sind die Herrschenden international organisiert. Die Gewerkschaftsbewegung muss auch transnational und grenzenüberschreitend agieren, um ein anderes System durchzusetzen als das, was die Arbeiter ausbeutet, die Länder ausplündert, den Hunger auf dem Planeten organisiert. Überall müssen wir Kämpfe entwickeln und gemeinsamen Widerstand aufbauen.

Für sozial nützliche Beschäftigung, die dem kollektiven Bedürfnis entspricht.

Für die Verhinderung von Sozialplänen, Entlassungen und die Beseitigung von prekären Arbeits- und Lebesnbedingungen.

Die Unterstützungszahlungen für die Erwerbslosen müssen garantiert werden.

Der öffentliche Dienst muss verteidigt und ausgebaut werden.

Die Arbeitszeit muss verkürzt, die Arbeit umverteilt, das Rentenalter gesenkt werden.

Die Reichtümer müssen solidarisch verteilt werden.

Die Reichen, die Unternehmer und Direktoren sollen progressive Steuern zahlen: Je mehr verdient wird, desto mehr soll gezahlt werden.

Der Reichtum muss umverteilt werden.

Die Privatisierung der öffentlichen Dienste - Gesundheit, Erziehung, Transport - muss verhindert werden.

Die gesamte Produktions-, Verteilungs- und Konsumtionsweise muss sich ändern.

Beschäftigung muss dort geschaffen werden, wo sie einen Wert für die Gemeinschaft hat: in der Erziehung, in Kindergärten, Grundschulen, auf dem Lande, in der Pflege, bei sauberen Technologien, in den Netzen für den öffentlichen Transport.


Unterzeichnete Organisationen:

CGT (Spanien); Confederación Intersindical (Spanien); IAC (Katalonien); CUB (Italien); SDL e RDB (Italien); UNICOBAS (Italien); COBAS (Italien); USI (Italien); TIE (Deutschland); SAC-Syndikalisterna (Schweden); IWW (Großbritannien); CNT (Frankreich); USS (Frankreich).


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Quelle:
SoZ - Sozialistische Zeitung Nr. 6, 25. Jg., Juni 2010, Seite
Herausgeber: Verein für solidarische Perspektiven (VsP)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juni 2010