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MELDUNG/599: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 12.09.12 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

→  Über drei Millionen Euro für innovative Medikamentenforschung in Greifswald
→  Stress-Rezeptoren: Der feine Unterschied
→  Europäische Förderung zur Erforschung der Gefühle
→  Neues Ultraschallverfahren - Die verfeinerte tastende Hand des Arztes



Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald - 11.09.2012

Über drei Millionen Euro für innovative Medikamentenforschung in Greifswald

Wissenschaftler der Universität Greifswald haben drei Millionen Euro vom Bund für ein Forschungsprojekt eingeworben. Mit diesen Mitteln wird im neuen interdisziplinären Forschungsbau C_DAT eine Stiftungsprofessur Klinische Pharmakologie von Transporterproteinen ausgestattet, die von sechs Unternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern finanziert wird. Mit dem Vorhaben COM_DAT (Compartmental Drug Absorption and Transport) sollen grundlegende Fragen des Antransports von Arzneistoffen zu den Orten ihrer Wirkung bei Menschen und Tieren beantwortet werden. COM_DAT baut auf einem bereits laufenden Projekt der BMBF-Innovationsinitiative "Unternehmen Region" InnoProfile in Greifswald auf.

Zu den Wirtschaftspartnern gehören die RIEMSER Arzneimittel AG (Greifswald), die B.M.P. Production GmbH (Parchim), die PRIMACYT Cell Culture Technology GmbH (Schwerin), die Gestüt Lewitz / P. Schockemöhle Pferdehaltung GmbH (Neustadt-Glewe), die Physiolution GmbH (Greifswald), die RoweMed AG (Parchim) sowie die Bionas GmbH (Rostock).

Das neue Forschungsvorhaben in Kooperation mit klein- und mittelständischen Unternehmen des Landes basiert auf den Erkenntnissen und Erfahrungen des InnoProfile-Projektes "Wirkstofftransport-basierte Konzepte und Drug-Delivery-Technologien zur Optimierung der klinischen Anwendung von Arzneimitteln", das bereits seit 2007 an der Universität Greifswald läuft.

Bisher konnten intelligente Darreichungsformen (z.B. Tabletten) entwickelt werden, die gezielt Arzneistoffe in von Therapeuten gewünschte Bereiche im Dünn- und Dickdarm bringen. Außerdem entwickelten die Forscher In-vitro-Zellmodelle (in vitro - im Reagenzglas) für nahezu alle beim Menschen nachgewiesenen, klinisch relevanten Arzneistofftransporter und deren genetische Varianten sowie eine massenspektrometrische Methode, mit der man diese Transporter auch beim Menschen messen kann.

"Von Beginn an profitierten regionale Unternehmen im Life-Science-Bereich indirekt von den Vorteilen einer engen wissenschaftlichen Kooperation mit Pharmakologen und Pharmazeuten im C_DAT, die sie ermutigte, die Kosten für eine Stiftungsprofessur zu übernehmen. Mit deren Hilfe wollen wir unsere wissenschaftlichen Erkenntnisse für die praktische Anwendung aufbereiten, sie sozusagen in die regionale Wirtschaft transferieren. So erwartet beispielsweise PRIMACYT, dass unsere Zellmodelle zur wirtschaftlichen Verwertung angepasst werden. Mit unseren Darreichungsformen könnten Produkte von RIEMSER noch effektiver die von Krankheit betroffenen Körperregionen erreichen. Die Tierärzte im Gestüt in Neustadt-Glewe sind auch sehr daran interessiert, notwendige Medikamente auch bei Fohlen noch zielgerichteter zum Einsatz bringen zu können. RoweMed stellt Technologien bereit, um eine Methode zur Messung regionaler Arzneistoffkonzentrationen im menschlichen Darm zu entwickeln. Wir beobachten als erfreulichen Nebeneffekt unserer Inno-profile-Kooperation, dass sich die regionalen Unternehmen auch zunehmend enger miteinander vernetzen." Das erklärt Prof. Werner Siegmund.

"Für uns als international vernetztes Pharmaunternehmen aus der Region ist es ein besonderes Anliegen, die exzellente Forschung und Wissenschaft vor Ort sowie hochqualifizierte Fachkräfte zu unterstützen", sagt Dr. Michael Mehler, Vorstandsvorsitzender der RIEMSER Arzneimittel AG.

Insgesamt wurden mehr als drei Millionen Euro für eine Juniorprofessur, fünf Wissenschaftlerstellen, Investitionen und Sachmittel, Kongressreisen oder für Weiterbildung für fünf Jahre eingeworben. Zusammen mit EU-Geldern und weiteren Industriemitteln stehen damit bereits im ersten Jahr nach Inbetriebnahme des C_DAT Mittel für Forschungsprojekte zur Verfügung, die in der Höhe etwa einem Viertel der Kosten für den Forschungsbau entsprechen.

Ansprechpartner an der Universität Greifswald
Center of Drug Absorption and Transport (C_DAT)
Institut für Pharmakologie
Felix-Hausdorff-Str. 3
D-17487 Greifswald
pharmako@uni-greifswald.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.riemser.com/presse/details/index.html?tx_ttnews[tt_news]=77&cHash=8365c80bad50c9aa40e31d80a16ac820
[RIEMSER Arzneimittel AG (Greifswald)]
http://www.bmp-production.de/index1600.html B.M.P.
[Production GmbH (Parchim)]
http://www.primacyt.de/
[PRIMACYT Cell Culture Technology GmbH (Schwerin)]
http://www.gestuet-lewitz.de/
[Gestüt Lewitz / P. Schockemöhle Pferdehaltung GmbH (Neustadt-Glewe)]
http://www.physiolution.eu/ Physiolution GmbH
(Greifswald)
http://www.rowemed.de/ RoweMed AG
(Parchim)

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution65

Quelle: Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Babette Verclas M.A., 11.09.2012

Raute

Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) - 11.09.2012

Stress-Rezeptoren - Der feine Unterschied

Rezeptoren besitzen in ihrem genetischen Code Signal-Sequenzen, durch welche die Sensoren an die richtige Stelle in der Zellmembran dirigiert werden. Ein Rezeptor der Stressantwort schert allerdings aus der Reihe, wie die Gruppe um Ralf Schülein herausgefunden hat. Durch eine Punktmutation erhält die übliche Signalsequenz des Moleküls eine ganz neue Funktion - der Rezeptor wird auf der Zelloberfläche zum Einzelgänger.

Wie entsteht das Neue in der Welt der Organismen? Ein interessantes Beispiel ist eine eigenartige Anomalie in einem der beiden CRF-Rezeptoren, welche die Gruppe von Ralf Schülein entdeckt und nun genauer untersucht hat. Die CRF-Rezeptoren sind bei Menschen und Säugetieren wichtig für die Reaktion auf Stress: Wenn uns etwas erschreckt oder ängstigt, dann wird unser Körper durch eine ganze Reihe von Nervensignalen und Hormonen binnen kurzer Zeit in Alarmbereitschaft versetzt. Dabei wird unter anderem das Hormon Corticotropin-Releasing-Factor (CRF) im Hypothalamus ausgeschüttet. Für dieses Stress-Hormon besitzt der Organismus zwei verschiedene Sensoren, den CRF1- und den CRF2-Rezepor. "Der CRF1-Rezeptor vermittelt die eigentliche Stressreaktion, im Übermaß kann seine Aktivierung zu Angst und Depressionen führen", erklärt Ralf Schülein. Etwas subtiler ist dagegen die Aufgabe des zweiten Sensor: "Der CRF2-Rezeptor scheint bei der Regulierung von Appetit eine Rolle zu spielen und insgesamt ist er eher wichtig dafür, dass die Stressreaktion auch wieder abklingen, wir uns davon erholen."

Doch was unterscheidet die beiden sehr ähnlichen Rezeptoren, die auf das gleiche Signal reagieren und doch so unterschiedliche Reaktionen im Körper auslösen? Einen merkwürdigen Unterschied fand die Gruppe um Schülein schon vor Jahren. Er betrifft die Adressierung der beiden Rezeptoren, durch die sichergestellt wird, dass die Proteinmoleküle überhaupt an die richtige Stelle gelangen. In jeder Körperzelle werden bis zu 10.000 verschiedene Proteine produziert, die je nach Funktion an unterschiedliche Orte im Zellinneren, aus der Zelle hinaus, oder wie im Fall der CRF-Rezeptoren in die äußere Membran gelangen müssen. Dafür sorgen Signal-Sequenzen im genetischen Code, die das Protein schon während der Synthese zu einer Membran lenken. In manchen Fällen wird dieses "Adress-Etikett" von dem fertigen Protein dann abgespalten, so auch im Fall des CRF1-Rezeptors. Der CRF2-Rezeptor besitzt ein fast identisches Signal-Peptid, allerdings mit einem entscheidenden Unterschied. Durch den Austausch eines einzigen Buchstabens ist die Adressierung unleserlich geworden - sie bewirkt nicht wie üblich den Transport zur Membran und wird auch nicht abgetrennt. Die eigentliche Adressierung übernehmen andere Abschnitte im Gen.

Doch ist das "Pseudo-Signal-Peptid" damit ein nutzloses Artefakt, oder können die Adress-Etiketten von Proteinen auch andere Funktionen haben? Dieser Frage ist Anke Teichmann, eine Doktorandin am FMP, in Zusammenarbeit mit ihren Kollegen einen Schritt näher gekommen. "Meine Hauptarbeit meiner Promotion bestand zunächst in der Methoden-Entwicklung", sagt die Biophysikerin. Insbesondere etablierte sie die so trickreiche wie elegante Methode des Förster-Resonanzenergietransfer (FRET). Bei dieser Methode wird ausgenutzt, dass fluoreszierende Moleküle untereinander Energie übertragen können, wenn sie sich sehr nahe kommen. Beträgt ihr Abstand weniger als 10 Nanometer, dann wird die Abstrahlung des einen Partners plötzlich schwächer, die des anderen stärker. Auf diese Weise kann man durch Fluoreszenz-Messungen erkennen, ob zwei in unterschiedlichen Farben fluoreszierende Moleküle sich nahe kommen - obwohl der Abstand von 10 Nanometern eigentlich weit unterhalb der Auflösungsgrenze von Lichtmikroskopen liegt.

Anke Teichmann untersuchte nun mit der FRET-Methode Zellen mit den beiden CRF-Rezeptoren, die mit fluoreszierenden Proteinen in zwei verschiedenen Farben markiert waren. Dadurch und in weiteren Experimenten zeigte sich, dass der CRF2-Rezeptor immer nur als einzelnes Molekül aus der Zelle herausragt - im Gegensatz zum CRF1-Rezeptor, der sich mindestens paarweise zusammenlagert. Und in einem weiteren Schritt konnte die Gruppe zeigen, dass es eben das Pseudo-Signal-Peptid ist, dass den Rezeptor zum Einzelgänger macht. Mutanten des CRF1-Rezepors blieben allein, wenn sie den Signalgeber von CRF2 trugen. Dagegen verpaarte sich der für die Stresserholung zuständige CRF2-Rezeptor, wenn der das normale Signalpeptid von seinem ungleichen Bruder bekam.

"Welche Rolle die Zusammenlagerung der Rezeptoren für die Funktion des Rezeptors spielt, ist nun eine spannende Frage", sagt Ralf Schülein. Grundsätzlich könnten die sehr individuelle Feinsteuerung der CRF-Rezeptoren durch unterschiedliche Signalpeptide ein interessanter Ansatzpunkt für Medikamente sein, etwa bei der Behandlung von Angststörungen und Depressionen.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1624

Quelle: Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) , Silke Oßwald, 11.09.2012

Raute

IMP / Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie GmbH - 11.09.2012

Europäische Förderung zur Erforschung der Gefühle

Der Neurobiologe Wulf Haubensak, Gruppenleiter am Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien, erhält einen der begehrten Starting Grants des Europäischen Forschungsrats ERC. Die Mittel in der Höhe von 1,5 Millionen Euro fördern ein ambitioniertes Projekt, das die Entstehung von Emotionen in Nervennetzen des Gehirns untersucht.

Emotionen sind Wegweiser, die Menschen und Tieren ein erfolgreiches Navigieren durch eine komplexe Umwelt ermöglichen. Angst lässt uns Bedrohungen ausweichen, Freude Belohnungen verfolgen. Die Suche nach den neuronalen Grundlagen von Emotionen fasziniert nicht nur Wissenschaftler - ist es doch die Suche nach einem zentralen Teil unseres mentalen Selbst.

Das Team um Wulf Haubensak am IMP versucht zu verstehen, wie Emotionen im Gehirn entstehen. Ähnlich wie Sehen oder Hören basieren auch Gefühle auf neuronaler Aktivität. Man nimmt an, dass Emotionen durch die Aktivität verschiedener Areale in Hirnrinde, Stammhirn und den sogenannten Mandelkernen (Amygdala) entstehen. Diese Komponenten bilden ein komplexes Netzwerk neuronaler Schaltkreise, das allerdings in den Details noch unverstanden ist.

Kartographen des Gehirns

Mit den ERC-Mitteln wollen die IMP-Forscher emotionale Schaltkreise in diesem Netzwerk kartieren und untersuchen, wie Emotionen im Zusammenspiel einzelner Schaltkreiselemente entstehen. Dazu bietet sich die Maus als experimentell zugängliches Tiermodell an, das einerseits emotionales Verhalten zeigt, dessen Gehirnanatomie andererseits einen Vergleich mit dem Menschen zulässt.

Um emotionale Schaltkreiselemente sichtbar zu machen, wird die Eigenschaft mancher Viren genutzt, selektiv bestimmte Nervenzellen zu befallen und an ihnen entlang bis ins Gehirn zu wandern. Ein zuvor in die Viren eingeschleustes fluoreszierendes Protein hinterlässt dabei eine sichtbare Leuchtspur und markiert miteinander verschaltete Neuronen. Um die so markierten Schaltkreise funktionell zu untersuchen, wenden die Forscher die in den letzten Jahren neu entwickelten Methoden der Optogenetik an. Diese erlauben es, bestimmte Nervenzell-Gruppen mittels Licht an- und auszuschalten und unmittelbar zu untersuchen, wie sich dies auf den emotionalen Zustand und das Verhalten auswirkt.

Das IMP-Projekt widmet sich auch der Frage, wie Gene und Psychopharmaka die Aktivität dieser Schaltkreise verändern und damit Emotionen beeinflussen. Die Forscher hoffen, damit auch Erkenntnisse über die aus biomedizinischer Sicht bedeutsamen emotionalen Störungen zu gewinnen. Eine mögliche Konsequenz wäre die Entwicklung von Medikamenten, die selektiv auf bestimmte Schaltkreise im Gehirn einwirken. Mit derartigen "Schaltkreistherapien" könnten psychiatrische Erkrankungen in Zukunft gezielter und mit geringeren Nebenwirkungen therapiert werden.

EU-Förderung ermöglicht innovative Projekte

Wulf Haubensak ist über die Förderung hoch erfreut: "Der ERC Grant ermöglicht es, innovative Forschungsprojekte relativ unbürokratisch anzugehen. Dass mein Projekt auf internationaler Ebene gefördert wird, zeigt das Interesse der "scientific community" an meinen Ideen. Der internationale Rahmen bietet uns eine Plattform, um unsere Forschung einem breiteren Publikum bekannt zu machen und junge Wissenschaftler für die Mitarbeit an unseren Projekten zu begeistern."

Die "ERC Starting Independent Researcher Grants" werden vom Europäischen Forschungsrat vergeben, um Spitzenforscher beim Aufbau eines unabhängigen, exzellenten Forschungsteams zu unterstützen oder neu gegründete Forschungsteams zu stärken. Voraussetzungen sind ein hochklassiges Projekt aus dem Bereich der Grundlagenforschung und das Potenzial des Wissenschaftlers, Forschung auf international höchstem Niveau durchzuführen. Die Auswahl erfolgt in einem zweistufigen Begutachtungsverfahren unter Einbindung externer ExpertInnen. Die Starting Grants werden über einen Zeitraum von fünf Jahren ausgezahlt.

Über Wulf Haubensak
Wulf Haubensak wurde 1972 in Tübingen geboren. Ab 1992 studierte er Biochemie an der Universität Bochum und untersuchte die Rolle von Botenstoffen für neuronale Gedächtnisprozesse. 2003 promovierte er in den Neurowissenschaften an der Universität Heidelberg zur Regulation der Bildung von Neuronen des Großhirns. Danach ging er als Postdoc ans California Institute of Technology, wo er Emotionsschaltkreise im limbischen System erforschte. Seit 2011 ist Wulf Haubensak Gruppenleiter am IMP in Wien.

Über das IMP
Das Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie betreibt in Wien biomedizinische Grundlagenforschung und wird dabei maßgeblich von Boehringer Ingelheim unterstützt. Mehr als 200 ForscherInnen aus über 30 Nationen widmen sich der Aufklärung grundlegender molekularer und zellulärer Vorgänge, um komplexe biologische Phänomene im Detail zu verstehen und Krankheitsmechanismen zu entschlüsseln.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1272

Quelle: IMP - Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie GmbH, Dr. Heidemarie Hurtl, 11.09.2012

Raute

Universitätsklinikum Ulm - 11.09.2012

Die verfeinerte tastende Hand des Arztes

Krankes Gewebe ist weniger elastisch als gesundes. Was der Arzt großflächig und in gut zugänglichen Körperregionen mit der Hand ertastet, kann das neue Ultraschallverfahren für kleinste, schwer zugängliche Bereiche genau messen. Das kürzlich gegründete Sonographiezentrum des Universitätsklinikums Ulm investierte als erste Einrichtung in Deutschland in diese Technologie: Das ACUSON S3000 der Fa. Siemens kann durch die Messung der Ausbreitungsgeschwindigkeit bestimmter Wellen nicht nur Größenordnungen, sondern auch Zahlenwerte für die Elastizität von Gewebe liefern. So können Ärzte Erkrankungen besser erkennen und müssen seltener Gewebeproben entnehmen oder operieren.

"Als Ärzte und Wissenschaftler suchen wir immer neue Wege, um unsere Diagnosen noch früher, genauer und schonender stellen zu können. Eine exakte Messung der Gewebeelastizität mit einem Zahlenwert gibt uns einen neuen präzisen Ansatzpunkt für unsere Diagnostik, sozusagen die verfeinerte tastende Hand des Arztes", erläutert Prof. Dr. Hans-Jürgen Brambs, Sprecher des Sonographiezentrums und Ärztlicher Direktor der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie.

Gemessen wird die Elastizität durch einen kurzen akustischen Druckimpuls. Dieser erzeugt Wellen, die sich im Gewebe ausbreiten, ähnlich wie Wellen, die entstehen, wenn ein Stein ins Wasser fällt. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit dieser so genannten Scherwellen wird gemessen, in steifen Geweben ist sie höher als in elastischen. Entwickelt wurde dieses Verfahren von der Firma Siemens. Der Druckimpuls für die Feststellung der Elastizität wurde in älteren Geräten durch eine Bewegung des Arztes mit dem Schallkopf gegeben. "Dies war in der Präzision und damit Aussagekraft nicht ausreichend", so Professor Brambs. Für den Patienten verläuft die Untersuchung wie eine ganz normale Ultraschalluntersuchung ohne Strahlenbelastung.

Ärzte können nun verdächtige Stellen beispielsweise in der Schilddrüse oder in der weiblichen Brust auch in winzigen Ausschnitten genauer untersuchen. "Der Grad der Elastizität hilft uns zu erkennen, ob und wie stark ein Organ krankhaft verändert ist", erläutert Prof. Dr. Thomas Seufferlein, Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin I. "Auch für Erkrankungen der Leber, der Bauchspeicheldrüse oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen kann die neue Technologie ein wichtiger Baustein für eine frühere und präzisere Diagnostik sein. Das bedeutet für unsere Patienten im Idealfall, dass wir seltener Gewebeproben entnehmen oder operieren müssen."

Das von Internisten und Radiologen gemeinsam geführte Sonographiezentrum des Universitätsklinikums Ulm, eines der deutschlandweit größten, leistet mit der bundesweit ersten Installation dieses Gerätetyps Pionierarbeit. "Wir wollen die Aussagen, die sich für verschiedene Krankheitsbilder - von Krebs bis zu Hauterkrankungen - aus der Gewebeelastizität gewinnen lassen, wissenschaftlich auswerten", erläutert Zentrumsleiter Prof. Dr. Wolfgang Kratzer von der Klinik für Innere Medizin I. Sein Stellvertreter Dr. Tilmann Gräter von der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie ergänzt: "Unser Ziel ist es, Bewertungsstandards für die Diagnostik mit dem neuen Verfahren zu entwickeln."

Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter:
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Ärzte mit dem neuen Ultraschallgerät

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1093

Quelle: Universitätsklinikum Ulm, Jörg Portius, 11.09.2012

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
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E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. September 2012