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MELDUNG/413: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 07.09.11 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Rostocker Antiinfektivatage thematisieren Behandlung bei multiresistenten Keimen
→  Internationale Tagung: Medizinische Normwerte an das Alter anpassen
→  Alternativen zum "Wegschließen für immer"
      Forschungsministerium fördert Klausurwochen an der Universität Witten/Herdecke
      zum Thema Sicherungsverwahrung


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Universität Rostock - 06.09.2011

Mit neuen Medikamenten gegen neue Erreger

Rostocker Antiinfektivatage thematisieren Behandlung bei multiresistenten Keimen

Multiresistente Keime, Antibiotika, die keine Wirkung mehr zeigen, diabetische Füße, wo nur noch die Amputation hilft: Die 12. Rostocker Antiinfektivatage thematisieren aktuelle und weit verbreitete Erkrankungen, die durch Infektionen hervorgerufen werden und oft fatale Folgen haben. Die Tagung will Antworten auf drängende Fragen geben und Wege der Therapie aufzeigen. Rund 270 Ärzte aus Deutschland und Österreich werden zu dieser traditionsreichen Veranstaltung erwartet, die vom Institut für Klinische Pharmakologie des Universitätsklinikums Rostock veranstaltet wird - am 9. und 10. September 2011 im Radisson Blu Hotel in Rostock.

"Gerade im Bereich der Infektionskrankheiten besteht dringender Handlungs- und Informationsbedarf", sagt Professor Dr. Bernd Drewelow, Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie. Angesichts so genannter multiresistenter Keime, die auf keinerlei Medikament mehr reagieren, müssen Therapien und Wirkstoffe immer wieder neu bestimmt werden. Grund für die Entstehung derartiger Keime seien sowohl auf der Seite der Mediziner als auch auf Seiten der Patienten zu suchen, so Professor Drewelow. Entweder werden Antibiotika falsch verordnet, indem zum Beispiel die falsche Dosis verschrieben wird, oder Patienten setzen die Antibiotika eigenmächtig zu früh ab.

Als Reaktion auf die Entstehung multiresistenter Keime entwickelt die Pharmaindustrie regelmäßig und mit großem Aufwand neue Antibiotika. Die aktuellsten für den Markt zugelassenen Produkte werden während der Antiinfektivatage vorgestellt und diskutiert.

Weitere Themen sind schwere Darminfektionen, die durch multiresistente Keime hervorgerufen werden, sowie der so genannte diabetische Fuß. Jährlich werden rund 25.000 Füße von Diabetikern amputiert, oftmals weil sich Wunden infiziert haben und Leben nur noch so gerettet werden kann. Der effektive Umgang mit derartigen Infektionen und die Nachsorge von betroffenen Patienten ist Thema der Veranstaltung.

Kontakt

Prof. Dr. med. Bernd Drewelow
Institut für Klinische Pharmakologie
Zentrum für Pharmakologie und Toxikologie
Schillingallee 70, 18057 Rostock
E-Mail: bernd.drewelow@med.uni-rostock.de

Professor Dr. Peter Schuff-Werner, Ärztlicher Direktor
Universitätsklinikum Rostock AöR
Schillingallee 35, 18057 Rostock

9. und 10. September 2011
12. Rostocker Antiinfektivatage,
Radisson Blu Hotel Rostock
Lange Straße 40, 18055 Rostock

9. September, Beginn 9.00 Uhr, offizielle Eröffnung
10. September, Beginn 9.00 Uhr

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution210

Quelle: Universität Rostock, Ingrid Rieck, 06.09.2011


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Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg - 06.09.2011

Internationale Tagung - Medizinische Normwerte an das Alter anpassen

Die hallesche Universitätsmedizin veranstaltet zum fünften Mal eine international besetzte Alterstagung. Schwerpunkt ist diesmal die Diskussion über die Praxistauglichkeit verschiedener Konzepte der Grundlagenforschung, die ein gesünderes Altern ermöglichen sollen - beispielsweise durch Ernährung und Bewegung.

Den Praxistext machen Altersforscher während der 5. internationalen Alterstagung in Halle. Sie diskutieren die Umsetzung der Ergebnisse aus der Grundlagenforschung in den medizinischen Alltag. Bereits zum fünften Mal findet diese international gefragte und besetzte Tagung statt. Vom 16. bis 18. September 2011 treffen sich in der Saalestadt renommierte Wissenschaftler und Ärzte, die auf dem Gebiet des Alterns forschen. In den vergangenen Jahrzehnten hat die Lebenserwartung in den Industriestaaten deutlich zugenommen - und damit auch die Zahl altersbedingter Erkrankungen, wie die des Herz-Kreislaufsystems bzw. Tumorerkrankungen. In der Grundlagenforschung wurden in verschiedene Konzepte entwickelt, mit denen altersbedingte Erkrankungen verzögert oder verhindert werden können.

Grundlagenforscher, Ärzte und weitere Spezialisten wie Sportwissenschaftler diskutieren unter anderem, ob sich durch kalorienreduzierte Kost Alterserkrankungen verhindern lassen. Professor Simm: "Im Versuch mit Mäusen konnte gezeigt werden, dass kalorienreduzierte Kost das Leben der Mäuse verlängert." Doch die Tiere lebten in Käfigen ohne Umwelteinflüsse. Im medizinischen Alltag hingegen erkennen die Ärzte, dass mangelernährte Patienten ein hohes Krankheitspotential in sich tragen. "Für den medizinischen Alltag ist es wichtig, das richtige Maß für eine gesunde Ernährung zu finden." Dies gelte nicht nur für die Ernährung, sondern beispielsweise auch den Blutdruck. Professor Simm sagt: "Wir müssen die medizinischen Normwerte an das Alter anpassen."

Dieses Maß gelte es auch bei der sportlichen Aktivität zu finden. Eine leichte Aktivität wie Walken oder Tanzen könne im Alter effektiver sein als intensiver Sport, sagt der hallesche Altersforscher. Die Wissenschaftler werden auch darüber diskutieren, ob das lange Zeit favorisierte Konzept des Einsatzes antioxidativer Mittel sinnvoll ist. "Aktuelle Forschungsergebnisse sagen: Das Einnehmen beispielsweise von künstlichen Vitaminen bringt nicht die erhofften Ergebnisse."

Derzeit, so Professor Simm, werde in der Wissenschaft das "Hormesis Konzept" als zukunftsträchtig befürwortet: "Leichter Stress ist gut für den Organismus." Dabei müsse individuell das richtige Maß gefunden werden. Als Maßlinie kann Professor Simm allerdings mitgeben: "Sport bis zur absoluten Erschöpfung ist kontraproduktiv."

Die hallesche Universitätsklinik für Herz- und Thoraxchirurgie (Organisator Professor Dr. Andreas Simm) richtet gemeinsam mit der Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin III (Kardiologie) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz-, und Gefäßchirurgie (DGTHG), der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG) sowie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DKG) die Alternstagung mit dem Thema: "Der ältere Patient - Vorbeugung und Eingriffe" aus. Es werden etwa 120 Wissenschaftler aus mehr als zehn Ländern teilnehmen, darunter aus Deutschland, USA, Belgien, Finnland, Norwegen, Dänemark, Österreich und Australien. Um Jugendliche möglichst früh an die Wissenschaft heranzuführen, werden bis zu 15 Gymnasiasten die Möglichkeit gegeben, umsonst an der kompletten Tagung teilzunehmen. Weiterhin sind Studentinnen und Studenten der polnischen Partneruniversität in Poznan zur Tagung eingeladen Die Veranstaltung findet im Löwengebäude der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg statt.

Den Schober-Preis zur Erinnerung an den halleschen Herzchirurgen Professor Dr. Karl-Ludwig Schober erhält die finnische Alternsforscherin Kaisu Pitkäla aus Helsinki. Professor Karl-Ludwig Schober war in den Jahren von 1966 bis 1972 der Direktor der Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie in Halle. Er war der Spiritus Rector einer großen Arbeitsgruppe, welche Ende der 50iger/Anfang der 60iger Jahre die erste Herz-Lungen-Maschine in der ehemaligen DDR entwickelte und diese 1962 in der ersten Herz-OP in Halle zum Einsatz brachte. Der Schober-Preis wird zum Auftakt der Tagung am Freitag, 16. September 2011, ab 18 Uhr vergeben.

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Programm

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution167

Quelle: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Jens Müller M.A., 06.09.2011


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Universität Witten/Herdecke - 06.09.2011

Alternativen zum "Wegschließen für immer"

Forschungsministerium fördert Klausurwochen an der Universität Witten/Herdecke zum Thema Sicherungsverwahrung

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert interdisziplinäre Klausurwochen vom 7. bis 18. November 2011 an der Universität Witten/Herdecke. 15 Nachwuchswissenschaftler, die zurzeit ausgewählt werden, werden mit Experten über rechtliche, ethische und soziale Aspekte des Umgangs der Gesellschaft mit gefährlichen und/oder psychisch kranken Straftätern zu diskutieren.

"Wegschließen für immer!?: Das war die Lösung, die der damalige Bundeskanzler Schröder 2001 für gut und richtig hielt. Dieser Parole ist der Deutsche Bundestag mit zahlreichen Gesetzesänderungen zur Verlängerung der Unterbringung von gefährlichen Personen gefolgt. Doch 2009 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte diese Praxis für konventionswidrig erklärt: Eine nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung darf es demnach nicht mehr geben. Und schließlich hat das Bundesverfassungsgericht im Mai diesen Jahres fast alle Vorschriften der Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig erklärt. "Die europäischen Richter haben die Sicherungsverwahrung als eine zusätzliche Strafe gesehen, die verhängt wird, obwohl der Verurteilte für seine Taten bereits gebüßt hat", erklären Harald Haynert, MScN, und Dr. jur. Heinz Kammeier vom Institut für Ethik und Kommunikation im Gesundheitswesen der UW/H den Hintergrund.

Für die Forensik-Spezialisten sind dies herausfordernde Urteile, da die rechtlichen, ethischen und sozialen Konzepte des Schutzes der Allgemeinheit nun erst recht auf dem wissenschaftlichen Prüfstand stehen. "Insbesondere die Pflegewissenschaft kann zu der notwendigen Diskussion wissenschaftlich fundierte Beiträge leisten", so Haynert. Auch weil das Alter und die Verweildauern der untergebrachten Personen steigen, nehmen pflegerische Aspekte an Bedeutung zu. Darüber hinaus muss der rechtliche Normbestand den zukünftigen Herausforderungen angepasst werden: Steigende Zuweisungszahlen, längere Verweildauern und notwendige Angebote an Therapie sind zu regeln. Wie also können wir eine Gesellschaft vor Menschen schützen, die für gefährlich gehaltenen werden und/oder die es tatsächlich sind? Das führt blitzschnell zu der ethischen Frage, wie wir einen Menschen sehen, der schwerste Straftaten begangen und andere erheblich geschädigt hat. Wie geht eine Gesellschaft mit Werten wie Freiheit und Sicherheit um, wenn gefährliche und/oder psychisch kranke Straftäter genau diese Werte in Frage stellen oder gar missachten??

Um auf diese Fragen Antworten zu finden, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung der UW/H Mittel zur Durchführung von Klausurwochen zugesprochen, damit im grenzübergreifenden Dialog gemeinsam grundlegende Konzepte geklärt, Werturteile zu den Fragestellungen erarbeitet und dabei disziplinspezifische sowie disziplinübergreifende Positionen entwickelt werden können, die schließlich auch zur Politikfeldberatung dienen.

Die Klausurwochen bieten 15 Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern (Doktorandinnen und Doktoranden, Postdoktorandinnen und Postdoktoranden) die Möglichkeit, eigene Arbeiten zu diesem Thema zu präsentieren und miteinander und mit Expertinnen und Experten zu diskutieren.

Die Klausurwochen finden vom 07. bis zum 18.November 2011 in den Räumen der Universität Witten/Herdecke statt. Am Abschlusstag wird die Veranstaltung für die (Fach-) Öffentlichkeit im Rahmen eines Symposiums geöffnet.

Weitere Informationen bei
Harald Haynert
harald.haynert@uni-wh.de

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Gebäude der Universität Witten/Herdecke

Über uns:
Die Universität Witten/Herdecke (UW/H) nimmt seit ihrer Gründung 1982 eine Vorreiterrolle in der deutschen Bildungslandschaft ein: Als Modelluniversität mit rund 1.300 Studierenden in den Bereichen Gesundheit, Wirtschaft und Kultur steht die UW/H für eine Reform der klassischen Alma Mater. Wissensvermittlung geht an der UW/H immer Hand in Hand mit Werteorientierung und Persönlichkeitsbildung.
Witten wirkt. In Forschung, Lehre und Gesellschaft.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution226

Quelle: Universität Witten/Herdecke, Kay Gropp, 06.09.2011


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. September 2011