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ARTIKEL/1526: Fachtagung "Integration in Schleswig-Holstein" - Rechtsanspruch auf Gesundheitsversorgung für alle (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 2/2020

Fachtagung
Integration + Gesundheit

von Stephan Göhrmann


Tagung in Kiel: Welche Integrationsprozesse in Schleswig-Holstein lassen sich verbessern? Kammerpräsident Dr. Henrik Herrmann kennzeichnet Gesundheit als "das Fundament für Integration".


Migration, Integration, Teilhabe drei Begriffe mit einer großen Tragweite. Für die Menschen, die sie betrifft und die Menschen, die sich für sie einsetzen. Unter dem Titel "Integration in Schleswig-Holstein - do it or leave it!" wagte die Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände Schleswig-Holstein e. V. (LAG FW SH) mit 200 geladenen Gästen eine Bestandsaufnahme der schleswig-holsteinischen Integrationspolitik. Über 100 Interessierten musste aufgrund der begrenzten Platzzahl abgesagt werden. Diese hohe Anmeldezahl ist Ausdruck des Interesses und des Diskussionsbedarfs, den die Beteiligten haben. Gäste aus Politik, Gesellschaft, Bundes- sowie Landesbehörden, soziale Träger und die Ärztekammer Schleswig-Holstein nahmen an der Fachtagung teil.

Sieben unterschiedliche Organisationen zeigten den Gästen, in welchen spezifischen Bereichen sie im Land zurzeit Handlungsbedarf sehen. Neben den Wortbeiträgen zu kommunalen Integrationsmaßnahmen, zur Migrationsberatung, zum Ehrenamt, zur Sprachförderung und zur Antirassismusarbeit als Landesaufgabe, konnte Dr. Henrik Herrmann seinen Zuhörern die ärztliche Perspektive auf Integration vermitteln.

"In der Medizin stellt sich nicht die Frage nach der Herkunft, der Staatsangehörigkeit, des Status oder jedweder anderer Faktoren. Die Gesundheit und das Wohlergehen des Patienten sind oberstes Anliegen und stehen über allem, ohne Unterschiede oder Einschränkungen", so Herrmann. Diese Haltung entspreche dem moralischen Codex der Ärzteschaft. Denn die Versorgung von Patienten unabhängig von sozialer, religiöser oder politischer Zugehörigkeit ist für ihn eine urärztliche Aufgabe, die im Genfer Gelöbnis festgehalten ist.

Patienten haben einen rechtlichen Anspruch auf eine gesundheitliche Versorgung. Dies ist in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen (UN) festgehalten.

Doch wie lässt sich dieses Recht erfüllen? "Nur wer gesund ist, kann am gesellschaftlichen Leben teilnehmen", so der Kammerpräsident. Daher bilde für ihn Gesundheit das Fundament für Integration und sozialer Teilhabe. Integration in Deutschland setze daher eine Integration in das gesundheitliche Versorgungssystem voraus. Angefangen bei dem Aufbau von Gesundheitskompetenzen, weiter über die präventiven Maßnahmen bis hin zu den somatischen und psychischen Therapiemöglichkeiten - gesundheitliche Versorgung müsse allen Menschen zugänglich gemacht werden, die Gefahr liefen aus dem System zu fallen. Das betreffe geflüchtete wie nichtgeflüchtete Menschen sowie Menschen ohne festen Wohnsitz, Staatsangehörigkeits- oder Versicherungsnachweis.

Monika Bagger-Wulf fand zu Beginn der Veranstaltung mahnende Worte. "Integration", so die Leiterin des Caritasverbandes Schleswig-Holstein, "tritt nicht saisonal auf. Es ist ein Thema, das Kontinuität verlangt." Die scheint nicht gegeben zu sein, wenn man den Aussagen der Referenten folgt. Sie kritisierten u. a. wechselnde Verantwortungsbereiche in verschiedenen Behörden, stetig geänderte rechtliche Rahmenbedingungen und finanzielle Unsicherheit, weil viele Projekte befristet sind. Das führe dazu, dass die Integrationsarbeit vor Ort immer wieder bei Null beginnen müsse - was von den Akteuren in der Migrationsarbeit Hartnäckigkeit erfordert. Diese zeigte anschließend der Kammerpräsident, als er sein Anliegen, Gesundheit in das Integrations- und Teilhabegesetz aufzunehmen, erneuerte.


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 2/2020 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2020/202002/h20024a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
73. Jahrgang, Februar 2020, Seite 25
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. März 2020

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