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VORWÄRTS/1389: Für die Einheit der ArbeiterInnen


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 21/22 vom 14. Juni 2018

Für die Einheit der ArbeiterInnen

von der vorwärts-Redaktion


Anfang Juni fand in Genf die Internationale Arbeitskonferenz statt. Hariharan Mahadevan, der stellvertretende Generalsekretär des Weltgewerkschaftsbunds (WFTU) sprach dabei über die Geschichte dieser wichtigen internationalen Gewerkschaft sowie über ihre Gegenwart und Zukunft.


Der Weltgewerkschaftsbund wurde am 3. Oktober 1945 in Paris gegründet. Der WFTU vereinte 56 Gewerkschaften aus 55 Ländern sowie 20 internationale Organisationen, hinter denen insgesamt 67 Millionen ArbeiterInnen standen. Im Vorstand waren VertreterInnen der britischen, US-amerikanischen, sowjetischen, französischen, chinesischen und lateinamerikanischen Verbände. Die Gründung des WFTU war bezeichnend für die neue Ära, die sich nach dem Sieg über den Faschismus durch die Alliierten geöffnet hat. Die arbeitenden Menschen und die demokratischen Kräfte sahen in diesem Sieg eine neue Zukunft für die Welt, in der Imperialismus und Kolonialismus verschwinden und Frieden, Freiheit und Demokratie für die ganze Menschheit möglich würde.

In den Statuten des WFTU von 1945 wurden als Ziele des Bundes festgeschrieben: "Krieg und die Ursachen für Krieg zu bekämpfen und für stabilen und anhaltenden Frieden zu arbeiten." In einer Resolution am ersten Kongress wurden die Prinzipien für eine Charta über die Rechte der Gewerkschaften und ihre unmittelbaren Forderungen aufgestellt: Das Recht der ArbeiterInnen, sich zu organisieren; die Freiheit vor jeder Form der Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Glauben oder Geschlecht; das Recht auf Arbeit und auf bezahlte Ferien; angemessene Löhne und einen höheren Lebensstandard (Wohnung, Essen etc.); soziale Sicherheit, bei Arbeitslosigkeit, Krankheit, Unfällen und Alter. Die Resolution über das "Selbstbestimmungsrecht der Völker" sprach sich klar für nationale Unabhängigkeit aus: "Der Sieg über die faschistischen Mächte gründete sich sowohl auf die gebündelte militärische Macht der Vereinten Nationen sowie auf den aktiven Kampf der Völker für ihre grundlegenden Freiheiten, das Recht auf Selbstbestimmung und nationale Unabhängigkeit. Es wäre ein unvollständiger Sieg, wenn den Menschen in den Kolonien und Territorien ihre Rechte auf Selbstbestimmung und nationale Unabhängigkeit verweigert würden."


WFTU im Kalten Krieg

Die ersten vier Jahre des WFTU zeigten das grosse Potenzial einer vereinten Weltgewerkschaftsbewegung. Dem WFTU wurde der beratende Status beim Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen gewährt. Der Bund ergriff die Initiative bei der Umsetzung von Beschlüssen der Internationalen Arbeitskonferenz, u.a. über das Versammlungsrecht und auf Kollektivverhandlungen.

Der WFTU wurde jedoch bald im Zuge des Kalten Krieges gespalten: Der britische Gewerkschaftsverband TUC unter dem antikommunistischen Präsidenten Arthur Deakin warf dem Bund vor, kommunistisch dominiert zu sein. Der TUC und weitere Organisationen traten aus. Im Dezember gründeten diese den Internationalen Bund Freier Gewerkschaften. Für den WFTU war es hingegen immer ein Ziel, die Einheit der ArbeiterInnen auf der ganzen Welt zu erreichen. Am zweiten Kongress von 1949 wurde das Vorgehen des TUC verurteilt. Man richtete einen offenen Brief an die GewerkschafterInnen aus den Vereinigten Staaten, Grossbritannien und den anderen Ländern, deren Hauptgewerkschaften aus dem WFTU ausgetreten waren, um ein Einverständnis zu erreichen um die gemeinsamen Ziele.

Die aktuellen Ziele und Zwecke des WFTU wurden 1994 am Kongress in Damaskus definiert. Wie schon in den Konferenzen nach dem Zweiten Weltkrieg definiert sich der WFTU als eine demokratische, klassenbewusste, internationale Gewerkschaftsorganisation aller Lohnabhängigen. Er unterstützt und fördert Aktionen von Gewerkschaften überall auf der Welt, um die Rechte und Forderungen der ArbeiterInnen durchzusetzen. Gewerkschaftsorganisationen aus allen Ländern sind im WFTU vereint, um gemeinsame Ziele zu erreichen, unabhängig vom ethnischen, politischen, philosophischen und religiösen Hintergrund ihrer Mitglieder. Als internationale Organisation ist der WFTU unabhängig von Regierungen, politischen Parteien und den ArbeitgeberInnen.


Blick nach vorn

Der WFTU sieht als wichtigstes Ziel die Emanzipation der arbeitenden Menschen durch den Klassenkampf: Gegen alle Formen der Ausbeutung der Menschen, gegen Kolonialismus, Imperialismus, Herrschaft und Expansionspolitik in der ökonomischen, sozialen, politischen und kulturellen Sphäre; für das Ende von Rassismus und Unterentwicklung, für Souveränität, Freiheit und Sicherheit der Nationen, für die Nichteinmischung in ihre inneren Angelegenheiten, für den Respekt ihrer Unabhängigkeit und für die Errichtung einer neuen und gerechten internationalen Wirtschaftsordnung, für das Recht auf Arbeit und Vollbeschäftigung etc.

Der WFTU kommt nach einer Schwächephase Anfang der 2000er Jahre mittlerweile wieder auf 92 Millionen Mitglieder. Es sind sieben neue Regionalbüros des WFTU entstanden. George Mavrikos, der WFTU- Generalsekretär, setzt folgende Schwerpunkte für die zukünftige Arbeit des Bundes: "Wir rufen zum Kampf gegen die Arbeitslosigkeit auf. Die Arbeitslosigkeit tötet die Träume der jungen Menschen. Sie ist eine Feindin der Gewerkschaftsbewegung und eine Freundin der KapitalistInnen. Der WFTU hat den 3. Oktober als jährlichen Internationalen Aktionstag gegen Arbeitslosigkeit ausgerufen. Zweitens ist das Streikrecht in Gefahr. Die kapitalistischen Regierungen und Bourgeoisien wollen Bedingungen, die Streik unmöglich machen. Es ist unsere Pflicht, das Streikrecht zu verteidigen. Der Streik ist eine einzigartige Waffe im Klassenkampf und besonders in der heutigen Zeit, in der die Attacken auf die Rechte und Errungenschaften der ArbeiterInnen zunehmen. Drittens sind, während wir hier in Genf an der Konferenz sprechen, viele KollegInnen im Gefängnis. Viele AktivistInnen werden gefoltert, migrantische ArbeiterInnen werden diskriminiert, Gewerkschaften werden unterdrückt und verboten. Gemeinsam müssen wir diese Schwierigkeiten anpacken und dagegen kämpfen."

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 21/22 - 74. Jahrgang - 14. Juni 2018, S. 9
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft Vorwärts, PdAS
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Juni 2018

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