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AUSLAND/2618: Schutz vor "Lebensschützern" - Der Kampf um sichere Zugänge zu Abtreibungskliniken in Irland (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 34 vom 27. August 2021 - Internationales
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Schutz vor "Lebensschützern"
Der Kampf um sichere Zugänge zu Abtreibungskliniken in Irland

von Jenny Farrell


Im Mai 2018 entschieden die Iren in einem Referendum, ein fast 100 Jahre andauerndes Abtreibungsverbot zu brechen. Die irischen Abtreibungsrechte gehörten zu den restriktivsten der Welt und setzten laut UN-Menschenrechtskommission "Frauen grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung aus".

Ersetzt wurde das Abtreibungsverbot durch eine Gesetzgebung, die Schwangerschaftsabbrüche auf Wunsch und ohne staatliche oder klerikale Einmischung bis zur zwölften Schwangerschaftswoche legalisiert. Zwischen der 12. und 24. Woche wird sie nur aus medizinischen Ausnahmegründen ermöglicht. Die entsprechende Gesetzgebung trat am 20. Dezember 2018 in Kraft.

Seither gibt es in der Republik Irland Abtreibungskliniken, nicht jedoch im Norden Irlands. Dort besteht weiterhin das archaische Abtreibungsverbot von 1861, aufgrund dessen alljährlich etwa 900 schwangere Frauen gezwungen sind, Schwangerschaftsabbrüche außerhalb Nordirlands vornehmen zu lassen. Unter den Betroffenen sind Kinder, Vergewaltigungsopfer und Frauen, bei denen eine schwere fötale Anomalie vorliegt.

Im Vorfeld der neuen Gesetzgebung wurden auch sichere Zugangszonen zu den Räumlichkeiten von Abtreibungsdiensten diskutiert. Das Gesundheitsministerium bestätigte nun, dass derzeit keine Pläne zur Einführung sicherer Zugangszonen vor solchen Diensten bestehen.

Abtreibungsgegner organisieren seit der Einführung der neuen Gesetzgebung in Irland Proteste vor den Kliniken. Diese zielen darauf, mit Abschreckungsbildern, "Mörder"-Slogans und Kindersärgen Patientinnen und Mitarbeiter einzuschüchtern.

Die offensiven Auftritte der Abtreibungsgegner schrecken auch Mediziner ab, die berufliche und private Auswirkungen befürchten - besonders in ländlichen Gebieten. Irland braucht jedoch mehr Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Es geht hier also auch um das Recht, den eigenen Beruf ungehindert ausüben zu können.

Selbst während der Corona-Pandemie gab es solche Einschüchterungsversuche - nun nimmt deren Zahl wieder zu. Ein investigativer Journalist brachte eine von der US-Organisation "Sidewalk Advocates for Life" geleitete Kampagne ans Licht, die Verbindungen zu "Gianna Care" unterhält, einer nichtstaatlichen Beratungsstelle mit Filialen in Dublin, Galway und Tralee, die Hilfe für ungewollt schwangere Frauen vorgaukelt, tatsächlich aber Abtreibungen bekämpft. Die Forderung an die Regierung wird nun lauter, endlich die nötigen sicheren Zugangszonen zu schaffen, um Frauen und Medizinern den Zugang zu den Gesundheitseinrichtungen zu ermöglichen, ohne Schikanen ausgesetzt zu sein.

Die Einführung solcher Zugangszonen wurde von Gerichten zum Beispiel in Kanada, Australien und Britannien als rechtmäßig und menschenrechtskonform anerkannt. Die irische Regierung ist verpflichtet, diese Rechte gemäß der irischen Verfassung, der Europäischen Menschenrechtskonvention, dem "UN-Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau" (CEDAW) und anderen Rechtsvorschriften zu wahren. Das ignoriert sie geflissentlich. Selbst Beschwerden bei der Polizei wegen Einschüchterungsversuchen wird nicht nachgegangen.

Mehrere Stadt- und Kreisräte sowie Menschenrechtsorganisationen setzen sich seit 2019 und jetzt wieder verstärkt für die Einrichtung sicherer Zugangszonen ein. Aktivisten und Menschenrechtsgruppen arbeiten nun an einem Gesetzentwurf zur Einführung sicherer Zugangszonen, um Druck aufzubauen. Senatorin Annie Hoey erklärte, sie werde im September eine Gesetzesvorlage zu diesem Thema einbringen, falls der Minister dies nicht tue. Es besteht dringender Handlungsbedarf.

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 53. Jahrgang,
Nr. 34 vom 27. August 2021, Seite 6
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick zum 14. September 2021

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