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GYNÄKOLOGIE/527: Schwangerschafts-Screening - Ein gewichtiger Faktor für das ungeborene Kind (FMF)


Fetal Medicine Foundation Deutschland (FMF) - Donnerstag, 10. März 2011

Ein gewichtiger Faktor für das ungeborene Kind

FMF passt Schwangerschafts-Screening auf übergewichtige Mütter an


Frankfurt - Den meisten Schwangeren beschert das so genannte Ersttrimester-Screening - eine Kombination aus Ultraschalluntersuchung und Bluttest - eine beruhigende Nachricht: Ihr Ungeborenes ist mit hoher Wahrscheinlichkeit gesund. Der Test, der gegen Ende des ersten Schwangerschaftsdrittels vorgenommen wird, kann jedoch auch unnötige Sorgen hervorrufen - dann nämlich, wenn das Ergebnis fälschlicherweise auf ein hohes Risiko für eine Chromosomenstörung hindeutet. Besonders häufig ist das bei Frauen mit Übergewicht der Fall. Ein Berechnungsverfahren, mit dem sich dieser unerwünschte Effekt beseitigen lässt, stellen Mitglieder der Fetal Medicine Foundation Deutschland (FMF) in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Ultraschall in der Medizin" vor (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2011).

"Unser Ziel war es, zu zeigen, dass der systematische Anstieg der Fehlalarme bei schwereren Frauen reduziert werden kann, wenn die gemessenen Blutwerte an das Gewicht der Mutter angepasst werden", sagt Professor Eberhard Merz, Gynäkologe am Nordwest-Krankenhaus in Frankfurt. Als Erster Vorsitzender der FMF Deutschland leitet er die Untersuchung. Genaue Erkenntnisse dazu, wie stark der Anstieg der so genannten falsch-positiven Testergebnisse ist, gewannen die Mediziner aus den Daten von 123 546 Frauen, die gesunde Kinder zur Welt gebracht hatten und 659 Schwangerschaften, bei denen das Kind von einer Chromosomenstörung betroffen war. In 500 Fällen handelte es sich um eine Trisomie 21, das so genannte Down-Syndrom, in 159 Fällen um eine Trisomie auf Chromosom 13 oder 18.

Merz und seine Kollegen bestimmten zunächst, wie sich die Blutspiegel der Hormone PAPP-A und beta-HCG in Abhängigkeit vom mütterlichen Gewicht verändert. "Die im Blut gemessenen Konzentrationen beider Parameter nehmen mit steigendem Gewicht ab", erläutert Merz. Stark übergewichtige Frauen weisen daher selbst bei unbelasteter Schwangerschaft womöglich so niedrige Blutwerte auf, dass das Risiko einer Chromosomenanomalie deutlich überschätzt wird. Das bisherige Verfahren testete daher bis zu elf Prozent der Mütter mit über 100 Kilo Körpergewicht falsch-positiv. Auf der Grundlage dieser Daten entwickelten die Mediziner ein Rechenverfahren, das die Ergebnisse des Ersttrimester-Bluttests um den Einfluss des mütterlichen Gewichts korrigiert - ein äußerst aufwändiger Algorithmus, wie Eberhard Merz betont. "Wir haben diese Berechnung für jedes von insgesamt 18 Gewichtsintervallen zwischen 40 und 160 Kilogramm separat durchgeführt", so der FMF-Vorsitzende.

Die bisherigen Erfahrungen sprechen dafür, dass der neue Korrekturalgorithmus die falsch-positiven Ergebnisse nicht nur gleichmäßig über alle Gewichtsgruppen verteilt. Die Zahl der Fehlalarme sei auch insgesamt deutlich niedriger als zuvor, berichten die Autoren der Studie.

Über alle Gewichtsgruppen hinweg erhielten durchschnittlich nur 3,51 Prozent der Frauen ein falsch-positives Testergebnis für Trisomie 21 und 2,07 Prozent für Trisomie 13/18. In den einzelnen Gewichts-intervallen der Falsch-positiv-Gruppe für Trisomie 21 schwankte diese Rate nur um 2,14 Prozent und in der Falsch-positiv-Gruppe für Trisomie 13/18 nur um 1,5 Prozent. "Diese Schwankungen sind so gering, dass sie praktisch vernachlässigt werden können", freut sich Eberhard Merz. Gleichzeitig konnten die Mediziner die hohe Detektionsrate des Ersttrimester-Screenings aufrechterhalten: 86,2 Prozent der tatsächlich von einer Trisomie 21 und 83 Prozent von einer Trisomie 13/18 betroffenen Schwangerschaften wurden auch mit dem neuen Algorithmus als auffällig bewertet.

Die FMF Deutschland hat das Risikokalkulationsprogramm für das Ersttrimester-Screening entwickelt, um Eltern vor Ende des ersten Schwangerschaftsdrittels Auskunft über mögliche Chromosomenschäden zu geben, ohne Mutter und Kind dabei durch eine Fruchtwasserentnahme zu gefährden. Das Screening kombiniert eine Ultraschalluntersuchung des ungeborenen Kindes mit einem Bluttest der Mutter. Anhand der Werte berechnet der Arzt mithilfe eines Computerprogramms das individuelle Risiko für Chromosomenstörungen des Fetus.


Quelle:
E. Merz, C. Thode, B. Eiben, R. Faber, B. J. Hackelöer, G. Huesgen, M. Pruggmaier, S. Wellek
Individualized Correction for Maternal Weight in Calculating the Risk of Chromosomal Abnormalities with First-Trimester Screening Data
Kalkulation des Risikos für chromosomale Anomalien im Ersttrimester-Screening unter Berücksichtigung einer individuellen gewichtsadaptierten Korrektur
Ultraschall in Med 2011; 32: S. 33-39


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Quelle:
Fetal Medicine Foundation Deutschland - FMF-Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. März 2011