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VORWÄRTS/1375: Karl Marx - Philosoph und Revolutionär


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 15/16 vom 26. April 2018

Philosoph und Revolutionär

von Tarek Idri


Karl Marx ist der bedeutendste Theoretiker der ArbeiterInnenbewegung. Er war aber nicht nur Theoretiker, sondern prägte die Kämpfe seiner Zeit: Mit der demokratischen Bewegung während der Revolution 1848 und später in der Ersten Internationalen.


Karl Marx wurde am 5. Mai 1818 in Trier, im äussersten Westen Deutschlands, geboren. Der Vater, Sohn eines Rabbiners, war Rechtsanwalt und trat 1824 zum Protestantismus über. Die Mutter stammte aus einer alten jüdischen Familie aus Holland. Die Familie war wohlhabend und gebildet. 1836 verlobte sich Marx im Alter von achtzehn Jahren mit seiner Jugendfreundin Jenny von Westphalen, Tochter eines hohen Beamten.

Ab dieser Zeit studierte Marx Rechtswissenschaften in Berlin. Im Selbststudium befasste er sich aber vor allem mit Geschichte und Philosophie. Hegels Philosophie, die damals als preussische Staatsphilosophie galt, rückte dabei ins Zentrum seines Interesses. Hegel verherrlichte den Staat als das absolut Vernünftige. Wichtiger als das System Hegels war seine dialektische Methode. Dieser zufolge ist alles in steter Veränderung begriffen, die Geschichte ist ein in ewiger Umwälzung begriffener Entwicklungsprozess. Marx schloss sich den Junghegelianern, linken Hegelanhänger, an. Anführer der Runde war Bruno Bauer (1809-1882). Man befasste sich vor allem mit Philosophie- und Religionskritik. Bauer beispielsweise wies nach, dass die Evangelien keine geschichtliche Grundlage hatten, Fantasieprodukt waren. Als Reaktion auf die Evangelienkritik erhielt Bauer ein Unterrichtsverbot und als Freund Bauers verschloss sich für Marx die Aussicht auf eine akademische Laufbahn und eine Professur. Nichtsdestotrotz beendete Marx sein Studium 1941 mit einem Doktortitel.


Abrechnung mit Junghegelianer

Zu dieser Zeit wurde in Köln ein oppositionelles Blatt gegründet: die «Rheinische Zeitung». Marx wurde Chefredakteur und übersiedelte nach Köln. Bei seiner Arbeit befasste sich Marx zunehmend mit kommunistischen Ideen und den konkreten Problemen der Menschen. Der Regierung wurde die Zeitung bald lästig, sie beschloss 1848 das Verbot. Marx verliess daraufhin das Land. Marx begann zunehmend, Kritik an den JunghegelianerInnen zu üben. Er stiess auf die Schriften von Ludwig Feuerbach, der die Anschauung des Menschen und der Natur in den Mittelpunkt des Denkens stellte. Für Marx hatte sich die Hegelsche Philosophie als unfähig erwiesen, die materiellen Fragen zu lösen, die ihm in der «Rheinischen Zeitung» entgegengetreten waren.

1843 heiratete Marx Jenny von Westphalen. Im gleichen Jahr übersiedelte er nach Paris, um eine radikale Zeitschrift herauszugeben: die «Deutsch-Französischen Jahrbücher», von denen allerdings nur das erste Heft erschienen ist. Marx hat zwei Artikel in der Zeitschrift veröffentlicht, in der er die «rücksichtslose Kritik alles Bestehenden» verkündet und an die Massen und an das Proletariat appelliert. Unter anderem führten Schwierigkeiten bei ihrer geheimen Verbreitung in Deutschland zur Einstellung der «Deutsch-Französischen Jahrbüchern».

Im September 1844 kam für einige Tage Friedrich Engels (1820-1895) nach Paris und wurde seit dieser Zeit der engste Freund von Marx. In den «Deutsch-Französischen Jahrbüchern» hatte Engels mitgeschrieben, über eine Kritik der Ökonomie. Sie hatten bei dieser Arbeit eine «Übereinstimmung der Gedanken» gefunden. Mittels einer Abrechnung mit ihren einstigen junghegelianischen Weggefährten im gemeinsamen Werk, die «Deutschen Ideologie», formte sich ihre eigene Philosophie heraus: der historische oder auch dialektische Materialismus. Ihr zufolge bildet die wirtschaftliche Produktion die Grundlage für die politische und intellektuelle Geschichte einer Periode: Die ganze Geschichte ist eine Geschichte von Klassenkämpfen.


Revolution in Deutschland

Im Jahre 1845 wurde Marx als gefährlicher Revolutionär aus Paris ausgewiesen. Er verlegte seinen Wohnsitz nach Brüssel. Im Frühjahr 1847 schlossen sich Marx und Engels dem «Bund der Kommunisten» an. Dieser Bund stiftete deutsche Arbeiterbildungsvereine. Es wurden Vereinsbibliotheken eingerichtet und Unterricht in Elementarkenntnissen für ArbeiterInnen organisiert. Marx wurde Vizepräsident des Bundes und hielt in den Brüsseler Arbeitervereinen Vorträge. Schliesslich verfassten Marx und Engels im Auftrag des Bundes das berühmte, im Februar 1848 erschienene Manifest der Kommunistischen Partei, ihr politisches Programm. In diesen Jahren waren in der Familie Marx drei Kinder geboren worden; das erste Töchterchen hiess nach der Mutter Jenny und kam 1844 zur Welt.

Zu dieser Zeit brach die Revolution in Frankreich und in weiteren Regionen Mitteleuropas aus. In Wien und Berlin siegte im März die Revolution. Marx und seine GenossInnen brachen ins Rheinland auf. Es gelang ihnen, sich in Köln an die Spitze der demokratischen Bewegung zu stellen. Am 1. Juni brachten sie eine neue Zeitung heraus, die «Neue Rheinische Zeitung» mit Marx als Chefredakteur. Ziel war, die revolutionäre Bewegung voranzutreiben. Die Aufgabe war dringend, da das im März Gewonnene im Juni schon wieder halb verloren war. Die Krisen der Revolution in Berlin und Frankfurt wirkten sich stark auf Köln aus. Nur in Köln wurde ein fester demokratischer Kongress gebildet. Einer der wichtigsten Vereine darin war die Demokratische Gesellschaft, die von Marx geleitet wurde. Die alte Macht siegte jedoch.

Die Konterrevolution entzog den Revolutionär-Innen das Aufenthaltsrecht und wies sie aus Preussen aus. So auch Marx, der nach London kam, wo er bis zu seinem Tode lebte. Die Familie Marx fristete ihr Dasein in grosser Armut und kam oft nur durch finanzielle Unterstützung von Engels durch. Marx verdiente ein unregelmässiges Einkommen unter anderen mit seiner Korrespondenzarbeit für die US-Zeitung «New York Tribune». Marx zog sich in den 1850er Jahren fast völlig in die Studierstube zurück. Er arbeitete dabei seine materialistische Theorie aus; mit besonderem Eifer widmete er sich dem Studium der politischen Ökonomie.


Die Internationale

1864 wurde in London die Internationale Arbeiterassoziation gegründet. Marx arbeitete die Statuten sowie die Gründungsrede der Organisation aus und stellte sich bald als das eigentliche «Haupt» der Bewegung heraus. In ihren Beschlüssen stellte die Internationale Forderungen im Sinne der ArbeiterInnen auf: Beschränkung des Arbeitstags, Arbeitsschutzgesetze, Gewerkschaftsrechte, Kinderschutz etc. In dieser Zeit arbeitete Marx an der Vollendung des ersten Teils seines Hauptwerks: Das Kapital, Band I. (siehe Seite 11 [der Printausgabe]) Marx hoffte, alle Bände bald veröffentlichen zu können, aber dies zog sich über lange Jahre hin, und es ist ihm nicht gelungen, sie fertigzustellen. Marx deckt im ersten Band des «Kapitals» die wirkliche Wurzel der kapitalistischen Bereicherung auf und zeigt, wie der Profit aus der Lohnarbeit entsteht. Der zweite Band folgt dem weiteren Weg der Ware und behandelt den Warenaustausch. Im dritten Band spürt Marx der Profitverteilung nach.

Nach dem Fall der Pariser Kommune (1871), der ersten Revolution der ArbeiterInnenklasse, machten die reaktionären Mächte gegen die Internationale mobil. Durch diesen Druck und durch die Konflikte mit den AnarchistInnen war das Fortbestehen der Internationalen unmöglich geworden.

Marx zog sich wieder in sein Arbeitszimmer zurück, diesmal bis an sein Lebensende. Er litt unter verschiedenen Krankheiten. Er bekam den ersten Aufschwung der deutschen ArbeiterInnenbewegung durch die Sozialdemokratie mit und begleitete ihn kritisch. Die Ehepartnerin von Marx starb 1881 an einem Krebsleiden. Karl Marx ist schliesslich am 14. März 1883 sanft in seinem Lehnstuhl entschlafen.

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 15/16/2018 - 74. Jahrgang - 26. April 2018, S. 9
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft Vorwärts, PdAS
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Mai 2018

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