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GERIATRIE/308: Corona-Krise - Für ältere Menschen in Not ist niedrigschwellige Unterstützung dringend erforderlich (DGGG)


Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie e.V. - 20. April 2020

Bürgerschaftliches Engagement allein wird nicht reichen

Für ältere Menschen in Not ist niedrigschwellige Unterstützung dringend erforderlich


"Einen zerbrechlichen Zwischenerfolg", nannte die Bundeskanzlerin Angela Merkel die Bund-Länder-Einigung zu den Corona-Maßnahmen. Die Covid-19 Pandemie wird unseren Alltag noch lange prägen. Sozial und gesundheitlich bereits benachteiligte ältere Menschen geraten aber auch durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie in verschärfte soziale Notlagen. Manifeste Isolations- und Ausgrenzungsmechanismen führen dazu, dass manche ältere Menschen keinen Zugang zu aktuellen Hilfsangeboten haben und sich selbst nicht mehr versorgen können.

Der Vorstand der Sektion IV Soziale Gerontologie und Altenarbeit der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie hat Bund und Länder deshalb aufgefordert, die Kommunen politisch, konzeptionell und finanziell zu unterstützen und zu fördern, damit diese flächendeckend lokale Nothilfeprogramme und -initiativen aufbauen oder unterstützen können.

"Im Zuge der Pandemie sind in vielen Städten, Stadtteilen und kleineren Gemeinden Initiativen entstanden, die sich in erfreulicher Weise engagieren, ältere Mitbürger*innen mit Einkaufsdiensten und anderen Hilfsangeboten zu unterstützen. Allerdings passiert dies nicht flächendeckend und wird nicht in allen Fällen ausreichen", fasst Prof.in Dr. Susanne Kümpers, Mitglied des Vorstandes der Sektion IV Soziale Gerontologie und Altenarbeit der DGGG zusammen. Ältere Menschen in sozioökonomisch prekärer oder marginalisierter Lebenslage und pflegebedürftige Menschen sind besonders betroffen. Für sie ist es finanziell und logistisch schwierig, an Lebensmittel, Medikamente und andere lebensnotwendige Waren zu kommen. Der Einkauf ist riskanter, aufwändiger oder unmöglich geworden. Tafeln sind vielerorts geschlossen. "Ältere Menschen in Not benötigen dringend niedrigschwellige Unterstützung", fordert Prof.in Kümpers, Professorin an der Hochschule Fulda und Mitglied der 7. Altenberichtskommission der Bundesregierung, die schon 2016 die Stärkung der Rolle der Kommunen in der Altenhilfe empfohlen hat. "Die letzte Verantwortung liegt beim Staat."

Fachkräfte nunmehr geschlossener sozialer Einrichtungen wie Seniorenbegegnungsstätten. Stadtteilzentren, Nachbarschaftstreffs oder Beratungsstellen stellen vielerorts ihre Dienste telefonisch zur Verfügung, sorgen aktiv für Kontakt und Informationen und organisieren Hilfen in Notfällen. Viele Kommunen leisten im Rahmen ihrer Aufgaben in der Altenhilfe bereits sehr gute Arbeit. Aber um gemeinsam zu handeln, müssen sich die einschlägigen Akteure aus Kommune und Wohlfahrtsverbänden, Anbieter sozialer und pflegerischer Dienstleistungen und bürgerschaftlich Engagierte vernetzen. "Es bedarf professioneller Unterstützung und Koordinierung der Initiativen vor Ort", so Prof.in Kümpers. Die Initiativen sollen praktische und finanzielle Unterstützung für notleidende und isolierte ältere Menschen und gegebenenfalls ihre Angehörigen zur Verfügung stellen oder vermitteln können. Lokale Notrufnummern und Nothilfeteams für die Unterstützung älterer Menschen in Notlagen sollten flächendeckend aufgebaut und niedrigschwellig bekannt gemacht werden. Dorthin könnten sich ältere Menschen selbst, aber auch Ihre Angehörigen, Nachbar*innen und Mitarbeiter*innen von z. B. Pflegediensten, Lieferservice, Sozialamt wenden, die auf Notlagen aufmerksam geworden sind oder diese befürchten. "Denn das Risiko für existenzielle Notlagen steigt.", ist sich Prof.in Kümpers sicher.

Die DGGG verfasst kontinuierlich Statements zur Covid-19 Pandemie. Die vollständige Empfehlung zur Einrichtung, Unterstützung und Förderung lokaler Notfallinitiativen findet sich auf der Website der DGGG:
https://www.dggg-online.de/fileadmin/aktuelles/covid-19/20200407_SektionIV-DGGG-Empfehlung-LokaleNothilfe.pdf

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Über die Deutsche Gesellschaft für Gerontologie (DGGG)

Gesellschaftliche Entwicklungen und medizinischer Fortschritt verändern kontinuierlich die Lebensbedingungen und die Bedürfnisse der Menschen. Besonders vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung stellt dies für die Gerontologie und die Geriatrie immer neue Herausforderungen dar. Die Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie unterstützt Gerontolog*innen und Geriater*innen aktiv in der Alternsforschung und alle in diesem Arbeitsfeld beteiligten Berufsgruppen bei der praktischen Umsetzung der Ergebnisse.

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Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie e.V.
Pressemitteilung vom 20. April 2020
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. April 2020

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