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ARTIKEL/1357: European Health Forum Gastein (2) (idw)


European Health Forum Gastein
Creating a better future for health in Europe
Pressemitteilungen vom 1.-2. Oktober 2014

17. European Health Forum Gastein vom 1. bis 3. Oktober 2014

→ Experten fordern Einbeziehung gesundheitspolitischer Expertise
      in Budget- und Fiskalpolitik der EU
→ EHFG-Präsident Prof. Brand: Gesundheitsbereich kann Nutzen eines
      starken Europa deutlich machen
→ Experten fordern starke Primärversorgung
→ Datenverknüpfung: der Schlüssel zur effizienteren
      Gesundheitsversorgung


Experten fordern Einbeziehung gesundheitspolitischer Expertise in Budget- und Fiskalpolitik der EU

Die positiven Beiträge der EU zu Public Health wurden überschattet von den Auswirkungen des Binnenmarkts und der gemeinsamen Fiskalpolitik auf die Gesundheit der Europäer/-innen. Public Health stieg dabei nicht gut aus - doch das muss nicht so bleiben, sagte der US-Gesundheitspolitik-Experte Scott L. Greer auf dem EHFG. Public Health-Expertise sollten in die Mechanismen der Budget- und Finanzpolitik einfließen, vor allem durch evidenzbasierte Argumente für Investitionen in die Gesundheit.

Bad Hofgastein, 1. Oktober 2014 - "In den letzten 20 Jahren, seit im Maastricht-Vertrag erstmals ein gesundheitspolitisches Mandat festgeschrieben wurde, hat die Europäische Union Gesundheitspolitik in einem Ausmaß mitgestaltet, das wohl kaum jemand erwartet hat. Doch die positiven Beiträge der EU in Sachen Public Health wurden zuletzt überschattet von den Auswirkungen, die der Binnenmarkt und die gemeinsame Fiskalpolitik auf die Gesundheit der Europäer/-innen haben", sagte Prof. Dr. Scott L. Greer (Universität Michigan) heute auf der Eröffnungspressekonferenz des European Health Forum Gastein (EHFG). "Public Health stieg dabei nicht gut aus, aber das muss nicht so bleiben. So wie stets in Zusammenhang mit der europäischen Integration muss die Antwort auf eine potentiell schlechte EU-Politik mehr Engagement für eine bessere EU Politik lauten."

Bis 2010 sei die Richtung der EU-Gesundheitspolitik als durchaus positiv zu sehen, von der Einrichtung des "European Centre for Disease Prevention and Control" (ECDC) über Erfolge im Bereich Onkologie bis hin zum Ausschluss von Gesundheit aus der Dienstleistungs-Richtlinie oder die Regelungen zur Patientenmobilität, betonte Prof. Greer. "Abgesehen von einigen spezifischen Bereichen von EU-Kompetenzen, die durch das Gesundheitsmandat geschaffen wurden, zum Beispiel Blutsicherheit, verpflichten die Verträge zwar die EU dazu, Gesundheit zu berücksichtigen. Gleichzeitig wird aber klargestellt, dass die Union keine Rolle in der Organisation und Finanzierung der Gesundheitsversorgung zu spielen hat. Innerhalb dieser Vorgaben beruht die EU-Gesundheitspolitik vorwiegend auf Förderungen, was Grenzen hat. Die beachtlichsten Erfolge der EU sind wahrscheinlich die Förderung der Krebsforschung und die Entwicklung von Maßnahmen bei übertragbaren Krankheiten sowie die Bereitstellung von Ressourcen für das ECDC. In diesen Bereichen haben vergleichsweise kostengünstige EU-Maßnahmen einen wichtigen Einfluss auf die Gesundheitspolitik in ganz Europa genommen", meinte Prof. Greer.

Fiskalpolitik beeinflusst Gesundheitssysteme

Seit 2010 habe sich jedoch die Situation radikal verändert, so Prof. Greer: "Die EU beeinflusst jetzt gesundheitspolitischer Entscheidungen massiv, aber nicht weil das Gesundheitsmandat im Vertrag ausgeweitet worden wäre, sondern wegen der Ausweitung der EU-Fiskalpolitik auf das Gesundheitswesen. Die EU ist zum gesundheitspolitischen Player geworden, weil Gesundheit kostspielig ist und die EU nun die Einhaltung der Fiskalvorschriften überwacht." Die wirtschaftlichen Anpassungsprogramme ("Economic Adjustments Programmes", EPA) der "Troika" für die von der Zahlungsbilanzkrise am härtesten betroffenen Länder enthalten eine Reihe spezifischer gesundheitspolitischer Empfehlungen: etwa eine Änderung des Gesundheitsfinanzierungssystems in Zypern oder die Empfehlung an Griechenland, elektronische Rezepte ("e-prescribing") einzuführen. Das gilt auch für die Empfehlungen des "Europäischen Semesters", dem Mechanismus wirtschafts- und finanzpolitischer Koordination innerhalb der EU, der sich zuletzt vermehrt mit Reformen nationaler Gesundheitssysteme beschäftigte. "Finanzpolitische Rigorosität, nicht Gesundheit ist der Auftrag dieses neuen Überwachungsmechanismus der EU", bilanziert Prof. Greer. "Es gibt wenig Hinweise, dass die EAP oder die Fiskalpolitik Public Health als politisches Ziel sehen."

Wie also soll Public Health im Rahmen der künftigen EU-Politik gestärkt werden? Prof Greer: "Die Antwort lautet: Engagement für eine bessere Politik. Die spezifischen Vorschläge für eine Reform von Gesundheitssystemen in den wirtschaftlichen Anpassungsprogrammen oder im Rahmen des Europäischen Semesters werden häufig in europäischen Fachbeiräten oder Ausschüssen behandelt, die Anregungen für Maßnahmen entwickeln. Sie sind daher die beste Gelegenheit, Public Health-Expertise in die Mechanismen der Budget- und Finanzpolitik einzubringen und dabei seriös und evidenzbasiert für Investition in die Gesundheit zu argumentieren."

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EHFG-Präsident Prof. Brand: Gesundheitsbereich kann Nutzen eines starken Europa deutlich machen

Die Zukunft der europäischen Gesundheitspolitik, der Gesundheitssysteme und der Gesundheit der EU-Bürger/-innen nach den Wahlen zum Europäischen Parlament und der Neuformierung der EU-Kommission stehen im Mittelpunkt der Diskussionen beim 17. European Health Forum Gastein, das heute in Bad Hofgastein eröffnet wurde. Gerade der Gesundheitsbereich sei besonders dazu geeignet, den Menschen den konkreten Nutzen eines starken Europa zu vermitteln, so EHFG-Präsident Prof. Helmut Brand.

Bad Hofgastein, 1. Oktober 2014 - Die Rolle der EU im Gesundheitsbereich und die Chancen und Risiken der künftige Gestaltung der europäischen Gesundheitspolitik - das sind die zentralen Themen auf der Agenda des 17. European Health Forum Gastein (EHFG), das heute in Bad Hofgastein eröffnet wurde. "Nach den Wahlen zum Europäischen Parlament und der Neubesetzung der Europäischen Kommission stellt sich jetzt die wichtige Frage, welche gesundheitspolitischen Schwerpunkte in Europa gesetzt werden sollen, welche Rolle die EU im Gesundheitsbereich überhaupt in Zukunft spielen soll und wie die Kompetenzen verteilt werden sollen", so der Präsident des EHFG, Prof. Dr. Helmut Brand (Universität Maastricht). "Wir bieten mit dem European Health Forum Gastein einmal mehr eine wichtige Plattform, um in dieser wichtigen Phase die künftigen Entwicklungen mit allen beteiligten Sektoren zu diskutieren."

Gesundheit bewegt die Bürger/-innen

Eine enttäuschen niedrige Wahlbeteiligung von nur 43 Prozent, die Stärkung der euroskeptischen Parteien, die nun über ein Viertel der Sitze im Europäischen Parlament verfügen - diese Signale, die die Bürger/-innen bei der aktuellen EU-Parlamentswahl gesendet haben, müssten den neuen Entscheidungsträgern/-innen zu denken geben, so der EHFG-Präsident. "Es gibt einen klaren Arbeitsauftrag an die europäischen Institutionen, nämlich den Menschen noch viel deutlicher und verständlicher zu machen, welchen konkreten Nutzen die europäische Integration für sie hat. Das gilt auch oder in ganz besonderem Maß für den Gesundheitsbereich." Gesundheitsthemen werden bei Umfragen wie den Eurobarometer-Befragungen regelmäßig als besonders wichtig bewertet. Auch unter den ersten Europäischen Bürgerinitiativen, die die Hürde von einer Million Unterschriften geschafft haben, spielten Gesundheitsthemen eine wichtige Rolle.

Erste Weichenstellungen im EU-Gesundheitsbereich

Die Neuformierung der Kommission und die neue Legislaturperiode des Parlaments bieten eine Chance, auch in dieser Frage einen Schritt auf die europäischen Bürger/-innen zuzugehen, so Präsident Brand. "Ob sie auch genutzt wird, bleibt abzuwarten. Die ersten Weichenstellungen, die der designierte Kommissionspräsident vorgenommen hat, ergeben noch kein eindeutiges Bild."

So hat etwas das Vorhaben Jean Claude Junckers, die Zuständigkeit für die Bereiche Arzneimittel und Medizinprodukte aus der Generaldirektion Gesundheit in das Ressort Binnenmarkt und Industrie zu verschieben, zu massiver Kritik von Public Health Experten und gesundheitspolitischen Verbänden geführt. Sie sehen dies als ein problematisches Signal an die europäischen Bürger/-innen, dass wirtschaftliche Interessen vor der Gesundheit gereiht sind. "Wie immer dieses Vorhaben und seine möglichen Auswirkungen im Detail zu beurteilen sind, die vorgeschlagene Kompetenzverschiebung kann jedenfalls auch als Schwächung der Gesundheitsanliegen innerhalb der Kommission gesehen werden - und das ist sicher nicht wünschenswert", so Prof. Brand.

Bürgernahe Initiativen sind gefragt

Denn gerade der Gesundheitsbereich würde sich in besonderem Maß dafür eignen, für Menschen den konkreten Nutzen eines starken Europa deutlich und erlebbar zu machen. "Hier müssen wir kreativ sein und können uns durchaus von anderen Politikbereichen inspirieren lassen", so Prof. Brand. "Nehmen wir etwa die Roaming-Initiative der Kommission. Dass Telefonieren in Europa dank der EU billiger geworden ist, leuchtete auch Euroskeptikern ein. Wir brauchen eine ähnliche Initiative mit konkretem Nutzen für die Gesundheit der Bürger/-innen - ein 'Roaming'-Projekt für Gesundheit."

Neue Schwerpunkte unter die Lupe nehmen

Mit welchen inhaltlichen gesundheitspolitischen Schwerpunkten der Kommission zu rechnen ist, wurde mittlerweile durch den "Mission Letter" des künftigen Kommissionspräsidenten an den designierten Gesundheitskommissar bekannt. Ein Schwerpunkt soll demnach die Stärkung der EU-Kapazitäten sein, auf Krisen im Bereich Nahrungsmittelsicherheit und Pandemien rasch und angemessen zu reagieren. Ein zweite ist eine zügige Evaluierung des Entscheidungsprozesses zu gentechnisch veränderten Organismen. Prof. Brand: "Beides kann man durchaus als Signal werten, dass man sich hier besonders um Bereiche kümmert, von denen sich die Bürger/-innen unmittelbar betroffen fühlen und die Anlass für Sorgen und Ängste sind."

Der dritte Schwerpunkt, den der künftige Kommissionspräsident dem voraussichtlichen Gesundheitskommissar aufträgt, betrifft die Effizienz und Leistungsfähigkeit der Gesundheitssysteme. Hier soll die Kommission verstärkt Expertise für "Performance Assessments" und für eine Bewertung der Effektivität öffentlicher Gesundheitsausgaben entwickeln und zur Verfügung stellen: Ausdrücklich auch, damit diese Informationen in die Aktivitäten des Europäischen Semesters einfließen, dem Mechanismus zur Koordinierung der Wirtschafts- und Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes. "Hier wird also die entscheidende Rolle der Gesundheitssysteme als Wirtschaftsfaktor und für Stabilität und Wachstum unterstrichen", so der EHFG-Präsident. Gleichzeitig haben der künftige Kommissionspräsident ebenso wie der designierte Kommissar in seinem Hearing im europäischen Parlament die Bedeutung der "Subsidiarität und Proportionalität" in der Gesundheitspolitik betont, sagte Prof. Brand. "Wir können also wohl nicht mit Initiativen seitens der Kommission rechnen, das im Maastricht Vertrag erstmals formulierte gesundheitspolitische Mandat auszuweiten." In den vergangenen beiden Jahren hat sich das EHFG mit den Auswirkungen der Finanzkrise auf die Gesundheit beschäftigt. Prof. Brand: "Wir haben diskutiert, wie die Krise die Menschen krank macht, und wie Gesundheitssysteme krisenfest werden und dabei trotzdem innovativ bleiben. Die Aufgabe, die wir aus diesen Einsichten mitnehmen, ist klar: Wir müssen uns jetzt Strategien für eine nachhaltige, patientenorientierte Gesundheitspolitik widmen, und wir brauchen eine Wiederbelebung und Stärkung des Health-in-all-Policies-Ansatzes. Denn die gesundheitlichen Auswirkungen von bestimmten Maßnahmen sollten in allen Politikbereichen berücksichtigt werden, gerade auch in der Wirtschafts- und Budgetpolitik."

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Experten fordern starke Primärversorgung

Die Potenziale einer starken Primärversorgung mit Lotsenfunktion durch das Gesundheitssystem für eine Optimierung von Gesundheitsförderung, Prävention und die Betreuung chronisch Kranker diskutierten Experten/-innen beim European Health Forum Gastein.

Bad Hofgastein, 2. Oktober 2014 - Primary Health Care (PHC) sei ein Schlüssel zur Systemoptimierung des Gesundheitswesens, und müsse keineswegs im Gegensatz zur Wahlfreiheit der Patienten/-innen stehen. Vielmehr führe eine gut geplante und umgesetzte Primärversorgung zu effizienteren Versorgungsstrukturen und einer Kontinuität in der Patientenbetreuung, so Experten bei einer Diskussion über PHC-Modelle auf dem European Health Forum Gastein (EHFG).

"Eine starke Primärversorgung hat eine Reihe von Vorteilen. Sie ermöglicht zum Beispiel die systematische Umsetzung von Primärpräventions- und Screening-Programmen. Und sie stellt Patienten/-innen in den Mittelpunkt des Versorgungssystems, die kontinuierlich im Sinn von Behandlungspfaden von koordiniert vorgehenden Gesundheitsdienstleistern betreut werden", so Prof. José M. Martin-Moreno von der Universität Valencia beim EHFG. "Die Alternative ist in der Regel ein kompliziertes und zugleich fragmentiertes System von Spezialisten ohne effektive Kommunikations- und Interaktionskanäle."

Primary Health Care, so der Experte, müsse den Grundsätzen der sozialer Gerechtigkeit, der flächendeckenden Versorgung, der sektorübergreifenden Koordination sowie der Einbeziehung der Betroffenen in die Planung und Implementierung von Gesundheitsprogrammen gerecht werden, betonte Prof. Martin-Moreno.

"Diese Partizipationsmöglichkeiten eröffnen Patienten/-innen auch ein gewisses Maß an Wahlfreiheit", so Prof. Martin-Moreno. "Wenn man Wahlfreiheit aber darauf reduziert, dass man direkt, ohne vorhergehende Konsultation auf der ersten Versorgungsebene, zu jedem beliebigen Spezialisten gehen kann, dann kann die Koordinierungsleistung und Lotsenfunktion der Primärversorgung schon als eine relative Einschränkung der Wahlfreiheit empfunden werden."

Attraktivität des Angebotes statt Gatekeeping

"Die Neugestaltung der Primärversorgung ist in Österreich ein aktuelles politisches Thema und ein zentraler Punkt der Gesundheitsreform. Eine entscheidende Frage ist die nach der Gestaltung des Zugangs zu den verschiedenen Ebenen der Gesundheitsversorgung", so Dr. Josef Probst, Generaldirektor des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger auf dem EHFG. "Wir wollen kein Gatekeeping einführen, sondern wir setzen darauf, dass unser neues Modell der Primärversorgung so attraktiv für die Anbieter/-innen von Gesundheitsdiensten und Patienten/-innen sein wird, dass wir keine Hürden oder Zugangsregelungen benötigen."

"Die derzeitige österreichische Primärversorgung ist, geprägt durch die dem Gesundheitssystem immanente starke Fragmentierung, in einigen für Primärversorgung wesentlichen Dimensionen nur schwach ausgeprägt. Es findet zwar bereits in einigen Fällen Koordination, intensive Zusammenarbeit und Kommunikation statt, allerdings nicht in einer verbindlichen und flächendeckenden Form", so Sektionsleiter Dr. Clemens Martin Auer vom österreichischen Gesundheitsministerium. "Dies führt zu einigen unerwünschten Ergebnissen, wie einer hohen Spitalshäufigkeit und nur durchschnittlichen 'Outcomes' von chronisch kranken Menschen. Die vernetzte, räumlich und zeitlich einfach zugängliche Form der Primärversorgung für die gesamte Bevölkerung gleichermaßen, in der durch Koordinierung und Kooperation die Effizienz, aber vor allem der Erfolg der ärztlichen, pflegerischen und therapeutischen Versorgung gefördert wird, muss daher das klare Ziel der Neuausrichtung der Primärversorgung in Österreich sein."

Kommunikation versus Fragmentierung

In einer idealen Welt, mit einem hohen Level von Gesundheitskompetenz, wäre die Koordinierungsleistung durch eine PHC-Drehscheibe, die an die optimale Stelle für die jeweils benötigte Gesundheits- und Pflegeleistung weitervermittelt, vielleicht entbehrlich, so Prof. Martin-Moreno. "Aber solche Vorstellungen entsprechen nicht der Realität, vor allem angesichts mangelhafter oder heterogener Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung, aber auch etwa in Fällen multipler Komorbidität, die multidisziplinäre Teams vor besondere Herausforderungen stellen. Doch selbst unter der Annahme eines hohen Health Literacy-Levels hat der Gatekeeping-Ansatz einer gut durchdachten Primärversorgung seine Vorteile: gute Register-Systeme, gut geplante Arbeitsabläufe und Behandlungsprotokolle sowie die Stärkung einer multidisziplinärer Ausbildung, Forschung und Versorgung", so Prof. Moreno.

"Electing Health - The Europe We Want" ist das Motto des diesjährigen EHFG. Rund 600 Teilnehmer/-innen aus mehr als 50 Ländern nutzen Europas wichtigste gesundheitspolitische Konferenz in Bad Hofgastein zum Meinungsaustausch über zentrale Fragen europäischer Gesundheitssysteme. Die zukünftige Richtung der europäischen Gesundheitspolitik ist das Schwerpunktthema des Kongresses.

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Datenverknüpfung: der Schlüssel zur effizienteren Gesundheitsversorgung

Warum schneiden manche Staaten besser ab, wenn es um die Gesundheit ihrer Bürger/-innen geht? Sie treffen die richtigen Entscheidungen bei "Makro"- und "Mikro"-Faktoren, berichteten Experten/-innen am European Health Forum Gastein: von einem schärferen Wettbewerb zwischen Erbringern von Gesundheitsleistungen, über eine bessere Krankenhausorganisation hin zum Einsatz von Generika anstelle teurer Arzneimittel, aber auch bessere Ausbildung gesundheitsbewusster Bürger/-innen. Um alle beteiligten Bereiche besser analysieren zu können, bedürfe es der nächsten "Datenrevolution", der konsequenten Verknüpfung von Daten.

Bad Hofgastein, 2. Oktober 2014 - Wie gestaltet man ein Gesundheitssystem auf allen Ebenen effizienter? Beginnend mit einer besseren Organisation von Anbietern von Gesundheitsdienstleistungen wie zum Beispiel Krankenhäusern, über bessere Leistungen individueller medizinischer Fachkräfte bis hin zu den individuellen Patienten/-innen oder Bürger/-innen, die ein gesundheitsbewussteres Verhalten entwickelt sollen: Alle diese Fragen wurden auf dem European Health Forum Gastein (EHFG) von hochrangigen Experten/-innen diskutiert. "Für einige Bereiche gibt es Belege dafür, dass geeignete Maßnahmen funktionieren", sagte Dr. Peter Smith, em. Prof. für Gesundheitspolitik an der Londoner Imperial College Business School. "Beispielsweise kann ein schärferer Wettbewerb unter den Anbietern zu einer Leistungsoptimierung führen, geeignetere IT-Systeme in Krankenhäuser führen zu einer besseren Performance. Neue Modelle integrierter Leistungen sind bei chronischen Erkrankungen besonders erfolgreich: werden Schlaganfall-Patienten gut von ihrem Hausarzt betreut, verlängert das signifikant ihre Lebenserwartung und senkt gleichzeitig die Gesundheitskosten."

Manche Länder schneiden in Rankings eindeutig besser ab als der OECD-Durchschnitt, "doch haben Experten/-innen oft Schwierigkeiten, die zugrunde liegenden exakten Mechanismen zu benennen", sagte Prof. Smith. "Ich denke dass wir folgende Themenbereiche angehen müssen, um die Gesundheitsversorgung effizienter zu gestalten: Die Neugestaltung von Leistungen, die Optimierung von Finanzierungsmechanismen und von Dienstleistern, und die Verbesserung des Gesundheitsverhaltens der Allgemeinbevölkerung."

Ein Beispiel einer erfolgreichen Neugestaltung von Leistungen war die Reorganisation der Schlaganfallbetreuung in London, wodurch die Anzahl der Krankenhäuser mit spezialisierter Schlaganfallbetreuung von 34 Allgemeinkrankenhäusern auf acht "Hyper Acute Stroke Units" reduziert wurde. Damit konnten eine deutliche Verbesserung der klinischen Ergebnisse und eine Kostensenkung erreicht werden. In Deutschland wurden erfolgreich neue Finanzierungsformen für das langfristige Disease-Management chronischer Krankheiten eingeführt: Ärzte/-innen werden für die Dokumentation besser entlohnt und Patienten/-innen haben die Möglichkeit, an langfristigen Trainingsprogrammen teilzunehmen, um einen besseres Umgang mit ihrer Krankheit zu erlernen.

Neue Generation von Gesundheitsdaten

Der nächste Schritt auf dem Weg zu effizienteren Gesundheitssystemen ist "eine neue Generation von Gesundheitsdaten", sagte Francesca Colombo, Leiterin der OECD-Gesundheitsabteilung. "Alle Regierungen befassen sich mit den Chancen, die sich aus der Verknüpfung einer großen Vielfalt und eines großen Volumens von Patientdaten, biologischen und administrativen Daten ergeben." Selbstverständlich, so Colombo, sei die Datensicherheit ein sensibles Thema: "Das ist zu respektieren. Es muss aber auch verstanden werden, dass weniger die Daten als solche von Interesse sind, als das Gesamtbild, das sich bei Verknüpfung der Daten ergibt. Das zeigt Gesundheitsanbietern, welche Art von Betreuung Menschen bekommen, sei es in einem Pflegeheim oder in einem Krankenhsus. Diese Revolution in der Datentechnologie bedeutet für die Forschung einen riesigen Vorteil, wenn es um Qualität und Ergebnisse von Gesundheitsversorgung geht: die derart gewonnenen Einsichten sind entscheidend für eine Verbesserung der Leistung."

Ein neues Programm auf diesem Gebiet ist das im Jahr 2010 gestartete "European Health Care Outcomes, Performance and Efficiency" (EuroHOPE)-Projekt. Es evaluiert die Leistung europäischer Gesundheitssysteme hinsichtlich Ergebnissen, Qualität, Ressourcenverbrauch und Kosten unter anderem bei Herzinfarkt, Schlaganfall oder niedrigem Geburtsgewicht. Ein Beispiel: Die Anzahl akuter Krankenhaustage nach einem Herzinfarkt schwankt europaweit enorm: von 19,4 Tagen in Zala, Ungarn, bis 6,2 Tage in der Värmlands Län Region in Schweden.
(http://www.eurohope.info/map/atlas.html)

Colombo: "In Krisenzeiten sind Regierungen etwas vorsichtiger in der Allokation ihrer Gesundheitsausgaben: sie möchten sicher sein, dass sie richtig investieren, um zu verhindern, dass ein angespanntes Budget zu Ungleichheiten im Gesundheitswesen führt. Geeignete Daten liefern eine Basis für solche schwierigen Entscheidungen."

"Electing Health - The Europe We Want" ist das Motto des diesjährigen EHFG. Etwa 500 Teilnehmer aus knapp 45 Ländern nehmen an dieser wichtigsten gesundheitspolitischen Konferenz der EU teil, um sich über die brennendsten Themen der europäischen Gesundheitssysteme auszutauschen. Leistung und Effizienz der Gesundheitssysteme in Europa sind eines der Schlüsselthemen auf der Konferenzagenda.

Raute

"Electing Health - The Europe We Want" ist das Motto des diesjährigen EHFG. Rund 600 Teilnehmer/-innen aus mehr als 50 Ländern nutzen Europas wichtigste gesundheitspolitische Konferenz in Bad Hofgastein zum Meinungsaustausch über zentrale Fragen europäischer Gesundheitssysteme. Die zukünftige Richtung der europäischen Gesundheitspolitik ist das Schwerpunktthema des Kongresses.

EHFG Press Office
Dr. Birgit Kofler
B&K Kommunikationsberatung GmbH
Email: press@ehfg.org

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1762

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
European Health Forum Gastein, Dr. Birgit Kofler, 01.10.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Oktober 2014

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