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MELDUNG/771: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 29.08.14 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

→  Chronisch-entzündlicher Gelenkrheumatismus - den Immunreaktionen auf der Spur
→  Uniklinik Würzburg: Immunschwache Patienten vor Cytomegalie schützen



Universität Leipzig - 28.08.2014

Immunreaktionen auf der Spur - Heisenberg-Professur für Rheumatologie

Der Rheumatologe Prof. Dr. Ulf Wagner hat über das Heisenberg-Förderprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig einen Lehrstuhl für Experimentelle Rheumatologie erhalten. Er beschäftigt sich mit Grundlagenforschung und klinischen Studien auf molekularbiologischem und immunologischem Bereich.

Die Rheumatologie hat sich zu einem ausstrahlenden Fachgebiet entwickelt, in dem chronisch-entzündlichen Erkrankungen mit richtungsweisenden Therapieansätzen effizient und nebenwirkungsarm entgegengetreten wird. Denn die meisten rheumatologischen Erkrankungen gehen auf gestörte Toleranzmechanismen des Immunsystems zurück. Dabei liefert die Grundlagenforschung wichtige molekularbiologische Erkenntnisse über Abläufe im Immunsystem. In klinischen Studien wird die praktische Anwendung erprobt. Die experimentelle Rheumatologie hat immer das angeborene und das angeeignete Immunsystem im Blick. Beide spielen auch bei anderen Erkrankungen wie Multipler Sklerose, Adipositas oder Diabetes eine Rolle, deshalb ist eine fachübergreifende Forschung fundamental. Das Arbeitsfeld von Ulf Wagner liegt genau an diesen Schnittstellen. Seine Heisenberg-Professur wird eine zentrale Anlaufstelle für immunologisch orientierte Projekte aus der Medizin und den Naturwissenschaften darstellen. Es bestehen bereits wichtige Verknüpfungen zu den Schwesterfakultäten Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie.

Auch beim chronisch-entzündlichen Gelenkrheumatismus handelt es sich um eine gegenwärtig noch nicht heilbare Autoimmunerkrankung. In einer fehlgesteuerten Reaktion wird körpereigenes Gewebe angegriffen. Allerdings kann der zentrale Botenstoff der Immunreaktion mit Medikamenten gehemmt werden. Die Arbeitsgruppe um Ulf Wagner hat sich eingehend mit den Wirkungswegen beschäftigt und dabei einen neuen Mechanismus aufgedeckt. Darüber hinaus untersuchen die Forscher die Rolle von T-Zellen, einer speziellen Art von Immunzellen. Derartige Grundlagenerkenntnisse sind geeignet, zukünftig in Therapieverbesserungen zu münden.

"Eine positive Beeinflussung des Immunsystems hätten wir alle gerne. Davon spricht das enorme Angebot frei verkäuflicher Präparate", stellt Wagner fest. "Die überschießende Reaktion bei Autoimmunerkrankungen, hier ist das angeborene Immunsystem betroffen, kann man seit ungefähr 30 Jahren ziemlich gut unterdrücken. Neu ist die spezifische Unterdrückung des angeeigneten, von Lymphozyten getragenen Immunsystems, beispielsweise indem wir gezielt eine genetische Mutation hemmen, die eine Entzündungsreaktion verursacht. Unser Ziel ist es, derartige Effekte weiter zu entwickeln."

Der 1966 im erzgebirgischen Aue geborene Wagner hat in Leipzig und London Medizin studiert und arbeitet mit einigen Auslandsunterbrechungen seit 20 Jahren an der Medizinischen Fakultät. "Das wissenschaftliche Umfeld hat sich hier dramatisch zum Positiven verändert, deshalb bin ich geblieben", stellt er mit Blick auf die Leipziger Universitätsmedizin fest. "Die Heisenberg-Professur ist eine der höchsten Ehrungen durch die DFG und deshalb eine schöne Auszeichnung, weil sie durch die 5-jährige Finanzierung und anschließende Verstetigung im Fakultätshaushalt eine solide Plattform bietet, auf der anspruchsvolle Forschung betrieben werden kann."

Mit seiner Arbeitsgruppe bereichert Wagner den universitären Forschungsschwerpunkt der Zivilisationserkrankungen. So sind Erkenntnisse über autoimmune und entzündliche Mechanismen der verschiedenen Zivilisationserkrankungen in das Großforschungsprojekt LIFE eingegangen, ebenso wie Untersuchung zu Wechselwirkungen zwischen Umweltfaktoren und der Entstehung von Autoimmunität. (Diana Smikalla)

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.zv.uni-leipzig.de/service/presse/nachrichten.html?ifab_modus=detail&ifab_uid=d69768b3da20140828094709&ifab_id=5615
Link zur Homepage der Universität Leipzig

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution232

Quelle: Universität Leipzig, Diana Smikalla, 28.08.2014

Raute

Universitätsklinikum Würzburg - 28.08.2014

Uniklinik Würzburg: Immunschwache Patienten vor Cytomegalie schützen

Experten des Universitätsklinikums Würzburg arbeiten mit an der Entwicklung eines vielversprechenden Wirkstoffs gegen das Cytomegalievirus, das vor allem Knochenmark-, Stammzell- oder Organtransplantierten gefährlich werden kann. Ein Artikel über den erfolgreichen Abschluss einer Dosisfindungsstudie brachte die Würzburger Mediziner kürzlich als Autoren in die international hoch angesehene Fachzeitschrift New England Journal of Medicine.

Bis zu 60 Prozent der Erwachsenen in Deutschland haben sich in ihrem Leben irgendwann einmal körperlich mit dem Cytomegalievirus auseinandergesetzt. Die Erstinfektion verläuft in den allermeisten Fällen ohne Krankheitssymptome, sie wird von den Betroffenen in der Regel gar nicht bemerkt. "Das Virus bleibt danach allerdings latent im Körper vorhanden und wird vom Immunsystem in Schach gehalten", erläutert Prof. Andrew Ullmann, der Leiter des Schwerpunkts Klinische Infektiologie der Medizinischen Klinik und Poliklinik II am Universitätsklinikum Würzburg (UKW). "Gefährlich kann es allerdings werden, wenn das Immunsystem ausgeschaltet oder zumindest stark heruntergefahren ist", fährt der Experte für Viren- und Pilzinfektionen fort. Dies ist zum Beispiel bei Knochenmark-, Stammzell- oder Organtransplantierten der Fall. Bei diesen Patienten kann das mit den Windpocken verwandte Virus wieder aktiv werden. Es kann dann beispielsweise die Netzhaut oder die Lunge befallen es drohen Blindheit oder Tod.

Bisherige Medikamente schädlich für Knochenmark oder Nieren

"Bisher auf dem Markt verfügbare Medikamente gegen das Cytomegalievirus haben schädigende Nebenwirkungen auf das Knochenmark oder die Nieren. Deshalb forschen deutsche und US-amerikanische Wissenschaftler seit einigen Jahren an einem neuen Wirkstoff mit dem Namen Letermovir", berichtet Prof. Ullmann. Er selbst arbeitet schon seit sechs Jahren an der Entwicklung und Erprobung der vielversprechenden Substanz mit, die an einer anderen Stelle im Vermehrungszyklus des Virus ansetzt.

Studie zur Dosisfindung mit positiven Ergebnissen

Als einer der bislang letzten Entwicklungsschritte fand eine Dosisfindungsstudie statt, die zu wesentlichen Teilen von der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des UKW getragen wurde. Teilnehmer in Würzburg waren Patienten, bei denen eine Knochenmarktransplantation anstand. Bei ihnen wurde über DNA-Untersuchungen vorab geklärt, ob sie das Virus in sich tragen. Die Betroffenen erhielten dann prophylaktisch Letermovir in unterschiedlichen Dosierungen. Es zeigte sich, dass mit der höchsten Gabe von 240 mg pro Tag das Virus sehr sicher unterdrückt werden kann. Und der Vergleich mit einer Placebo-Gruppe bewies, dass praktisch keine Nebenwirkungen auftraten.

"Mit den überaus positiven Ergebnissen dieser Phase II-Studie ist jetzt der Weg frei für die Erprobung in einer noch größeren Patientengruppe, bevor das Medikament dann sehr gute Chancen hat, bald offiziell zugelassen zu werden", freut sich Prof. Ullmann.

Strukturen am UKW für Studien hilfreich

"Es ist nicht einfach, unter den gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland die international geforderte hohe Geschwindigkeit in der Durchführung einer solchen Studie zu erbringen", sagt Prof. Hermann Einsele, der Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II. "Dass wir bei dieser und anderen bedeutenden Studien dabei sein können, liegt nicht nur an Forscherpersönlichkeiten wie Prof. Ullmann mit seiner zertifizierten Klinischen Infektiologie, sondern auch an hilfreichen Strukturen, die in den letzten Jahren am Universitätsklinikum Würzburg geschaffen wurden. Hierzu zählen eine große Studienzentrale und die Early Clinical Trial Unit." Im Fall der Letermovir-Studie habe sich außerdem ausgezahlt, dass das UKW eines der größten Stammzelltransplantationsprogramme in Deutschland unterhält.

Veröffentlichung im New England Journal of Medicine

Prof. Ullmann und Prof. Einsele haben zusammen mit weiteren Autoren die Ergebnisse der Letermovir-Phase II-Studie in einem Artikel zusammengefasst, der im Mai dieses Jahres im New England Journal of Medicine erschienen ist. Die US-amerikanische Publikation ist eine der angesehensten medizinischen Fachzeitschriften.

Kastentext

* Stichwort Cytomegalie
Das Cytomegalievirus gehört zur Familie der Herpesviridae. Übertragen werden kann es durch Speichel, Urin, Sperma sowie bei der Bluttransfusion. Die infizierten Zellen sind in der Regel stark vergrößert, daher auch der Name: Cytomegalie = Riesenzellbildung.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1764

Quelle: Universitätsklinikum Würzburg, Susanne Just, 28.08.2014

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. August 2014