Weltgesundheitsorganisation Regionalbüro für Europa - 30. April 2015
Mindestens jeder dritte Bürger in der Europäischen Region ist möglicherweise am Arbeitsplatz und in der Umgebung Asbestbelastung ausgesetzt
Kopenhagen und Haifa, 30. April 2015 - Etwa ein Drittel der 900 Mio. Menschen in der Europäischen Region der WHO leben in Ländern, die noch nicht die Verwendung von Asbest in jeglicher Form verboten haben, und sind deshalb möglicherweise am Arbeitsplatz und in ihrer sonstigen Umgebung Risiken ausgesetzt. In Ländern, in denen Asbest verboten ist, besteht die Belastung aus der vergangenen Anwendung weiter. Eine Exposition gegenüber Asbest kann zu Lungen-, Eierstock- oder Kehlkopfkrebs, zu Mesotheliomen und zu Asbestose führen. Die effizienteste Möglichkeit zur Eliminierung dieser Krankheiten ist die Einstellung der Verwendung von Asbest in jeglicher Form. Die hochrangige Tagung zum Thema Umwelt und Gesundheit in Haifa (Israel) endete mit einem dringenden Appell an alle Länder der Europäischen Region, asbestbedingte Erkrankungen zu eliminieren.
"Wir können es uns nicht leisten, in der Europäischen Region jedes Jahr 15.000 Menschenleben durch asbestbedingte Erkrankungen zu verlieren, insbesondere unter den Arbeitnehmern. Jeder Todesfall infolge asbestbedingter Erkrankungen ist vermeidbar," erklärt Dr. Zsuzsanna Jakab, WHO-Regionaldirektorin für Europa. "Wir appellieren dringend an alle Länder, im Anschluss an die Tagung von Haifa ihrer Verpflichtung von 2010 nachzukommen und bis zum Ende dieses Jahres Konzepte zu entwickeln, die zu einer vollständigen Eliminierung asbestbedingter Erkrankungen in der Europäischen Region führen. Die Zeit dazu wird knapp."
Die Eliminierung asbestbedingter Erkrankungen gehörte zu den wichtigsten Themen auf der Tagung von Haifa. An der Veranstaltung, die einer Gesamtbewertung der Fortschritte im Bereich Umwelt und Gesundheit in Europa diente, nahmen über 200 Vertreter der Länder der Europäischen Region sowie internationaler und nichtstaatlicher Organisationen teil.
Aus dem auf der Tagung vorgestellten Bericht mit dem Titel Fortschritte bei der Eliminierung asbestbedingter Erkrankungen geht hervor, dass Asbest, eine Gruppe natürlich vorkommender faserförmiger Minerale, für etwa die Hälfte aller Todesfälle aufgrund berufsbedingter Krebserkrankungen verantwortlich ist. Nach neuen Schätzungen kosten Todesfälle infolge von Mesotheliomen in 15 Ländern der Europäischen Region die Gesellschaft mehr als 1,5 Mrd. € pro Jahr (s. Tabelle im "Informationsquellen"-Anhang).
Zwar haben 37 der 53 Mitgliedstaaten in der Europäischen Region die Verwendung von Asbest in jeglicher Form verboten, doch in den verbleibenden 16 Ländern wird Asbest nach wie vor verwendet, vor allem in Baustoffen, und einige Länder produzieren und exportieren sogar Asbest. Aber auch nach Einstellung seiner Verwendung verbleibt Asbest noch in der Umwelt; deshalb muss er sicher entfernt und unverzüglich entsorgt werden.
"Asbest ist als eine lautlose, aber tödliche Bedrohung bekannt, da durch Asbestbelastung bedingte Gesundheitsstörungen meist erst Jahrzehnte später auftreten. Das bedeutet, dass in der ganzen Europäischen Region in den kommenden Jahren wohl noch viele Menschen erkranken und sterben werden", erklärt Dr. Guénaë Rodier, Leiter der Abteilung Übertragbare Krankheiten, Gesundheitssicherheit und Umwelt. "Dieser neue Bericht gibt darüber Aufschluss, wie weit die Länder der Europäischen Region bei der Eliminierung asbestbedingter Erkrankungen gekommen sind, und enthält Empfehlungen für das weitere Vorgehen."
In einer Woche wird der Chemikalienprüfungsausschuss des Übereinkommens von Rotterdam prüfen, ob Chrysotil oder Weißasbest, die verbreitetste Form von Asbest, in die Liste der Stoffe aufgenommen werden soll, bei denen die einführenden Länder vor Zustandekommen eines Geschäfts der ausführenden Vertragspartei ihre Zustimmung geben müssen.
"Die Eliminierung asbestbedingter Erkrankungen ist für Israel ein vorrangiges Anliegen. Schon 2011 haben wir ein Gesetz verabschiedet, das die Verwendung neuen Asbests verbietet, die Entfernung bröckligen Asbests vorschreibt und die Entsorgung von Asbestzement regelt", sagt David Leffler, Generaldirektor beim israelischen Umweltministerium. "In Westgaliläa wird ein Projekt zur Beseitigung von Asbestabfällen durchgeführt, bei dem bis Dezember 2014 80.000 Kubikmeter Abfälle an 221 Standorten gereinigt wurden. Datenbanken zu asbestbedingten Erkrankungen werden als entscheidend für die Beobachtung der gesundheitlichen Auswirkungen von Asbest angesehen und deshalb regelmäßig aktualisiert."
Alle auf der Tagung vertretenen Länder der Europäischen Region erneuerten ihre Verpflichtung, auf die Erfüllung der im Jahr 2010 angenommenen zeitgebundenen Ziele hinzuarbeiten. Dies schließt konkrete Maßnahmen ein, um:
Sie einigten sich auch darauf, die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts im Bereich Umwelt und Gesundheit in Angriff zu nehmen, die sich aus folgenden Ursachen ergeben:
Die Schlussfolgerungen der hochrangigen Tagung in Haifa stellen ein wichtiges Etappenziel im Rahmen der Vorbereitungen auf die für 2017 geplante Sechste Ministerkonferenz Umwelt und Gesundheit dar.
Die 16 Länder, die noch nicht Asbest in jeglicher Form verboten haben, sind: Albanien, Andorra, Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Bosnien und Herzegowina, Georgien, Kasachstan, Kirgisistan, Monaco, Republik Moldau, Russische Föderation, Tadschikistan, Turkmenistan, Ukraine und Usbekistan.
Die von den Ländern der Europäischen Region im Jahr 2010 vereinbarten fünf zeitgebundenen Ziele waren: Bereitstellung einer sicheren Wasserver- und Abwasserentsorgung für alle Kinder bis 2020; Schaffung gesunder und sicherer Umfelder für Kinder im Alltag bis 2020; Gewährleistung, dass Kinder bis 2015 in Innenräumen ohne Tabakrauch leben können; Schutz der Umgebung von Kindern vor toxischen Chemikalien bis 2015; Entwicklung von Konzepten zur Eliminierung asbestbedingter Erkrankungen bis 2015.
Die siebte Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens von Rotterdam (RC COP-7) findet vom 4. bis 15. Mai 2015 zeitgleich mit der zwölften Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens von Basel (BC COP-12) und der siebten Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens von Stockholm (SC COP-7) statt.
Informationsquellen
Anhang
Gesamtkosten der Fälle von Mesotheliom in 15 Ländern der Europäischen
Region in einem Jahr:
http://www.euro.who.int/de/mesotheliomacases
Fortschritte bei der Eliminierung asbestbedingter Erkrankungen
http://www.euro.who.int/en/asbestos
Verbesserung von Umwelt und Gesundheit in Europa: Wie weit sind wir
gekommen?
http://www.euro.who.int/en/mtr-report
Eliminierung asbestbedingter Erkrankungen, WHO
http://www.who.int/occupational_health/publications/asbestosrelateddiseases.pdf
Die menschliche und finanzielle Belastung durch Asbest in der Europäischen
Region der WHO:
http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0003/194133/RB-Asbestos-Mtg-Report-Bonn-2012.pdf
Aufnahme von Chrysotilasbest in Anhang III des Übereinkommens von Rotterdam
(Dokument UNEP/FAO/RC/COP7/11):
http://www.pic.int/TheConvention/ConferenceoftheParties/Meetings/COP7/Overview/tabid/4252/language/en-US/Default.aspx
Website der Halbzeitbilanztagung:
http://www.euro.who.int/de/media-centre/events/events/2015/04/ehp-mid-term-review
*
Quelle:
WHO-Regionalbüro für Europa
UN City
Marmorvej 51, 2100 Kopenhagen, Dänemark
Telefon: +45 45 33 70 00, Fax: +45 45 33 70 01
E-Mail: tki@euro.who.int
Internet: www.euro.who.int
veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Mai 2015
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