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AUSLAND/1988: Lateinamerika - Klimawandel verschlimmert Dengue-Fieber (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 26. August 2013

Lateinamerika: Klimawandel verschlimmert Dengue-Fieber - In Südländern bereits häufiger als Malaria

von Patricia Grogg


Bild: © Jorge Luís Baños/IPS

Wasserpfützen sind ein idealer Nährboden für Mücken, die die Krankheit übertragen
Bild: © Jorge Luís Baños/IPS

Havanna, 26. August (IPS) - Die rasche Verbreitung des Dengue-Virus hat Regierungen, Institutionen und Wissenschaftler in Lateinamerika in Alarm versetzt. Nachhaltige Lösungen für das Gesundheitsproblem, das sich offensichtlich durch den Klimawandel weiter verschlimmert, sind dringend vonnöten.

Daten der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation (PAHO) belegen, dass bereits in den ersten sieben Monaten dieses Jahres fast 1,4 Millionen Krankheitsfälle in der Region registriert wurden. Damit ist das Ausmaß einer Epidemie erreicht. "2012 gab es insgesamt 1,7 Millionen Fälle, und wir wissen noch nicht, ob es 2013 mehr werden", sagte Luis Castellanos anlässlich der 13. Internationalen Tagung zur Kontrolle des Dengue-Fiebers, die vom 12. bis 23. August in der kubanischen Hauptstadt Havanna stattfand.

Dengue-Fieber ist eine virale Infektion, die durch Mücken übertragen wird und sich unter anderem durch grippeähnliche Symptome äußert. In manchen Fällen entsteht daraus das gefährliche hämorraghische Dengue-Fieber, das tödlich enden kann.

Der Guatemalteke Castellanos ist bei der PAHO verantwortlich für Maßnahmen zur Kontrolle und Prävention übertragbarer Krankheiten. Die Häufigkeit des Fiebers, das mit Glieder- und Gelenkschmerzen einhergeht, nehme dort zu, wo es keine ausreichende Gesundheitsinfrastruktur gebe und das Bildungsniveau niedrig sei, sagte er.

Der kubanische Entomologe Juan Bisset sieht den Klimawandel als einen Auslöser für die zunehmende Verbreitung des Virus. Der Forscher stützt sich dabei auf seine Studien zu der Aedes aegypti-Überträgermücke. Der durch die Klimaveränderungen verursachte Temperaturanstieg verkürze die Brutzeit der Mücken und erhöhe damit das Infektionsrisiko.


Virus mittlerweile auch in Europa

Andere Experten machen darauf aufmerksam, dass das Virus inzwischen auch in Europa und anderen Weltregionen auftritt. 2009 wurde der Erreger in Südfrankreich und kürzlich auch in Portugal gefunden. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt Sensibilisierungsmaßnahmen, die der Öffentlichkeit die fundamentalen Gesundheitsrisiken durch den Klimawandel vor Augen führen sollen. Das Thema Gesundheit müsse in allen Diskussionen über Klimaveränderungen angemessen berücksichtigt werden.

"Die Ausbrüche von Dengue-Fieber zeigen, dass die Maßnahmen zur Mückenkontrolle versagt haben", sagte Bisset, der in Kuba für das Pedro-Kouri-Institut für Tropenmedizin arbeitet. An der Tagung, die von dem Institut veranstaltet wurde, nahmen etwa 300 Experten aus Argentinien, Brasilien, den USA und Europa teil.

Nach Ansicht des Mediziners ist es ausschlaggebend, sich nicht auf die pathologischen Aspekte des Dengue-Fiebers zu konzentrieren, sondern die Mücke zu bekämpfen. Dazu schlug er eine umfassende Kontrollstrategie für größere Gebiete vor, die den Einsatz von Insektiziden, biologische Methoden und Präventionsmaßnahmen vorsieht. Diese Vorgehensweise sei zwar nicht neu, bisher aber nur auf kleinem Raum umgesetzt worden.

Laut den Studien, die Bisset vorliegen, stammt die Aedes aegypti-Mücke aus Afrika. Von dort aus hat sie sich in alle Tropenregionen der Welt verbreitet. In der Karibik kommt die Krankheit seit etwa 350 Jahren vor. Die bevorzugten Brutplätze der Mücke sind stehende Gewässer sowie Fässer, Eimer, alte Autoreifen und andere Behälter, in denen sich Wasser sammelt.


"Kuba ist eine Insel in einem Ozean aus Dengue"

"Kuba ist eine Insel in einem Ozean aus Dengue", sagte Bisset. Zu der derzeitigen Verbreitung der Krankheit in dem Karibikstaat lägen ihm aber keine Zahlen vor. Die Zahl der Übertragungsherde pro 100 Haushalte habe 1987 0,01 betragen. Jetzt liege sie bei 0,3.

Die Mücke vermehrt sich in Kuba vor allem in den Monaten August, September und Oktober, wenn es viel regnet und die Temperaturen hoch sind. Das ganze Jahr über werden Insektizide in jedem Wohnhaus versprüht, was in der Bevölkerung nicht immer beliebt ist.

Bild: © Jorge Luís Baños/IPS

In Kuba wird in jeder Wohnung Vorsorge gegen das Dengue-Fieber betrieben
Bild: © Jorge Luís Baños/IPS

Nach der Dengue-Epidemie 1981 hat Kuba ein Kontrollprogramm eingeführt, mit dem das Insekt vollständig beseitigt werden sollte. Damals waren rund 400.000 Fälle bekannt geworden. Das hämorraghische Fieber trat bei etwa 10.000 Patienten auf. 158 Menschen starben nach dem Ausbruch 1981 an der Krankheit, darunter 101 Kinder.

Offiziellen Berichten zufolge lagen die Kosten zur Bekämpfung der Epidemie bei 103 Millionen US-Dollar. Um effizient gegen die Mücke vorzugehen, muss die Zahl ihrer Brutplätze reduziert werden. Geldbußen sollen zudem die Bevölkerung davon abhalten, Behälter mit Wasser offen stehen zu lassen. Zudem soll die Gemeinschaft an der Sauberhaltung der Umwelt beteiligt werden.

Wissenschaftler forschen unterdessen nach einem Impfstoff gegen das Virus. Wie auf der Tagung verkündet wurde, ist die letzte Phase der vorklinischen Studien mit Ratten und Affen erreicht. Als nächstes soll der Impfstoff an Menschen getestet werden.


Impfserum wird in Brasilien bereits an Menschen getestet

In Brasilien, wo Dengue-Fieber in der Region am stärksten verbreitet ist, hat die Regierung bereits am 17. August grünes Licht für Versuche mit Menschen gegeben. Der Impfstoff wurde in den vergangenen acht Jahren vom staatlichen Butantan-Institut, den nationalen Gesundheitsinstituten der USA und dem US-Institut für Allergien und Infektionskrankheiten entwickelt. Die ersten Ergebnisse der klinischen Versuche sollen 2015 veröffentlicht werden.

Nach Angaben der WHO treten jedes Jahr in mehr als hundert Staaten der Welt zwischen 50 und 100 Millionen Fälle von Dengue-Fieber auf. Damit kommt die Krankheit in Entwicklungsländern inzwischen häufiger vor als Malaria. (Ende/IPS/ck/2013)


Links:
http://www.paho.org/
http://www.who.int/topics/dengue/en/
http://promociondeeventos.sld.cu/cursointernacionaldengue2013/
http://instituciones.sld.cu/ipk/
http://www.ipsnoticias.net/2013/08/a-mayores-temperaturas-mas-dengue/
http://www.ipsnews.net/2013/08/higher-temperatures-more-dengue/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 26. August 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. August 2013