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AUSLAND/1641: Indien - Bundesstaat Kerala hat ein Alkoholproblem, Suchtzentren ausgebucht (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 19. Januar 2011

Indien: Bundesstaat Kerala hat ein Alkoholproblem - Suchtzentren ausgebucht

Von K. S. Harikrishnan

Anti-Alkohol-Aktivistin im Bezirk Malappuram - Bild: © K. S. Harikrishnan/IPS

Anti-Alkohol-Aktivistin im
Bezirk Malappuram
Bild: © K. S. Harikrishnan/IPS
Thiruvananthapuram, Indien, 19. Januar (IPS) - Kerala gehört zu Indiens reichen Bundesstaaten. Doch der wachsende Wohlstand hat seinen Preis. Nirgendwo sonst auf dem Subkontinent kippen die Menschen mehr hochprozentigen Alkohol als hier, im Südwesten des südasiatischen Landes. Den jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch schätzt das Alkohol- und Drogeninformationszentrum auf acht Liter.

Keralas Alkoholkonsum übersteigt den nationalen Durchschnittswert, den die Weltgesundheitsorganisation mit unter zwei Litern angibt, um das Vierfache. Weltweit werden im Durchschnitt fünf Liter gesoffen. Gelten Inder generell als Whisky-Freunde, sind in Kerala vor allem Brandy, Rum und selbstgebrannter Arrak gefragt.

Die Trinkfreudigkeit hat jedoch einen hohen Preis. Im fortschrittlichen Bundesstaat ist Alkoholsucht ein Problem. Familien brechen auseinander, berufliche Karieren nehmen ein trauriges Ende. Ganz zu schweigen von den gesundheitlichen Folgen für die Betroffenen und den damit verbundenen Kosten. Krankenhäuser und Suchtzentren sind voll ausgelastet.

T. V. Rajesh, Sekretär des Demokratischen Jugendverbands beklagt, dass immer mehr Kinder zu Alkohol greifen. Aus diesem Grund soll nun ein Plan erarbeitet werden, der den Alkoholkonsum junger Menschen durch Kontrollen unterbinden soll.


Gepantschter Alkohol kostet Menschenleben

Besonders hoch ist der Alkoholkonsum in den Monaten August und September, in denen das 'Onam'-Erntefest gefeiert wird. In dieser Zeit fordern gepantschte Schnäpse zudem die meisten Todesopfer. Allein im letzten Jahr starben 26 Menschen im Bezirk Malappuram an versetztem Alkohol.

Doch die vielen Todesfälle tun der hohen Nachfrage keinen Abbruch. So konnte die 'Kerala State Beverages Corporation' (KSBC) ihre Einnahmen aus dem Verkauf von alkoholischen Getränken von 530 Millionen 2004/2005 auf 1,4 Milliarden US-Dollar 2009/2010 steigern.

Einer Studie des 'Indian Institute of Management' zufolge ist die KSBC das einzige öffentliche Unternehmen in Kerala, das kontinuierlich Profite macht. Für den Bundesstaat Kerala eine frohe Botschaft, finanzieren die Alkoholsteuern 35 Prozent des lokalen Haushaltes, wie der Analyst P. Gopakumar berichtet. Alkoholkonsum und regionaler Wohlstand seien somit zwei Seiten einer Medaille.


Schmuggelhochburg Kerala

Soziologen haben für den hohen Alkoholkonsum in Kerala eine Vielzahl von Erklärungen parat wie etwa den zunehmenden Wohlstand, die steigenden Einkommen, demographische Veränderungen, neue kulturelle Impulse, die Ankunft von Touristen, die Lockerung der staatlichen Bestimmungen oder den illegalen Handel mit Alkoholika. 8,8 Millionen Liter werden jedes Jahr aus den benachbarten Bundesstaaten Karnataka and Tamil Nadu nach Kerala geschmuggelt, wie der Journalist Vechuchira Madhu schätzt. "Somit ist Kerala zum Hauptumschlagplatz Indiens für illegal gehandelten Alkohol geworden."

Übermäßiger Alkoholkonsum macht bekanntermaßen nicht nur süchtig, sondern auch aggressiv. Entsprechend steigt die Zahl der Übergriffe alkoholisierter Männer auf ihre Frauen. Die Frauenaktivistin Indira Devi spricht von einem Anstieg der Gewalt um fast 50 Prozent zwischen 1998 und 2008.

Für multinationale Alkoholhersteller ist Indien ein attraktiver Markt, wie Jake Jacob, Regionaldirektor des französischen Weinproduzenten 'Gerard Bertrand' bestätigt. "Wir sind sehr daran interessiert, unsere Präsenz auszubauen." (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Januar 2011