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MELDUNG/030: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 28.12.09 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Genetische Ursachen für Störungen im Fettstoffwechsel gefunden
→  Ursache für häufigste tödliche Bluttransfusionsreaktion entdeckt

Raute

Helmholtz Zentrum München / Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt - 27.12.2009

Genetische Ursachen für Störungen im Fettstoffwechsel gefunden

Neuherberg, 27.12.2009. Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München unter Federführung von Prof. Karsten Suhre haben neue Genvarianten entdeckt, die für Störungen im Fettstoffwechsel verantwortlich gemacht werden.

Einige dieser beim Menschen häufig auftretenden Genvarianten sind bereits als Risikofaktoren für Diabetes mellitus bekannt. Über die Entstehungsmechanismen des Diabetes diskutieren Mediziner seit vielen Jahrzehnten. Die neuen Forschungsergebnisse tragen zu einem besseren Verständnis des Krankheitsbildes und seiner Entstehung bei - sie könnten zu neuen Ansätzen in Frühdiagnose und Therapie beitragen. Die Ergebnisse sind in der aktuellen online-Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Nature Genetics publiziert.

Das Team um Prof. Dr. Karsten Suhre vom Institut für Bioinformatik und Systembiologie am Helmholtz Zentrum München und der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), hat Varianten in neun verschiedenen Genen gefunden, die mit Störungen im Fettstoffwechsel in Verbindung gebracht werden konnten. Zusammen mit Dr. Christian Gieger und PD Dr. Thomas Illig vom Institut für Epidemiologie am Helmholtz Zentrum München gelang es Suhre erstmals, Varianten in den bekannten Diabetes-Risikogenen MTNR1B und GCKR mit Veränderungen im Stoffwechsel in Zusammenhang zu bringen. "Die Ergebnisse unserer Studie bringen uns bei der Suche nach Markern für Früherkennung und Therapie von schweren Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes einen entscheidenden Schritt weiter", erklärt Suhre.

Die in der Studie identifizierten Varianten verursachen zumeist Unterschiede in der Verstoffwechselung wichtiger Fettbausteine des Körpers. Zudem ist für viele bereits bekannt, dass sie mit einem erhöhten Krankheitsrisiko einhergehen, z.B. für Stoffwechselstörungen, allen voran Diabetes.

Das Forschungsteam bestimmte zunächst die Konzentrationen von 163 Stoffwechselprodukten in Blutproben bei 1.800 Teilnehmern der Bevölkerungsstudie KORA. Im zweiten Schritt untersuchten sie die Stoffwechselprofile in einer genomweiten Assoziationsstudie auf mögliche Zusammenhänge mit häufigen Genvarianten, den SNPs. Schließlich bestätigten die Wissenschaftler die gefundenen Zusammenhänge durch Wiederholung ihrer Experimente in einer unabhängigen Studie. Diese Replikationsstudie erfolgte in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern des Sanger Centres in Hinxton und des King's College in London anhand der britischen Bevölkerungsstudie TwinsUK.

Suhres Forschungsarbeiten gehören dem jungen Forschungszweig der "Metabolomics" an. Die Wissenschaftler bestimmen die Konzentrationen möglichst vieler Stoffwechselprodukte - Metaboliten. Bei Personen mit verschiedenen Genvarianten sind auch die betroffenen Enzyme unterschiedlich aktiv und die Konzentrationen der Stoffwechselprodukte unterscheiden sich. Diese Zusammenhänge werden zu verschiedenen genetisch determinierten Metabotypen zusammengefasst, die auf äußere Umwelteinflüsse wie Ernährung und andere Lebensbedingungen unterschiedlich reagieren können. Damit können die Metabolomics-Experten früher als bisher Risikopatienten für Stoffwechselstörungen entdecken. So konnte auch diese Studie genetisch bedingte Stoffwechselvorgänge nachweisen, die sowohl für die Entstehung als auch für die Diagnostik und Therapie von Krankheiten wie Diabetes eine entscheidende Rolle spielen.

Weitere Informationen

Originalpublikation:
Illig T, Gieger C, Suhre K et al.
A genomwide perspective of genetic variation in human metabolism
Nature Genetics
online DOI: 10.1038/ng.507.

Termin: 10.-12. März 2010:
1. Internationales Metabolomics-Symposium in Deutschland.
Metabolomics & More - The Impact of Metabolomics on the Life Sciences.
Freising-Weihenstephan.
http://www.metabolomics-and-more.de

Das Institut für Bioinformatik und Systembiologie (Direktor: Prof. Dr. Werner Mewes) des Helmholtz Zentrums München beschäftigt sich mit der systematischen Funktions- und Strukturanalyse von Proteinen mit Schwerpunkten in der Charakterisierung von Modellgenomen wie Hefe, Arabidopsis thaliana und Maus. Zentrales Ziel ist es, Methoden zu entwickeln, um molekularbiologische Daten zu interpretieren und Informationen, die sich nicht unmittelbar durch die Anwendung von Algorithmen aus der Sequenz berechnen lassen, vorherzusagen.
http://www.helmholtz-muenchen.de/en/ibis

Das Institut für Epidemiologie (Direktor: Prof. Dr. H.-Erich Wichmann) des Helmholtz Zentrums München beschäftigt sich mit methodischen Fragen der Quantifizierung kleiner Risiken, mit der Auswirkung von Partikeln und Luftschadstoffen auf die Lunge und das Herzkreislaufsystem sowie der regionalen Verteilung und Entwicklung von Atemwegserkrankungen und Allergien. Ein neuer Schwerpunkt des Instituts ist die molekulare Analyse von komplexen Erkrankungen (z.B. Asthma, Typ 2 Diabetes, Herzinfarkt). Zentrales Ziel ist es, die Rolle von Umwelteinflüssen und genetischen Veranlagungen auf die menschliche Gesundheit mit epidemiologischen Methoden zu untersuchen.
http://www.helmholtz-muenchen.de/epi/wir-ueber-uns/das-institut/index.html

KORA (Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg, Leitung: Prof. Dr. H.-Erich Wichmann) stellt eine Untersuchungs-Plattform für bevölkerungsbasierte Gesundheitsforschung in Epidemiologie, Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung dar. KORA ist ein Netzwerk von bevölkerungsrepräsentativen Surveys und darauf aufbauenden Follow-up-Studien. Die Besonderheit dieser Plattform ist die breite Beteiligung externer Partner an der Planung, Durchführung und Finanzierung der einzelnen Vorhaben.
http://www.helmholtz-muenchen.de/epi/beitraege-zu-netzwerken/
kora-plattform-fuer-gesundheitsforschung/index.html
(Link bitte im Browser zusammenfügen)

Das Helmholtz Zentrum München ist das deutsche Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt. Als führendes Zentrum mit der Ausrichtung auf Environmental Health erforscht es chronische und komplexe Krankheiten, die aus dem Zusammenwirken von Umweltfaktoren und individueller genetischer Disposition entstehen, ein Schwerpunkt liegt hierbei auf Diabetes mellitus. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 1700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens auf einem 50 Hektar großen Forschungscampus. Das Helmholtz Zentrum München gehört der größten deutschen Wissenschaftsorganisation, der Helmholtz-Gemeinschaft an, in der sich 16 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit insgesamt 26500 Beschäftigten zusammengeschlossen haben.

Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Karsten Suhre
Institut für Bioinformatik und Systembiologie
Helmholtz Zentrum München
E-Mail: karsten.suhre@helmholtz-muenchen.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.helmholtz-muenchen.de/presse-und-medien/pressemitteilungen/pressemitteilungen-2009/
pressemitteilung-2009-detail/article/12620/9/index.html
(Link bitte im Browser zusammenfügen)

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution44

Quelle: Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, Michael van den Heuvel, 27.12.2009

Raute

Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald - 27.12.2009

Ursache für häufigste tödliche Bluttransfusionsreaktion entdeckt

Jetzt veröffenticht in "Nature Medicine"

Wissenschaftlern der Universität Greifswald und des Blutspendedienstes des DRK West ist ein Durchbruch zur Erhöhung der Sicherheit von Bluttransfusionen gelungen, wie heute die renommierte Fachzeitschrift "Nature Medicine" (www.nature.com) berichtet.

Die Greifswalder Arbeitsgruppen Transfusionsmedizin unter Leitung von Prof. Andreas Greinacher und Funktionelle Genomforschung mit Prof. Uwe Völker haben zusammen mit der Arbeitsgruppe Leukozytenimmunologie des DRK-Blutspendedienstes West in Hagen (Nordrhein-Westfalen) unter der Leitung von Prof. Jürgen Bux und Frau Dr. Angelika Reil den bislang unbekannten Träger einer "Blutgruppe" auf weißen Blutkörperchen identifiziert, der für Komplikationen bei Bluttransfusionen verantwortlich ist.

"Diese Entdeckung wird wesentlich dazu beitragen, einer schwerwiegenden Lungenschädigung nach Blut-Transfusionen vorzubeugen, nämlich der sogenannten TRALI-Reaktion (Transfusions-assoziierte akute Lungeninsuffizienz)", erklärte Prof. Andreas Greinacher, Leiter der Abteilung Transfusionsmedizin am Greifswalder Institut für Immunologie und Transfusionsmedizin.

Das Risiko für eine TRALI-Reaktion infolge einer Bluttransfusion ist um ein Vielfaches höher als das Risiko für die Übertragung einer HIV-oder Hepatitis-C-Infektion. Eine wichtige Ursache lebensbedrohlicher TRALI-Reaktionen sind Antikörper im Blut des Spenders, die mit der Blutkonserve auf den Patienten übertragen werden und sich an ein Blutgruppen-Protein der weißen Blutkörperchen (Granulozyten) binden. Dadurch verklumpen die weißen Blutkörperchen, sodass die feinen Blutgefäße der Lunge verstopfen. Die Lunge wird geschädigt, wodurch es zu einem Lungenödem kommt.

"Für den Blutspender selbst, der diese Antikörper gebildet hat, sind diese völlig ungefährlich, er ist gesund. Die Antikörper sind nur gefährlich, wenn sie mit dem Blut auf einen anderen Menschen übertragen werden", erläuterte der Transfusionsmediziner. Durch die Arbeit der Greifswalder und Hagener Wissenschaftler wird es zukünftig möglich sein, diese Antikörper bei Blutspendern leichter nachzuweisen, um die häufigste tödliche Bluttransfusionsreaktion zu vermeiden.

Seit vielen Jahren haben Wissenschaftler versucht, die Struktur dieser Blutgruppe auf weißen Blutkörperchen aufzuklären. Die Greifswalder und Hagener Wissenschaftler haben hierfür drei Jahre intensive Forschungsarbeit investiert, in denen sie große Menge weißer Blutkörperchen aufbereitet und anschließend mit den gefährlichen Antikörpern nach möglichen Zielstrukturen molekularbiologisch "geangelt" haben. Aus einer winzigen Menge des Proteins haben die Forscher dann dessen einzelne Aminosäuren (Bausteine des Proteins) identifiziert und mit Hilfe der Daten des Humanen Genomprojektes von der Reihenfolge der Aminosäuren das entsprechende Gen geschlossen. In einem nächsten Schritt wurde das entsprechende Gen in Bakterien eingeschleust, sodass dieses Blutgruppenprotein jetzt gentechnologisch in großen Mengen hergestellt werden kann. "Dadurch wird es bald weltweit möglich sein, Blutspender präventiv auf die entsprechenden Antikörper zu untersuchen und mögliche Komplikationsrisiken zu reduzieren", machte Greinacher deutlich.

Die Universität Greifswald wird seit Jahren durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung in der internationalen Spitzenforschung unterstützt. Mit mehreren Millionen Euro wurden die Kompetenzzentren für funktionelle Genomforschung (www.medizin.uni-greifswald.de/fungene) sowie für Humorale Immunreaktionen bei kardiovaskulären Erkrankungen (www.hike-autoimmunity.de) in den letzten Jahren gefördert. Auch für den DRK-Blutspendedienst West ist es nach der Ersteinführung der PCR-Technik zum Nachweis transfusionsassoziierter Viren 1996 und den bereits im Jahr 2006 ergriffenen Maßnahmen zur Vermeidung einer TRALI-Reaktion durch Blutpräparate ein weiterer Erfolg auf dem Gebiet der Blutsicherheit.

Artikel (NMED-BC44834D) in Nature Medicine, December 27, 2009
(online) December 2009, Volume 15 No 12
"Characterization of the human neutrophil alloantigen (HNA) 3a"

Ansprechpartner am Universitätsklinikum Greifswald
Institut für Immunologie und Transfusionsmedizin
Abteilung Transfusionsmedizin
Prof. Dr. med. Andreas Greinacher
Sauerbruchstraße, 17475 Greifswald
greinach@uni-greifswald.de
www.klinikum.uni-greifswald.de

Weitere Informationen finden Sie unter
- http://www.nature.com/nm/journal/vaop/ncurrent/full/nm.2070.html
   Artikel in Nature Medicine
- http://www.medizin.uni-greifswald.de/fungene
   Kompetenzzentrum für funktionelle Genomforschung
- http://www.hike-autoimmunity.de
   Kompetenzzentrum für Humorale Immunreaktionen bei kardiovaskulären Erkrankungen

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution65

Quelle: Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Jan Meßerschmidt, 27.12.2009

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Dezember 2009