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ONKOLOGIE/1676: Forschung - Dickdarmkrebs im Blick der Medizin (idw)


Julius-Maximilians-Universität Würzburg - 21.07.2015

Dickdarmkrebs im Blick der Medizin

Viele Patienten mit Dickdarmkrebs sterben an den Metastasen, die sich in der Leber und anderen Organen festsetzen. Würzburger Wissenschaftler suchen darum nach Wegen, um besser gegen die bösartigen Tumoren vorgehen zu können.


Sechs Prozent der Bevölkerung in Deutschland erkranken im Lauf ihres Lebens an Dickdarmkrebs, die Hälfte der Betroffenen stirbt daran. Tödlich sind dabei nicht die Tumoren im Darm, sondern die Metastasen, die sich in der Leber und anderen Organen ansiedeln können. Je früher Dickdarmkrebs entdeckt und operiert wird, umso geringer ist das Risiko, dass sich Metastasen bilden, und umso höher ist die Chance, die Krankheit zu überleben.

Bei der Suche nach besseren Therapien gegen Dickdarmkrebs hat die Forschung unter anderem die Myc-Proteine im Blick. Diese kommen in fast allen Tumorzellen in viel zu großen Mengen vor. Das bringt die Zellen aus dem Gleichgewicht und befeuert sie weiter in ihrem ungezügelten Wachstum.

Auch Würzburger Forschungsgruppen suchen nach Wegen, die Myc-Proteine im Zaum zu halten - in der Hoffnung, das Tumorwachstum stoppen zu können. "Aber die Myc-Proteine lassen sich nicht direkt hemmen, da muss man anders herangehen", sagt Armin Wiegering, Chirurg und Krebsforscher von der Universität Würzburg.

Tropischer Naturstoff als Schlüssel

Ein Schlüssel dazu ist der Wirkstoff Silvestrol aus dem tropischen Baum Aglaia foveolata. "Es gibt weltweit mehrere hochrangige Publikationen, die eine Wirksamkeit dieses Naturstoffs gegen einige Krebsarten nahelegen", sagt Professor Martin Eilers vom Würzburger Biozentrum. Silvestrol hemmt einen spezifischen Schritt bei der Entstehung der Myc-Proteine und verringert so deren Menge.

Für die Behandlung von Dickdarmkrebs könnte sich Silvestrol ebenfalls eignen, wie die Würzburger Forscher in der Fachzeitschrift "Cancer Discovery" berichten. Demnach bremst Silvestrol den Dickdarmkrebs fast vollständig aus. "Das funktioniert in Zellkulturen und im Tiermodell. Ein vielversprechender Ansatz also, der aber noch lange nicht bei Patienten angewendet werden kann, sondern erst noch weiter untersucht werden muss", sagt Wiegering.

Suche nach weiteren Angriffspunkten

Als nächstes will das Forschungsteam die Stelle, an der das Silvestrol seine Wirkung so effektiv entfaltet, noch genauer analysieren. Ziel ist es, weitere Angriffspunkte zu finden, die sich vielleicht auch mit anderen Stoffen hemmen lassen. Denn beim Silvestrol selbst gibt es mehr als einen Haken: Der Wirkstoff steckt weltweit nur in einer einzigen, relativ seltenen Baumart - und das in sehr kleinen Mengen. Außerdem braucht man sehr viel Silvestrol, um eine Wirkung zu erzielen. Und mögliche Nebenwirkungen sind bislang nicht erforscht.

Metastasen in den Griff bekommen

Trotzdem sind die Würzburger Wissenschaftler froh, dass sie mit Hilfe des Silvestrol eine neue verwundbare Stelle beim Dickdarmkrebs gefunden haben. So können sie weiter ihr Ziel verfolgen: Einen neuen Wirkstoff an die Hand zu bekommen, der bei Dickdarmkrebs-Patienten die lebensgefährlichen Metastasen bremst oder vielleicht sogar schrumpfen lässt. "Damit könnte man an Lebenszeit gewinnen oder die Metastasen soweit zurückdrängen, dass sie operierbar werden", so Wiegering. Denn gerade Metastasen in der Leber seien oft so ausgedehnt, dass eine Operation gar nicht möglich sei.


"Targeting translation initiation bypasses signaling crosstalk mechanisms that maintain high MYC levels in colorectal cancer", Wiegering A, Uthe FW, Jamieson T, Ruoss Y, Huttenrauch M, Kuspert M, Pfann C, Nixon C, Herold S, Walz S, Taranets L, Germer CT, Rosenwald A, Sansom OJ, Eilers M. Cancer Discovery, 1. Mai 2015, DOI: 10.1158/2159-8290.CD-14-1040


Kontakt

Armin Wiegering
Biozentrum der Universität und Chirurgische Klinik
Universitätsklinikum Würzburg
wiegering_a@ukw.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution99

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Gunnar Bartsch, 21.07.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Juli 2015

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