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ONKOLOGIE/1699: Forschung - Wie das Immunsystem Krebs erkennt (idw)


Deutsches Krebsforschungszentrum - 11.11.2015

Wie das Immunsystem Krebs erkennt: Meyenburg-Preis 2015 geht an Ton Schumacher


Der mit 50.000 Euro dotierte Meyenburg-Preis 2015 geht an den Immunologen Ton Schumacher vom Netherlands Cancer Institute in Amsterdam. Er erhält die Auszeichnung für seine herausragenden Arbeiten zur Immunabwehr von Krebs. Schumacher konnte in wegweisenden Studien elegant zeigen, dass eine erfolgreiche Krebs-Immunabwehr von veränderten Proteinstrukturen abhängt, die durch Erbgut-Mutationen in den Tumorzellen entstehen.

Der Meyenburg-Preis wird am Mittwoch, 11. November 2015, im Rahmen eines Symposiums im Deutschen Krebsforschungszentrum verliehen.

Die Idee, Krebs mit den Waffen des körpereigenen Immunsystems zu bekämpfen, ist bestechend. Doch erst seit es 2010 gelang, mit Wirkstoffen bestimmte "Bremsen" des Immunsystems zu lösen, können Krebsmediziner mit Immuntherapien Behandlungserfolge erzielen. Inzwischen gibt es Medikamente gegen verschiedene solcher "Immunbremsen", die bei zahlreichen, teilweise auch fortgeschrittenen Krebsarten das Überleben von Patienten verlängern.

Wie unterscheiden die Abwehrzellen zwischen gesundem Gewebe und Krebszellen? Die in Krebszellen zahlreichen Erbgut-Mutationen können dazu führen, dass Proteine in veränderter Form gebildet werden. Da diese Protein-Varianten während der Krebserkrankung neu entstehen, werden sie als "Neoantigene" bezeichnet. Forscher postulieren seit langem, dass sie ideale Zielscheiben für die Abwehrzellen darstellen, denn diese neuen Strukturen erkennt das körpereigene Immunsystem als fremd hat noch keine Toleranz gegen sie entwickelt. Das würde auch bedeuten, dass Tumoren mit besonders vielen Mutationen eher durch Immuntherapie zu kontrollieren wären.

Den Beweis für diesen Zusammenhang konnte Ton Schumacher erbringen: Unter anderem verglich er in einer Studie das Tumorerbgut vieler Lungenkrebs-Patienten und fand heraus, dass die Immuntherapien dann am besten wirkten, wenn die Krebszellen besonders viele Neoantigene enthalten.

"Die Bedeutung von Ton Schumachers Ergebnissen lässt sich gar nicht hoch genug einschätzen", sagt Christof von Kalle, Vorstandsmitglied der Meyenburg-Stiftung. "Denn nur wenn verstehen, wogegen das Abwehrsystem genau reagiert, können wir vorhersagen, wem eine Immuntherapie vermutlich hilft und wie man sie weiter verbessern kann."

So lassen sich zum Beispiel Abwehrzellen, die gegen Neoantigene reagieren, im Blut der Patienten nachweisen. Daran können Ärzte frühzeitig überprüfen, ob eine Immuntherapie voraussichtlich anschlagen wird und der Patient genügend spezifische Killerzellen gegen den Tumor aktiviert.

Die Tumor-Neoantigene, gegen die sich das Immunsystem richtet, unterscheiden sich von Patient zu Patient. Deshalb wollen Immunologen in Zukunft die wichtigen Neoantigene der individuellen Tumoren ermitteln. Anschließend lassen sich dem Patienten entnommene Abwehrzellen so verändern, dass sie die Neoantigene erkennen und den eigenen Tumor angreifen können.

Ton Schumacher promovierte von 1988-1992 am The Netherlands Cancer Institut im Labor von Hidde Ploegh, mit dem er im Anschluss als Postdoc für kurze Zeit ans Massachusetts Institute of Technology wechselte. Danach forschte Schumacher in der Arbeitsgruppe von Peter Kim am Whitehead Institute in Cambridge, USA. Seit 1996 arbeitet er am Netherlands Cancer Institute, zur Zeit als "Senior Member". Ton Schumacher wurde unter anderem mit dem Pioneer Award, dem Amsterdam Inventor Award und dem "Stand up to Cancer-Dream Team Award" ausgezeichnet. Er ist EMBO-Mitglied und erhielt 2010 einen "Advanced Grant" des europäischen Forschungsrats ERC.

Die Meyenburg-Stiftung unter dem Dach des Deutschen Krebsforschungszentrums vergibt die Auszeichnung seit 1981. Dr. Marion Meyenburg, die Tochter des Stifterehepaars Wilhelm und Maria Meyenburg, wird den diesjährigen Preis zum Ende des Symposiums persönlich überreichen. Die Auszeichnung, die jährlich für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Krebsforschung vergeben wird, gehört zu den am höchsten dotierten Wissenschaftspreisen in Deutschland. Der Stellenwert dieser Auszeichnung zeigt sich auch daran, dass bereits zahlreiche Meyenburg-Preisträger mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden: Andrew Fire, Meyenburg-Preisträger 2002, wurde im Jahr 2006 der Medizin-Nobelpreis verliehen. 2009 erhielt Elizabeth Blackburn, Meyenburg-Preisträgerin des Jahres 2006, den Nobelpreis für Medizin. Shinya Yamanaka, Meyenburg-Preisträger 2007, wurde 2012 ebenfalls mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. Stefan Hell, Meyenburg-Preisträger 2011, erhielt den Nobelpreis für Chemie 2014.


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsches Krebsforschungszentrum, Dr. Stefanie Seltmann, 11.11.2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. November 2015

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