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SOZIALISTISCHE ZEITUNG/1822: Energiewende nach Art der Mächtigen - Was wird aus den Erneuerbaren?


SoZ - Sozialistische Zeitung Nr. 4 - April 2014
Friede den Hütten - Krieg den Palästen!

Energiewende nach Art der Mächtigen
Was wird aus den Erneuerbaren?

Von Rolf Euler



Die Endlagerung von Atommüll gerät in immer weitere Ferne, das vorhandene Lager Asse droht abzusaufen und Milliardenkosten für den möglichen Fall zu erzeugen, dass der Atommüll zurückgeholt werden muss, - und den Steuerzahler in Anspruch zu nehmen. Und das alles in Dutzenden von Jahren.


In Japan werden drei Jahre nach Fukushima, begleitet von Protesten, Pläne zur Wiederaufnahme des Betriebs der Atomreaktoren veröffentlicht - angeblich um die Kosten für Öl- und Gasimporte zu sparen. Dabei vegetieren noch immer viele Menschen in Lagern, es gibt immer wieder Selbstmorde, und die Kosten für die Sicherung der Reaktorruinen steigen ins Unermessliche: Radioaktives Wasser wird weiter ins Meer geleitet und treibt inzwischen bis Nordamerika - und wird in Fisch gegessen.

Die bayrische Landesregierung heizt den Widerstand gegen Stromleitungen in Bayern an und nimmt dies zum Anlass, bei der öffentlichen Meinung für eine Renaissance der Atomkraft zu werben, unterstützt von Unternehmerverbänden. Dabei geht es nicht etwa darum, mehr Windenergie in Süddeutschland zu betreiben, sondern darum, die Kosten der jetzt laufenden Rolle rückwärts in der Energiewende durch große Stromtrassen höherzutreiben, den Protest dagegen aber gegen erneuerbare Energien zu lenken.

Die Energieversorger RWE und E.on haben ihre Jahresbilanzen vorgelegt. Dabei waren neue Töne zu hören, anscheinend haben auch die härtesten Verfechter von Atom- und Kohlestrom anhand ihrer einbrechenden Gewinne gesehen, dass es so nicht weiter gehen kann. Doch was nützt es, dass jetzt sogar RWE-Vorstandschef Terium zugibt, man habe zu spät auf erneuerbare Energien gesetzt? Ein Konzern, der seine Profite mit Braunkohle und Atomenergie macht, wird nur schwerlich auf dezentrale und erneuerbare Stromproduktion umstellen.

Während RWE das erstmals seit Jahrzehnten einen Bilanzverlust ausweist, macht auch E.on weniger Gewinn, aber das sind immer noch über 2 Milliarden. Derweil prozessiert der dritte große Energieversorger, Vattenfall, vor einem internationalen geheimen Schiedsgericht gegen die Bundesrepublik wegen des Atomausstiegs und will über 4 Milliarden entgangene Gewinne einklagen.

Mehrere große Städte in NRW bekommen den Gewinneinbruch bei RWE heftig zu spüren. Als Anteilseigner mit lukrativen Aufsichtsratsposten gesegnet, haben sie ihre Stadtfinanzen aus diesen Beteiligungen zum Teil kräftig aufgebessert und müssen nun eine Halbierung der Dividende und damit Millionenverluste wegstecken. Der Filz aus Energieversorgung, Ämterpatronage, Unbekümmertheit um die Zukunft oder um technische Alternativen zeitigt nun Folgen für die soziale Versorgung in diesen Städten.

Die Große Koalition wählt den Weg des geringsten Widerstands mit den Energieversorgern und der Industrie. Sie will sowohl die Industrierabatte bei EEG-Umlage erhalten als auch die Stromproduktion aus Wind und Sonne bremsen. All das führt dazu, dass die alten Kohle- und Atommeiler am Netz bleiben und vor allem der besonders teure Ausbau von Windrädern auf dem Meer begünstigt wird, der erhebliche Investitionen in Leitungssysteme erfordert, obwohl diese Leitungen noch nicht vorhanden sind.

Im Ergebnis wird in der Öffentlichkeit vor allem der Eindruck gefördert, dass die Energiewende zu teuer ist. Die Menschen sollen sich über die Erneuerbaren aufregen und damit beruhigen, dass es in der BRD noch zu keinen ganz schweren Atomunfällen gekommen ist und die CO2-Belastung hierzulande direkt fast nicht spürbar ist.

Klimakatastrophe? Atom-GAU? Findet alles woanders statt. Deutsche Konzerne brauchen noch nicht einmal genügend Rücklagen für einen Atomunfall oder für die Endlagerung zu bilden. Die Gewinne der vergangenen Jahre sind weg. Die Kosten der Zukunft trägt der Steuerzahler.

Hierzu hat der Vorsitzende der Industriegewerkschaft BCE einen Vorschlag gemacht. Er meint, der Staat solle die Kohlekraftwerke übernehmen, mit denen die Energieversorger keine Gewinne mehr machen können. Wieso kommt so jemand eigentlich nicht auf so eine «gute» Idee, wenn Gewinne gemacht werden?

Und wieso sollte der Staat nicht besser in Speichertechnologien investieren, damit für die Zeit ohne Sonne und Wind genügend Strom zur Verfügung steht ? Und wieso wird nicht einer massiven Reduzierung des Verbrauchs das Wort geredet? Wenn der CO2-Ausstoß entgegen aller Klimaziele steigt, ist das ein weiteres Zeichen, dass über die Ressourcenkapazitäten der Erde hinaus produziert wird. Nach uns die Sintflut? Lieber die richtige Energiewende!

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Quelle:
SoZ - Sozialistische Zeitung Nr. 4, 29. Jg., April 2014, S. 9
Herausgeber: Verein für solidarische Perspektiven (VsP)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. April 2014