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HYGIENE/060: Prüfung desinfizierender Waschverfahren auf viruzide Wirksamkeit (idw)


Hohenstein Institute - 28.04.2009

Prüfung desinfizierender Waschverfahren auf viruzide Wirksamkeit


BÖNNIGHEIM (hö/hm) Die Prüfung von Waschverfahren auf ihre Wirksamkeit gegenüber Viren (Viruzidie) wird bislang ausschließlich im Reagenzglas im Labor durchgeführt. Prüfmethoden für Feldversuche unter Praxisbedingungen fehlen, so dass es derzeit keine zertifizierten Waschverfahren auf dem Markt gibt, die unter praxisnahen Bedingungen ihre virusabtötende Wirkung belegen. Auch die Liste zertifizierter desinfizierender Waschverfahren, die zur Abtötung bzw. Inaktivierung von Bakterien und Pilzen (A) sowie Viren (B) geeignet sind [Liste geführt vom Robert-Koch-Institut und der Desinfektionsmittelkommission des Verbundes für Angewandte Hygiene e.V. (VAH)], basieren auf in-vitro Tests. Das Institut für Hygiene und Biotechnologie (IHB) an den Hohenstein Instituten hat nun weltweit erstmals einen Virus-Bioindikator entwickelt, um Waschverfahren auch in der Praxis auf viruzide Wirksamkeit zu überprüfen [Daten veröffentlicht in "Hygiene und Medizin", (Ausgabe Juni)].

Die Notwendigkeit einer solchen praxisnahen Prüfung ist angesichts der aktuellen Zahlen von Viruserkrankungen unbestritten. So nehmen beispielsweise Infektionen des Magen-Darm-Traktes, insbesondere Norovirus-Erkrankungen, in Deutschland konstant zu. Diese betreffen vor allem Gemeinschaftseinrichtungen des Gesundheitswesens wie Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime. Humane Noroviren sind sehr resistent und nicht im Labor kultivierbar, daher beruhen bisherige Untersuchungen ihrer Desinfizierbarkeit hauptsächlich auf Ergebnissen von strukturell ähnlichen Viren. Als ein geeignetes Surrogatvirus von Noroviren gilt derzeit ein Bakterienvirus, der Phage MS2, welchen die Forscher am Institut für Hygiene und Biotechnologie bei ihrer Entwicklung eines viralen Biondikators verwendet haben.

Zur Prüfung der abtötenden Wirkung gegenüber Bakterien werden üblicherweise mit Bakterien beladene textile Keimträgerläppchen als sogenannte Bioindikatoren eingesetzt. Analog dazu brachten die Hohensteiner Wissenschaftler den Phagen MS2, als dem Norovirus vergleichbarer Erreger, auf kleine Baumwoll-Lappen auf und wuschen diese unter praxisnahen Bedingungen. Zum Einsatz kam dabei ein viruzid gelistetes desinfizierendes Waschverfahren im Niedertemperaturbereich von 40°C, bei welchem man eine thermische Inaktivierung nicht per se erwarten kann. Zur Simulation realistischer Bedingungen bei der Aufbereitung von Alten- und Pflegeheimwäsche, wurde das Virus in einer organischen Prüfanschmutzung (künstlicher Kot) eingebracht. Mit dieser Trägermasse erfüllte der Phage die notwendigen Anforderungen für den Einsatz als Prüfvirus und konnte erfolgreich zur Bewertung eines gelisteten Niedertemperaturwaschverfahrens herangezogen werden. Darüber hinaus führte das Institut für Hygiene und Biotechnologie weitere umfangreiche Analysen zur Kultivierbarkeit, Nachweisspezifität, Stabilität und Desinfizierbarkeit durch, welche die Praktikabilität des Phagen MS2 als Norovirus-Ersatz unterstreichen.

Die Untersuchungen des IHB zeigen, dass sich virale Bioindikatoren mit Bakterienviren wie MS2 als Prüfinstrument eignen, um desinfizierende Waschverfahren unter Praxisnähe auf ihre virusabtötende Wirkung zu prüfen und diese zu belegen. Die viralen Bioindikatoren können bezogen werden unter ihb@hohenstein.de.


Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/pages/de/image90128
Analog zu bakteriellen Keimträgerläppchen besteht der virale Bioindikator aus einem textilen Baumwollläppchen (A), auf den eine künstliche Kot-Anschmutzung mit Phage MS2 eingebracht wurde (B). Verpackt in Mullschläuche (C) können die Bioindikatoren z. B. in Waschstraßen zur Überprüfung der Viruzidie eingesetzt werden.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution726


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Hohenstein Institute, Rose-Marie Riedl, 28.04.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. April 2009