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FORSCHUNG/065: Formeln für den Film-Erfolg (idw)


Westfaelische Wilhelms-Universität Münster -21.04.2010 12:21

Formeln für den Film-Erfolg

Münsterscher Ökonom beschäftigt sich mit den Faktoren, die einen Blockbuster ausmachen


Nein, wer am Freitag (23. April) den Deutschen Filmpreis erhält, das kann er noch nicht sagen. Dabei kann Prof. Dr. Thorsten Hennig-Thurau vom Marketing-Centrum der Universität Münster normalerweise ziemlich genau prognostizieren, welche Filme ein Erfolg werden und welche nicht - allerdings nur in finanzieller Hinsicht. Seit zwei Wochen lehrt er an der WWU Münster und hat schon seinen Spitznamen weg: Den "Blockbuster-Professor" nennen ihn seine Studierenden.

Thorsten Hennig-Thurau untersucht mit seinen Mitarbeitern, welche Faktoren einem Film zum Erfolg verhelfen. Rund 300 davon hat er identifiziert, indem er Programme mit den Daten bereits erfolgreicher Filme fütterte. Wichtig sei es immer, eine "Marke" zu schaffen: "Fortsetzungen von Filmhits, die so genannten Sequels, sind meist erfolgreicher und zudem weniger riskant als erste Filme", erklärt der Marketing-Experte.

Ob es nun die Reihe an sich, eine eingeführte Figur, die Tatsache, dass sich ein Streifen mit der Marke "Oscar" schmücken kann, oder die Schauspieler sind - viele Faktoren haben das Potenzial, einen Film zu einer Marke zu machen. "Letztendlich ist die Filmproduktion eine Industrie und wie in jeder Industrie kann man die ökonomischen Regeln dahinter identifizieren", sagt Thorsten Hennig-Thurau.

So konnte er vorhersagen, dass "Keinohrhasen" ein ökonomischer Erfolg werden würde. "Von dem Ausmaß waren wir zwar auch überrascht, aber es war klar, dass die Kombination von Til Schweiger und Romantic Comedy funktionieren würde", sagt Thorsten Hennig-Thurau. Und da ja die eingeführte Marke die Menschen ins Kino lockt, war der Erfolg von "Zweiohrküken" vorher zu sehen. "Der dritte Film der Reihe wird es nicht so einfach haben", prognostiziert der Betriebswirt, "denn hinter einer Marke muss auch Qualität stehen und 'Zweiohrküken' hat vielen Zuschauern nicht gefallen. Da wurde einiges an Markenwert zerstört."

Immer wieder gibt es auch Überraschungen, Innovationen wie den ersten "Batman"-Film, die ein ganzes Genre beleben und die Marke "Superhelden"-Film erst neu erschaffen haben. "Was da funktioniert, ist auch für uns nicht immer zu prognostizieren", sagt Thorsten Hennig-Thurau. Das eben sei die Aufgabe der Filmindustrie: den Film immer wieder neu zu erfinden. Die ist im übrigen nicht besonders beglückt über Wissenschaftler wie dem münsterschen Professor: "Häufig wird behauptet, man könne wirtschaftlichen Erfolg nicht vorhersagen, da dies den geheimnisvollen Nimbus der Branche zerstören würde." Doch natürlich gebe es viele erfolgreiche Filme, weil viele Menschen in den Studios ein feines Gespür für die finanziellen Aussichten eines Filmes hätten - nur eben nicht empirisch-wissenschaftlich unterfüttert.

Strategisch seien Filmstudios schon immer vorgegangen. Seit den 1970er Jahren, genauer gesagt seit dem "Weißen Hai", setzen die Studios auf den "Blockbuster", also jene Filme, die bereits am ersten Wochenende auf den ersten Platz stürmen. "Unabhängig davon, ob ein Film gut oder schlecht ist, wollen mehr Menschen ihn sehen, wenn er auf dem ersten Platz steht. Außerdem ist das Geld bereits in den Kassen, wenn sich herumspricht, dass der Film schlecht ist, wenn viele Menschen ihn gleicht am Anfang sehen", erklärt der Ökonom. In letzter Zeit habe nun die Filmindustrie Twitter als Schuldigen für Flops ausgemacht, da so sehr schnell sehr viele Menschen über die Qualität eines Films informiert werden könnten. Thorsten Hennig-Thurau ist da aber skeptisch - eine Untersuchung von diversen Millionen Tweets soll klären, ob das stimmt.

So wie der Marketing-Professor, der sich nicht nur mit dem Film, sondern auch mit anderen Medien und dem Erfolg von Dienstleistungsunternehmen beschäftigt, das Einspielergebnis eines Kinofilms prognostizieren kann, so wäre dies theoretisch auch für den Erfolg bei Preisverleihungen möglich: "Man muss nur untersuchen, welche Faktoren dafür ausschlaggebend sind", sagt Thorsten Hennig- Thurau. Noch hat er sich nicht auf dieses Gebiet gewagt, einen Favoriten hat er aber dennoch für Freitag, nämlich "Das weiße Band" von Michael Haneke: "Der ist einfach klasse. Kein Blockbuster, aber ein großes Kunstwerk." Denn, das ist ihm wichtig zu betonen, ein toller Film kann, muss aber nicht finanziell erfolgreich zu sein.

Weitere Informationen unter: http://www.hennig-thurau.de/ Homepage Prof. Hennig-Thurau

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution72


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Westfaelische Wilhelms-Universität Münster, Brigitte Nussbaum,
21.04.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. April 2010