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BUCH/1201: Stephan Rehder - "Die Todesengel - Euthanasie auf dem Vormarsch" (ALfA LebensForum)


ALfA LebensForum Nr. 91 - 3. Quartal 2009
Zeitschrift der Aktion Lebensrecht für Alle e.V. (ALfA)

"Die Todesengel" - Euthanasie-Welle bedroht Europa

Buchbesprechung von Stephan Baier


Treffend in der Analyse, präzise in der Argumentation: Stefan Rehder zeigt in seinem brandaktuellen Buch, dass der hochgeschwindige demografische Wandel, die steigende Lebenserwartung und die durch massenhafte Abtreibung entschwundene Hemmschwelle gegenüber der Verfügbarkeit des Lebens der Euthanasie in Europa den Weg bahnen. Der Autor lässt seine Leser keinen Augenblick im Zweifel, wogegen er geistige Munition verteilt: "Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein war der zugeteilte Tod so etwas wie ein Markenzeichen von Diktatoren und Despoten." Heute werde er "ärztlich verordnet, getarnt unter dem Deckmantel des Mitleids".

Gerechtfertigt wird der zugeteilte Tod scheinhuman mit dem Selbstbestimmungsrecht des Menschen. Eine Argumentation, die Rehder schon philosophisch nicht gelten lässt: "Denn da die Selbstbestimmung das Selbst, welches es zu bestimmen gilt, notwendig voraussetzt, kann die Vernichtung dieses Selbst unmöglich noch als Akt selbstbestimmten Handelns betrachtet werden." Rehder zeigt auf, dass das proklamierte "Menschenrecht auf Suizid" nicht nur alles Ethos, sondern alles Recht hinwegspülen würde, dass mit dem "Recht" auf Euthanasie zwangsläufig auch ein "wachsender Zwang zu einer sozialverträglichen Selbstentsorgung" einhergeht.

Faktenreich und differenziert weist der Autor, selbst seit Jahrzehnten mutig bekennender und engagierter Lebensschützer, nach, dass der Suizid "in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle Ausdruck einer geistig-seelischen Krankheit ist", also keinesfalls eine Form der Selbstbestimmung. Wer behauptet, er sehne sich nach dem Tod, verlange meist gar nicht danach, tatsächlich zu sterben, sondern wünsche ein anderes Leben. Fazit: "Auch die vermeintliche Sehnsucht nach dem Tod ist in Wirklichkeit eine Sehnsucht nach dem Leben." Auch den sogenannten "Bilanzsuizid" stellt Rehder in Frage: "Für den Suizid benötigen wir ein solch enormes Aggressionspotenzial, das gegen uns selbst gerichtet ist, dass es zu einem derartigen Aggressionsaufbau nur in extremen psychischen Krisen kommt."

Das vorliegende Sachbuch legt die Faktenlage detailreich dar und leistet gegen den Vormarsch der Euthanasie mit philosophischen, psychologischen und juristischen Argumenten Widerstand. Es zeigt zugleich humane Alternativen zum "großen Selbstbetrug" des Tötens aus angeblichem Mitleid auf. Der Tod sei "zu einer Ware geworden, welche - käuflich und handelbar interessierten Konsumenten von unterschiedlichen Anbietern" feilgeboten werde. Deshalb plädiert Rehder dafür, Krankheit, Sterben und Tod von der Tabuisierung zu befreien und "wieder als selbstverständlich zum Leben gehörend" zu begreifen. Anstelle der weiteren Ökonomisierung des Gesundheitssystems und der Kommerzialisierung des Todes - durch die von Rehder glänzend bloßgestellten Euthanasie-Händler wirbt der Autor für einen Ausbau der Palliativmedizin, die das Leben bejaht und das Sterben als einen natürlichen Teil des Lebens akzeptiert.

Stefan Rehders gründlich recherchiertes und flott geschriebenes Sachbuch ist mehr als nur eine unentbehrliche Argumentationshilfe gegen den drohenden Vormarsch der Euthanasie. Es ist reich an Argumenten, Details und Fakten, und doch zugleich die Vision einer neuerlichen Humanisierung des Sterbens und des Todes - also in der Wirkung auch des Lebens. Denn ohne "ars moriendi" verkommt bekanntlich auch die "ars vivendi".


Stefan Rehder: Die Todesengel. Euthanasie auf dem Vormarsch,
Sankt Ulrich Verlag, Augsburg 2009. 192 Seiten. Gebunden. 18,90 EUR.


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Quelle:
LEBENSFORUM Ausgabe Nr. 91, 3. Quartal 2009, S. 30
Zeitschrift der Aktion Lebensrecht für Alle e.V. (ALfA)
Herausgeber: Aktion Lebensrecht für Alle e.V.
Bundesvorsitzende Dr. med. Claudia Kaminsky (V.i.S.d.P.)
Verlag: Ottmarsgäßchen 8, 86152 Augsburg
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Februar 2010