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ARTIKEL/1456: Krankenhaus - Fehler bei der Personalsuche (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 6/2017

KRANKENHAUS
Fehler bei der Personalsuche

von Dirk Schnack


Viele Krankenhäuser suchen Ärzte, verhalten sich dabei aber oft völlig falsch, sagt der Kieler Personalberater Olaf Richter.


Wer als Arzt derzeit einen neuen Arbeitgeber sucht, hat große Auswahl. Viele Krankenhäuser haben sich auf diese seit Jahren anhaltende Entwicklung aber noch nicht eingestellt, beobachtet der in Kiel tätige Personalberater Olaf Richter.

Richter vermittelt seit Jahren bundesweit Ärzte an Krankenhäuser. Erstaunlich ist für ihn, dass viele Klinikträger ihr Verhalten bei der Suche nach Ärzten kaum umstellen. So malen viele Krankenhausträger die Zukunft ihres Hauses nach seiner Beobachtung oft in schillernden Farben, obwohl die Realität meist ganz anders aussieht. Folge ist in aller Regel eine Enttäuschung und Demotivation ihres neuen Personals, das nicht selten nach kurzer Zeit wieder abwandert. "Bewerber und Arbeitgeber sollten unbedingt bei der Wahrheit bleiben. Zum Teil werden neue Ärzte mit Versprechungen wie Investitionen in ihre Abteilung gelockt, die nicht einzuhalten sind", sagt Richter. Für die neuen Arbeitgeber können falsche Versprechungen zu erheblichen Nachteilen führen: Wenn der Arzt nach einigen Monaten im neuen Krankenhaus realisiert, dass Ankündigungen nicht umgesetzt werden, führt dies zu Frustration mit Folgen für die Arbeitsleistung bis hin zur Kündigung. Richter nennt als Beispiele für nicht eingehaltene Ankündigungen von Arbeitgebern die Anschaffung von Geräten, die bauliche Ausstattung einer Station oder die Zusammensetzung des Mitarbeiterteams.

Der Personalberater hat außerdem mehrfach beobachtet, dass Kliniken die Neubesetzung von Stellen nicht mit dem notwendigen Nachdruck verfolgen, sondern schleifen lassen. "Zum Teil bleiben ärztliche Positionen über ein ganzes Jahr unbesetzt", sagt Richter. Damit fehlt eine wichtige Arbeitskraft, deren Tätigkeit vom Team zusätzlich erledigt werden muss. Folge: Arbeitsverdichtung, Erschöpfung, Demotivation, erhöhter Krankenstand. Zwar spart das Krankenhaus kurzfristig das Geld für die nicht besetzte Stelle - für Richter aber kein Argument, denn: "Am meisten würde das Krankenhaus sparen, wenn es gar kein Personal beschäftigt."

Ein weiterer Fehler: Krankenhäuser warten auf Bewerbungen. Die kommen aber insbesondere von Ärzten immer seltener initiativ ins Haus und auf Stellenausschreibungen melden sich ebenfalls deutlich weniger Ärzte als früher. "Ärzte sind zu sehr mit ihrem Arbeitsalltag beschäftigt, als dass sie sich derzeit in breiter Masse für Alternativen interessieren und sich aktiv umschauen. Viele Krankenhäuser haben auf diese Entwicklung noch nicht reagiert", lautet seine Erfahrung. Hinzu kommt: Die Sichtung der noch eingehenden Bewerbungen bleibt Personalabteilungen überlassen, die nur anhand des Ausschreibungsprofils der Stellenanzeigen filtern. Richter hält es für vielversprechender, über persönliche Gespräche herauszufinden, welcher Kandidat zu welcher Tätigkeit passt. Er selbst hat damit gute Erfahrungen gesammelt und etwa einen 62-Jährigen auf eine leitende Krankenhausposition vermittelt, die der Arbeitgeber eigentlich mit einem Jüngeren besetzen wollte. "Beide Seiten sind heute extrem zufrieden", sagt Richter.

Nach seinen Erfahrungen spielt bei der ärztlichen Suche nach einer neuen Arbeitsstelle Geld zwar auch eine Rolle, aber oft nicht die entscheidende. Das Verwirklichen beruflicher Ziele hat bei den Ärzten gleiche Priorität. Eine deutlich geringere Rolle als vom Träger angenommen spielen für Bewerber die Klinik-Rankings. Stellensuchende Ärzte entscheiden nicht nach solchen Ranglisten, sondern nach den Bedingungen für ihren persönlichen Arbeitsalltag.


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

Olaf Richter ist Personalberater, der bundesweit Ärzte an Krankenhäuser vermittelt. Bei den Krankenhäusern beobachtet er zahlreiche Defizite bei der Rekrutierung neuer Ärzte. Oft lassen die Kliniken die Neubesetzung sogar schleifen und erschweren damit den anderen Beschäftigten die Arbeit.


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 6/2017 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2017/201706/h17064a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
70. Jahrgang, Juni 2017, Seite 24
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der Kassenärztlichen Vereinigung
Schleswig-Holstein
Redaktion: Dirk Schnack (Ltg.)
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. August 2017

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