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VORWÄRTS/1047: Aktionstag der TextilarbeiterInnen in Kambodscha


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 33/34 vom 3. Oktober 2014

Aktionstag der TextilarbeiterInnen in Kambodscha

Von Michi Stegmaier



Nachdem die Aufstände und Streiks von der kambodschanischen Regierung Anfang Jahr blutig beendet wurden, forderten am 17. September im Rahmen des Aktionstages "177 US-DolIar Mindestlohn" zehntausende TextilarbeiterInnen ein existenzsicherndes Salär.


Ende Dezember 2013 wurde Kambodscha von schweren Unruhen erschüttert. Das Fass zum Überlaufen brachte damals die Ankündigung des Arbeitsministeriums, den Mindestlohn von 80 US-Dollar bloss um 20 Prozent zu erhöhen. Seitens des Gewerkschaftsverbandes und der streikenden ArbeiterInnen wurde das Doppelte gefordert. In den folgenden Wochen legten Hunderttausende ihre Arbeit nieder, gingen auf die Strasse und besetzen Plätze. Die Wut richtete sich vor allem gegen die Textilbranche und ihre Zulieferfirmen. Schliesslich wurde eine Ausgangssperre verhängt und die Proteste durch die Polizei und Paramilitärs am 3. Januar 2014 blutig beendet, mindestens vier Menschen wurden erschossen.


Internationale Solidarität

Am 17. September pochten nun erneut zehntausende TextilarbeiterInnen auf einen existenzsichernden Mindestlohn von 177 US-Dollar pro Monat. Unterstützt wurde der Aktionstag durch internationale Netzwerke wie die "Clean Clothes Campaign" und die "IndustriALL Global Union". Die ArbeiterInnen machten mit T-Shirts, Aufidebern, Flugblättern und Transparenten auf ihre Forderungen aufmerksam. Unterstützung erfuhr der vom kambodschanischen Gewerkschaftsdachverband organisierte Aktionstag durch zahlreiche Solidaritätsaktionen im Ausland, so etwa aus Malaysia, Australien, Ägypten, den USA, Frankreich, Österreich und Grossbritannien. Auch Schweizer NGOs wie der "Solifonds" oder die "Erklärung von Bern" solidarisierten sich mit den Protesten. Neben der Forderung einer Erhöhung des Mindestlohns auf rund 160 Schweizer Franken, wurden die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen kritisiert sowie ein klares Bekenntnis der Modelabels zu fairen Löhnen und dem Standort Kambodscha verlangt. Tatsächlich reichen die prekären Löhne kaum zum Überleben, viele der Beschäftigten sind unterernährt und trotz Überstunden und Doppelschichten bleiben die rund 500.000 TextilarbeiterInnen in der Armutsspirale gefangen.


Kritik an den Konzernen

Scharf werden seitens des kambodschanischen Gewerkschaftsdachverbands global agierende Modefirmen wie Adidas, H&M, Puma, Levis oder C&A kritisiert. "Markenfirmen drücken die ohnehin schon tiefen Preise. Es ist höchste Zeit für einen Existenzlohn. Die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns wäre ein Schritt in diese Richtung", sagt Ath Thorn, Präsident der federführenden Gewerkschaft CAWDU. Anfang Oktober soll nun ein Komitee unter Leitung des Arbeitsministeriums neue Mindestlöhne für die Textil-, Leder- und Schuhbranche ausarbeiten. Selbst eine von der Regierung in Auftrag gegebene Studie kommt zum Schluss, dass die Forderung von 177 US-Dollar berechtigt ist, um die minimalsten Grundbedürfnisse zu decken. Währenddessen ist der kambodschanische Arbeitgeberverband zu keinem höheren Zugeständnis als 115 US-Dollar bereit. Begründet wird diese Haltung mit dem grossen Konkurrenzdruck und der drohenden Abwanderung der multinationalen Konzerne in andere Billiglohnländer.

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 33/34 - 70. Jahrgang - 3. Oktober 2014, S. 5
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Oktober 2014