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FORSCHUNG/2817: Wie altern Stammzellen? (idw)


Universitätsklinikum Heidelberg - 19.12.2012

Wie altern Stammzellen?

Europäische Union fördert internationalen Forschungsverbund unter Federführung des Universitätsklinikums Heidelberg und des European Molecular Biology Laboratory (EMBL) Heidelberg mit 6 Millionen Euro / Ziel: Ursachen und erste Anzeichen altersbedingter Erkrankungen des Knochenmarks identifizieren / Wissenschaftler aus Deutschland, England, Spanien, Japan und Russland beteiligt



Welche Alterungsprozesse laufen in blutbildenden Stammzellen und im Knochenmark ab? Welche Frühwarnsignale weisen auf altersbedingte Erkrankungen hin? Diese Fragen untersucht der neue, internationale Forschungsverbund "SyStemAge", der von der Europäischen Union im 7. EU-Forschungsrahmenprogramm fünf Jahre lang mit insgesamt sechs Millionen Euro gefördert wird. Der Förderzeitraum beginnt am 1. Januar 2013. Dr. Anne-Claude Gavin vom European Molecular Biology Laboratory (EMBL) und Professor Dr. Anthony D. Ho, Medizinische Universitätsklinik Heidelberg, koordinieren die elf beteiligten Arbeitsgruppen aus Deutschland, England, Spanien, Japan und Russland.

Die Stammzellen im Knochenmark teilen sich ein Leben lang und bilden so die verschiedenen Blutzellen - von den roten Blutkörperchen für den Sauerstofftransport bis zu den Immunzellen, die Krankheitserreger abwehren. Damit diese für Zellen ungewöhnlich lange Lebensdauer und Leistung überhaupt möglich ist, können sich Stammzellen im Gegensatz zu anderen Zellen außerordentlich gut regenerieren - sie zeigen lange Zeit keine "Abnutzungserscheinungen". Schwindet mit zunehmendem Lebensalter diese Fähigkeit zur Regeneration, leidet darunter vor allem die Abwehrkraft des Immunsystems: Ältere Menschen sind anfälliger für Infekte und tragen ein erhöhtes Risiko, an Krebs zu erkranken. Darüber hinaus können altersbedingte Erkrankungen des Knochenmarks wie bestimmte Leukämien auftreten.

Mit neuen Wirkstoffen krankhafte Alterungsprozesse bei Stammzellen beeinflussen

Doch warum lässt die Regenerationsfähigkeit der Stammzellen allmählich nach? Welche molekularen Signalwege steuern diesen Alterungsprozess? Warum kommt es bei einigen Menschen im Alter zu Knochenmarkserkrankungen und bei anderen nicht? Gibt es charakteristische Marker, die schon früh anzeigen, ob Stammzellen normal oder krankhaft altern? Diesen Fragen wollen die Verbundpartner in den nächsten Jahren fächerübergreifend und mit einem breiten Spektrum an Methoden und modernster Technik auf den Grund gehen. "Unser Ziel ist es herauszufinden, was sich während des Alterns in der Stammzelle selbst, aber auch zwischen den Stammzellen und ihren Nachbarzellen im Knochenmark abspielt und wie wir diese Prozesse beeinflussen können", erklärt Dr. Anne-Claude Gavin, die Sprecherin des Verbunds.

Darüber hinaus wollen die Wissenschaftler Entstehung und Ursachen altersbedingter Knochenmarkserkrankungen wie dem Myelodysplastischen Syndrom (MDS), einem Vorstadium der Leukämie bei älteren Menschen, und der B-Zell-chronisch-lymphatischen Leukämie (B-CLL) besser verstehen. "Wir möchten klären, wie diese beiden Erkrankungen mit dem Alterungsprozess der Stammzellen zusammenhängen und ob sie von einem vorzeitigen Altern der Stammzellen verursacht werden", sagt Professor Anthony D. Ho, Mitkoordinator des Verbunds und Ärztlicher Direktor der Abteilung Hämatologie, Onkologie und Rheumatologie (Innere Medizin V) der Medizinischen Universitätsklinik.

Um normale und krankhafte Alterungsprozesse der Stammzellen nachvollziehen zu können, untersucht das Team um Professor Ho und Privatdozent Dr. Thomas Luft, wie sich deren genetische Information im Laufe der Jahre verändert. Dazu analysieren die Wissenschaftler das Erbgut von Stammzellen unterschiedlichen Alters - von der Zeit unmittelbar nach der Geburt bis zu einem Alter von 70 Jahren und mehr. Zudem vergleichen sie die Daten von Patienten mit Myelodysplasie oder B-CLL mit denen gesunder Altersgenossen. "Auf diese Weise hoffen wir Hinweise zu finden, wie wir mit Hilfe neuer Wirkstoffe dem krankhaften Altern der Knochenmarkszellen gezielt gegensteuern können", so Ho.
TB


Kontakt:
Christiane Wickenhöfer
Projektkoordinatorin
Abteilung Hämatologie, Onkologie und Rheumatologie
Medizinische Universitätsklinik Heidelberg
E-Mail: christiane.wickenhoefer@med.uni-heidelberg.de

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Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 11.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit ca. 1.900 Betten werden jährlich rund 110.000 Patienten voll- bzw. teilstationär und 400.000 Patienten ambulant behandelt. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit studieren ca. 3.500 angehende Ärztinnen und Ärzte in Heidelberg.
www.klinikum.uni-heidelberg.de

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image190856
Menschliche Mesenchymale Stammzellen aus dem Knochenmark - das Altern fängt bei den Stammzellen an.

Weitere Informationen im Internet:
http://ec.europa.eu/research/health/medical-research/human-development-and-ageing/projects/systemage_en.html
www.embl.de/mmpu/mmpu/research_groups/stemcells_ageing/index.html
www.klinikum.uni-heidelberg.de/Innere-Medizin-V-Haematologie-Onkologie-und-Rheumatologie.749.0.html

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution665

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung Nr. 151 / 2012
Universitätsklinikum Heidelberg, Dr. Annette Tuffs, 19.12.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Dezember 2012