Universität Witten/Herdecke - 17.06.2019
Auf die richtige Zahnpasta achten!
Prof. Stefan Zimmer: "Anwendung alter Hausmittel ist kein adäquater Ersatz für leistungsfähige und nach wissenschaftlichen Standards entwickelte Zahnpasten"
In jüngster Zeit werden zunehmend im Netz und in sozialen Medien Empfehlungen abgegeben, wie man sich selbst zu Hause Zahnpasta herstellen kann, um Plastikmüll zu vermeiden. "Das Ziel der Plastikreduktion halten wir von der Deutschen Gesellschaft für Präventivzahnmedizin (DGPZM) für ein wichtiges gesellschaftliches Anliegen und unterstützen es. Wir fordern daher die Hersteller von Zahnpasten auf, auf alternative Verpackungen z.B. aus nachwachsenden Rohstoffen oder zumindest recyclebaren Grundstoffen umzustellen", sagt Prof. Dr. Stefan Zimmer von der Universität Witten/Herdecke, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Präventivzahnmedizin DGPZM.
"Als wissenschaftliche Fachgesellschaft für Präventivzahnmedizin haben wir aber vor allem die Sicherstellung und Verbesserung der Zahngesundheit der Bevölkerung im Blick und möchten daher nachdrücklich auf die gesundheitliche Bedeutung von Zahnpasten hinweisen, deren Zusammensetzung wissenschaftlich begründet und deren Wirksamkeit in vielen internationalen Studien belegt ist", so Zimmer. Die zweimal tägliche Anwendung fluoridhaltiger Zahnpasten leistet einen entscheidenden Beitrag zur Kariesprophylaxe. Bei richtiger Auswahl der Zahnpasta kann sie 40 bis 50 Prozent der Karies verhindern, allein durch den Kontakt mit den Zähnen. Der Effekt durch die Entfernung der Zahnbeläge kommt noch hinzu. "Die Entwicklung derart leistungsfähiger Zahnpasten hat sich in einem jahrzehntelangen Prozess ständiger Optimierung vollzogen. Die Anwendung alter Hausmittel ist kein adäquater Ersatz dafür", sagt Prof. Zimmer.
Fluorid:
Fluorid ist der wichtigste kariespräventive Inhaltsstoff von
Zahnpasten. Der Mechanismus des Kariesschutzes beruht auf dem direkten
Kontakt des Fluorids mit den Zähnen, wobei es den Verlust von Mineralien
aus der Zahnhartsubstanz verhindert. Diese "Entmineralisierung" ereignet
sich bei fast jeder Nahrungsaufnahme, weil Bakterien auf der
Zahnoberfläche Zucker zu Säuren abbauen, die wiederum Mineralien aus der
Zahnoberfläche herauslösen können. Fluorid fördert die Wiedereinlagerung
bereits verloren gegangener Mineralien. Eine Zahnpasta sollte daher auf
jeden Fall Fluorid enthalten. "Rezepturen zum Selbstanmischen, wie sie
gegenwärtig in den Publikumsmedien angegeben werden, enthalten unserer
Kenntnis nach kein Fluorid und können nicht wirksam vor Karies schützen",
betont Prof. Zimmer.
Schaumbildner:
Schaumbildner verbessern die Reinigungswirkung einer
Zahnpasta und sorgen für ein Frischegefühl, das dazu motiviert, die Zähne
länger und damit besser zu putzen. Wissenschaftlich belegt ist, dass
Schaumbildner in einer Zahnpasta die Gesundheit des Zahnfleisches fördern.
Eine Konzentration von 2 Prozent sollte dabei allerdings nicht
überschritten werden. Gängige Produkte des deutschen Marktes überschreiten
diese Grenze nicht.
Abrasivstoffe:
Abrasivstoffe sind wichtig für die Reinigung der Zähne,
gleichzeitig dürfen sie diese aber nicht zu sehr abnutzen. Hier spielen
die Art und Menge der Abrasivstoffe, aber auch die Teilchengröße eine
entscheidende Rolle. Zu viel und nicht auf die Gesamtmischung angepasster
Abrasivstoff in einer Zahnpasta kann zum vermehrten Abschleifen von
Zahnsubstanz führen. Unter den Bedingungen des häuslichen Selbstanmischens
kann es schnell passieren, dass falsche und zu viel Abrasivstoffe in die
Zahnpasta gelangen. Schlämmkreide - Kalziumkarbonat - wird beispielsweise
auch in herkömmlichen Zahnpasten als Abrasivstoff eingesetzt, dabei wird
aber beim Herstellungsprozess auf eine einheitliche Korngröße und eine
gleichbleibende Konzentration in der Zahnpasta geachtet, um Zahnschäden
bei den Nutzern zu vermeiden. Prof. Zimmer: "Die Einhaltung solcher
Qualitätsanforderungen dürfte beim Herstellen unter häuslichen Bedingungen
kaum zu gewährleisten sein."
Weitere Inhaltsstoffe zeitgemäßer Zahnpasten beugen bakteriellem Zahnbelag, Zahnfleischbluten, empfindlichen Zahnhälsen, Zahnstein und Mundgeruch vor. "Auf alle diese wichtigen Wirkungen sollten Sie nicht verzichten. Die kursierenden Rezepte zum Selbermachen von Zahnpasta sind alte Hausrezepte, deren Wirksamkeit nicht belegt ist und von denen nach dem anerkannten Stand des Wissens auch keine Wirksamkeit zu erwarten ist", so Zimmer weiter.
Mikroplastik:
Zahnpasten werden häufig auch im Zusammenhang mit
Mikroplastik als Beispiel genannt. Tatsächlich gab es bis vor ca. zehn
Jahren vereinzelte Produkte, die Kunststoffpartikel als Abrasivstoffe
enthielten. Heute gibt es in Deutschland keine Zahnpasta, die Mikroplastik
enthält.
Zu einer optimierten Mundhygiene gehört neben einer guten Zahnpasta auch die richtige Zahnbürste. Auch hier sind Naturprodukte wie Miswak (Ästchen des Zahnbürstenbaumes) oder Naturborsten laut Prof. Zimmer keine gute Alternative. Mit ihnen lassen sich die Zähne nicht adäquat reinigen und außerdem sind sie hygienisch bedenklich, da sie Schlupfwinkel für Bakterien, Viren und Pilze bieten. "Auch hier sind allerdings umweltschonende Alternativen in Sicht. Erste Produkte, die auf Biokunststoffen aus nachwachsenden Rohstoffen basieren, sind bereits erhältlich."
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution226
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universität Witten/Herdecke - 17.06.2019
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Juni 2019
Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang