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VORWÄRTS/1453: Dem SRF mangelt es an Neutralität


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 09/10 vom 21. März 2019

Dem SRF mangelt es an Neutralität

von Fabian Perlini


Anhand der Berichterstattung zu Venezuela wird mehr als deutlich, wen das SRF im Konflikt in Venezuela unterstützt. Auf Anfrage des vorwärts rechtfertigte der Chefredaktor Gregor Meier die Haltung des SRF mit dem angeblich baldigen Ende von Maduro.


Die unterschlagenen Fakten sprechen Bände. Beispielsweise erfährt das SRF-Publikum nichts von den gravierenden Auswirkungen der wirtschaftlichen Sanktionen, die sogar vom wissenschaftlichen Dienst des deutschen Bundestags als "potentiell völkerrechtswidrig" eingestuft wurden. Dafür ständig der winkende und lächelnde Juan Guaidó - natürlich ohne je ein Wort zu seiner dubiosen Vergangenheit. Und während dieser Putschist immer wieder zu Wort kommt, geht die Sendezeit von Maduro gegen Null, und was übrig bleibt, wird mit einer diffamierenden Tonspur überlegt. Dass US-Vize Mike Pence Maduro einen "kranken Tyrann" nannte, wird dagegen gerne wiederholt zitiert.


Für SRF ist Maduro ein Diktator

Besonders aufstossend war die Berichterstattung über die Grenz-Show am 23. Februar. Dass es sowohl die Caritas als auch das Rote Kreuz aus Neutralitätsgründen abgelehnt hatten, sich an der Hilfslieferung zu beteiligen, wird verschwiegen. Und obwohl noch gleichentags Luftbilder kursierten, die deutlich zeigen, dass die Lastwagen ohne Beteiligung venezolanischer Sicherheitskräfte in Brand gesteckt wurden, begnügte sich SRF damit, ausschliesslich von den Behauptungen Guaidós zu berichten und zwar unkommentiert. Unterdessen hat selbst die NewYorkTimes eingestanden, dass die Lastwagen nicht von der Maduro-Seite aus in Brand gesteckt worden sein konnten. Von all dem nichts auf SRF.

Auf Anfrage des vorwärts sagte SRF-Chefredaktor Gregor Meier, dass SRF Probleme dabei gehabt habe, von Venezuela Visa für Journalist*innen zu erhalten. Eine andere SRF-Quelle, die nicht genannt werden möchte, berichtete uns hingegen, dass Visa-Anträge vor allem dann abgelehnt würden, wenn sie aus einem verfeindeten Land, wie Kolumbien, beantragt werden - wo westliche Korrespondenten gerne stationiert werden. Ein aus der Schweiz gestellter Antrag von SRF sei jedoch durchaus bewilligt worden, so dass ein Team ins Land geschickt werden konnte. Doch habe man dann darauf verzichtet, davon zu berichten, da sämtliche angefragten Regierungsstellen nicht auf Interview-Anfragen geantwortet hätten. Dies widerspricht jedoch den Erfahrungen der vorwärts-Redaktion. An einer Veranstaltung der venezolanischen Botschaft in Bern von neulich erschien keine Vertretung der grossen Medienhäuser. Darauf angesprochen klagte eine Sprecherin der Botschaft, dass die Medien sie ignorieren würden. Auch SRF schickte keine Journalist*innen vorbei. Chefredaktor Meier begnügt sich mit den abgelehnten Visa-Anträgen. Diese sind für ihn ein "untrügliches Zeichen, dass ein Regime mit diktatorischen Zügen an er Macht ist, welches nicht will, dass objektiv und kritisch berichtet wird."


"Nicht relevant genug"

SRF berichtet somit auch von Ereignissen, die von dritten recherchiert werden. Aber offenbar nur dann, wenn man sich auf solche beziehen kann, die auf der favorisierten politischen Seite stehen. Zum Beispiel als Russland mit Verweis auf Fotos und Videos den USA vorwarf, unter dem Deckmantel angeblicher humanitärer Hilfe militärischen Aktivismus zu betreiben. Die Aktionen der USA seien derart ungeschickt und dumm, liess das russische Aussenministerium verkünden, dass nun sogar jene ihre Meinung ändern, die bisher den USA blind gefolgt seien. Als der vorwärts vom SRF wissen wollte, weshalb nichts davon berichtet wurde, meinte Gregor Meier: "Die Aussagen einer Sprecherin des Aussenministers waren für uns nicht relevant genug für eine Berichterstattung." Dies klingt so, als ob Maria Zajarova ihre persönliche Meinung geäussert hätte. Der Grund liegt eher darin, dass die SRF-Zuschauer*innen die Worte des Aussenministeriums gar nicht hätten nachvollziehen können, nachdem ihnen so viel verschwiegen worden ist.

Chefredaktor Meier rechtfertigt die SRF-Berichterstattung damit, dass "zahlreiche Experten und Beobachter des Landes ein baldiges Ende Maduros vorhersagen. Doch leider sagt er nichts dazu, wie dieses Ziel erreicht werden soll und was dies für die Bevölkerung bedeuten würde. Sogar US-Botschafter William Brownfield betonte, dass dies harte Auswirkungen auf "Abermillionen von Menschen" haben werde, "die schon jetzt grosse Schwierigkeiten haben, genug Essen aufzutreiben". Und dennoch empfiehlt er, den Zusammenbruch des Landes zu beschleunigen. ("Wir müssen die harte Entscheidung treffen!") Die indoktrinierten Vertreter*innen der US-Regierung scheinen nicht in der Lage, sich Lösungen ausserhalb des Katastrophen-Kapitalismus vorzustellen. Und gerade deswegen ist eine aufklärerische Berichterstattung unerlässlich.

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 09/10 - 75. Jahrgang - 21. März 2019, S. 3
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft Vorwärts, PdAS
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. April 2019

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