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→  Krebszellen leuchten im Verborgenen
      Neue technische Hilfsmittel machen die Fluoreszenz sichtbar



Wilhelm Sander-Stiftung - 23.08.2012

Krebszellen leuchten im Verborgenen - neue technische Hilfsmittel machen die Fluoreszenz sichtbar

Bei der Herstellung des roten Blutfarbstoffs (Häm) entsteht für kurze Zeit das fluoreszierende Zwischenprodukt Protoporphyrin IX (PpIX) im menschlichen Körper. Sobald jedoch das Enzym Ferrochelatase (FECH) das Leuchtmolekül in Häm umwandelt, verliert dies seine Strahlkraft. In Tumorgewebe ist das Enzym FECH weniger aktiv. Deshalb kann sich das fluoreszierende PpIX dort anreichern. Ein idealer Anknüpfungspunkt für eine neue Form der Krebsdiagnostik, finden die Berliner Forscher Dr. Wolfgang Kemmner und Dr. Bernd Ebert. Sie machen durch neue optische Verfahren die fluoreszierenden Tumorzellen für das menschliche Auge sichtbar und wollen damit die Krebsdiagnose erleichtern.

Ohne technische Raffinessen und Hilfsmittel bleibt Ärzten das Leuchten der Krebszellen verborgen. Deshalb kooperieren in diesem Projekt Wissenschaftler der Charité mit Kollegen an der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB) und der Freien Universität Berlin. Um den Fluoreszenzstoff beobachten zu können, hemmen die Forscher das Enzym FECH. Sie streuen gleichsam Sand ins Getriebe der Häm-Produktion und blockieren damit den PpIX-Abbau. Der sprichwörtliche Sand besteht hier aus kurzen RNA-Doppelstränge (short interfering RNA, kurz: siRNA). Diese sind in der Lage, selektiv das Ablesen von Genen zu unterbinden. Im Inneren der Zellen kann siRNA als molekularer Schalter das Enzym FECH abschalten.

Um die siRNA durch Zellmembranen ins Zellinnere zu schleusen, haben die Forscher an der Charité und der FU Berlin "Nanofähren" entwickelt. An Board dieser winzigen Trägersysteme konnte die für FECH spezifische siRNA in menschliche Tumorzellen eingebracht werden. An der PTB gelang daraufhin der Nachweis des fluoreszierenden Tumorgewebes mit einer Spezialkamera. Der Tumor wurde auf dem Computermonitor sichtbar.

Im nächsten Projektschritt soll geprüft werden, ob sich die neuartige Methodik für den klinischen Einsatz eignet. "Das neue Messverfahren könnte künftig die Diagnose von Karzinomen erleichtern. Durch unser neu entwickeltes Messverfahren zum fluoreszierenden PpIX, das auf der eingeschleusten siRNA mittels Nanofähren basiert, können Tumorzellen erstmals einfach und schnell sichtbar gemacht werden", erläutert Projektleiter Wolfgang Kemmner.

Bislang zum Projekt erschienene Publikationen:

Kemmner W, Wan K, Rüttinger S, Ebert B, Macdonald R, Klamm U, Schlag PM, Moesta T.
Silencing of human ferrochelatase causes abundant protoporphyrin-IX accumulation in colon cancer - a new tool for molecular imaging.
FASEB J 2008, 22(2):500-9

Wan K, Ebert B, Voigt J, Wang Q, Dai Y, Haag R, Kemmner W.
In vivo tumor imaging using a novel RNAi-based detection mechanism.
Nanomedicine: Nanotechnology, Biology and Medicine 2012, 8(4):393-398

Kontakt (Projektleitung):

Dr. habil. Wolfgang Kemmner
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC)
Chirurgie und Chirurgische Onkologie
Gebäude C27, Robert-Roessle-Str 10, 13125 Berlin
E-Mail: wkemmner@mdc-berlin.de
http://www.mdc-berlin.de/group-kemmner

Dr. habil. Bernd Ebert
Physikalisch Technische Bundesanstalt (PTB)
Abbestr. 2-12, 10587 Berlin
E-Mail: bernd.ebert@ptb.de

Weitere Informationen zur Stiftung:
http://www.wilhelm-sander-stiftung.de/

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image179688
Die schematische Abbildung zeigt den Prozessschritt der Bildung des roten Blutfarbstoffs Häm aus dem fluoreszierenden Vorprodukt Protoporphyrin IX (PpIX). Durch Hemmung des verantwortlichen Enzyms Ferrochelatase (FECH) reichert sich PpIX in den Tumorzellen an. Durch das neu entwickelte Messverfahren können die Krebszellen mithilfe einer Spezialkamera sichtbar gemacht werden - hier gezeigt am Beispiel von menschlichen Karzinomzellen, die in eine Maus eingebracht wurden.

Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert dieses Forschungsprojekt mit rund 60.000 Euro, nachdem sie den ersten Projektabschnitt mit 110.000 Euro unterstützt hatte.
Stiftungszweck ist die Förderung der medizinischen Forschung, insbesondere von Projekten im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden insgesamt über 190 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution890

Quelle: Wilhelm Sander-Stiftung, Sylvia Kloberdanz, 23.08.2012

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. August 2012