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AUSLAND/2063: Südsudan - verwüstete Krankenhäuser und erschossene Patienten (Ärzte ohne Grenzen)


Ärzte ohne Grenzen - 27. Februar 2014

Südsudan: verwüstete Krankenhäuser und erschossene Patienten



Juba/Berlin, 26. Februar. Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen haben im Krankenhaus von Malakal, der Hauptstadt des Bundesstaats Upper Nile, erschossene Patienten vorgefunden. Kliniken in anderen Städten des umkämpften Gebiets waren niedergebrannt, verwüstet oder geplündert. Hunderttausende sind dadurch von lebenswichtiger Hilfe abgeschnitten.

Am 22. Februar haben Teams von Ärzte ohne Grenzen 14 Leichen auf dem Gelände des Krankenhauses von Malakal gefunden. Die Körper lagen verstreut zwischen den verbliebenen 50 bis 75 Patienten, die nicht hatten fliehen können, weil sie dafür zu alt oder zu schwach waren. Bei vielen Leichen deutete alles darauf hin, dass die Menschen erschossen worden waren, als sie in ihren Betten lagen.

Viele Abteilungen des Krankenhauses waren in Brand gesteckt worden, darunter auch das Ernährungszentrum für mangelernährte Kinder. Überall war geplündert worden. Ärzte ohne Grenzen hat die am schwersten Verletzten zum Stützpunkt der Vereinten Nationen im Südsudan (UNMISS) in Malakal gebracht, damit sie dort behandelt werden können. 13 der Patienten hatten Schusswunden.

"Malakal ist verwüstet. Die Häuser wurden niedergebrannt. Unzählige Leichen liegen in den Straßen", sagte Carlos Francisco, Nothilfekoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Malakal. "Ich finde keine Worte, um die Brutalität in Malakal zu beschreiben. Übrig ist eine geplünderte Stadt mit traumatisierten Menschen."

Einige der Patienten, die Ärzte ohne Grenzen in das UNMISS-Lager gebracht hat, haben später erzählt, was sich in Malakal zugetragen haben soll. Demnach sind am 19. Februar bewaffnete Gruppen ins Krankenhaus eingedrungen und haben diejenigen erschossen, die ihnen kein Geld oder ihre Mobiltelefone geben konnten. Am Nachmittag seien wieder bewaffnete Gruppen gekommen und hätten Patienten in ihren Betten getötet. Auch Patienten, die sich in den Operationssaal geflüchtet hatten, seien umgebracht worden. Überlebende Augenzeugen berichteten außerdem, dass Frauen und Mädchen vergewaltigt worden seien.

Das Foto zeigt einen völlig zerstörten Operationssaal im Krankenhaus Leer - Foto: © Michael Goldfarb/MSF

Operationssaal im Krankenhaus Leer
Foto: © Michael Goldfarb/MSF

Ein internationales Team von Ärzte ohne Grenzen ist in den vergangenen Tagen in die Stadt Leer im Bundesstaat Unity zurückgekehrt, die zu großen Teilen niedergebrannt ist. Das Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen, das seit 25 Jahren besteht, wurde komplett geplündert, teilweise niedergebrannt und mutwillig zerstört. Ganze Gebäude und ihre Ausstattung waren niedergebrannt, Medikamentenampullen zerstört und auf dem Boden zerstreut, ebenso wie steriles OP-Material. Nicht ein Bett befand sich noch im Krankenhaus.

Die Klinik war die einzige Einrichtung für 300.000 Menschen der Region, in der auch schwerere Fälle behandelt werden konnten. Für viele Patienten ist sie überlebenswichtig. Allein im vergangenen Jahr wurden hier 68.000 Patienten behandelt. Die 240 südsudanesischen Angestellten des Krankenhauses von Ärzte ohne Grenzen waren gemeinsam mit Schwerkranken und -verletzten Ende Januar aus der Stadt geflüchtet.

Einige der Mitarbeiter versuchen bis heute verzweifelt, die Patienten unter freiem Himmel am Leben zu erhalten - trotz ständiger Gefahr, knapper Medikamente und fehlendem Verbandsmaterial, das mehrfach verwendet werden muss. Immer mehr der mit ihnen geflohenen Bewohner der Stadt werden krank, weil sie in ihrer Not schmutziges Wasser trinken und Seerosen essen. Ärzte ohne Grenzen versucht alles, um die Vertriebenen medizinisch zu versorgen und den Mitarbeitern medizinisches Material zukommen zu lassen.

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Quelle:
Ärzte ohne Grenzen
Pressemitteilung Nr. 7/2014 vom 27.02.2014
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Februar 2014