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UMWELT/778: Folgen von Fukushima - Schilddrüsenkrebs bei Kindern (Strahlentelex)


Strahlentelex mit ElektrosmogReport
Unabhängiger Informationsdienst zu Radioaktivität, Strahlung und Gesundheit
Nr. 692-693 / 29. Jahrgang, 5. November 2015 - ISSN 0931-4288

Folgen von Fukushima
Kinder und Jugendliche in der Präfektur Fukushima erkrankten schon in den ersten 4 Jahren seit der Reaktorkatastrophe deutlich vermehrt an Schilddrüsenkrebs

von Thomas Dersee


In der japanischen Präfektur Fukushima waren nach der Reaktorkatastrophe im März 2011 Ultraschall-Reihenuntersuchungen der Schilddrüse an allen Kindern und Jugendlichen durchgeführt worden, die am 11. März 2011 18 Jahre alt oder jünger waren. Im ersten Durchgang des Screenings wurden 298.577 Probanden (81 Prozent) von 367.687 Personen jünger als 19 Jahre erfasst. Mit einem erneuten zweiten Durchgang wurde im April 2014 begonnen. Toshihide TSUDA vom Department of Human Ecology der Graduate School of Environmental and Life Science der Universität von Okayama und Kollegen werteten die Ergebnisse dieses Screenings aus, die bis zum 31. Dezember 2014 ermittelt worden waren. Dabei verglichen sie die Zahlen mit der jährlichen Erkrankungsrate in ganz Japan und mit der Häufigkeit innerhalb eines Bezugsgebietes in der Präfektur Fukushima. Die Jahres-Angaben beziehen sich hier auf die japanischen Fiskaljahre, die im April beginnen und mit dem März des folgenden Kalenderjahres enden.

Die Ergebnisse dieser Untersuchung wurden jetzt Anfang Oktober 2015 in der Zeitschrift Epidemiology veröffentlicht. Demnach wurden im ersten Durchgang 2.251 positive Ultraschallbefunde gezählt und im zweiten Durchgang 2.067. Als Schilddrüsen-Krebserkrankungen diagnostiziert wurden 110 Fälle bis zum 31. Dezember 2014.(2) Verglichen mit der gesamtjapanischen Erkrankungsrate wurde die höchste jährliche Neuerkrankungsrate, mit einer Latenzzeit von vier Jahren, in einem Bezirk in der zentralen Mitte der Präfektur ermittelt. Dieses Verhältnis war hier 50fach überhöht (Inzidenzraten-Verhältnis = 50 (95% Konfidenzintervall [CI] = 25, 90). Die Anzahl der Schilddrüsen-Krebserkrankungen betrug hier 605 pro eine Million Probanden (Prävalenz, 95% CI = 302, 1082) und die Überhöhung gegenüber dem Referenz-Landkreis in der Präfektur Fukushima war 2,6-fach (95% CI = 0,99, 7,0). In der zweiten Screeningrunde, selbst unter der optimistischen Annahme, daß der Rest der Probanden tatsächlich gesund war, wurde bereits eine 12-fache Überhöhung im Vergleich zu ganz Japan festgestellt (95% CI = 5,1, 23). In dem Referenz-Landkreis im Südosten der Präfektur Fukushima, der als am geringsten strahlenbelastet ausgewiesen ist, war die jährliche Neuerkrankungsrate bereits 20-fach erhöht (95% CI = 7,9, 41).

Die Autoren schlussfolgern, daß ein Übermaß an Schilddrüsenkrebserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen in der Präfektur Fukushima bereits innerhalb von 4 Jahren nach der Freisetzung von Radionukliden aus der Reaktorkatastrophe feststellbar ist, das nicht durch einen Anstieg infolge des Screenings selbst erklärt werden kann. Die Autoren weisen darauf hin, daß der größte Anstieg der Erkrankungen nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl erst nach vier Jahren begann.


Anmerkung

(2) Bis zum August 2015 wurden inzwischen 137 Schilddrüsenkrebsfälle gemeldet.


Literatur

Tsuda, Toshihide; Tokinobu, Akiko; Yamamoto, Eiji; Suzuki, Etsuji: Thyroid Cancer Detection by Ultrasound Among Residents Ages 18 Years and Younger in Fukushima, Japan: 2011 to 2014. Epidemiology Vol. XX, No. XXX, XXX 2015, doi: 10.1097/EDE.0000000000000385

http://journals.lww.com/epidem/Abstract/publishahead/Thyroid_Cancer_Detection_by_Ultrasound_Among.99115.aspx
(zuletzt abgefragt 31.10.2015)


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Landkarte der Originalpublikation:

- Karte der Präfektur Fukushima und die Screening-Gebiete des ersten Durchgangs in den Fiskaljahren 2011 bis 2013;Quelle: TSUDA Toshihide et al. 2015


Der Artikel ist auf der Website des Strahlentelex zu finden unter
http://www.strahlentelex.de/Stx_15_692-693_S07-08.pdf

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Quelle:
Strahlentelex mit ElektrosmogReport, November 2015, Seite 7 - 8
Herausgeber und Verlag:
Thomas Dersee, Strahlentelex
Waldstr. 49, 15566 Schöneiche bei Berlin
Tel.: 030/435 28 40, Fax: 030/64 32 91 67
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Internet: www.strahlentelex.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Januar 2016

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