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SOZIALISTISCHE ZEITUNG/1960: Metro verkauft Kaufhof an Hudson Bay Company


SoZ - Sozialistische Zeitung Nr. 9, September 2015
Friede den Hütten - Krieg den Palästen!

Metro verkauft Kaufhof an Hudson Bay Company

Von Helmut Born


Am 14. Juni dieses Jahres beschloss der Aufsichtsrat der Metro AG, den Kaufhof für den Preis von 2,825 Mrd. Euro an den kanadischen Handelskonzern Hudson Bay Company (HBC) zu verkaufen.


HBC ist mit 345 Jahren das älteste Unternehmen in Kanada und hatte seine Zulassung vom britischen Königshaus für den Handel mit Pelzen mit den Ureinwohnern in der Hudson Bay bekommen. Heute besteht HBC aus mehreren Handelsunternehmen. An der Spitze von HBC steht Richard Baker. Dieser hatte 2006 im Auftrag verschiedener Investoren das US-Unternehmen Lord & Taylor übernommen, dann 2008 HBC aufgekauft, unter dessen Dach dann alles zusammengefasst wurde. 2013 kam noch das US-Warenhausunternehmen Saks Fifth Avenue hinzu, mit dem sich HBC im Luxussegment etablierte. HBC hat mit der Übernahme von Kaufhof seine Expansion nach Europa ausgedehnt. Zum Kaufhof gehören 103 Warenhäuser in der Bundesrepublik, 13 Galeria-Inno-Häuser in Belgien und 16 Filialen der Sportarena.

Im Vorfeld des Verkaufs von Kaufhof an HBC hatte der Karstadt-Eigentümer René Benko, massiv unterstützt durch die Presse in der Bundesrepublik, versucht, eine Entscheidung der Metro zu seinen Gunsten zu erreichen. Dafür gab es auch Befürworter im Kaufhof. So mancher träumte wohl von der seit langem von der Wirtschaftspresse propagierten Gründung der deutschen Warenhaus AG. Damit sollte ein Konzern entstehen, der hochprofitabel ist und zu weiten Teilen den innerstädtischen Handel prägen sollte.

Die Beschäftigten des Kaufhof nahmen die Entscheidung fast ohne Anteilnahme zur Kenntnis. Die seit zehn Jahren ständig wiederholten Erklärungen des Metro-Vorstands, den Kaufhof verkaufen zu wollen, bewirkten eher eine Erleichterung. Endlich wussten sie nun Bescheid über die neuen Besitzer. Wichtig war vor allem, dass dies nicht irgendein Finanz- oder Immobilieninvestor war, sondern ein Handelsunternehmen. Außerdem hat die Metro in der Vergangenheit den Kaufhof ausgepresst wie eine Zitrone. Ständig wurde an der Kostenschraube gedreht, was sich vor allem an der immer geringer werdenden Anzahl der Beschäftigten bemerkbar machte. Die Sortimente wurden regelmäßig überprüft und nach der höchstmöglichen Rendite zusammengestellt.

In den letzten Jahren war Kaufhof für den Metro-Vorstand die Perle im Konzern. Umsatzrenditen von mehr als 6% hatte kein anderes Metro-Unternehmen (Real, Saturn, Media-Markt, C&C-Märkte) vorzuweisen. Der Kaufhof erzielte im Geschäftsjahr 2013/14 bei einem Umsatz von 3,1 Mrd.Euro einen Gewinn vor Zinsen und Steuern von 193 Mio. Euro, während HBC bei einem Umsatz von 6,1 Mrd. Euro nur einen Überschuss von 177 Mio. Euro erzielte. Vor allem wollten die Beschäftigten keinen Zusammenschluss mit Karstadt, was wohl auch für den Kaufhof insgesamt eine unsichere Perspektive bedeutet hätte.

Die Beschäftigten wurden über die Bedingungen der Übernahme von der Unternehmensleitung und dem Gesamtbetriebsrat informiert. Demnach wird es in den ersten drei Jahren keine Filialschließungen geben, für fünf Jahre wurde die Tarifbindung zugesichert. Außerdem soll es zu keinen Entlassungen kommen.

Ob damit beim Kaufhof alles so bleibt, wie es ist, darf bezweifelt werden. Die Ansage des Managements von HBC, dass vor allem der Onlinehandel ausgebaut werden und Saks Fifth Avenue in der Bundesrepublik etabliert werden soll, deutet schon mal bedeutende Veränderungen an. Vor allem die Belegschaften der größten Häuser werden vor massiven Veränderungen stehen.

Finanziert werden soll die Transaktion über die Neugründung einer Immobilientochter von HBC, die 40 der insgesamt 60 eigenen Filialen aufkauft. An dieser Tochter hat HBC einen Anteil von etwa 70%, während der Rest von Immobilieninvestoren gehalten wird. Das Verfahren wird mit der günstigeren Finanzierung der Kaufhof-Übernahme begründet.

Weder bei Ver.di noch unter den Betriebsräten wurden alternative Möglichkeiten diskutiert. Dabei schreit doch gerade eine Unternehmenspolitik wie die der Metro nach Alternativen. Darf so ein Unternehmen einfach eine Beteiligung verkaufen, ohne dass es eine gesellschaftliche Debatte gibt? Ist die jahrzehntelange Auspressung der Kaufhof-Belegschaft und der anschließende Verkauf akzeptabel? Ist nicht zumindest die Steuerbefreiung bei Firmenverkäufen wieder rückgängig zu machen?

Dass die Konzentration auch zum Nachteil der Beschäftigten ist, zeigt die aktuelle Entwicklung der Tarifbindung in Einzelhandel. Große Teile dieser marktbeherrschenden Unternehmen haben sich daraus schon verabschiedet. Nur einen Tag nach dem Verkauf des Kaufhof hat der Vorstandsvorsitzende von Metro, Olaf Koch, die Aufhebung der Tarifbindung für die Metro-Tochter Real bekannt gegeben. Bei Kostennachteilen von 30% gegenüber der Konkurrenz könne Real die Tarifverträge nicht mehr beibehalten.

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Quelle:
SoZ - Sozialistische Zeitung Nr. 9, 30. Jg., September 2015, S. 8
Herausgeber: Verein für solidarische Perspektiven (VsP)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Oktober 2015

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